Fliegenfischen-Praxis: 
Fliegenfischen auf Karpfen
Einleitung

Mit der Fliegenrute auf Karpfen? Das ist schon lange keine Seltenheit mehr. Immer mehr von uns Anglern haben erkannt, dass das Drillen eines mehrpfündigen Karpfen zu jenen Erlebnissen gehört, bei denen der Adrenalinspiegel stark ansteigt. 
Nur, wir müssen schon umdenken. Zeitiges Aufstehen, Angeln auf Sicht, vorsichtiges Anpirschen zu unserer Angelstelle, ruhiges Verhalten am Wasser, in Deckung gehen, mehr Beobachten als Werfen ... um nur ein paar Merkmale zu nennen. 
Unseren Karpfen werden wir meistens an ruhigen, langsam fließenden Gewässern nachstellen. Dort fehlt das Tosen eines Baches – jede unvorsichtige Bewegung, jedes etwas lautere Geräusch würde die Flossenträger verscheuchen. Aber auch das ungekonnte, plumpe Anwerfen mögen die Cypriniden nicht. Demnach bewegen wir uns am Wasser völlig geräuschlos wie Winnetou und gehen in Deckung, sobald wir einen Karpfenschwarm gesichtet haben.
Wir sollten das Wasser lesen und nach den Fischen Ausschau halten. Meistens haben wir zwei bis drei Würfe zur Verfügung, bis der Schwarm Lunte gerochen hat und wieder verschwindet.
Der Karpfen wehrt sich stark. Dabei geht er mit uns auf Wanderschaft und dreht mit uns Runden bis zu 100 Metern Entfernung. Ruhig bleiben, manchmal hilft es, kurz nachzugeben und einen Augenblick zu warten. Wenn er uns entgegen schwimmt – schnell Leine aufnehmen! 

Das Gerät

Welche Rute?
Mindestens 3.0 m Länge mit harter Spitze, AFTMA 6 - 9. 
Da wir es mit Stücken von beachtlichem Gewicht zu tun haben, sollten wir nur Ruten mit dem Fightingbutt benutzen!

Welche Rolle?
Robuste Rolle mit gut einstellbarer Bremse, Backing 100 - 150 m!

Welche Leine?
Die Leine wie unsere Rute, d.h. 6 - 8, DT oder WF, schwimmend oder leicht sinkend.

Welches Vorfach?
Um 3 m lang, Vorfachspitze 0,14 - 0,18 mm

Wichtig: Weil wir sehr oft den Fisch - einen großen und schweren Fisch - über die Uferkante landen müssen, kommen wir nicht mehr mit einem Kescher für Forellen klar. Einen faltbaren Teleskopkescher sollte man schon dabei haben, wenn man den Fisch nicht wieder verlieren will.

Die Technik

Die Technik können wir getrost an einem Angelteich üben. Jedenfalls hat es keinen Zweck, unseren Köder blind aufs Wasser zu legen. Wir sollten die Fische gezielt anwerfen, und da ist es unbedingt nötig, dass wir sehen, wo sie stehen. Wenn wir dann am Fluss angeln, suchen wir nach richtigen Gumpen und tiefen, ruhigen Zügen. In Ufernähe stehen die Karpfen meistens unter dem Schilfbewuchs. Wir sollten in Deckung gehen. Diese Tatsache bringt einen Nachteil mit sich – wir können keinen Überkopfwurf anwenden, nur den Rollwurf. Damit kann man aber keine größeren Entfernungen überwinden, deswegen sind wir gezwungen, uns sehr vorsichtig und ruhig zu verhalten.

Die Taktik

Noch einmal: Wir müssen wissen, wo die Fische stehen. Demnach können wir unsere Taktik wie folgt unterteilen:

1) Falls wir den Fisch nicht sehen, erkennen wir seinen Standort an kleinen, aufsteigenden Blasen. Sie entstehen beim Wühlen der Karpfen im Bodenschlamm. Ein anderes Zeichen für die Anwesenheit der Fische ist die Bewegung von Wasserpflanzen. Wichtig ist, dass die Karpfen länger an einer Stelle bleiben. Bis zur Tiefe von einem Meter benutzen wir nur eine schwimmende Leine und ein Vorfach von drei Metern Länge. In größeren Tiefen können wir eine schwimmende Leine mit Sinktip benutzen. Die Vorfachlänge von drei Metern bleibt bestehen.

2) Ein Schwarm in Bodennähe. Wir haben eine größere Menge Karpfen im flachen Wasser gesichtet. Wir stehen im Wasser. Auch hier verhalten wir uns sehr ruhig, fast bewegungslos, und warten, bis sich die Karpfen auf eine Wurfentfernung genähert haben. Wir werfen nicht mitten in den Schwarm hinein, sondern davor. Optimal ist es, wenn wir uns einen Fisch aussuchen, den wir gezielt anwerfen. Den Köder führen wir sehr langsam, eher seitlich, und heben ihn langsam vom Boden aus hoch. Diese Methode ist eine Geduldsprobe. Sehr oft wird es Ihnen passieren, dass der misstrauische Fisch 
die Nymphe ins Maul nimmt und wieder ausspuckt, da er sie als ungenießbar einstuft.
3) Ein Schwarm dicht unter der Wasseroberfläche. Es sieht aus, als ob die Karpfen nur teilnahmslos dastehen und auf etwas warten. Trotzdem können wir ein Einzelexemplar zum Anbiss bewegen. In diesem Fall wählen wir eine unbeschwerte Fliege und werfen sie in die Nähe des Fisches. Wir führen sie dicht unter der Wasseroberfläche. In dem Moment, wenn der Fisch anfängt unseren Köder zu verfolgen, verlangsamen wir und warten, bis er anbeißt. Dies ist der Schlüsselmoment – wir müssen sofort anschlagen. Der Karpfen verfolgt den Köder manchmal auch mehrere Meter weit.

4) Die Karpfen ziehen auf der Suche nach Nahrung im Wasser umher. Falls wir so einen umherziehenden Schwarm gesichtet haben, werfen wir unseren Köder in die voraussichtliche Bahn der Fische. In dem Moment, wenn die Fische in Ködernähe kommen, fangen wir an, diesem etwas Leben zu verleihen. Anschließend verfahren wir wie beim Angeln dicht unter der Oberfläche – wir verlangsamen, damit der Fisch unseren Köder ausgiebig studieren kann.

5) “Blindes Angeln” auf Karpfen, die in größerer Entfernung vorbeiziehen. In diesem Fall angeln wir auf Fische, die knapp unter der Wasseroberfläche schwimmen und erahnen ihre Bahn. Den Köder führen wir wie bei 1), mit dem Unterschied, dass wir ihn dicht unter der Wasseroberfläche anbieten.

Anmerkung: Das Angeln auf Karpfen erfordert sehr viel Geduld. Man muss mehr beobachten als anwerfen: das Wasser lesen. Manchmal sind dafür reine Beobachtungsbesuche am Gewässer notwendig, um das Verhalten der Fische an den von Ihnen ausgewählten Stellen zu studieren. Hierzu empfehle ich, ein Fernglas dabei zu haben. Nicht verzweifeln, wenn wir als Schneider nach Hause gehen. Auch die Posen- und Grundangler fangen nicht jeden Tag ihren Fisch! Die Schönheit der Natur, die frische Luft und die gelaufenen Kilometer sollten uns Belohnung genug sein, auch wenn wir keinen Fischkontakt hatten.

Und noch etwas: Das Waten in Karpfengewässern kann sehr gefährlich sein! Durch die starke Sedimentierung laufen wir Gefahr, irgendwo stecken zu bleiben. Mit der unbeweglichen Wathose kann das ein Ereignis mit gefährlichen Ausmaßen werden. Nehmen Sie ruhig einen Watstock mit. Auf keinen Fall sollten Sie alleine angeln gehen. Ein Freund kann Ihnen helfen oder Hilfe herbeirufen.
Die beste Fangzeit mit der Fliegenrute

Im Frühjahr, wenn das Schilf handbreit aus dem Wasser anfängt zu sprießen, ist die beste Karpfenzeit. Die beste Fangzeit ist dann am frühen Morgen oder späten Nachmittag, wo die Cypriniden ihre Nahrung aufnehmen. Tagsüber, bei hochstehender Sonne, da ruhen sie sich aus, man sagt sogar, sie würden sich “sonnen”.  Zum Anbiß sind sie nicht zu bewegen. Und meine Erfahrung? Kurz bevor es anfängt zu regnen und die ersten Tropfen trommeln auf die Wasserfläche.

Nachfolgend einige fängige Fliegen für Karpfen:

Hydropsyche Olive Sedge Larva
Orange Sedge Larva Pink Sedge Larva
Red Midge Larva Red Midge Larva
May Fly Nymph March Brown Nymph
March Brown Nymph Olive Nymph
Black Buzzer Black Buzzer
Peacock Buzzer
Ein Auszug aus dem eBook von Jaromir Knorre & Milan Steuer: Erfolgreiches Fliegenfischen auf Nicht-Salmoniden | Näheres unter:
http://www.czech-nymph-angeln- mit-erfolg.de, wo Sie auch ein Freebie kostenlos herunterladen können. 
Fotos: 1-3 / 6-18: J.Knorre, 4+5: S.Beier / M.Müller
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