Technik & Taktik | Fliegenfischen einmal anders...
Die perfekte Simulation
Ein Beitrag von Niko Bünte
Es begann damit, dass ich mich nach dem 13. gehakten kleinen Barsch dabei ertappte, einen kleinen Fluch auszusprechen: 

Verdammt, schon wieder so'n kleines Ding!“ 

- Hallo?! Was war da los? Ich, der sich über jeden Fisch freute und sich ständig darüber Gedanken machte, ob es moralisch vertretbar sei, einem Fisch ein Loch im Maul zu verpassen, um ihn dann wieder schwimmen zu lassen? 

Dabei dann auch noch zu fluchen... das konnte es ja nicht sein!

Kurz geschüttelt und noch einmal nachgedacht. Was war passiert? - Also, der 13. kleine Barsch wurde nervig, weil er eben der 13. war und vielleicht auch gerade mal 13 cm lang war, wie eben seine Geschwister auch. - Warum angelst du dann auf ihn? - Ich angel ja nicht explizit auf so kleine Barsche, ich will ja einen großen Fangen. - Aber meinst du nicht, dass nach 10 kleinen Fischchen die zu hohen Kollateralschäden deutlich werden? Du angelst im Kindergarten!- Irgendwie schon, ja. Aber die Hechte beissen nicht und ich will auch mal einen Fisch an der Angel haben. Dass die großen Barsche im tieferen Wasser sind, ist eigentlich klar, nur ist es mir einfach zu blöd geworden, den Hechten nachzustellen, die offensichtlich nicht in Beisslaune sind. - Und das tiefere Wasser? - Tja, einen Sinker hab ich leider nicht dabei. Außerdem werfen die sich so unentspannt. - Schnitt! 

An dieser Stelle kam mir eine Idee. Ich hatte früher einmal im Fliegenfischer-Forum etwas übers Teasen gelesen (Teasen ist das Fischen ohne Hakenbogen, bei dem man sozusagen keinem Fisch etwas zu Leide tut, jedoch trotzdem angelt). Es hieß dort, dass man dies nur mit Oberflächenködern praktizieren könnte, da sonst die Bisse nicht deutlich zuzuordnen wären. Aber wie langweilig klingt das denn? Man sieht denn Fisch, wirft ihn an und spürt ihn nicht einmal? Höchstens einen ganz leichten Ruck in der Rute? Nach diesem Text wurde mir klar, dass "Teasen" für mich nicht in Frage kommen konnte. Ich angel' doch, um den Fisch zu spüren! Der Biss! Die erste Flucht! ….Toll:) 

Als ich da so im Boot stand und an die ganze Szenerie dachte, schoss es mir durch den Kopf. Ein Barsch hat doch ein vor Minizähnchen starrendes Maul. Wenn ich irgendein haariges Material nehme und damit einige Schlaufen binde, dann sollte der doch ein Weilchen hängenbleiben! Zuhause angekommen, wurde direkt eine Fliege gebunden. Hakenbogen abgeknipst und ans Wasser. Die Fliege wurde super genommen. Mehr als ein leichtes Ruckeln war nicht zu spüren. Das war mir dann doch zu wenig und ich montierte wieder eine „scharfe“ Fliege. Nach dem 5. Barsch wieder dieses nervige Gefühl. Ich setzte mich hin und genoß einfach die Ruhe der Natur. Auch schön:)

Ein paar Tage später machte ich die Entdeckung in der Wollkiste meiner Freundin. Eine Kordel, die, wenn man sie auseinander friemelte, sogar an kleinsten Hornhautfetzen hängen blieb. Die erste Fliege wurde gebunden und präsentiert. Fazit: TOP!!! Ich konnte die Bisse so deutlich spüren, als hätte ich einen scharfen Haken dran. Es gab sogar Minidrills die bis zu 5 Sekunden gingen. Das machte richtig Laune!!! Ein paar Tage später hatte ich mir ein paar Testmuster zusammengestellt. Diesmal komplett ohne einen Haken zu zerstören. Ich band sie einfach auf ein Stück Hardmono, welches ich zur Schlaufe legte, um ein Öhr am Kopf der Fliege zu erhalten. Dann noch ein paar Kugelkettenaugen drauf und fertig. Ein anderes Muster machte ich total unbeschwert. Oberflächenbisse schocken ja noch ein bisschen mehr :-) 

Heute morgen ging ich dann los, bewaffnet mit meinen neuen „Schreckschüssen.“ Ich stellte mir das Handy auf 5 Minuten und zählte die Bisse und Drills. Als der Wecker klingelte, blieb ich bei 24 stehen. Mann! 24 Bisse in 5 Minuten. Das macht Laune! Auf den etwas voluminöseren Oberflächenköder ging leider nicht soviel, weswegen ich ein Bleischrot an das überhängende Hardmonoende klemmte. Danach ging es auch auf diese Fliege ab. 

Plötzlich sah ich sogar ein 20cm Hechtchen auf meinen Teaserstreamer schießen, als er kurz hing schüttelte er sich los und sprang mit einem 1m (!) Satz zurück ins Schilf. Ach ja, da waren ja noch die Hechte. Also, Hechtwuschel dran und reindamit. Wie es kommen sollte, schon nach dem ersten Wurf ein Biss! Verpasst. Ach jaaa, ich hab ja diesmal einen Haken dran. 3 Bisse später hing er und ich kam zu einem richtigen Drill...



Fazit: Ich denke nicht, dass das "Teasen" tages(er)füllend ist, jedoch ist es für mich eine super Abwechslung und dazu eine Art zu fischen, die keinem Fisch Schaden zufügt und 100%ig moralisch vertretbar ist, wenn man gerade keinen Fisch entnehmen möchte. Wer will, kann auch einen kleinen Wettkampf entfachen und zeitlich begrenzt „Hits“ sammeln. Wer mehr „Hits“ verzeichnet, kriegt einen ausgegeben ;-) 

Es bleibt zu klären, ob man mit dieser Methode sogar an Gewässern fischen darf für die man keine Erlaubnis besitzt. So nach dem Motto: Ich mache gerade Wurfübungen, vorne dran hängt eine Fliegenimitation um die perfekte Simulation zu erhalten. Auf Nachfrage hole ich dann gern meine Gewässerordnung heraus, denn da steht: „Eine Angel besteht aus Rute, (Rolle,) Schnur und Haken.“ Wenn mein System also keinen Haken besitzt, ist es m.E. demnach keine Angel. Ein schöner Gedanke, dass einem alle Gewässer offen stehen (könnten) ;-) - (Achtung: reine Spekulation!!!)

Zur Fliege: Wichtig ist, dass man das Material in kleinen und großen Schlaufen einbindet, damit die Fische (bevorzugt Barsche, da sie in rauhes Maul haben, andere Fischarten sind noch zu testen) richtig hängenbleiben. Als Körper kann man wohl jedes feinehaarige Material (am Besten wie oben genannt, eine Kordel aufribbeln) verwenden. Silkekrogen, welches man für Hornhechte nimmt, könnte ebenfalls funktionieren. Dann noch ein paar Flashaboustreifen rein und nach Belieben beschweren. Zum Gewässer: Egal! Barsche gibt es (fast) überall! Los geht’s!!!! 
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© Ein Beitrag und Fotos von Niko Bünte für www.fliegenfischer-forum.de - September 2011.
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