Sehnsucht Patagonien
Teil 2/3: Durch Chiles Patagonien
Ein Reisebericht von Jupp Carda
(Fortsetzung von "Sehnsucht Patagonien", Teil 1 findest Du hier)

Nach der ganzen harten Arbeit stand noch ein letzter Punkt auf der Tagesordnung: die Suche nach einem geeigneten Nachtlager. Zumindest für mein Befinden hatten wir auch recht schnell ein schickes Plätzchen gefunden. Meine Madame war allerdings nicht wirklich begeistert und wollte lieber noch ein wenig Strecke machen.
Also ging es schweren Herzens am Largo Yelcho vorbei, um an dessen Abfluss zu quartieren. Der erste Spot war scheinbar auch bei den Locals sehr beliebt und meine Laune sauste in Richtung Keller. Ein kleines Stückchen weiter auf der anderen Seite war ein altes Flugfeld. Hey, mal was Neues. Der kleine Bach daneben sah dann auch viel besser aus als gedacht und so klingelte am nächsten Morgen mal wieder ein zeitiger Wecker. Zum obligatorischen Kaffee-Kippe-Frühstück gabs eine Symphonie aus Vogel- und Froschgesang, dazu eine aufgehende Sonne, die die schneebedeckten Berge anstrahlte. Einfach nur herrlich.

Schnell die Rute zusammen gesteckt, den guten alten Woolybugger dran geknotet und los gings. Ich hatte kaum das Wasser betreten, da hab ich schon die ersten Ringe wahrgenommen. Nix spektakuläres, aber hey, es sind welche da. Hatte kurz noch überlegt auf ne Trockene zu wechseln, aber ein paar mal Durchtreiben lassen kann ja nicht schaden. 3 Würfe später zappelte es dann auch schon und auch deutlich kräftiger als erwartet. Nach einem tollen Tanz schenkte mir die wunderschöne Regenbogendame noch ein paar Erinnerungsfotos und der Tag war jetzt schon spitze. Ich bin dann die letzten Meter den Bach hinunter zum Rio Yelcho gegangen. Ein Ungetüm an Wassermasse und äußerst beeindruckend. Darauf erstmal hinsetzen und genießen.

Watend hab ich sogar einen netten Pool erreichen können, aber die springenden Forellen waren leider außer Reichweite. Einen Biss konnte ich auf Streamer noch verzeichnen, allerdings nicht verwandeln. Danach bin ich den kleinen Bach noch ein Stück flussaufwärts und konnte noch ein paar kleinere an den Haken führen.
 


Largo Yelcho
Dessen Abfluss, Rio Yelcho


Kleiner Bach, große Forelle


So kann ein Tag doch gern beginnen
Altes Flugfeld
Scheinbar sind die überfahrenen Insekten noch frisch. Den Wespen schmeckts.
Nach dem Frühstück führte uns der Weg Richtung Norden, an Chaitén vorbei in den Pumalín-Park, ein malerisches Naturschutzgebiet mit traumhaften Regenwäldern. 

Neben ein paar schönen Wanderungen gabs auch ein kleines Bad direkt neben der Straße in einer heißen Quelle. Ziemlich cool. 

Auf dem Rückweg legten wir noch einen kurzen Stop in Santa Barbara ein, um im Meer nach Delfinen Ausschau zu halten. Die kamen zwar nicht vorbei, dafür aber ein Rudel Seelöwen, die uns nicht weniger willkommen waren.
 

Traumhafte Wälder



Küste


Heißes Bad im Straßengraben
Da es auf dem Weg nach Süden erstmal nicht so rosig mit Schlafplätzen aussah, konnte ich meine Liebste überzeugen, doch nochmal zu der tollen Stelle am Rio Malito zu fahren, die mir am Vortag so gut gefallen hatte. Sie war zwar immer noch nicht wirklich begeistert, aber das lag sicherlich auch am Hunger, denn es war schon recht spät und der Tag halbwegs anstrengend.

Während sie die Nudeln ansetzte hab ich fix die Rute montiert. 10 min also für die Entscheidung zwischen Forelle oder Tomatensoße als Beilage. Und tatsächlich hätte ich es fast geschafft. Leider hat sich die Gute mit einem akrobatischen Sprung verabschiedet und ihre Freiheit bestens verdient.

Am nächsten Morgen dann ein zweiter Versuch. Der Fluss einfach nur traumhaft, leicht milchig angetrübt vom Schmelzwasser und übersät mit Totholz, welches man auch wunderbar zum herumklettern und darüber balacieren nutzen konnte, um sich am ansonsten eher schwer zugänglichen Ufer zu bewegen. Eine kleine Bachforelle konnte ich schließlich überreden, nicht besonders groß, aber mit besonders schön gezeichneten Schwanzflosse.

Plan für den Tag war eigentlich eine Wanderung zum Queulat-Gletscher, allerdings mit strengen Zeittakten, im Voraus zu buchenden Tickets und angeblich peniblen Personal. Außerdem waren wir uns nicht sicher, ob sie uns mit dem Camper überhaupt rein lassen. Ich war dennoch pünktlich wieder zurück. Xenia hatte in der Zwischenzeit eine viel schönere Alternative gefunden. Also statt Hektik und Stress für einen ungewissen Ausgang, gemütliches Frühstück und entspanntes Losmachen. Während die Spiegeleier bruzelten, noch ein wenig die Rute geschwungen und tatsächlich zog es nochmal ordentlich am anderen Ende der Leine. Geilo! 
 





So schläft man doch gerne 

… am Rio Malito
Danach fuhren wir nochmal ein kleines Stück zurück nach Norden in den Corcovado NP, aber es gibt weiß Gott schlimmere Strecken die man 2 oder 3 mal fahren „muss“. Die Wanderung zum Gletscher war auch der Hammer, ein ähnliches Bild wie am Tag zuvor, diesmal noch mit blauem Eis am Ende des Weges.

Auf der weiteren Fahrt nach Süden hatte es mich dann mal kurz erwischt. Dieses Land ist so wunderschön und speziel diese Gegend nochmal besonders traumhaft. Schneebedeckte Granitgipfel, an dessen Füssen die schönsten Regenwälder wuchern, Wasser ohne Ende, nette Menschen und die bessere Hälfte an meiner Seite, mit der man all diese wunderbaren Momente teilen kann. Ich hätte heulen können vor Freude und Dankbarkeit.
 

Jeder hat seinen Platz



Corcovado NP mit Gletscher

Nach der Wanderung wurde auf den bis dahin schon perfekten Tag sogar noch mal eins oben drauf gesetzt. Xenia hatte uns ein nettes Plätzchen am Zusammenfluss von Rio Palema und Rio Risopatron rausgesucht. Keine Worte und nicht mal Bilder können beschreiben wie unglaublich schön es dort war. Definitiv einer der beeindruckendsten Orte, die ich je auf dieser Welt gesehen habe.

Und da es noch relativ früh am Abend war, bin ich natürlich noch mal losgezogen. Bis auf den Verlust zahlreicher Fliegen war allerdings nichts zu holen. Ein französisches Pärchen wollte auch dort übernachten, der männliche Part ebenso am fischen. Er hatte mit der Spinnrute etwas mehr Erfolg, eine von den 2en die er gefangen hatte, war wohl auch richtig groß. Ein bisschen schade für mich, denn da wo er sie an den Haken bekommen hatte, bin ich auch bequem rangekommen und hätte ich mich gleich für diesen Spot entschieden, wäre sie vielleicht bei mir auf den Leim gegangen. Aber halb so schlimm, dieser Ort war viel zu schön um sich über irgendwas zu ärgern. 

Auch der Regen am nächsten Morgen änderte daran nichts und nach einem gemütlichen Frühstück drehte ich noch mal ne kleine Runde. Ein paar kleine Regenbogenforellen konnte ich im Rio Palema landen, wieder einmal auf Streamer, den ich mir am Abend noch bei feinster Kulisse gebunden hatte.
 

Rio Palema, bzw ein kleiner Seitenarm



Nicht weniger schön bei ungemütlichem Wetter
Da wir immer noch auf unseren neuen Kühlschrank warteten, gab es keinen Grund zur Eile und so setzten wir unsere Reise nach Süden erst gegen Mittag fort. Mit äußerst schweren Herzen, ich wäre am liebsten für immer dort geblieben. Witzigerweise hatte meine Frau nochmal ein bisschen mit dem Kühlschrank rumgespielt, der nach Tagen des Streiks nun doch beschlossen hatte uns seine Dienste wieder anzubieten. Da der neue nun aber schon auf dem Weg war und wir dem alten nicht so wirklich trauten, wollten wir ihn dennoch tauschen und so schlugen wir an diesem Tag kurz vor Coyhaique unser Lager auf, am Zusammenfluss vom Rio Simpson mit dem Rio Maniguales, der dann weiter Fluss ab Rio Aysen heißt.

Die Fahrt dahin war spektakulär, Highlight einer der engsten und steilsten Pässe, die man dort fahren kann. Natürlich „feinste“ Schotterpiste. Die 3 Radfahrer, die wir auf der Strecke gesehen haben, hatten auf alle Fälle unseren tiefsten Respekt, sich da im stömenden Regen hinauf zu quälen. Dieser bedeckte zwar leider oft die Sicht, aber hin und wieder gab ein kleiner Wolkenbruch den ein oder anderen Blick auf die Berge frei.

Abends stellte sich dann etwas Wehmut ein, denn in Hinsicht auf den Weg, der noch vor uns lag und der Zeit die wir noch hatten, sollten wir leider langsam etwas Strecke machen. 
 



Selbstverständlich kommen hier auch LKWs entgegen. Am liebsten in der engsten Kurve ...
Ein kleiner Lichtblick
Rio Cisnés. Einer der Flüsse, wo es wohl auch möglich ist, aufsteigede Lachse zu überlisten






Rio Maniguales

Nachtlager am Rio Aysen
Eine kleine Runde am Morgen ging ohne Fisch aus, das lag wohl aber auch daran, dass der Wein am Abend zuvor mal wieder viel zu gut geschmeckt hat. Es sollte auch der Anfang vom ersten und einzigen wirklich frustierenden Angeltag werden.

Als wir gegen Mittag die Wasser- und Dieseltanks wieder voll hatten, ich noch ein paar Fliegen gebunden und immer noch auf den Kühlschrank warteten, hab ich mich am Rio Simpson aussetzen lassen, während meine Liebste die restlichen Vorräte aufgefüllt hat. Nachdem ne Weile nix passiert ist und ich auch immer wieder genervt auf die frischen Fußspuren am Ufer schaute, gabs irgendwann endlich einen schönen Einschlag. Es fühlte sich erst gar nicht so dick an, aber als die Gute zum Sprung ansetzte, war klar, dass es ne richtig Fette ist. Nun zog und bockte es ordentlich und mein Puls war heftig am sprinten. Als ein wenig Ruhe reinkam, schnell Leine aufspulen... uuuuund Tschüss. So ein Mist. Ich hätte heulen können, diesmal nicht vor Freude. Vielleicht 20 min später die nächste Gute, nicht ganz so groß, aber auch ein ordentlicher Brocken. 

Zumindest war sie so gütig und schenkte mir wenig Hoffnung, denn sie befreite sich gleich im ersten Sprung. Mit Blick auf die Zeit war mir schon klar, dass ich nicht mehr pünktlich zurück sein werde, aber eine letzte geile Stelle konnte ich einfach nicht liegen lassen. Beim letzten Versuch dann tatsächlich noch der ersehnte Biss, ordentlich Zug und wie sollte es anders sein – ab. Das kann doch einfach NICHT wahr sein!!! Zu allem Überfluss bließ mir der Wind noch mein Lieblingskäppi vom Kopf und bei dessen Rettungsaktion stolperte ich ins kühle Nass. Verzweifelt noch ein aller letzter Wurf in den ausgefischten Pool und wider Erwartung klappte es doch nochmal. Eine küchengroße Bachforelle sollte ein schönes Abendessen abgeben, eigentlich ja nichts Schlechtes. Nach all den vergeigten Großen allerding nur ein schwacher Trostpreis. 
 




Rio Simpson und kleiner Trostpreis
Wir holten noch den Kühlschrank und setzten dann unseren Weg nach Süden in großen Schritten fort. Ein wenig schade, denn auch hier reichen drei komplette Sommer nicht aus, um all die erstklassigen Gewässer zu befischen. Aber ich konnte die Gegend ja bei letzten Mal schon ein wenig erkunden und das jetzt kühlnasse Wetter machte den Herzschmerz erträglicher.

Am Rio Murta haben wir dann ein schönes Fleckchen gefunden und es gab die leckersten Kartoffeln der Welt mit Forelle zum Abendessen... und die Welt war wieder halbwegs in Ordnung.

Gefischt habe ich nicht mehr, obwohl es schon ein wenig schmerzte. Aber Xenia sollte ja auch auf ihre Kosten kommen – bis hier hin gab es für mich keinen Grund zur Beschwerde – und zweitens auch ein bisschen wegen der Angst, wieder eine Gute zu verlieren, um ihr dann den halben Tag nachzutrauern. Das kann auch für die Reisegefährtin sehr anstrengend sein ;-)
 



Wenn man auf der 7 Richtung Süden am NP Cerro Castillo vorbeifährt, kommt man zwangsläufig durch das Tal des Rio Ibanez. Teilweise hunderte Meter Flussbett, aber an der Stelle wo man ihn überquert, zwängt er sich durch ein etwa 30m breites Nadelöhr. 

Ein weiterer malerische Schlafplatz am Rio Murta. Hier hatten wir einen kleinen Plausch mit nem alten, verrückten, aber witzigen Ami, der vor Dekaden nach Chile ausgewandert ist.
Eigentlich sind wir am nächsten Morgen ganz gut losgekommen. Doch wie so oft, lief nicht alles ganz nach Plan. Schon nach wenigen Kilometern, kurz hinter Puerto Rio Tranquilo, wurde uns mal wieder ein Strich durch die Rechnung gemacht. Diesmal Reifenpanne. Gott sei Dank bei schönstem Wetter und auch wenn ich den Reifenwechsel schon alleine hinbekommen hätte, waren wir über die Hilfe eines polnischen Pärchens nicht abgeneigt. Der hiesige Reifendealer konnte unser kaputtes Rad zwar nicht mehr flicken, aber wenigstens ein Neues verkaufen, was zumindest ähnlich dem unseren war.

Nach der Panne sind wir natürlich nicht mehr all zu weit gekommen. Da wir die letzte Möglichkeit nach Argentinien zu gelangen - zumindet für motorisierte Fahrzeuge - nehmen wollten, haben wir noch das WLAN der Tankstelle genutzt, uns die dafür nötigen Papiere besorgt und steuerten ein Platz nicht weit der Grenze an, denn bis dahin war es uns für diesen Tag zu weit. 

Die Fahrt war einmal mehr der absolute Hammer. Erst vorbei am Largo General Carrera, in welchem sämtliches Wasser aus tausenden Quadratkilometern zusammen kommt und weiter als Rio Baker, Chiles größtem Fluss, Richtung Pazifik fließt. Nach vielleicht 20 Kilometern stößt der graue Rio Neff dazu. Auch ein sehr beeindruckendes Bild. 
 

Das Geschäft mit Reifen ist bei diesen Straßen durchaus lukrativ!
Largo General Carrera

Hier mit Einfluss vom Rio Leone.
Rio Baker

Und Zusammenfluss mit Rio Neff
Nachdem sich die beiden Flüsse verbunden haben, wechselt die Farbe leider von Azur-Blau in Türkis-Grau mit nur wenigen Zentimetern Sicht unter Wasser. Zumindest an jenem Tag. Unser Schlafplatz lag wenige Kilometer unterhalb und ich war nicht ganz so erfreut wie anfangs, denn natürlich wollte ich noch mal eine Runde die Rute schwingen und hätte lieber in klarem Wasser geangelt, anstatt im Trüben zu fischen. Den Forellen machte es offensichtlich aber nix aus. Nach 20 Minuten lustlosem Werfen kam ein ordentlicher Einschlag und auch wenn die Gute nicht die typischen Fluchten wie ihre sonstigen Artgenossen hinlegte, sondern eher bockte wie eine große Bachforelle, wars dennoch ein ziemlich aufregender Tanz. Diesmal lief alles glatt und der Ärger über den Tag am Rio Simpson war endgültig vergessen. Hab dann auch gleich aufgehört und mich auf dem Rückweg zum Auto noch mit zwei Radfahrern unterhalten. Was die hier leisten, ist wirklich beeindruckend. Ich fahre selbst nicht wenig, auch mit Angelzeug gerne mal 40 km oder mehr bis zum Fluss. Aber bei dem Wind und dem Staub würde mir dort sicher schnell die Lust vergehen.

Am nächsten Morgen ging es auch nochmal ein Stündchen raus. Erst ist nicht viel passiert, aber nach vielleicht 20 Minuten kam der erste Biss, dann eine zwei Sekunden lange Rauferrei und kurz darauf noch eine Regenbogenforelle verloren, die mir so herrlich die Schnur aus der Hand fetzte, dass ich ihr gar nicht böse sein konnte, als sie sich in einem Meter hohem Sprung verabschiedete. Als die Zeit um war -  wir wollten zeitig los – noch eine Letzte. Diesmal war es eine fast graue Bachforelle die sich für ihre ordentliche Größe relativ unspektakulär stranden ließ. Eigentlich ein Tick zu groß, aber irgendwie machte sie den Eindruck genug vom Leben zu haben und da ich am Abend zuvor ein wenig Enttäuschung über den Release wahrgenommen hatte, kam sie mit. Also wirklich nochmal ein richtig schönes Happy End. 
 

Tolles Teil :-)

Hotel im Freien, die Angelstelle vor der Haustür. So könnts immer sein ...


Auch diese Dame kann sich sehen lassen ...

Und nun freut euch schon jetzt auf Teil 3/3 dieses bildgewaltigen Traumreise-Abenteuers: "Zurück in Argentinien und 2x bis nach Feuerland, bitte", der im August 2025 im Fliegenfischer-Forum erscheinen wird!


Ein Bericht von Jupp Carda für www.fliegenfischer-forum.de - Juni 2025. Fotos/Copyright: Jupp Carda. Das unerlaubte Kopieren und Verbreiten von Text- und Bildmaterial aus diesem Bericht ist verboten.
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