Neuseeland: Saisonauftakt in Neuseeland Ein Bericht von Gebhard Krewitt |
![]() |
Der Auftakt
Die neue Schnur habe ich von der Rolle gezogen und ziehe sie hinter mir her, während ich den Goulter River in einer Rieselstrecke durchquere. Nach meiner Erfahrung und in meiner Vorstellung muss sich das ganze gear vor jedem Angeln erst einmal richtig benetzen und von Anhaftungen reinigen, damit auch das Vorfach in der gewünschten Weise sinkt und die Schnur anständig schwimmt. Hansi geht
auf das andere Ufer. Das ist das Zeichen für mich: Du bist dran!
Während
ich Schnur von der Rolle ziehe gehe ich drei Schritte vor, bringe 20 m
in die Luft und lege die 8er stone fly nymph in der Blasenbahn des Pools
ab. Die Schnur treibt gleichmäßig an mir vorbei. Drei kleine
Schritte vor und wieder in die Blasenbahn nahe dem gegenüberliegenden
Ufer. Die beschwerte Nymphe versinkt an dem fast 5 m langen Vorfach und
wird von der Strömung fort getragen.
6,5 pound brown trout im Goulter River/NZ 1/10/07 (Foto: Gebhard Krewitt) |
Mein kurzer,
triumphaler Schrei zieht Hansis Aufmerksamkeit auf mich, der mich dann
mit taktischen Ratschlägen beim Drill und Landen des Fisches unterstützt.
Auf ehrliche
7,5 lbs fast 8 lbs zieht die brown trout die Federwaage in meinem Kescherstiel
auseinander! Nicht schlecht für den ersten Fisch der Saison und auch
nur noch schwer zu steigern. Auf den Bildern, die Hansi von mir macht,
sehe ich mit der Euphorie im Gesicht über den ersten, dicken, geilen
Fisch der Saison so cool aus wie weiland Brad Pitt in dem Film „Aus der
Mitte entspringt ein Fluss“. Oder liegt das vielleicht nur an meinem Hut
und dem neuen, tannengrünen Zwirn von Simms?
Jetzt ist Hansi
dran. Er befischt den Einlauf des gleichen Pools. Ich richte noch mein
gear, als ich ihn schon im flachen Wasser mit krummer Rute rumtänzeln
sehe. Mr. Trout ist auf seine Nymphe gegangen und bringt nach erfolgreicher
Landung auch knappe 8 lbs auf die Waage.
Hansi drillt
eine 7 pound brown trout im Goulter River/NZ 1/10/07 =>
|
![]() |
![]() |
![]() |
5 lange Monate
haben wir auf diesen Tag gewartet: Den ersten Tag der neuen Angelsaison
07/08. Vom 1.Oktober an bis zum 30.April darf man in Neuseeland fast uneingeschränkt
überall fischen. In den 5 Monaten der Schonzeit ist das Angeln beschränkt
auf die Unterläufe der meisten Flüsse.
5 lange Monate haben wir im Angelparadies Neuseeland vom Angeln geträumt. Hansi drillt eine 7 pound brown trout im Goulter River/NZ 1/10/07 (Foto: Gebhard Krewitt) |
5 lange Monate
haben wir zusammen gesessen und schwärmerisch die vergangene Saison
mental abgearbeitet (siehe auch: HIER). 5 Monate
haben wir mit fast wissenschaftlicher Akribie die neusten Fliegenmuster
(nach-)gebunden und unsere Fliegendosen damit gefüllt.
Das Heiligabend am 24. Dezember ist, muss man mir immer wieder erzählen, aber dass der 1.Oktober dieses Jahr auf einen Montag fällt, das wusste ich schon lange vorher. Der Südseewinter war kurz und hart auf der neuseeländischen Südinsel. Der August und der September waren dann trocken und warm und so haben wir ganz gelassen der kommenden Angelsaison entgegen gesehen. Doch dann kam
alles ganz anders ...
Hansi mit einer 7 pound brown trout aus dem Goulter River/NZ 1/10/07 (Foto: Gebhard Krewitt) |
![]() |
![]() |
Nach reiflicher
Überlegung sind Hansi und ich auf den Goulter River für unseren
Saisonstart gekommen. Der Goulter River entspringt dem Lake Chalice in
der Richmond Range, fließt durch eine Berglandschaft mit native forest,
bevor er in den großen Wairau River mündet. Der See und der
natürliche Wald sind Faktoren, die sich bei starken Regenfällen
günstig auf den waterflow eines Flusses auswirken. Leider gibt es
im allwissenden Internet keine waterflow records für den Goulter River.
Sonntagnachmittag am 30.September um 15 Uhr treffen wir in der Lower Goulter Hut ein. Schon auf dem Weg von Nelson zum Goulter River fängt es wieder an zu regnen. In der kleinen Hütte mit 8 Schlafstellen und einem Ofen kauern Tim und Gareth aus Christchurch und starren frustriert gegen das beschlagene Fenster. Tim (ca. 60) angelt und Gareth (ca. 40) ist deer stalker, Jäger. Jede halbe
Stunde geht jemand von uns zum nahen Fluss vor der Hütte und checkt
den Wasserstand. Und der steigt ständig und gegen Abend trübt
sich das Wasser des Goulter River sogar auch noch ein. Mit Einbruch der
Dunkelheit um 21 Uhr hört es endlich auf zu regnen ...
Gebhard drillt eine 6 pound brown trout im Goulter River/NZ 1/10/07 (Foto: Hans Kreuer) |
Nach unserem
Trip zum Goulter River lese ich in Tims Blog im Internet über seine
Begegnung mit uns in der Lower Goulter Hut:
On Sunday
afternoon two really nice German men joined us - they were the only other
anglers who came to the hut! Hans and Gebhard live in Nelson and
are keen members of the Nelson Fly Fishing Club. They also do guiding
for German anglers (see www.trout-bum.de). I wasn't sure about them
for a start because they came in with hand carry bags like a couple of
ladies after a shopping spree! But in their bags they had lots of
fishing gear, quite some 'drink' and a little food. Gareth and I
were soon offered a can of beer. Gareth left that afternoon in the
rain to go to the mid-Goulter hut to do some hunting. No one else
was at the hut. I can only assume the lack of other anglers was due
to the bad weather. Sunday night I enjoyed talking fishing with Hans
and Gebhard and their red wine they shared with me was of top quality.
Hans drunk a bottle of white wine himself.
Gebhard drillt eine 6 pound brown trout im Goulter River/NZ 1/10/07 (Foto: Hans Kreuer) |
![]() |
![]() |
Montagmorgen
1.Oktober 2007, schon in der ersten Morgendämmerung bin ich wach und
runter zum Fluss: Der Wasserstand des Goulter River ist immer noch relativ
hoch, aber um ca. 0,50 m in der vergangenen Nacht gefallen, und, viel wichtiger:
Das Wasser ist klar und es regnet nicht!
Kaffee kochen, frühstücken, Angeln aufriggen. Über eine Karte gebeugt, einigen wir uns mit Tim schnell wer wo fischen wird. Aus Tims Blog: We were up early on Monday 1/10 because Hans did not want to have any other anglers beat us to the river. Hans and Gebhard fished from below the hut to Crozier Stream. I walked up the track to the confluence of Crozier and fished up river for 5 hours. My shoulder and arm became sore from double haul casting and I was getting hypothemic due to standing in the cold water below and all the rain above. I did not take waders or my neoprene aquasox (a mistake). But also I'd had such a good session of fishing I was happy to return to the hut and dry out and warm up. It took me 1.5 hours to get back to the lower Goulter hut on the track. The German lads went out before I returned on the Monday afternoon. They did OK catching and releasing plenty of fish. <= Gebhard
keschert eine 6 pound brown trout im Goulter River/NZ 1/10/07 (Foto: Hans
Kreuer)
|
Da capo!
Nach unserem furiosen Auftakt haben wir in der gewohnten Weise weitergefischt. Sight fishing heißt das auch in Neuseeland im Gegensatz zu blind fishing. Wir sind im und am Wasser den Fluss hochgegangen und haben durch die Pol-Brille sorgfältig „das Wasser“ nach Forellen abgesucht. Diese waren gut zu sehen, weil sie im Goulter River überdurchschnittlich groß und in dem 8ºC warmen Wasser äußerst aktiv sind. Haben wir einen Fisch vor uns in der Strömung gesichtet, besprechen wir ganz unaufgeregt die Bedingungen aus Wassertiefe, Strömung etc. |
![]() |
![]() |
Das endet
meistens zwischen Hansi und mir mit dem immer gleichen Satz: „Du bist dran!
Give it a go!“
Fliegenfischen, die reine Lehre! Am Ende eines riffle, am Einlauf in einen Pool steht eine große, dunkle Forelle gut sichtbar über dem hellen Grund. Der Fisch schiebt sich hin und her und inhaliert scheinbar alles was ihm in dem 1 m tiefen Wasser angeströmt wird. Der Fisch macht kurze Wege unter die Oberfläche und zum Grund des Flusses. Diese Forelle lässt sich nichts entgehen. Und ich bin dran: 15m upstream auf 10 Uhr steht dieser Fisch vor mir im Fluss. Gleichmäßige Strömung ohne Verwirbelung. Bedächtig ziehe ich Schnur (SAGE Performance Taper 2) von der Rolle (Abel Super 5). Einmal lege ich die Schnur weit weg vom Fisch auf das steinige Ufer, ziehe in Gedanken einen Kreisbogen vom Ende meiner Schnur zum Fisch, um die Entfernung genauestens abzuschätzen und korrigiere noch einmal die Länge. Oben: Hans
befischt den Goulter River/NZ 1/10/07
|
![]() |
![]() |
Konzentration!
Mit zwei false cast und einem sexy loop lege ich die Schnur schräg
hinter dem Fisch auf das Wasser. Das Vorfach (tippet: Stroft 0,15 mm) streckt
sich und die beschwerte 10er stonefly nymph in Grün ploppt drei Meter
vor dem Fisch in das stark strömende Wasser.
Zwei, drei Sekunden höchster Spannung! Die Nymphe glaube ich in dem klaren Wasser absinken und auf den Fisch zu treiben zu sehen ... „Kommt gut“, höre ich hinter mir Hansis Stimme. Unbewusst verkürze ich die Schnur. Sicher sehe ich, wie der Fisch sich in der Strömung nach links oben schiebt. Auch sehe ich Weiß für eine halbe Sekunde: Der Fisch hat das Maul kurz geöffnet. Das reicht mir um noch schnell „God save the Queen“ zu sagen, die linke Hand mit der Schnur fest zu schließen und meine Rute (SAGE SLT 590-2) zügig und gefühlvoll anzuheben ... Da ist es wieder, dieses so ersehnte Ziehen und Reißen! Der Fisch rennt mit der Strömung in den Pool, zieht mir die lose Schnur aus der Hand und ist sofort „auf der Rolle“. Aus der Tiefe des flaschengrünen Pools durchbricht eine große Forelle die Oberfläche und wirft sich in der Luft zappelnd gegen die Schnur ... 6,5 lbs, weiblich, gute Kondition. Well done! Mit dem ersten Wurf: Ein Ass! Das obligatorische Foto und : „Thank you Mrs. Trout! Bye, Bye“. |
![]() |
![]() |
7 pound
brown trout aus Goulter River/NZ 1/10/07
Foto: Gebhard Krewitt |
7,5
pound brown trout aus Goulter River/NZ 1/10/07
Foto: Gebhard Krewitt |
Weit sind
wir an diesem 1. Oktober 2007, dem ersten Tag der neuen Angelsaison in
Neuseeland, gar nicht gegangen. Schon gegen 14 Uhr waren wir am Zusammenfluss
des Crozier Stream mit dem Goulter River. Aber Fische haben wir gefangen,
ohne Ende, immer abwechselnd: einen Hansi, den nächsten ich. Und der
Hans, der kann’s: Drei Asse hat er an diesem Tag geworfen. Eine der gefangenen
Forellen hat „nur“ 5 lbs gewogen. Alle anderen haben zwischen 6 und 8 lbs
auf die Waage gebracht.
Gebhard
macht den ersten Wurf in die neue Angelsaison 1/10/07
|
![]() |
![]() |
Gegen 15 Uhr
hat es dann wieder geregnet, wenig später sogar heftig. Wir sind zur
Lower Goulter Hut zurückgegangen und haben unsere feuchten Sachen
in die blaue Ikea-Tasche (s. oben: carry bag) gesteckt, die Schlafsäcke
zusammengerollt, das „Leergut“ eingesammelt und sind zu unserem 4WD gelaufen.
Superglücklich!
PS: Und warum
angelt der Mensch? I am, I fish!
7,5 pound
brown trout aus Goulter River/NZ 1/10/07,
|
![]() |
![]() <= Hansi
mit einer 7,75 pound brown trout aus dem Goulter River/NZ 1/10/07
Oben: Tim
"talking fishing" mit Gebhard in der Lower Goulter Hut
|
![]() |
Hansi mit
einer 6 pound brown trout aus dem Goulter River/NZ 1/10/07
... und
es regnet schon wieder!
Foto: Gebhard Krewitt |
![]() |
der Goulter
River am 1/10/07, Bildmitte: Mount Edelweiss
Foto: Gebhard Krewitt |
![]() |
Hansi befischt
eine brown trout im Goulter River/NZ 1/10/07
Foto: Gebhard Krewitt |
![]() |
Hansi drillt
eine 7 pound brown trout im Goulter River/NZ 1/10/07
photo: Gebhard Krewitt |
![]() |
Hansi drillt
eine 7 pound brown trout im Goulter River/NZ 1/10/07
photo: Gebhard Krewitt |
Ein Bericht von Gebhard Krewitt | www.trout-bum.de für www.fliegenfischer-forum.de. Das unerlaubte Kopieren und Verbreiten von Text- und Bildmaterial aus diesem Bericht ist verboten. |
zurück zu Neuseeland, Australien... | zurück zur Übersicht Reise & Report | zurück zur Startseite |
|