Nachtaktiv ... Gezielte Jagd auf kapitale Bachforellen in der Dunkelheit von Alex Junghans |
Mit diesem Beitrag
möchte ich den Bericht "Goldschätze"
von Michael Müller ergänzen.
Ich komme aus dem deutschen Süden, dem Kalk-
und Sandstein Gebiet und befische dort hauptsächlich die kleinen Mittelgebirgsbäche.
Leider bieten diese Bäche nicht das Potential wie die legendären
Kalkflüsse, dennoch beherbergen sie wie die meisten anderen kleinen
Bäche auch Überraschungen.
Wie Michael schon anmerkte, sind die Fänge
von kapitalen meist Zufallsfänge, obwohl man vermeintlich genau weiß
"wo sie wohnen". Sie gezielt mit der Fliege zu befischen ist ein Geduldspiel,
die Randbedingungen müssen perfekt passen, sonst ist es ein unmögliches
Unterfangen. Wasserstand, Nahrungsaufkommen, alles ändert sich ständig
und wirkt sich auf die Nahrungsaufnahme und damit dem Verhalten der Forellen
aus.
Aber dennoch, zu den von Michael erwähnten Möglichkeiten gibt es noch einen Joker, den ich an meinen Hausbächen gerne ziehe, die Dunkelheit. |
Wenn
die Sonne untergegangen ist, beginnt eine spannende Zeit am Wasser...
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In der Dunkelheit kommen
sie aus den Löchern
Das ist nicht nur ein Sprichwort, es beschreibt genau was passiert, im Schutz der Dunkelheit gehen auch große Brocken gerne mal auf Wanderschaft und erkunden die flacheren Bereiche um ihre „Wohnung“. Ich bin inzwischen der Meinung das große Bachforelle nicht nur einen Haupt-Standplatz haben, wo sie sich das Jahr über aufhalten, sondern vielmehr ein Revier, das sie regelmäßig "abklopfen". Sie halten sich zu unterschiedlichen Zeiten an unterschiedlichen Stellen auf und folgen meiner Meinung nach hier immer der Nahrung, bzw. der Nahrung, die sie am bequemsten oder mit dem wenigsten Aufwand erhaschen können. Ich bin gar nicht mehr sicher, wie ich auf die Idee gekommen bin, in der Dunkelheit draußen zu bleiben. Ob es Literatur über das Meerforellenangeln war, wo ja auch gerne mal nachts gefischt wird oder die eigenen Erfahrungen in der Maifliegen Zeit, wenn das Steigen auch nach Einbruch der Dunkelheit meistens nicht aufhört, sogar oft erst den Höhepunkt erreicht. So hatte ich an meinem Hausbach einige Überraschungsbisse von richtig Großen, die mich dann aufhorchen ließen. Oft kamen diese Bisse an unscheinbaren Stellen, spät abends im letzten Licht, wo ich niemals einen starken Fisch erwartet hätte. Auch wenn ich mein Fotoalbum durchstöbere, fällt mir immer wieder auf, dass fast alle starken Fische bei Dunkelheit fotografiert wurden. Einmal war ich an einem schwäbischen Karstbach, hatte spät nachmittags bereits einen schönen Danica Schlupf erwischt und war in der späten Dämmerung schon auf dem Rückweg ins Gasthaus, weil ich noch was essen wollte, als ich an einem Pool live ein Schauspiel sondergleichen miterleben konnte. Es war bereits fast dunkel, doch Forellen aller Größen attackierten sich an der Oberfläche gegenseitig, um den besten Spot zum Einsammeln der Maifliegen zu erkämpfen. Ich habe noch ein paar Würfe mit der Spent Danica gemacht, konnte aber aufgrund der Dunkelheit keinen Biss verwerten und habe schnell abgebrochen, weil doch auch mein Magen nach dem langen und anstrengenden Tag knurrte. Mit einer kleinen Träne im Auge ließ ich das Schauspiel dann zurück. |
Das
Licht der Straßenlaterne an der Brücke reicht aus, um diesen
Platz für Fische wie auch Fliegenfischer hoch interessant zu machen!
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Vorweg:
Eins vorweg, wenn man sich bei Dunkelheit am Wasser
bewegen möchte: Sicherheit geht vor!
Die Taschenlampe habe ich dabei, die bleibt aber aus. Lediglich zum Fliegen anbinden wird sie bemüht, ich habe auch bewusst eine ganz alte „Funzel“ dabei, kein LED-Strahler. Zum Fliegen wechseln oder Vorfach erneuern reicht ganz wenig Licht, danach gewöhnen sich die Augen wieder viel schneller an die Dunkelheit. Die Ohren sind deine Augen.
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Dicke
Abendforelle
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Bedingungen:
Nach meinen Erfahrungen ist nicht jeder Abendausflug automatisch erfolgreich, es gibt auch hier solche und solche Tage. Gut waren im Rückblick eher helle Nächte, an denen z.B. ein heller Mond hoch am Himmel steht. Ich vermute, dass es mit der Sichtbarkeit der Beute/Köder zusammenhängt. Besonders dunkle Nächte sind nach meinen Erfahrungen eher ruhig. Was auch an solchen Bedingungen dennoch immer Hotspots sein können, sind Bereiche, die durch künstliches Licht erhellt werden, z.B. durch Straßenlaternen oder Schaufensterbeleuchtung. Als die beste Zeit für diese Fischerei habe ich die Sommerzeit während und nach den Danica Schlüpfen ausgemacht, wenn es so mild ist, dass man auch abends noch im T-Shirt am Bach stehen kann. |
Dieser
Abendausflug hat sich echt gelohnt!
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Köder und Taktik:
Man muss unterscheiden, zur Maifliegen-Zeit kann man in der späten Dämmerung ganz gut „gewöhnlich“ trocken fischen. Solange Restlicht vorhanden ist geht das gut. Wenn es dunkler wird, dann wird langsam die Bisserkennung schwierig. Je nach Situation hebe ich da schon mal auf Verdacht die Rute. Das geht bei einem steigenden Großfisch aber nur wenige Male, dann ist er vergrault und macht erstmal Pause. Ich habe aber schon erlebt, dass das Steigen nach einigen Minuten Pause wieder anfängt. Während der Maifliegen Hochzeit stellen sich die großen Forellen gerne an Stellen, wo sie besonders leicht an zahlreiche Fliegen kommen können. Ich habe beobachtet, dass sie sich gerne dort einstellen, wo sich Luftwirbel bilden, z.B. an Bäumen, an Brücken oder sonstigen baulichen Besonderheiten. Dort zeigen sie dann ein typisches Verhaltensmuster. Sie werden erst mit dem Letzen Licht des Tages aktiv. Sie warten dann immer eine gewisse Zeit ab, bis sich vermutlich einige Spents gesammelt haben, von denen werden dann 4-5 Stück zügig von der Oberfläche eingesammelt, danach zieht sich die Forelle wieder eine gewisse Zeit zurück, um dann erneut ein paar Fliegen von der Oberfläche zu holen. Die Fischerei auf diese Zielfische ist besonders spannend, weil es nur ein ganz kleines Zeitfenster gibt. Außerdem muss das Fliegenmuster sehr gut passen, da sie sich die Fliege in dem meist eher ruhigen Bereich sehr lange anschauen können. Ich hatte Angeltage, an denen ich wirklich erst nach 21:45 Uhr ans Wasser bin, und nur die eine vermeintliche Stelle des Zielfisches befischt habe. Erst vor ein paar Wochen mit Erfolg! |
Wunderbar...
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Wenn es so dunkel
geworden ist, dass eine optische Bisserkennung nahezu unmöglich wird,
kommt Taktik zwei ins Spiel: An der Oberfläche „geschlitterte“ Fliegen.
Entscheidend bei dieser Fischerei ist, dass die Fliege eine kleine Bugwelle erzeugt, in der dann das Restlicht z.B. der Mond reflektiert. Erst dann werden die Forellen getriggert. Nach meinen Erfahrungen ist es zu empfehlen, die Fliege im Dunkeln eher gleichmäßig und stetig zu führen. Aktiv ruckartiges Strippen geht auch und bringt bei manchen Situationen auch mehr Aktionen. Allerdings sind das meist Fehlbisse, ich vermute, dass die Forellen im Dunkel dann gerne mal daneben beißen und den Köder nicht richtig erwischen. |
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Die „Maifliegensammler“
wie oben beschrieben bekommt man mit dieser Taktik natürlich eher
nicht, zumindest nicht solange sie „ihr“ Muster von der Oberfläche
sammeln, da kann man „Alles“ hinwerfen, hab ich probiert, mehrfach, es
muss eine genaue Nachbildung des Musters sein, dass sie eben nimmt.
Als Köder für die geschlitterte Fischerei haben sich große, kräftige Muster bewährt. Eine große, gut schwimmende Caddis funktioniert meistens gut, ebenso Nachfalter Imitationen aus Foam, kleine Mausmuster, die Tschernobyl Ant oder die aus der Mefo Fischerei bekannte „Zigarre“. Zur aktiven Fischerei benutze ich auch gerne dieses Muster, aus Marabu, Foam und Deerhair (siehe Bindeanleitung weiter unten). |
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Abhängig vom
Gewässer gibt es bestimmt auch Situationen, in denen kleinere Muster
fängiger sind.
In meinen kleineren Gewässern waren es bisher immer eher kräftige, gut schwimmfähige Muster, die Erfolg brachten. Diese Art der aktiven Fischerei klappt bei den richtigen Bedingungen auch sehr gut auf Verdacht, bzw. an Stellen wo Fische stehen, die aber im Moment grade nicht oder nicht mehr steigen. Es lohnt sich auch, die Fliege hartnäckig
viele Male über den vermeintlichen Fisch-Standplatz zu schlittern.
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Ein weiterer Vorteil bei der Fischerei im Dunkeln: die Fische sehen einen schlechter. Erst neulich stand ich unter einer Fußgängerbrücke im Schatten der Laterne. Ich watete dorthin in Zeitlupe direkt durch den Pool, anders kommt man dort unauffällig nicht hin. Von Oben müsste ich durch den von der Laterne erleuchteten Bereich waten. So stand ich dann unter der Brücke, der Bach an der Stelle nur vielleicht 6m breit, und hörte, während ich meine Maifliege bachaufwärts nur um Rutenlänge in den Schein der Laterne schlenzte, hinter mir einen guten Fisch steigen. Wir befanden und noch in der Hochphase der Danicas und die Forellen stiegen noch gut darauf ein. Ich schaute nach unten, konnte aber im Schatten nichts mehr erkennen. Keine zwei Minuten später nimmt ein starker Fisch meine Maifliege direkt vor meinen Füßen. Die Bachforelle war so baff wie ich, doch ich reagierte blitzschnell und kescherte sie, bevor der große Tanz los ging. Allerdings war sie dadurch so vital, dass sie mir beim Abschätzen der Länge, ich habe Markierungen am Kescher, aus der Hand hüpfte. Ich schätze sie auf ca. 54cm. |
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Vielen Dank für
das Interesse,
viel Spaß beim Ausprobieren und allseits ein freundliches Petri Heil! Nachfolgend noch die erwähnte Bindeanleitung: Material:
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Die Fotostrecke sollte selbsterklärend sein
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Den Körper hab ich zwecks Haltbarkeit und Schwimmfähigkeit mit Bugbond versiegelt. Schwanz: 1- 1,5-fache Körperlänge. Den Rehhaar-Kopf gerne voluminös binden, er soll ja gut Welle machen! |
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Manchmal
verschmähen auch andere Fischarten das Angebot nicht.
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Ein Beitrag und Fotos von Alex Junghans für www.fliegenfischer-forum.de - 2022. Das unerlaubte Kopieren und Verbreiten von Text- und Bildmaterial aus diesem Beitrag ist verboten. |
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