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Verfasst: 27.05.2008, 12:43
von momo
@ Klaus: Jetzt werde ich ganz verlegen

, danke für die Blumen. Und danke dafür, dass du ein Greenhorn in Sachen Bezeichnug aufgeklärt hast.
Liebi Grüess us de Schwiiz
Moreno
Verfasst: 27.05.2008, 14:04
von Maggov
Hallo Klaus,
hallo Tobsn,
vielen Dank für Euren Beitrag zu meinem Verständnis rund um Lachse. Ihr habt recht, dass ich keine Experte bei Lachsen bin, geht aber nicht auf das (gesamt-)Bild meines Posts ein, sondern auf Teilaspekte und deshalb finde ich einige Argumentationen von Euch nicht schlüssig.
Zunächst auf den Einwand von Tobsn, da dieser kürzerer Argumentation bedarf:
Ich fische nicht auf Karpfen, da ich diese ausschliesslich zurücksetzen würde, da mir diese eben nicht so schmecken. Deshalb verzichte ich auf die Befischung dieser Art, da reines C&R auf eine Spezies aus meiner Sicht ebenso wenig mit der "eigentlichen" Intention von Fischen zu Tun hat, sondern diese zu sehr in eine Entertainment-Ecke schiebt, was mir aufgrund meines Gewissens zu Tieren nicht zusagt.
Zu Euch beiden eine gröbere Aussage etwas verkürzt um dem Inhalt meines Posts Dachdruck zu verleihen:
Ich befische deshalb keine Forellen in der Schonzeit, weil ich damit einen Fisch "bejage" der sich gerade in der Fortpflanzung befindet und dies Tun soll, weil ich sonst den Bestand auf Dauer dezimiere. Dabei ist es mir wurscht zu wie viel % ich das Tue, die Tatsache, dass ich es bewusst tue wiederspricht meinem Empfinden von einer nachhaltigen Bewirtschaftung / Hege eines Ökosystems.
Natürlich ist ein Fisch auch ausserhalb der Schonzeit ein potentieller Laichfisch. Deshalb versuche ich bei der Entnahme von Fischen dies zu berücksichtigen und sein Laichpotential gibt Auschlag ob er den Priest oder Wasser nach dem Fang spürt.
Die Tatsache, dass ich Lachse eben nur bei dem Aufstieg zum Laichen (mit der Fliege/der Handangel) befischen kann legt für mich weitere Schlüsse nahe:
1. nicht jeder Releaster Fisch überlebt. Somit ist das Argument "ich lasse sie ja schwimmen" nicht unbedingt 1a korrekt.
2. Ich befische eine Art die gerade im Begriff ist sich fortzupflanzen. Die Tatsache, dass Fische "foul" gehakt werden können, der Stress während der Drillphase bei einem Fisch der keine Nahrung mehr zu sich nimmt, aber noch eine weite Strecke zurücklegen muss sowie eben die Frage ob das der "richtige" Zeitpunkt ist gezielt auf eine Fischart zu gehen, weil sie gerade erreichbar scheint legen für mich den Schluss nahe eben kein Lachsfischer zu werden - egal ob auf Auf- oder Absteiger.
3. Wenn man Clemens' Rückfrage und Posts genauer liest, so höre ich da Zweifel raus ob Absteiger sicher zurückkehren. Mir erschließt sich hier auch die Logik nicht ganz. Der Lachs (auch Grosse) hat neben dem Menschnen auch andere natürliche Feinde und unterliegt ebenfalls Phänomenen wie Altersschwäche und Krankheiten, Wasserverschmutzungen, Schleppnetzen und was weiß ich nicht noch alles. ABER (!) er hat gelaicht - und zwar mindestens einmal. Der Aufsteiger, der - wie weitere oben geschrieben - kulinarisch interessanter ist und zwar noch keine Eier / Milch hat soll entnommen werden oder (falls man ihn doch dran hat) legitim gedrillt/gefangen werden obwohl dies die Laichchancen verwehrt?
@Klaus:
Es gibt sicherlich schlimmere Einflüsse als den Sportfischer - deshalb hatte ich eine Wirkungskette aufgezeigt die ich mir als hypothetisches Szenario in n Jahren vorstellen kann. Also nicht jetzt, aber möglich...
Ich will Euch das Lachsfischen nicht vergällen - Fischer tun auch was für Lachsbestände und ich gehe davon aus, dass die Leute die das mit hohem Einsatz betreiben sich auch damit auseinander setzen und wissen was sie Tun.
Ich komme von der Eingangsfrage ob es "ehrbar" ist auf Absteiger zu Fischen oder nicht. Und wenn Ihr meine Argumente aufnehmen wollt, dann würde ich mich freuen, wenn man darüber diskutiert und nachdenkt ob ein Absteiger weniger "sportlich" oder aus Hege-Aspekten heraus vielleicht gar nicht soo falsch ist.
Letzte Frage (nur am Rande): Sind Lachse - wie andere Salmoniden - Kannibalen und wie viele Smolts fallen (groß-)Lachsen zum Opfer?
Viele Grüsse
Markus
Verfasst: 27.05.2008, 14:26
von Rattensack
Hallo Markus,
bitte vergiss nicht: In guten Lachsflüssen steigen tausende dicke Rogner auf, die eine viel höhere Eizahl bringen, als die carrying capacity des Flusses als Junglachshabitat berträgt. Die Produktivität kann man nicht mit einem Forellenbach vergleichen.
Ein Abschöpfen von Lachsen kann daher nur gut und recht und prinzipiell ohne jeglich Verringerung des Bestands möglich sein.
Wenn man die Lachse nicht beim Aufsteigen fangen sollte, was wie oben dargestellt eigentlich die einzige Option für eine sinnvolle Bewirtschaftung ist, weil die Populationen sich im Meer durchmischen, dann müsste man Lachse folglich zumindest nach deiner persönlichen Ethik generell unbefischt lassen.
Ist das wirklich deine Meinung?
Clemens
Verfasst: 27.05.2008, 14:52
von Achim Stahl
Moin,
Tisie hat geschrieben:(...)Nach Deiner ersten Aussage entscheidest Du Dich bei der Entnahme nur für Fische in guter Kondition (was ich genauso sehe), sprichst Dich aber auch dafür aus, Fische im Laichkleid sowohl im Meer als auch im Fluß stets zurückzusetzen, weil nicht alle Angler zweifelsfrei beurteilen können, ob diese in guter Kondition (Aufsteiger?) sind. Müßte man dann nicht auch alle silbernen Fische wieder zurücksetzen? Diese können ja auch in guter oder schlechter Kondition sein - sowohl im Meer als auch im Fluß (siehe Mörrum-Bericht).
Ist die im Sommer oder Herbst an der Küste gefangene Meerforelle, die in top Kondition aber angefärbt ist, nicht der bessere Sport- und Speisefisch, als die im Frühjahr gefangene Meerforelle, die als Absteiger zwar noch schlank, aber schon wieder silber ist? Und trotzdem soll der braune Fisch in guter Kondition wieder zurückgesetzt werden?
Und warum sind manche Aufsteiger im Fluß silber und andere im Laichkleid?(...)
Hallo Tiesie,
du bist da über ein echtes Problem gestolpert. Ja, auch Absteiger an der Küste sind silbern, haben eine schlechte Kondition und sollten nach meiner Meinung auch zurückgesetzt werden. Aber die Unterscheidung zwischen einem blanken Überspringer (so heißen die Meerforellen, die nicht zum Laichen im Fluß waren) und einem Absteiger ist auch nicht sehr schwer: Ein Fisch, der den größten Umfang am Kopf und nicht am Bauch hat, ist in einer schlechten Kondition. Überspringer haben einen festen prallen Bauch und lose Schuppen, Absteiger haben einen eingefallenen Bauch, festsitzende Schuppen und oft vom Schlagen der Laichgrube und der Wanderung eine zerschrammte Unterseite und Schwanzflosse.
Natürlich regenerieren sich die Absteiger relativ schnell im Salzwasser. Dann ist eben Eigenverantwortung gefragt, jeder muß dann selbst entscheiden, ob er den Fisch schon wieder mitnimmt oder noch zurücksetzt.
Eine gesetzliche Lösung gibt es da nicht, und die Tatsache, dass braune Fische geschützt sind, Absteiger aber nicht, finde ich auch unbefriedigend. Vor allem auch deshalb, weil uns unsere Funktionäre in den Verbänden immer wieder nahelegen, jeden maßigen nicht geschonten Fisch zu entnehmen
Zu deiner letzten Frage: Die Laichfärbung wird von den Hormonen gesteuert und hängt mit der Entwicklung des Rogens bzw. der Milch zusammen. Nicht alle Fische steigen aber im gleichen Entwicklungszustand in die Flüsse auf. Deshalb gibt es beispielsweise an der Küste noch braune Fische, bei denen die Laichbereitschaft schon sehr weit fortgeschritten ist, die dann kurze Zeit nach dem Aufstieg bereits ablaichen. Andererseits gibt es aber auch Fische, die sehr früh aufsteigen und noch lange im Fluß bleiben bis sie laichbereit sind. Die sind beim Aufstieg silberblank.
Es gibt auch Meerforellen, die in die Flüsse aufsteigen und gar nicht laichen. Zum Beispiel im Winter wenn ihnen das Salzwasser zu kalt wird oder mit den Stinten, die sie auch noch in den Flüssen jagen. Das ist alles nicht so einfach
Viele Grüße!
Achim
Verfasst: 27.05.2008, 15:53
von Maggov
Rattensack hat geschrieben:Hallo Markus,
bitte vergiss nicht: In guten Lachsflüssen steigen tausende dicke Rogner auf, die eine viel höhere Eizahl bringen, als die carrying capacity des Flusses als Junglachshabitat berträgt. Die Produktivität kann man nicht mit einem Forellenbach vergleichen.
Ein Abschöpfen von Lachsen kann daher nur gut und recht und prinzipiell ohne jeglich Verringerung des Bestands möglich sein.
Wenn man die Lachse nicht beim Aufsteigen fangen sollte, was wie oben dargestellt eigentlich die einzige Option für eine sinnvolle Bewirtschaftung ist, weil die Populationen sich im Meer durchmischen, dann müsste man Lachse folglich zumindest nach deiner persönlichen Ethik generell unbefischt lassen.
Ist das wirklich deine Meinung?
Clemens
Lieber Clemens,
ich bin mir sicher Du weißt um meine Leidenschaft als Fischer und ich bedanke mich für die Zusatzinfo, die das klar relativiert. Bis auf die Tatsache, dass Forellen oder jeder andere Fisch doch genau die gleiche Strategie fährt (Haie oder andere lebendgebärende Fische mal ausgegrenzt) - oder ist das wirklich so, dass Karpfen, Forelle, Hecht & Co nur so viele Eier produzieren und / oder befruchten wie ein Gewässer verträgt?
Was das Thema Fischen auf Lachs betrifft so habe ich ja bereits geschrieben, dass ich für mich persönlich diese Frage mit "Ja" im Sinne von "ich sehe davon ab" beantwortet habe. Die Aussage ich möchte es Euch nicht vergällen bezieht sich darauf, dass ich meinen "ethischen Selbstanspruch" auf keinen anderen Fliegenfischer/Menschen stülpen will oder diesen als höherwertig einschätze. Ich hoffe jedoch, dass die diskutierenden Teilnehmer - so wie Du es eben in Deinem Thread tust - diesen Punkt nicht abschätzig betrachten weil er gerade nicht in den Kram passt (so noch nicht passiert, einfach provokativ & präventiv geschrieben) sondern sich darauf einlassen und Ihr eigenes Handeln reflektieren.
Dass Du gerne auf Lachs fischst weiß ich aus Deinen tollen Berichten die ich immer gerne verschlinge und "geistig mitreise". Ich hoffe ich kann mehr davon lesen und Du kannst so was noch oft machen. Auf der anderen Seite wissen alle hier, dass Du weißt, welches Tier in welchem Bestand noch einen Beitrag leisten kann oder nicht - und wo Bestände schon am Abgrund stehen. Dies spiegelt für mich das gleiche Interesse und eine ähnliche Ethik wieder - nur eine andere Antwort auf Deine gestellte Frage.
Viele Grüsse
Markus
Verfasst: 27.05.2008, 16:08
von Tristan
Hallo,
Es gibt sicherlich viele mögliche Ansätze sich dem Thema Lachsfichen zu nähern. Der historische Aspekt ist genannt worden, es gibt denjenigen der die Herausforderung Sucht einen Fisch zu fangen der eigentlich nichts mehr frisst, vielleicht ist es für den ein oder anderen auch der Drill oder schlussendlich der Verzehr eines Wildlachses. Dies sind alles persönliche, menschliche Gründe.
Was hat der Lachs davon beangelt zu werden? Nun, so gesehen erstmal scheinbar recht wenig (wie jeder Fisch den wir fangen - egal ob danach verspeist oder wieder freigelassen). Wir können uns aber bemühen mit dem individuellen Fisch bzw. der gesamten Art möglichst schonend umzugehen.
Aus meiner Sicht umfasst das folgendes:
1. Dass wir nicht ohne Grund fischen gehen
2. Wenn wir einen Fisch fangen, dann sollte man während des Drills und danach gut mit ihm umgehen (zügiges Drillen, vorsichtiges Zurücksetzen oder schnelles Abschlagen).
3. Eine Entnahmepolitik die eine möglichst gesunde Population fördert und diese erhält.
Ich denke in diesem Punkten sind wir uns größtenteils einig, die Interpretation variiert jedoch ein wenig. Für mich sieht das folgendermaßen aus:
zu 1: kein gezieltes C&R betreiben, jedoch auch kein dogmatisches Abschlagen jeden maßigen Fisches. Ich esse gerne Fisch (ganz besonders auch Lachs) obwohl mir das Fischen an sich zu deutlich mehr dient als allein zum Nahrungserwerb. Das ist jedoch eine weiterführende Diskussion und muss sich schlussendlich jeder sebst beantworten. Da wir hier im Fliegenfischerforum sind und wir wohl alle fischen gehen hat wohl ein jeder seinen persönlichen guten Grund überhaupt fischen zu gehen.
zu 2: Hier werden wir uns wohl alle einig sein.
zu 3: Dies ist der wesentliche Punkt dieser Diskussion. Hier kommt es denke ich darauf an was schlussendlich heraus kommt. Man kann natürlich den von Markus gewählten ethischen Ansatz wählen und sich grundsätzlich gegen eine Befischung in der Laichzeit aussprechen. Auf unser Thema gemünzt würde sich daraus ableiten, dass eine Befischung von Absteigern besser wäre. Woher kommt denn aber die Überlegung, dass man Fische in der Laichzeit nicht befischen sollte und dies mit Ethischen Gründen belegt? Einleuchtend ist für mich in diesem Zusammenhang nur das Argument, dass man die Art schützen möchte indem man ihr ermöglicht sich ungestört fortzupflanzen. Die Frage stellt sich nun aber ob das das einzige und beste Vorgehen ist eine Art zu schützen. Bei unseren Karpfen, Hechten und Forellen, die relativ ortsständig unsere heimischen Gewässer bevölkern erscheint mir eine uneingeschränkte Schonzeit während der Laichzeit sinnvoll. Bei den Lachsen bin ich da mittlerweile einer etwas anderen Auffassung.
Grundsätzlich glaube ich, dass die allermeisten Tierarten in unserer modernen und vom Menschen geprägten Welt profitieren wenn sie von hegerisch aktiven Nutzungsgemeinschaft "bewirtschaftet" werden. Es ist schon gesagt worden, dass es für den Lachs deutlich mehr Gefahren gibt als die Lachsfliege des Fliegenfischers. Lassen sich die Bedingungen für den Lachs durch das große Interesse an seinem Wohlergehen, motiviert durch die Befischung und Entnahme einer verträglichen Anzahl der Population, so beeinflussen, dass die zum Teil deutlich gravierenderen Pobleme wie Gewässerverbauung und Stellnetzen an Flussmündungen eingedämmt werden, so hoffe ich, dass es dem Lachs unter dem Strich besser gehen wird.
Sind die Auswirkungen dieser hegerisch aktiven Nutzungsgemeinschaft auf die Population jedoch so negativ, dass sie größer ist als ihr Nutzen, so sieht die Sache natürlich anders aus.
Gruss
TRistan
Verfasst: 27.05.2008, 16:19
von Rattensack
Hallo Markus,
Ich habe deine statments in keinster Weise als abschätzig oder wertend gegenüber anderen interpretiert. Ich habe auch Achtung vor deinen hohen ethischen Selbstansprüchen. Allerdings find ich's schad, wenn du dich um die Freuden und Leiden des Angelns auf Lachse bringst, nur weil du Vergleiche mit dem Angeln auf Süßwasserfische ziehst, die doch deutlich anderen Grundsätzen unterliegen. Natürlich können auch Süßwasserfische enorm hohe Eizahlen produzieren, sodass im Gewässer dichteabhängige Regulationsmechanismen (z.B. Territorialität bei jungen Forellen) greifen. Bei guten Lachsbeständen ist dies allerdings deutlich ausgeprägter, ganz einfach weil die Nahrungsressourcen im Meer enorm sind.
Sorry wenn ich mich wiederhole, eine fairere, ethischere und ökologisch wie fischereiwirtschaftlich gscheitere Option, Lachsbestände zu nutzen, als mit der Fliege auf Aufsteiger zu fischen, sehe einfach nicht.
Vor diesem Hintergrund verschließt es sich mir einfach, wieso Äschenfischen mit der Trockenfliege im Spätherbst - wenige Monate vor der Laichzeit - ethisch subjektiv besser sein soll als z.B. Lachsfischen mit der Fliege im Frühjahr auf frische Aufsteiger.
Reflexion des eigenen Handelns wie du schreibst find ich daher beiderseits wichtig. Insbesondere in Bezug aufs Lachsfischen, von dem ich leider nur recht wenig versteh.
Nix für ungut und beste Grüße,
clemens
Verfasst: 27.05.2008, 17:28
von greypanther
Hallo @all,
wir sollten das sicherlich hochwichtige und hochinteressante Thema nicht durch exzessive philosophische Diskurse verwässern.
Vom praktischen Standpunkt aus reduziert sich doch alles auf die Entscheidung des Einzelnen: fische ich auf Lachs(-Aufsteiger) oder tue ich das aus ethischen Gründen nicht.
Im letzten Fall erübrigt sich dann sowieso jegliche Diskussion über Parrs, Smolts, Frischauftsteiger, Kelts und dergleichen. In fröhlichem Gottvertrauen überlässt man alles der "Natur" (was immer das auch ist!?). Die wird's dann schon alles zum Besten der (Lachs-)Art richten und das ewige Nirwana für die Fische schaffen.
Hier sei nur ganz leise angemerkt, dass dieselbe "mütterlich" sorgende Natur im Laufe der Evolution mehr als 99,9 % der von ihr erschaffenen Arten auch wieder selbst beseitigt hat, ohne Zutun von Homo sapiens ssp. sapientissimus (dem Weisesten der Weisen)!
Im ersten Fall hingegen nehme ich wohlgemut meine Fliegenrute, eile ans Wasser und versuche einen der schlanken Silbertorpedos zu fangen. Fairer, verantwortlicher Umgang mit dem Fisch und Rücksichtnahme auf populationsdynamische Verhältnisse an dem Fluss (sprich: selbstauferlegte Regeln und strikte Fangbegrenzungen; von gezieltem C&R halte ich aus vielen Gründen nicht viel. Aber das ist wieder eine andere Diskussion) sind dabei heute natürlich eine Selbstverständlichkeit, weltweit.
Ich persönlich gehöre zur letzteren Gruppe von Fischern und, wie schon weiter oben angedeutet, stammt meine (recht umfangreiche) Erfahrung mit Lachsen aus dem angelsächsischen Raum. Hier hat man in typisch angelsächsischer Manier einen griffigen Slogan gefunden, der m.E. als kategorischer Imperativ für uns Lachsfischer gelten sollte:
"Don't catch your limit but limit your catch"
In diesem Sinne allen Lachsfischern - tight lines
Klaus
Verfasst: 27.05.2008, 23:31
von Tisie
Hallo Achim,
vielen Dank für Deine ausführliche Erklärung! Offensichtlich ist mein Verständnisproblem eine Frage, mit der sich jeder Meerforellenangler auseinander setzen muß und für eine befriedigende gesetzliche Regelung ist die Thematik wohl zu vielschichtig?! Aber zum Glück haben wir ja die Freiheit, im Zweifel lieber mal einen Fisch mehr wieder aus der Hand rutschen zu lassen
Die Gründe für die unterschiedliche Färbung von Meerforellen im Fluß finde ich sehr interessant. Ist das bei Lachsen auch so oder laichen diese auch ohne Laichkleid, also silber? Die Absteiger im angesprochenen Mörrum-Bericht waren ja sogar im Fluß auch (noch oder schon wieder?) silber.
@Markus:
Ich habe manchmal (meist nach einem guten Fangtag) auch solche Gedanken und es tut mir irgendwie leid, daß man die meisten Fische einfach nur so zum Spaß fängt (und damit quält). Wenn man konsequent wäre, dürfte man eigentlich nur die Fische angeln, die man für den eigenen Verzehr auch entnimmt. Aber für diese Konsequenz gehe ich einfach zu gerne angeln und ich mag auch nicht jeden maßigen Fisch bis zum Fanglimit entnehmen - ein Zwiespalt, aber damit müssen wir wohl leben ... oder das Hobby wechseln.
@Sven:
guideliner hat geschrieben:Ein Fliegenfischer ist kein normaler Angler, er schätzt die Natur und ihre Kreaturen um ein vielfaches mehr.
Vielleicht meinst Du es ja nicht so, aber ich finde solche verallgemeinernden Aussagen überheblich. Es trifft sicher zu, daß sich viele (leider auch nicht alle!) Fliegenfischer sehr intensiv mit der Natur beschäftigen und die Fische mit viel Achtung und Vorsicht behandeln, aber wir sollten uns damit nicht grundsätzlich über Angler stellen, die andere Angelmethoden ausüben und ihnen absprechen, daß sie die Natur und ihre Kreaturen nicht genauso wie wir achten und mit der gleichen Sorgfalt behandeln. Ich behandle die Fische ja auch nicht anders, wenn ich sie mit der Spinnrute fange
Viele Grüße, Matthias
Verfasst: 28.05.2008, 10:14
von Maggov
Hallo zusammen,
es freut mich sehr, dass Ihr meinen Beitrag nicht als Angriff auffasst, sondern darauf eingeht.
Insbesonders das Posting von Clemens und Achim helfen mir dabei die vorher gebrachten Argumente offener zu lesen, da sie eben ganau das zeigen - man setzt sich damit auseinander.
@Clemens:
Es gibt so viele Möglichkeiten mit der Fliege zu fischen, dass sich dieser "persönliche Entzug" als nicht so schmerzhaft erweist. Wohl aber die Reise in Länder wo das statt findet. Ich will unbedingt auch mal nach Skandinavien zum Fischen - allerdings auf Renke, Äsche und Forelle. Und v.a. um diese traumhafte Landschaft zu erleben.
Die Fischerei auf Fische kurz vor der Laichzeit "rechtfertige" ich vor mir selbst mit dem Argument, dass man irgendwo eine Grenze ziehen muss und diese ja auch nicht bis zum bitteren Ende ausreizen muss sowie der Annahme dass die Schonzeiten (die ja bei den deutschen Gewässern auch erheblich von den gesetzlichen abweichen können - so ist an vielen Salmonidengewässern in Bayern in September oder Oktober die Saison beendet) sinnvoll gesetzt werden.
@Achim: schöner Einwand und berechtigte Rückfrage. Die Antwort drauf dürfte irgendwo der "Instinkt" jedes Fischers sein.
@Klaus:
Es geht mir nicht um Exzesse - die Frage ist das Fischen auf Absteiger ethisch "schlechter" gestellt ist nun mal eine philosophische Frage und ich hatte gehofft mit meiner Argumentation klar zu stellen, dass das Fischen auf Absteiger auch durchaus interessante Aspekte haben kann die diese ethische Ausrichtung relativiert.
Viele Grüsse
Markus
Verfasst: 30.05.2008, 10:48
von Heiko
Ein spannendes Thema,dass hier sehr sachlich diskutiert wird.
Das Keltfischen in Mörrum hat eine lange Tradition und die Schweden sehen es auch sehr entspannt.
Alle meine schwedischen Freunde stehen am 1.April eines jeden Jahres am Fluß,aber keiner von ihnen hat Interesse am Fang eines Lachs-oder Meerforellenkelt's.
Hier wird an der Südstrecke der Mörrum auf Grönländer und Überspringer gefischt.
Natürlich wird bei der bestehenden Anzahl von Absteigern,auch immer wieder einmal ein Kelt gehakt,aber diese Fische werden schonend im Wasser gelöst.
Entnommen werden sie überwiegend von Angeltouristen und Einsteigern.
Und so liest man auch in dem hier verlinkten Reisebericht,vom vorangegangenen Zweihandkurs und der ersten Mörrumfahrt.
Nach der ersten Aprilwoche,lässt der Andrang in Mörrum schon merklich nach und so gilt auch hier das Hauptinteresse dem blanken Mailachs und der im Sommer aufsteigenden Meerforelle.
Ich persönlich lehne das Keltfischen absolut ab und erkläre auch warum:
Jedes Jahr werden tausende laichreifer Meerforellen und Lachse mit dem E-Gerät in unseren dänischen Flüssen zur Bestandssicherung gefangen.
Allein an meinem Hausfluß fangen(und benötigen) wir im Dezember ca.300 Laichfische und können allein mit diesen Fischen den Bestand sichern.
Nach der für alle Fische sehr stressigen Prozedur,E-Fischen,Hälterung,Transport,Betäubung,Streifen,Rücktransport,
setzen wir diese Meerforellen und Lachse mit unseren Händen wieder vorsichtig in die Flüsse zurück und hoffen,dass sie nach zwei bis drei Seewintern,in Form starker Blankfische,den Weg in ihren Heimatfluß finden.
Wie paradox wäre es,wenn ich diese Fische,deren wertvolles Genmaterial wir erhalten möchten,im Unterlauf meines Flusses,mit der Rute wieder rausfange?
(und habe sie vorher noch mit meinen eigenen Händen besetzt)
Dazu kommt:
Wer je einen Aufsteiger gefangen hat,wird kaum noch Interesse an diesen ausgemergelten,dünnen und schwachen Fischen haben.
Zum Glück hat die Verlängerung der Schonzeit bis zum 31 März,dem Keltfischen in den dänischen Flüssen ein Ende gesetzt.
Leider sind typische Keltstrände,wie der Apenrader Südhafen,noch immer vom 16 Januar offen.
Zum Fang von Aufsteigern:
In dem von mir beschriebenen und befischten Fluß,steigen jedes Jahr ca.6000 anadrome Salmoniden auf.
Ca.250-300 Stück entnehmen wir mit dem E-Gerät zur Bestandssicherung
und sie kommen nach dem Streifen zurück.
Ca.150 Aufsteiger sind der Jahresrutenfang und werden von uns entnommen.
Das ist die Ernte und der Lohn unserer Arbeit.
Ca.5500 Laichfische verbleiben unberührt im Fluß und können sich dort reproduzieren.
Mal ein paar Zahlen für die Skeptiker!
Und solche Zahlen habe ich auch von anderen dänischen Flüssen,die ich mit Freunden befische.
Und hier ernten wir einen schwer zu fangenden Fisch,in körperlich bester Verfassung,der mit dem kraftlosen Hungerhaken im Winter/Frühjahr,nichts mehr gemeinsam hat.
Beste Grüße,Heiko.
Verfasst: 30.05.2008, 12:06
von greypanther
Hallo Heiko,
Respekt und Glückwunsch für Eure erfolgreiche und "weitblickende" Lachs-/Meerforellen-Arbeit!
Ich teile alle Deine/Eure Haltungen zu Frischaufsteigern und Kelts zu 100 %.
Gruß
Klaus
Verfasst: 30.05.2008, 14:41
von Heiko
Hallo Klaus,
dass ist hier mal eine ausgesprochen angenehme Möglichkeit,über diese oft sehr heiklen Themen,in Ruhe zu diskutieren.
Aber zum Thema Keltfischen hat es in den letzten 20 Jahren auch schon viele positive Entwicklungen gegeben.
Die Verlängerung der Schonzeit am Fluß,hat viel dazu beigetragen.
Aber auch das Verständnis und die Einstellung der Angler,hat mit Sicherheit einen Wandel durchgemacht.
Heute wird die große Anzahl der Kelts an der Küste gefangen und entnommen.
Hier hat das Meerforellenfischen noch einen unglaublichen Zulauf und es fehlt oft einfach an Wissen und Erfahrung.
Und ich habe auch Verständnis,wenn der Urlauber aus dem Süden,der dieses Fischen nur 7 Tage im Jahr betreiben kann,einen Absteiger fängt und diesen Fisch voller Stolz in sein Sommerhaus trägt.
(und sehe mich selbst vor 27 Jahren,mit meiner ersten Meerforelle an der Fliegenrute....ein Kelt aus der Treene,den ich voller Stolz entnommen habe.

)
Der einzelgehende Kelt an der Küste,fällt für die Gesamtheit nicht ins Gewicht.
Das typische Keltfischen vor den Flußmündungen,halte ich dagegen für sehr bedenklich.
Hier werden ganze Stämme vernichtet.
Gruß,Heiko.
Verfasst: 30.05.2008, 15:33
von Maggov
Hallo Heiko,
vielen Dank für diesen Einblick und die Erläuterungen.
Dies widerlegt meinen vorgebrachten Einwand so klar, dass auch ich den Hintergrund zu dem Fischen auf Aufsteiger verstanden habe.
Liebe Grüsse in den Norden
Markus
Verfasst: 30.05.2008, 16:06
von greypanther
Hallo Heiko,
bin selbst absoluter Noob was die Ostsee-Fischerei anbelangt. Alles was ich darüber weiß, habe ich aus einschlägigen Artikeln in Zeitschriften und dem Web. Deshalb bin ich Dir auch dankbar für Dein ungeschminktes Insider-Wissen.
Heiko hat geschrieben:Das typische Keltfischen vor den Flußmündungen,halte ich dagegen für sehr bedenklich.
Bedeutet das, dass es Leute (das Wort Fischer will mir in dem Zusammenhang nicht über die Lippen kommen) gibt, die systematisch und in großem Stil gezielt auf Kelts fischen?

Wenn dem so ist, warum wird eine solche skandalöse Praxis nicht durch die Fischereibehörde/den Gesetzgeber unterbunden?
Oder geht das gar nicht, weil die Fischerei an der Küste "frei" ist? Wie könnte man Deiner Meinung nach hier eine Verbesserung erreichen?
Gruß
Klaus