Rutenvermessung

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Trockenfliege
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Rutenvermessung

Beitrag von Trockenfliege »

Hier viewtopic.php?t=277849 hatten wir eine "Diskussion" ( kam ja nicht wirklich zustande), wie weit bei einem seriösen Rutentest die tatsächliche Belastbarkeit zur Findung einer Rutenklasse gemessen werden sollte, um einen vernünftigen Vergleich gestalten zu können
Im Rutenbauforum beschäftigt man sich gerade intensiver mit dem Thema.
http://rutenbauforum.de/rodbuilding/thr ... r=0&page=9
Der Thread ist vielleicht etwas unübersichtlich aber ab Seite 9 wird es sehr interessant, da hier Carsten die Ergebnisse seiner Rutenvermessung zeigt - etwas runterskrollen gibt es eine Tabelle - und dann folgend ähnlich gemessene Ruten miteinander vergleicht.

LG
Reinhard
Fliifi-Sepp
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Re: Rutenvermessung

Beitrag von Fliifi-Sepp »

Danke für den Link, Reinhard!

Die Daten, die Carsten in diesem Forum am 21.09. gepostet hat, interpretiere ich so, daß nach der 3,75 Grad-Messung von 20 vermessenen Ruten 11 den Schnurklassen nach AFFTA entsprechen, die bei den Ruten angegeben werden?
Das würde einen Wahrscheinlichkeit von 45% ergeben, daß die auf der Rute angegebene Schnurklasse falsch ist!

Würde man jetzt noch die Wahrscheinlichkeit mit einbeziehen, daß die Angaben der Gewichtsklassen für die Schnüre ebenfalls sehr oft nicht stimmen, würde sich daraus ergeben, daß es eher selten vorkommt, daß eine Ruten-/Schnurkombination nach den AFFTA-Angaben von Ruten- und Schnurherstellern zusammengestellt, tatsächlich paßt.
Nicht nur für Anfänger sehr verwirrend und in Wirklichkeit aus meiner Sicht auch den Käufern gegenüber so nicht zumutbar!

Klar gibt es wesentlich mehr Kriterien für Ruten und Schnüre, als nur die AFFTA-Klassifizierung. Aber die Angaben der Hersteller sollten meiner Meinung nach richtig angegeben werden und dazu gehört auch die Klassifizierung nach AFFTA.

LG Sepp
Trockenfliege
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Re: Rutenvermessung

Beitrag von Trockenfliege »

Carsten hat seine Tabelle nach dem ERN Wert sortiert.
Dieser Wert ist für mich noch realistischer als der 3,75° Wert.
Da landet dann zB. die nach Herstellerangaben leichteste Schnurklasse - 3 - mit einem ERN von 8,99 auf dem untersten Platz.
Und die Fisher GT landet trotz eines ziemlich hohen 3,75° Wert weit oben, da sie einen sehr kleinen ERN hat.
Am AA erkennt man, das beide Ruten sehr unterschiedliche Aktionen haben. Die Dancraft hat eine extreme Spitzenaktion und die Fisher eine sehr durchgehende Aktion.
Eine GT 6er habe ich selber, die ist sehr kopflastig und schwingt seht tief.
Ich fische sie ungern, da sie sich schwer anfühlt und es schwerer ist, hohe Schnurgeschwindigkeiten zu erreichen.

Reinhard
Jeronimo66
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Re: Rutenvermessung

Beitrag von Jeronimo66 »

Moin,

ist für mich schwierig, wenn Dinge die ich im RBF gepostet habe hier diskutiert/besprochen werden. Oder auch umgekehrt! Das finde ich nervig, da ich nicht die Zeit und Lust habe an zwei Stellen zu diskutieren.

Ich habe die Ruten nach der ERN sortiert, da wir zur Zeit über die Common Cent Methode diskutieren. Normalerweise sind meine Ruten nach dem 3,75° Wert sortiert!!! Nicht nur meiner Ansicht nach ist der 3,75° Wert eine sehr einfache, gute und praktikable Methode einen Anhaltswert für das Gewicht eine Keule zu ermitteln und passt bei allen Fliegenruten mit "normalen" Aktionen recht gut. Je nach Wurfstil und Schnurprofil kann man es dann ja individuell anpassen. Ich ziehe den Wert der ERN deutlich vor, da er mir fast immer eine gute Orientierung geboten hat (>100 gemessene und geworfene Ruten).
Nur einmal kurz zur Dan Craft Rute. Die Rute habe ich nur als Extrembeispiel in der Aufstellung. Ist mehr so etwas wie eine Castingrute und für einen normalen Vergleich nicht tauglich. Im RBF ist das auch an anderer Stelle schon thematisiert. Habe sie in der Aufstellung im RBF deshalb durchgestrichen und einen Nachtrag dazu geschrieben.
Sowohl die ERN als auch der 3,75° Wert kommen kommen bei sehr schnellen Ruten an ihre Grenzen. 3,75° unterschätzt und die ERN überschätzt da. Bei langsamen Ruten wie der GT liegen sie fast exakt beieinander. (Im oberen Leistungsbereich der Rute.) Mir ist die Rute auch zu kopflastig und macht mir mit etwas weniger Gewicht mehr Spaß. Wird halt mit dem Schnurgewicht sehr langsam. (Und du Reinhard wirfst ja lieber eine noch flottere Leine, da überrascht mich deine Einschätzung nicht.)

Ansonsten ist das Vermessungsthema im RBF wirklich sehr speziell und sicherlich nur etwas für Nerds! Es haben sich auch schon Leute zurückgezogen, weil es ihnen mit einigen dort Aktiven zu nervig war! Rene' und ich haben aber noch nicht ganz die Lust darauf verloren, freuen uns über jeden zielführenden Beitrag. Alle anderen kosten nur Zeit und Nerven.

Ansonsten werde ich mich hier raushalten, auch wenn Reinhard und ich nicht immer der gleichen Meinung sind. Ich mag im Gegensatz zu Reinhard auch keine DT Schnüre und würde einem Anfänger keine SA Extreme Distance empfehlen. Ich bin allerdings auch ein schlechterer Werfer und habe nur knapp 20 Jahre Erfahrung beim Fliegenfischen.

Gruß
Carsten

Nachtrag:
@Sepp: Je nachdem welcher Methode man folgt entspricht eher weniger als der Hälfe der Ruten der aufgedruckten Klasse. Deshalb finde ich die 3,75° Methode auch so sinnvoll. Die meisten Schnurhersteller geben heute das Keulengewicht an und WF Schnüre sind ja heute auch die meistverkauften Schnüre. Hier kann man dann einen direkten Bezug zum 3,75° Gewicht herstellen. Einfach von den Schnurklassen abkoppeln und Schnur und Rute so wählen, dass sie zusammenpassen. Wenn man denn keine außergewöhnliche Rute hat.
Hat man bereits Ruten und Schnüre kann man sie vermessen und schauen, was für einen gut zusammenpasst. Den 3,75° Wert einer neuen Rute einfach dementsprechend interpretieren.
fjorden
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Re: Rutenvermessung

Beitrag von fjorden »

Hallo,
nur eine Anmerkung. Ich fische nur M.A.C. Ruten. Die ermittelten Gewichte liegen fast immer ca. 2 - 3 gr. über dem von mir bevorzugtem Wurfgewicht. Es kommt also immer auch auf den Wurfstil an. Aus der Praxis sind die meisten M.A.C. Ruten in der AFTMA Klasse, das was drauf steht unterzeichnet. Hatte zufällig eine alte 4 tlg. 9 ft #5 M.A.C. Rute bei Owens in Husum gefunden. Die Rute ist. für mich eine 6er, wirft 14 gr. und inzwischen meine Lieblingsrute an der Küste. Ja ich weis heute werden Ruten mit 14 gr. Wurfgewicht als 5er verkauft. M.E. kommt man auch mit Messen und Wiegen nicht um den eigenen Praxistest umhin. Leider gibt es immer weniger Händler, wo man wie früher, eine Rute werfen konnte.
Gruß
Fjorden
Fliifi-Sepp
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Re: Rutenvermessung

Beitrag von Fliifi-Sepp »

Danke, Carsten, für die die aufschlussreiche Erklärung!

Ich persönlich kenne nur die 3,75 Grad-Messung und die traf bisher auf alle meine Ruten zu, die sicher auch alle in den Bereich "normale" Ruten einzuordnen sind. Die 3,75 Grad-Messung bestätigte bisher immer meine "gefühlten", in der Praxis für mich selber ermittelten Werte mit nach AFFTA-Kriterien gewogenen Schnüren. Also für mich persönlich passt die 3,75 Grad-Messung sehr gut.

Ja, ich denke auch, dass eine Diskussion mit so vielen Messwerten, wie Du sie machst, eher was für Nerds ist. Aber ich schaue mir trotzdem gerne solche Diskussionen an und denke mir: Ist ja interessant, mit was sich Manche so alles im Detail beschäftigen. Und finde es gut, daß sie es tun!

Mittlerweile fische ich seit über 30 Jahren ausschließlich mit der Fliege und das überwiegend an Flüssen, die oft 30 Meter und breiter sind. Meist mit Trocken-, Naßfliege und Nymphe. Ich wohne sehr zentral zwischen einer Reihe von bekannten und viel befischten Forellen- und Äschengewässern, befische diese auch immer wieder regelmäßig.
Interessant übrigens, was man da in Form aller möglicher Fliegenfischer am Wasser so alles zu sehen bekommt!

Jedenfalls befische ich als überwiegend Fließgewässer, bei denen es durchaus immer wieder auch auf Wurfweite ankommt. Bedingt durch die fast immer unterschiedlichen Strömungsverhältnisse auf weitere Distanzen spielt allerdings auch das Handling der Schnur dabei eine ganz entscheidende Rolle. Wenn man auf weite Distanzen keine wirkliche Dead-Drift bei Trockenfliege oder Nymphe hinbekommt, sinken die Fangerfolge drastisch.
Und da ist man bei vielen WF-Schnüren halt schnell mal außerhalb der Keule, die Kraftübertragung beim Handling der Schnur ist mit WF-Schnüren mit normaler oder kurzer Keule für das Trockenfliegen- und Nymphenfischen damit jedenfalls sehr mühsam.
Hier spielen sehr langkeulige WF-Schnüre oder eben die DT-Schnüre klar ihre Vorteile aus.

Die allermeisten Ruten sind, unabhängig von ihrer Aktion, für die allermeisten Distanzen, die man sinnvoll befischen kann, für einen halbwegs geübten Werfer völlig ausreichend. Eine perfekte Abstimmung von Rute und Schnur bringt dann nur mehr Komfort und Freude beim Werfen.

Beispiel heute:
An einem viel befischten Pool meiner Hausstrecke bei lebhaftem Wind mühte sich ein Fliegenfischer mit einem für seine Ruten-/Schnurkombination viel zu schweren Streamer ab. Er hatte seit zwei Stunden keinen Biss, wie er mir erzählte. Unterhalb des Pools, in einem langen, schnellen Zug mit unterschiedlichsten Strömungsverhältnissen, fischte ich mit einer gut abgestimmten Ruten-/Schnurkombination. Trotz des Windes und keinerlei Oberflächenaktivität bekam ich auf eine große Trockenfliege in der Dead Dift nach wenigen Würfen eine große Regenbogenforelle an den Haken und konnte sie auch landen. Die Trockenfliege war trotz der schwierigen Strömungsverhältnisse und des starken Windes problemlos mit einer DT-Schnur zu handeln.
An anderer Stelle waren Wind und Strömungsverhältnisse noch schwieriger und die Distanz noch weiter. Die großen Äschen standen am Rande einer Felsformation am anderen Ufer, viele unterschiedliche Strömungen dazwischen. Nur Nymphen, die sauber in der Dead Drift daher kamen, wurden genommen. Wenn die Drift nicht wirklich korrekt war, verweigerten die Fische.
Mit einer SA Mastery Expert Distance wären die nötigen Wurfweiten problemlos erreichbar gewesen. Für das nötige Schnurhandling in dieser Situation wäre aber selbst die extrem lange Keule dieser Schnur zu kurz gewesen. Eine perfekt auf die Rute abgestimmten DT-Seidenschnur brachte die erhofften Erfolge.
Ich fische sowohl WF-Schnüre in vielen verschiedenen Tapern, als auch DT-Schnüre in unterschiedlichen Klassen. Beides in Kunststoff und immer wieder auch in Seide. Alles hat seine Berechtigung!

Was Reinhard mal geschrieben hat, ist meiner Auffassung nach völlig richtig (sinngemäß): "Die Schnur wirft die Fliege, die Rute bedient sie nur."
Der Fliegenfischer bedient Rute und Schnur. Die sollten ganz einfach gut zusammen passen!
Die Messungen der Ruten bringen schon mal eine grobe Orientierung, aber erst indem man verschiedene Schnüre so lange probiert, bis die zur Rute passen, kommt für mich richtig Freude beim Werfen am Wasser auf.

LG Sepp
Sterneskjud
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Re: Rutenvermessung

Beitrag von Sterneskjud »

Hi Sepp,

"Die Messungen der Ruten bringen schon mal eine grobe Orientierung, aber erst indem man verschiedene Schnüre so lange probiert, bis die zur Rute passen, kommt für mich richtig Freude beim Werfen am Wasser auf."

Tatsächlich machen das sogar nerdige Vermesser so, denn bei der 3,75° Methode kommt hinten ja ein Wert in g raus und keine fertige Schnur.
Daneben ist CCS in erster Linie ein Mittel um Ruten untereineander und miteinander objektiv vergleichbar zu machen. Erst dann ist dort auch die Möglichkeit gegeben auf ein WG zu kommen, was dann aber genau wie bei der ersten Methode noch interpretiert werden muss. Also zum finden des richtigen Verhältnisses von WG und Schnurlänge(bzw. einer passenden Schnur wo verschiedene Sachen der Hersteller und Verkäufer draufstehen können) in Abhängigkeit von der eigenen anglerischen Situation (die ist immer individuell) und ja von mir aus Wurfstil, hilft eine grobe Richtung, aber dann muss probiert werden und irgendwann hift dann vielleicht auch etwas die Erfahrung der Jahre. Das gilt ja dann auch genauso für die richtige Fliege und die Plätze wo die dicken z.B. Äschen stehen.

Für mich selbst sind Vermessungen interessant und ich bin da ganz ähnlich rangetreten, wie Du es siehtst und einen kleinen Schritt weitergegangen. Ach interessant, was es da so alles gibt und womit sich manche schon beschäftigt haben. Mal schauen, was sich die Erdenker da mal so gedacht haben könnten und ob ich dort was für mich brauchbares herausfinden und ableiten kann.

BG
René
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