Hallo,
Harald aus LEV hat geschrieben: ↑04.06.2022, 09:27
Hallo Andi,
...
Häufig lassen sich die Rollen "umbauen" in dem man die Schnurführung entgegengesetzt anbringt und, wenn zwei "Klickerplättchen vorhanden sind, ggfs, das Plättchen aktiviert, dass den Abzug hemmt. Aber manche Rollen, lassen sich halt nicht so einfach verändern.
Gruß
Harald
Genau diese Möglichkeit besteht bei meiner Marvel leider nicht...
Beide Klicker mit Federn sind so angeordnet, dass sie (im Linkshandbetrieb) beim aufspulen der Leine, näher am Lagerpunkt der Feder gegen diese drücken - was eine stärkere Hemmung bewirkt.
Auch "spiegelverkehrt" lassen sich die Federn nicht einsetzen - die Abstände passen einfach nicht.
Der erste Schritt zum Umbau ist also das Schmieden einer neuen Feder.
Wir sind ja im Unterforum "selbst gemacht".

Das ist, an sich, gar nicht so schwer - es gibt aber doch einiges zu beachten, weshalb ich etwas näher auf diesen Prozess eingehen möchte.
Die originalen Federn sind aus Flachmaterial, ca. 1mm dick und 2mm breit. Ich hatte noch 1,8mm Federstahldraht herumliegen, der von den Dimensionen her ganz gut passen sollte. Die wenigsten von uns haben wahrscheinlich eine Schmiedeesse im Garten, was bei der geringen Materialstärke aber auch gar nicht notwendig ist. Ein Propanbrenner/Lötlampe ist völlig ausreichend. Sind jetzt noch eine Metallfläche, ein kleiner Hammer und ein paar Zangen vorhanden, ist alles da, was man braucht!
Es ist nicht zielführend, den kompletten Draht einfach platt zu hämmern, um möglichst nahe an die Dimensionen der Originalfeder zu kommen.
Zuerst sollte man sich Gedanken über die benötigte Federstärke machen. In meinem Fall, wird die Feder deutlich länger, als sie vom Hersteller vorgesehen war. Das würde, bei gleichen Dimensionen des Querschnittes, zu einer Feder führen, die viel zu schwach wäre.
Natürlich könnte auch ein neuer Lagerpunkt (für die Feder) im Rollengehäuse festgelegt werden, aber ich wollte die Rolle möglichst nicht verändern um sie jederzeit zurückbauen zu können - es ist schließlich eine Antiquariat und ein Eingriff in die Originalsubstanz sollte wohl überlegt werden...
Die neue Feder wird also länger. Dem entsprechend werden nur bestimmte Bereiche abgeflacht - die Punkte, an denen auf jeden Fall die 2mm Breite benötigt werden. Das sind:
- die Anlagefläche an das Dreiecks des Klickers.
- der Bereich um den Lagerstift im Rollengehäuse
- die Anlagefläche an der Einrichtung zur variablen
Federvorspannung (Bremse)
Zwischen diesen Bereichen war ich in der Querschnittsgestaltung völlig frei - das bedeutet ich konnte bestimmen wie, und wo, sich die neue Feder biegen sollte.
Nachdem die Dimensionen grob festgelegt sind, beginnt das Schmieden.
Es wird immer nur der Bereich erhitzt, der bearbeitet werden soll und zwar auf ein helles Orange. Das entspricht ungefähr 850° Celsius - Weißglut (1000° und mehr) gilt es zu vermeiden. Ich will nicht zu tief in die Metallurgie einsteigen, aber zu hohe Temperaturen schädigen den Stahl (Entkohlung, Grobkornbildung, Randschichtzememtit, etc.).
Geschmiedet wird nur so lange, bis der Stahl in einem Rotton leuchtet. Federstähle sind mit Eisen/Baustahl, hinsichtlich der Bearbeitung, nicht vergleichbar und reagieren empfindlich auf Kaltverformung. Es können sich Risse bilden, die zum Versagen der fertigen Feder führen.
Das Zeitfenster, in dem tatsächlich geschmiedet werden kann, ist also sehr begrenzt, weil der dünne Draht schnell abkühlt.

- Temperaturverlauf am Brenner
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Im Bild ist der mittlere Bereich schon grenzwertig heiß, während das Rot am Ende des Drahtes der Temperatur entspricht, bei der mit dem Schmieden aufgehört werden sollte.

- Der Beginn der Schmiedearbeit
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Das wird der Bereich, der später gegen den Klicker drücken soll.
Der Beitrag ist aber schon sehr lang - Fortsetzung folgt!
Liebe Grüße,
Andi