Erbrütung von Forelleneiern in "artificial nests"

Hier geht es um wichtige Belange wie Naturschutz, sinnvolle Gewässer-Bewirtschaftung, schonender Umgang mit Umwelt und Kreatur, Ärgernisse (Schlagthemen) wie Klein-Wasserkraft & Kormoran und Rechtliches.

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greypanther
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Beitrag von greypanther »

Hallo Markus,

da kann ich Dir nur rückhaltlos zustimmen. Sehr schöne Zusammenstellung von Argumenten und Beobachtungen! Es ist klar, dass direkte Erbrütung von Eiern im Bach mittels Boxen die höchste Mortalitätsrate aufweist. Aber, so ist es doch auch mit dem natürlichen Laich der Fische, ist es nicht? Die größten Verluste von bis zu 99 % erfolgen erfolgen doch in den ersten Lebensmonaten der Forellen-Nachkömmlinge, auch und gerade dann, wenn die Elterntiere ideale Laichplätze vorfinden und sich "natürlich" fortpflanzen können.

In einem der Gewässer, das ich näher kenne (Mittelgebirge, starkes Gefälle, starke Hochwasserereignisse vor allem bei Schneeschmelze) haben wir eine Methode angewandt, um gerade eben die exorbitante Verlustraten der Jungfische verursacht durch biologische und abiologische Faktoren deutlich abzusenken, die zu wirklich durchschlagendem Erfolg und zu einer stabilen, selbsterhaltenden BaFo-Population geführt hat:
Eier im Bach gefangener Fische werden in Anzuchtsbecken bis zum Fingerling-Stadium heran gezogen, anschließend die Fischchen in einen Anzuchtsteich, der vom Bachwasser gespeist wird, umgesetzt und darin bis zu einer Größe von 15 - 18 cm gezogen. Nach dem Abfischen wurden dann die Satzfische sachgerecht entlang der gesamten Pachtsrecke (ganze Bachlänge) einzeln ausgesetzt (nicht einfach zu Vielen mit dem Eimer in den Bach gekippt!). Der Erfolg ist einfach gigantisch und die Überlebensrate der Fische sehr hoch. Der Bestand hat sich dadurch stabilisiert und erhält sich selbst auf sehr hohem Niveau.
Besser kanns nicht laufen! Allerdings übt hier, Du hast es ja auch angesprochen, der gemäßigte Befischungsdruck und die freiwillige Selbstbeschränkung (was imho überhaupt der Schlüssel zum überdurchschnittlichen Besatz-Erfolg ist) der dort fischenden Sportfreunde einen äußerst positiven Einfluss auf den Erhalt einer hohen Bestandsdichte qualitativ erstklassiger Fischen aus.

Btw ohne mich als Oberlehrer aufspielen zu wollen, der braune Belag, den man auf den auf den Steinen und Kieseln beobachtet, wird in aller Regel durch (braune) Kieselalgen gebildet. Braunalgen sind im Süßwasser äußerst selten.

edit:
Noch ein kleiner Exkurs in die Genetik. Ja, ich weis, dass das Beispiel von Schimpanse und Mensch gerne angeführt wird als Argument wie sehr wir doch unseren tierischen Verwandten ähneln. Dabei wird jedoch vergessen, dass durch die pure Aussage, 99% des Genmaterials wären identisch bei beiden Arten, noch lange nichts über die Funktion (Ausdehnung der kodierenden und nicht kodierenden Abschnitte, Vernetzung aktiver Gene etc.) des gemeinsamen Genpools jeweils bei Menschen und Affen, noch etwas über die Funktion und Bedeutung des unterschiedlichen einen Prozentes ausgesagt ist. Das scheinbar so geringe eine Prozent sorgt aber dafür, dass Mensch (Homo sapiens) und Schimpanse (Pan troglodytes) nicht nur verschiedenen Arten sondern sogar unterschiedlichen Gattungen angehören!
Das läppische eine Prozent sorgt unter anderem dafür, dass wir eine Sprache haben, Bücher schreiben und lesen, Raumfahrt betreiben, Computer entwickeln und benutzen, uns Gedanken über die Forellenaufzucht machen können und was noch sonst alles tausenderlei mehr! Dies alles ist Affen grundsätzlich unmöglich!
Was unsere Forellen anbetrifft, so sind die genetischen Unterschiede zwischen den BaFo-Stämmen (die ja alle dem Formenkreis Salmo trutta forma fario angehören) im Vergleich dazu als eher minimal zu bezeichnen. Es handelt sich wohl eher um angepasste Lokalrassen, die sich vielleicht nur in der Ausbildung bestimmter Isoenzym-Muster (auch das ist ein Unterschied, der genetisch bedingt ist und sich aufgrund von Untersuchungen an sich nicht kreuzenden Forellenrassen irischer und schottischer Seen nachgewiesen wurde) unterscheiden und nicht im Vorhandensein oder Fehlen etwa eines bestimmten Proteins, was ja schon einen größeren genetischen Unterschied bedeuten würde.
Gruß
Klaus


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Maggov
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Beitrag von Maggov »

Hi Klaus,

freut mich, dass Du den Schimpansen richtig verstanden hast.

Vielen Dank für Dein Beispiel. Die Kernfrage in diesem Beitrag lautete für mich allerdings ob das Setzen von Brutboxen im Laichgebiet der befischbaren Strecke (also kein Seitenbach und keine "Zuchanlage") von Erfolg gekrönt sein kann oder nicht.

Hier finde ich die Argumentation aus meinem zweiten Beitrag (v.a. die Abweichungen über die Wassertemperatur) sehr interessant denn ich fürchte dieser Aspekt wird tatsächlich seh rvernachlässigt. Meist achtet man auf eine gute Schlupfrate und denkt der Rest sei banal...

Bei dem Thema Befischungsdruck denke ich weißt Du genauso gut wie ich dass es immer eine Frage der Grösse der Interessengemeinschaft die fischt ist wie gut und effektiv sich diese Selbstbeschränkung druchziehen lässt.

LG

Markus
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Beobachtungszeitraum

Beitrag von Royal Coachman »

Hallo Klaus !

Meine Beobachtungen gehen bei einzelnen Gewässern über 50 Jahre, ich kenne die Gewässer noch, als Fischbestände diese bevölkerten, von denen man vor 20 Jahren nur mehr geträumt hat. Deswegen bin ich etwas desilliusoniert was den Besatz und deren Bemühungen betrifft.

freundlichst
Gebhard

PS: wissenschaftliche Untersuchungen sind Momentaufnahmen und werden von mir überaus kritisch gesehen.
Der immer auf Seiten der Fische steht!
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greypanther
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Beitrag von greypanther »

Hi Markus,

Na ja, das mit dem Schimpansen hat meine intellektuellen Fähigkeiten noch nicht an den Rand des Zusammenbruchs gebracht. Hätte zu dem Thema noch so einiges zu schreiben, was aber dann doch zu sehr off topic wäre. Deshalb halte ich lieber meinen Mund. 8)
Markus hat geschrieben:Hier finde ich die Argumentation aus meinem zweiten Beitrag (v.a. die Abweichungen über die Wassertemperatur) sehr interessant denn ich fürchte dieser Aspekt wird tatsächlich sehr vernachlässigt. Meist achtet man auf eine gute Schlupfrate und denkt der Rest sei banal...
Ist klar, die Schlupfrate alleine entscheidet nicht über die Überlebensrate der resultierenden Jungfische, sondern auch viele abiotische (Temperatur, Hochwasser, Wasserchemie etc.) und biotische (Populationsdichte, Fressfeinde, intraspezifische Konkurrenz, Fitness des Forellenstammes etc.) Faktoren üben ebenfalls einen nicht zu vernachlässigenden, manchmal sogar entscheidenden, "selektierenden" (wir leben ja im Darwin-Jahr!) Einfluss aus.
In diesem Zusammenhang kann ich mich an eine Publikation erinnern, in welcher im englischen Lake District Untersuchungen zur Biologie, Verteilung und Mobilität von Fischnährtieren und Fischen (insbesondere von Forellen) beschrieben werden. Ergebnis war ganz klar (das scheint ja auch trivial): jede Art stellt bestimmte Ansprüche an das Vorhandensein wichtiger Faktoren wie Umweltbedingungen, Nahrungsquellen, Stand- und Versteckplätze und vieles mehr – und, sobald die Bedingungen günstig für das Fortkommen einer Art ist, dann findet sie sich auch an dieser Stelle ein, ob der Mensch nun eingreift oder nicht!
Übertragen auf unsere Fragestellung bedeutet das doch in letzter Konsequenz ((Katastrophen-Ereignisse wie Kormoran-Befall und Fischsterben durch Wasserverschmutzung einmal außen vor gelassen), mehr Habitatpflege als Besatzmaßnahmen durch zu führen. Stimmen die Lebensbedingungen, dann wird sich auch eine adäquate Flora und Fauna (Fische inbegriffen) einfinden und etablieren. Wir müssen uns einfach von der zwanghaften Vorstellung befreien, dass jede Fischart, die wir gerne befischen oder in unserem Gewässer schwimmen sehen möchten, auch wirklich dort gedeiht und uns auf die Arten bescheiden, die dort hin gehören.
Da sind wir allerdings auch schon wieder bei dem von uns beiden beklagten, dunklen Punkt der Gewässerbewirtschaftung in Mitteleuropa: dem Befischungsdruck (und damit Druck auf Vereinsvorstände und Gewässerwarte) und der übermäßigen Entnahme von Fischen. Hier stimme ich jedoch nicht ganz mit Deiner Ansicht überein. Nicht die Größe der Gemeinschaft bestimmt den Grad der möglichen Selbstbeschränkung, sondern die Einstellung, der Respekt und die Selbstbescheidung des Einzelnen. Wenn auf dieser Ebene sich die Erkenntnis nur durchsetzen würde, dass weniger mehr ist, hätten viele „Angel-Gemeinschaften“ erheblich weniger Probleme mit Besatz und Fischbestand.

Hallo Gebhard,

da sind wir wohl in der gleichen Altersklasse!?
Ich denke, Du siehst sicher auch die Ursachen für den enormen Rückgang der Fischbestände. Im Vergleich zu vor fünfzig Jahren ist der Befischungsdruck ja ins Astronomische gestiegen. Hinzu kommen mancherorts noch Gewässerverschmutzungen und -verbauungen hinzu.
Ich bin da vollkommen mit Dir einer Meinung: unter solchen Bedingungen sind Besatzmaßnahmen (welche auch immer) leider nur von zweifelhaftem Erfolg gekrönt.
Gruß
Klaus


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Beitrag von Maggov »

Hallo Klaus,

ich fürchte die Annahme dass man die Mehrzahl der Fischer zur Nachhaltigkeit umerziehen kann ist ein Trugschluß denn die Natur des Menschen schein in vielen Bereichen keinem darwinistischem Konzpet zu folgen sondern eher dem eines Virus: verbrauche alle Wirte und hoffe inzwischen auf eine Mutation... das geht leider schon ins off-topic aber ich freue mich auf den Austausch dazu in anderen Themen.

Die Habitatsverbesserung ist sicherlich erwähnenswert und hat m.M. nach auch ohne (Ei- oder Fingerlings)Besatz schon einen positiven Einfluss.

LG

Markus
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Gammarus roeseli
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Beitrag von Gammarus roeseli »

Royal Coachman hat geschrieben: Deswegen bin ich etwas desilliusoniert was den Besatz und deren Bemühungen betrifft.
Schlisse mich an!

Hallo,

mir geht es ähnlich! Ich beobachte seit vielen, wirklich vielen Jahren die Fischbestände der Fließgewässer und ich verstehe vieles einfach nicht oder halt einfach noch nicht richtig! Dann mache ich mir Gedanken und um so mehr ich mir Gedanken mache, um so mehr Fragen werfen sich oft auf, auf die ich einfach immer noch keine Antworten finde.
Dann freue ich mich jedes mal wirklich riesig, wenn ich lese, dass es nicht wenige sind, die sich scheinbar die selben Fragen stellen und wirklich hartnäckig nach Antworten suchen! :D

Also ich habe schon oft den Kieslaichern Barben, Nasen, auch Forellen bei ihrem Laichgeschäft zugeschaut. Fische wie Barbe waren an den Laichplätzen oft in großer Zahl vorhanden, aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass es sich bei diesen Laichfischen um eher sehr alte Fiche handelt. Es scheint mir so zu sein, dass Nachwuchs oft sogar jahrelang ausbleibt und dann gibt es immer wieder mal ein Jahr, wo die Reproduktion erfolgreich war und plötzlich findet man nahezu überall wieder Jungfische, bei den Nasen und Forellen das Gleiche! Woran liegt das nur?

Was fressen denn überhaupt junge Forellen nachdem sie ihren Dottersack aufgebraucht haben?
Gibt es eigentlich für den Laien die Möglichkeit zu schauen und zu überprüfen ob überhaupt in den entsprechenden Gewässern die von den Jungforellen benötigte Nahrung ausreichend vorhanden ist?

Die letzte Frage beschäftigt mich, da ich in einem Buch (Forellen- Zucht) gelesen habe.
Zitat: „ Sobald nun etwa 10% der Brütlinge sich vom Boden erhoben haben, ist mit der Fütterung zu beginnen. Versäumt man diesen Zeitpunkt, so fangen vor allem die Bachforellen vielfach überhaupt nicht mehr zu fressen an. Sie sterben, da sie eine Futteraufnahme unbegreiflicherweise ablehnen, nach kurzer Zeit ab.“


Grüße
Christian

P.S.: Ich habe mich mal mit einem, ich sage mal Hobby- Bachforellenzüchter, unterhalten und wenn ich ihn richtig verstanden habe, züchtet er die Bachforellen so wie der Kunde es wünscht. Dazu werden scheinbar auch Bachforellenstämme so vermischt und deren gewünschte Eigenschaften so herausgezüchtet, bis der Züchter das Ergebnis erhält, was der Kunde sich wünscht und er halt gut verkaufen kann.
Ob diese Teichforellen sich langfristig in einem Gewässer überhaupt halten und erhalten können ist sicherlich eher unwichtig.
Mittlerweile vertrete ich schon fast die Meinung, dass man mit dem Besatz von Regenbogenforellen einem wilden Bachforellenbestand weniger schaden zufügt als wie, wenn Bachforellen aus der Teichwirtschaft unklarer Herkunft gesetzt werden, die sich dann mit den Wildforellen vermischen.

Ich gehe jetzt mal einfach so weit und vergleiche die Bachforelle mit dem Karpfen. Die Wildform von Forelle und Karpfen ist stark gefährdet, aber die Zuchtform oder Formen gibt es WIE SAND AM MEER.
Denkbar ist für mich auch, dass wenn Biologen an den Gewässern genetische Untersuchungen an Forellen und auch Äschen machen, anschließend bei den Auswertungen die Hände über dem Kopf zusammen schlagen.
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greypanther
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Beitrag von greypanther »

Hallo Christian,

das sind ja eine ganze Menge Fragen! Will mal versuchen, so gut es halt geht, Dir ein paar zu beantworten.
Es scheint mir so zu sein, dass Nachwuchs oft sogar jahrelang ausbleibt und dann gibt es immer wieder mal ein Jahr, wo die Reproduktion erfolgreich war und plötzlich findet man nahezu überall wieder Jungfische, bei den Nasen und Forellen das Gleiche! Woran liegt das nur?
Die Antwort darauf ist nicht so einfach zu geben und dies gilt nicht nur für Fischpopulationen. Es gibt viele Faktoren, die den Erfolg des Ablaichens gemessen als Anzahl an überlebenden Jungfischen beeinflussen. Es spielen da sowohl offenbar artspezifische Rhythmen und Zyklen als auch das die Mortalität von Eiern und Jungfischen eines Jahrgangs, die von externen Faktoren getriggert wird, als da sind Fressfeinde (die ihrerseits wieder Vermehrungszyklen durchlaufen) von Strudelwürmern bis zu den Vögeln hoch, aber auch Hochwässer, Verschmutzungen, Klima (hohe Sommertemperaturen, Trockenheit) und vieles mehr. Die Zusammenhänge sind äußerst komplex und werden erst in Ansätzen verstanden. Schwankungen in der Populationsdichte sind nichts "unnatürliches" und müssen eben als Naturphänomen so hin genommen werden.
Was fressen denn überhaupt junge Forellen nachdem sie ihren Dottersack aufgebraucht haben?
Ganz einfach: was die Mäulchen der Winzlinge bewältigen können! Aufwuchs (Algen/Bakterien), Plankton, Wasserflöhe und Jugendstadien von Weichtieren und Insekten, kleine Flohkrebse, kurz alles was irgendwo sitzt oder vorbei schwimmt und fressbar ist, sofern der "Brocken" die passende Größe aufweist.

Gibt es eigentlich für den Laien die Möglichkeit zu schauen und zu überprüfen ob überhaupt in den entsprechenden Gewässern die von den Jungforellen benötigte Nahrung ausreichend vorhanden ist?
Schwierig. Denn neben fundierten Kenntnissen über einzellige Lebewesen, das Plankton (Zoo- und Phyto-), den Aufwuchs (Benthos) sowie über frühe Entwicklungsstadien von Fischnährtieren braucht man auch eine gute optische Ausrüstung (Stereolupe/Mikroskop) sowie Erfahrung in der Sammeltechnik.
Da halte ich die indirekte Methode für geeigneter. Findest Du Forellenbrut (immer vorausgesetzt, dass in dem Gewässer überhaupt Forellen vorkommen) in den oberen Bach-/Flussregionen so ist das ja ein Hinweis, dass genügend Futter vorhanden ist und gute Überlebenschancen für Brütlinge gegeben sind.
Die letzte Frage beschäftigt mich, da ich in einem Buch (Forellen- Zucht) gelesen habe.
Zitat: „ Sobald nun etwa 10% der Brütlinge sich vom Boden erhoben haben, ist mit der Fütterung zu beginnen. Versäumt man diesen Zeitpunkt, so fangen vor allem die Bachforellen vielfach überhaupt nicht mehr zu fressen an. Sie sterben, da sie eine Futteraufnahme unbegreiflicherweise ablehnen, nach kurzer Zeit ab.“
Das mag in der kommerziellen Forellenzucht mit Kunstfutter so sein, aber, bedenke mal, unter natürlichen Feldbedingungen wären die Forellen doch schon längst ausgestorben, wenn die Brütlinge nicht rechtzeitig auf ihre Nahrung geprägt worden wären und diese, sobald sie es benötigen, beginnen aufzunehmen.
Gruß
Klaus


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Beitrag von Gammarus roeseli »

@ Klaus. Danke für die teilweise beantworteten Fragen!

Hallo,
war gestern mal am Wasser, die Bachforellen sind voll am Laichen! Die Hoffnungen, dass wir im nächsten Jahr mit einem höheren Aufkommen an Forellenbrut rechnen können, haben sich schlagartig in Luft aufgelöst! :(

Die Aufgestauten Bachbereiche (rasch fließender Mittelgebirgsbach) sehen momentan so aus! :shock:
Bild
Unser Mittelgebirgsbach fließen durch Wiesen und Wälder.




Bild
Bild
Das selbe Wasser, einige Kilometer bachabwärts. Der Bach ist mittlerweile ein kleiner Fluss. (Äschenregion in dem es so gut wie keine Äschen mehr gibt.)

Und dann im Frühjahr, wenn die kleinen Bachforellen geschlüpft sind und die restlichen Fischarten am Laichen sind, wie Barbe, Nase, Äsche, die selben Bilder. :(

Unterhalb der Wehre, an den Flüssen, in der Barbenregion, bilden sich bei uns im Frühjahr regelrechte Schaumteppiche, nachdem die Bauern ihre Gülle auf den Wiesen gekippt haben. :roll:

Wird bei euch in dem Mittelgebirgen und im Flachland derzeit und auch im Frühjahr, soviel Gülle in unmittelbarer nähe von Bächen und kleinen Flüssen ausgebracht?

Grüße
Christian
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Beitrag von Rattensack »

Gammarus roeseli hat geschrieben: Also ich habe schon oft den Kieslaichern Barben, Nasen, auch Forellen bei ihrem Laichgeschäft zugeschaut. Fische wie Barbe waren an den Laichplätzen oft in großer Zahl vorhanden, aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass es sich bei diesen Laichfischen um eher sehr alte Fiche handelt. Es scheint mir so zu sein, dass Nachwuchs oft sogar jahrelang ausbleibt und dann gibt es immer wieder mal ein Jahr, wo die Reproduktion erfolgreich war und plötzlich findet man nahezu überall wieder Jungfische, bei den Nasen und Forellen das Gleiche! Woran liegt das nur?
Hallo Christian,

sehr scharfsinnig beobachtet. Am intensivsten tritt das Phänomen der schwankenden Jahrgänge bei Arten mit stark abdriftenden, kleinen Larven auf, recht bekannt bei Nase und Äsche. Hochwässer zu ungünstigen Zeiten (gleich nach dem Schlupf) können Jahrgänge fast gänzlich zerstören. Ein natürliches Phänomen und Teil der Reproduktionsstrategie dieser Arten (in hohe Eizahl investieren, aber hohes Risiko). Verstärkt wird dies natürlich bei monotoner Strukturausstattung unserer Gewässer.

Forellen und andere Arten mit geringer Eizahl und stark entwickelten Jungfischen sind diesbezüglich etwas weniger empfindlich. Forellen reagieren auf Geschiebe mobilisierende Hochwässer im Winter empfindlich - weil die Eier lang im Interstitial liegen und dadurch einem hohes Risiko diesbezügl. unterliegen. Im Gegensatz dazu können Hochwässer im Sommer oder Herbst einen sehr starken Jahrgang im Jahr darauf bewirken, weil der Grund gereinigt und die Durchlüftung des Schotters optimal ist ("Dekolmation").

Haben Jungfische sensible Stadien überdauert, und sind die Gewässerstrukturen entsprechend (flache Ufer, eingestaute Vegetation etc.), so sind sie erstaunlich resistent gegen Hochwässer.
Gammarus roeseli hat geschrieben: Was fressen denn überhaupt junge Forellen nachdem sie ihren Dottersack aufgebraucht haben?
Gibt es eigentlich für den Laien die Möglichkeit zu schauen und zu überprüfen ob überhaupt in den entsprechenden Gewässern die von den Jungforellen benötigte Nahrung ausreichend vorhanden ist?
Wie bereits Greypanther gepostet hat - alles was in die Maulspalte passt.
Diesbezüglich dürften bei unseren Salmoniden kleine Chironomidenlarven und kleine Eintagsfliegenlarven oft eine große Rolle spielen. Plankton spielt (mit Ausnahme von Seeausrinnen) im Gegensatz zur landläufigen Meinung kaum eine Rolle, ganz einfach weil es in Ober- und Mittelläufen von Fließgewässern kein Plankton gibt (würde ja durch die Strömung laufend abdriften).

Ich würde mir um die Ernährung nicht allzu viele Sorgen machen - in der Regel nicht der entscheidende Faktor. "Flaschenhälse" dürften wohl viel eher Strukturdefizite, hydrologische Einflüsse (siehe oben), Feinsedimententrag etc. sein. In Bezug auf die Nahrungsquantität sind Fische sehr genügsam, geringe Nahrungsmenge wird durch geringes Wachstum quittiert und erst indirekt in weiterer Folge (Energiedepot im ersten Winter; hoher Prädationsdruck auf "kleine Fische" etc.) durch eine entsprechend höhere Mortalität.

Lg,
Clemens
A curious thing happens when fish stocks decline: People who aren't aware of the old levels accept the new ones as normal. Over generations, societies adjust expectations downward .. (Kennedy Warne)
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Gammarus roeseli
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Beitrag von Gammarus roeseli »

Hallo Clemens!

Danke!

Grüße
Christian
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