Besatz für Salmoniden-Fließgewässer

Hier geht es um wichtige Belange wie Naturschutz, sinnvolle Gewässer-Bewirtschaftung, schonender Umgang mit Umwelt und Kreatur, Ärgernisse (Schlagthemen) wie Klein-Wasserkraft & Kormoran und Rechtliches.

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Merowinger
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Besatz für Salmoniden-Fließgewässer

Beitrag von Merowinger »

Hallo,

wir wollen einen kleinen Bach im Voralpenland wieder fischereitechnisch aufforsten. Abfluss ca. 1 m3/sec., nicht sehr stark strömend, wenig Kehrwasser, Boden eher sandig bis feinkiesig, gute Struktur.

Derzeit gibt es einen guten Bestand an ein- und zweisömmrigen Bachforellen, die größeren sind allerdings wegen eines Ölschadens stark dezimiert. Es wurde seit Jahren nicht besetzt. Wir möchten nun fangfähige Forellen dazu besetzen.

Müssen wir Angst haben, dass die Großen die Kleinen stark wegfressen? Macht es ggf. Sinn, Futterfische (Elritzen, Gründlinge etc.) dazu zu besetzen? Oder reicht die Flugnahrung?

Hat jemand Erfahrung mit dieser Thematik? Vielen Dank schon mal Vorab, ich freue mich auf eine interessante Diskussion.

Gruß

Michael
Olaf Kurth
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Beitrag von Olaf Kurth »

Hallo Michael,

warum zäumt ihr das Pferd von hinten auf?

Ermittelt doch erstmal mit dem Saprobienindex, welche Makroorganismen die Nahrungsgundlage der Fische bilden und zieht an verschiedenen Stellen die chemischen Parameter des Gewässers. Dann könnt ihr besser beurteilen, ob sich wieder größere Fische halten können.

Grundsätzlich lehne ich den Besatz mit fangfähigen Fischen in unseren Mittelgebirgsbächen ab, weil es das natürliche Gleichgewicht stört. Das wird bei euch nicht anders sein. Gleichwohl klingen auch die Mahnungen der Vereinsmitglieder in meinem Ohr nach dem Motto "Wir wollen Fische fangen, also rein damit!"

Das hört man aus den meisten Angelvereinen, doch gerade nach einem Ölschaden braucht es einfach Zeit, bis sich die Verhältnisse wieder verbessern. Ich würde in diesem Fall nur kleine Setzlinge besetzen (im Idealfall Nachkommen von abgestreiften Wildlingen aus der Region).

Vielleicht melden sich ja noch richtig professionelle Bewirtschafter aus unserer Mitte (aber bitte ohne Morgenstern........)? :roll:

Gruß, Olaf
Und Gott sprach zu den Steinen im Fluss: "Wollt ihr Mitglieder der UNERSCHROCKENEN werden?" Und die Steine antworteten: "Nein Herr, dafür sind wir nicht hart genug."
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Daniel/Bonn
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Beitrag von Daniel/Bonn »

Derzeit gibt es einen guten Bestand an ein- und zweisömmrigen Bachforellen, die größeren sind allerdings wegen eines Ölschadens stark dezimiert. Es wurde seit Jahren nicht besetzt.
Wie wärs mit ein, zwei Jahren abwarten. Ihr habt einen reproduzierenden Bestnd, was wollt ihr mehr?
Fremde Gene eintragen ist sicherlich der falsche Weg...
Ich gratuliere euch zu einem solchen Wasser, lasst die Alien-Forellen weg!
daniel
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Beitrag von Maggov »

Hallo Michael,

schwierig den Vorpostern etwas hinzuzufügen. Sicherlich auch schwierig ein, zwei Jahre zu warten bis die Fische wieder abgewachsen sind, aber der Besatz von fangfertigen Fischen würde dem Bestand nur schaden (auch wenn Du Futterfische setzt so bilden diese Fische eine Konkurrenz bei der Nahrungssuche und den Standplätzen der "einheimischen" Forellen und Du wirst viel Brut an diese Fische abzollen müssen).

Habt Ihr schon die Wasserqualität überprüft ob die Rückstände vom Ölschaden nicht mehr gravierend sind?

Viele Grüsse und v.a. viel Erfolg

Markus
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Rattensack
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Beitrag von Rattensack »

Hallo Merowinger,

du befürchtest, die Forellen haben zu wenig zu fressen?

Das Wachstum lässt sich ja leicht beurteilen, wie groß sind denn die ein-/zweisömmrigen Bachforellen?

Clemens
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roland k
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Beitrag von roland k »

So wie du schreibst ist euer Bach gemütlich dahinfliesend ohne Struktur. Hier ist es wichtiger als Besatz, ist die Wohnung de Forellen schön zu gestalten. Soll heissen, dass ihr lieber etwas Geld/arbeit in Totholzeinbringung, Störsteinen investieren sollt. Davon habt ihr nachhaltig mehr davon.

Roland
man muss einfach reden, und kompliziert denken - nicht umgekehrt
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Beitrag von Coachman »

Moin Merowinger,

tu dem Bach einen Gefallen und lass das mit dem Besatz an fangfähigen Forellen. Das stört den Genpool zwar nicht in dem Maße wie früher angenommen, aber wenn Ihr da schon so ein Kleinod habt, solltet Ihr auch das Beste draus machen.

Bezüglich Totholzeinbringung kann ich diese Broschüre http://www.laum.uni-hannover.de/iln/per ... cle08.html empfehlen.
Allerdings solltet Ihr vorher mit der zuständigen Gemeinde als Unterhaltspflichtigen für Gewässer 2. und 3. Ordnung sprechen.


Gruß

Walter
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Rattensack
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Beitrag von Rattensack »

Coachman hat geschrieben:Moin Merowinger,

Das stört den Genpool zwar nicht in dem Maße wie früher angenommen,
Walter
Hallo Walter,

wieso dieses?

Clemens
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Beitrag von Coachman »

Hallo Clemens,

ich hab die letzten 2 Wochen irgendwo (Fliegenfischen?) einen Artikel über Besatzmassnahmen in Baden Würtemberg gelesen. Die Autoren haben festgestellt, dass die "dummen" Besatzfische innerhalb von ca 2 - 3 Wochen zu 85% wieder herausgefangen wurden.

Wenn ich heut abend zu Hause bin schau ich nochmal genauer nach.

Gruß

Walter
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Rattensack
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Beitrag von Rattensack »

Hallo Walter,

ahh, die arbeit von der Argen. Kenn die, an sich gut. Teile aber die Meinung der Autoren überhaupt nicht, dass durch die hohe Mortalität der Besatzfische ein Einfluss in genetischer Hinsicht vernachlässigbar ist. So was kann man auf Basis eines Besatzversuchs sicher nicht beurteilen, zumal Bewirtschaftunsstrategien oft über Jahrzehnte durchgezogen werden.

Clemens
Merowinger
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Beitrag von Merowinger »

Hallo,

vielen Dank für die Anmerkungen! Ich teile die hier vorherrschende Meinung, dass man mit dem natürlichen Bestand arbeiten sollte, zumal die Rahmenbedingungen, jetzt wo die Ölwerte wieder in Ordnung sind, sehr gut sind.

Ich werde versuchen, meine Vereinskollegen davon zu überzeugen, den vorhandenen Bestand mal 1-2 Jahre abwachsen zu lassen. Das Besetzen von "Futterfischen" wie Elritzen ist nach der Ausführungsverordnung des Bayer. Fischereigesetzes eh genehigungspflichtig und wird uns voraussichtlich (sinnvollerweise) nicht genehmigt werden. Und jetzt große "dumme" Teichforellen einzusetzen macht auch nicht den Reiz aus.

Was man derweil an Strukturmaßnahmen (z.B. Totholzeinbringung - Danke Walter für den Tip mit der Broschüre!) vornehmen kann, werden wir prüfen.

Ich halte Euch auf dem Laufenden. Könnte sein, dass der Bach in naher Zukunft ein echt schönes Gewässer in der Nähe von München sein wird - dann hoffentlich "fly-only".

Gruß

Michael
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