Schweiz: Fliegenfischen auf dem Dach Europas – Die Reichbach Lodge | Ein Reisebericht von Hans Klas |
Pflücke
den Tag...
|
Getreu
der Landkarte bin ich nach halbstündiger Wanderung am Ausgangspunkt
angekommen. Hier, in 1900 Metern Alpenhöhe im Berner Oberland mündet
das klare, moorbraune Wasser des Miserenbächlis in das tosende, türkisfarbene,
gletschermilchig-trübe Wasser des Steinwassers, einer der Quellflüsse
des Gadmerwassers. Hier soll ich anfangen flussauf zu fischen. So die Empfehlung
Vrenis. Saiblinge seien im Wasser, schön und scheu.
Kaum einen Meter Breit und recht flach windet sich das Bächli durch dieses moorige Hochtal. Immer wieder entstehen kleinere oder größere aufgestaute Pools mit langsamer Strömung. Am ersten vorsichtig vorbeigehend stiebt plötzlich ein Dutzend Fische davon. Aha, denke ich, so geht das hier! Der nächste Pool kommt in Sicht. Jetzt aber geduckt herangepirscht. Der Felsenschatten gibt Deckung. Ja, da sind sie, am Einlauf des Pools stehen sie mit dem Kopf Richtung Strömung. Kaum zu erkennen, wenn nicht der weiße Saum der Flossen wäre. Bestimmt sind sie an Anflugnahrung und allerlei Terrestrials gewöhnt. Eine 12er Caddis Fly könnte passen. Und der Futterneid ist vielleicht auf meiner Seite. Vorsichtig bringe ich die Schnur aus. Das vertreibt sie schon mal nicht, - gut! Kaum berührt die Fliege vor all den Fischnasen die Wasseroberfläche, erfolgt eine geradezu spektakuläre Attacke, mit der ich wirklich nicht gerechnet habe. Prompt geht der hastige Anhieb ins Leere! Erneut serviere ich die Fliege. Durch einen Windstoß landet sie hinter den Fischen. Ganz langsam treibt sie mit der Strömung in die Mitte des Pools. Kein Draggen bis jetzt. Aber auch kein Fisch zu sehen. Urplötzlich zerplatzt heftig spritzend der Wasserspiegel, mittendrin eine grünrote Flanke, die Fliege ist rasant genommen! Der Anhieb sitzt und ich staune über die Kraft des kleinen Fisches. Rasch ist er herangeholt und in meiner nassen Hand. Die schussbereite Kamera hält diesen Augenblick fest: Ja, ein Saibling ist es mit all seinen prächtigen Farben, der Kopf groß, das Maul noch größer… So begann mein dritter Tag im Berner Oberland, der schönste von vier Tagen Fliegenfischen auf dem Dach Europas. Stundenlang pirschte ich mich an die Saiblinge heran, auf Knien rutschend oder hinter Felsen versteckt. Wenn auch keiner das Mitnahmemaß erreichte, war es eine herrliche, gänzlich entschleunigte Fischerei mit der Trockenfliege, und mit viel Zeit immer wieder einfach nur dazusitzen, die Saiblinge beobachtend oder die wunderbare Landschaft genießend. Meinen ersten Tag voller Sonne verbrachte ich am Gadmerwasser, das aus dem Zusammenfluss des Steinwassers und Wendenwassers besteht, beide auf knapp 2000 Metern gletschergespeist. Der erste entspringt am Steingletscher nahe dem Sustenpass, der zweite am Wendengletscher. Das Gadmerwasser ist teils ein Sturzbach mit großen Kolken, teils aber auch langsamer fließend mit dunkelgrün schimmernden, tiefen, ruhigeren Abschnitten. Hier fing ich mit der Trockenfliege einige Bachforellen. Die Aare, die ebenfalls auf fast 2000 Metern den Aargletschern im Grimselgebiet entspringt, hat den gleichen Charakter wie das Gadmerwasser. Bei reichlich Regen zeigte sie sich aber gänzlich verschlossen. Den vierten und letzten Tag verbrachte ich wieder am Miserenbächli, aber oben am Ursprung, an seinem Auslauf aus dem Seebodensee in 2000 Metern Höhe. Auch hier war vor dem Erfolg mit der Trockenfliege vorsichtigstes Anpirschen unerlässlich. Von Bergriesen eingerahmt vertrieb uns am Nachmittag ein Fön-Sturm, dessen Böen unseren Gleichgewichtssinn schwer auf die Probe stellten. |
Die Reichbach
Lodge
|
Ausgangspunkt
der Touren war die Reichbach Lodge in Meiringen im schönen Haslital.
Kurt und Vreni Zumbrunn hatten als Eigner 2 x 5 Übernachtungen als
Preis für die Teilnahme der Forums-Fotowahl 2014 gestiftet. Und ich
war der Gewinner! Zusammen mit meiner Frau erlebte ich tolle Tage! Die
Lodge bietet Fliegenfischern und anderen Reisenden eine zünftige Selbstversorgerunterkunft.
In unserem Doppelzimmer mit Küchenecke und Esstisch, mit SAT-TV, mit
WC und Waschgelegenheit fehlte es an nichts. Die Duschen sind in einem
Nebengebäude.
Drei Dinge machen die Reichenbach Lodge zu etwas Besonderem: Erstens wäre die Lage zu nennen. Wenn Meiringen auch nur 600m hoch liegt, sind die meisten der Gebirgsbäche und Seen mit dem PKW zwischen wenigen Minuten und einer halben Stunde Fahrt erreichbar. Schnell ist man auf 2000 Metern Höhe und höher! Zweitens sind es die vielen Bäche, Flüsse und Seen, die beinahe alle zu befischen sind, denn der Kanton Bern und die örtliche Pachtvereinigung bieten Gastkarten an, die in der Lodge erworben werden können. Drittens schließlich sind es Kurt und Vreni, die den ganzen Aufenthalt absolut positiv prägen. Neben der herzlichen Gastfreundschaft sind es ihre profunden Gewässerkenntnisse, die sie gerne und großzügig weitergeben. Selber seit Jahr und Tag mit der Fliegenrute unterwegs, kennen sie jeden Meter Bach und See und können daher genaue Gewässerempfehlungen geben, je nach Wetter oder Jahreszeit oder den Vorlieben und Möglichkeiten des Fliegenfischers. Auch in Ausrüstungsfragen und Fliegenwahl sind die beiden die Experten schlechthin. Generalkarten im Maßstab 1:25000 mit exakt eingezeichneten Einstiegsstellen ersparen die Parkplatzsuche in unbekannter Landschaft. Erst recht in unbekannter Hochgebirgslandschaft. Schnell steigt die Straße an und der Fluss liegt unerreichbar tief im Talgrund. Mit Hilfe der Karten genau zu wissen wo man problemlos ans Wasser kommt spart Urlaubszeit und Nerven. Das alles zusammen ist wirklich Gold wert! Kurt bietet zusätzlich ein Tagesguiding an, führt ins Fliegenfischen ein, gerade auch mit der Gespließten. Er ist ein international bekannter und anerkannter Schöpfer erstklassiger Bambusruten, von der federleichten Bachgerte bis hin zur dreiteiligen Speyrod (…die, nebenbei gesagt, aus nicht weniger als 108 Spleißen besteht...). Seine entwickelte Blankform wird von Rutenbauern in der ganzen Welt übernommen. Kurzum: Die Reichbach Lodge liegt dem Hochgebirge mit seinen Wassern zu Füßen und ermöglicht dank der Betreuung durch Kurt und Vreni eine ganz wunderbare, nicht alltägliche Fischerei in einer der schönsten Landschaften dieser Erde. Wer einmal fern aller Rekorde, fern aller Hektik hoch oben im Gebirge in klaren Bächen und Seen mit feinem Zeug auf feine Fische fischen will, der gehört hier her! Die folgenden Fotos von mir mögen den Bericht abrunden. Dank Selbstauslöser ist ab und zu auch mal ein Fliegenfischer zu sehen ;) Und natürlich darf Kurt samt Werkstatt und Bambusruten nicht fehlen... |
1. Tag: Das Gadmerwasser |
|
|
|
|
|
|
2. Tag: Die Aare |
|
|
|
|
3. Tag: Das Miserenbächli im Miserental |
Straße
zum Sustenpass, auf dem Weg zum Miserenbächli.
|
Weiter
geht es bergauf, die Berge rücken näher.
|
Kurz vorm
Sustenpass: Parkplatz Steingletscher als Startpunkt zum Miserental. Die
Mautstraße im Hintergrund führt zum Startpunkt Seebodensee.
|
Das Miserental.
Noch versteckt sich das Bächli, die Berge sind nicht so schüchtern.
|
Da ist
es, das Bächli!
|
Typischer
Pool im Miserental.
|
Hier sind
Ringe auf der Oberfläche, denn...
|
...am Pooleinlauf
stehen die Saiblinge Schlange!
|
Biss!!
|
Der erste
Saibling! Die Caddis Fly wars...
|
Und tschüss...
|
Abseits
des Weges im Miserental
|
Die Bergriesen
sind immer dabei.
|
Links im
Schatten waren die Fische
|
Nur im
Felsenschatten kommt man so dicht an die Saiblinge heran.
|
Kniffeliger Service zwischen den Felsen. | Dieser Pool kommt auf ein Länge von 30 Schritt, jetzt bloß nicht bemerkt werden!! |
|
|
Hier kommt
man nur auf Knien ans Ziel.
|
Dieses
mal wars ein Palmermuster!
|
4. Tag: Das Miserenbächli "on the top"... |
Die Mautstraße
am Parkplatz Steingletscher führt in eine grandiose Gletscherwelt.
Rechts im Bild liegt auf dem vorderen grünen Berg, -nicht zu sehen-
der Seebodensee. Ihm entspringt das Miserenbächli.
|
Aufstieg
zum Seebodensee.
|
Der Seebodensee
auf 2000 Metern Höhe, hier entspringt das Miserenbächli und rauscht
gleich steil bergab.
|
Links das
Bächli gleich nach dem Auslauf, unten der langgezogene tiefe Pool
mit seinen Saiblingen, im Hintergrund die Sustenpassstraße.
|
Vorsichtiges
Anpirschen, jetzt bloß nichts vermasseln!!
|
Der Fön-Sturm
fegt über die Gipfel...
|
... aber
noch liegt der Pool im Windschatten. Auf Knien durchs Sumpfgras, sonst
geht nichts!
|
Und es
gelingt: Der hübsche kleine Kerl ist in dieser Höhe bestimmt
schon zehn Jahre alt!
|
Der letzte
des Tages...
|
|
|
Im Paradies der Bambusruten – Kurt Zumbrunn, der Bambusflüsterer |
Im Paradies
der Bambusruten...
|
Werkstattimpressionen
|
|
|
|
|
|
|
Rutengriffe
aus Kork oder Birkenrinde.
|
Der Meister
und seine Ruten.
|
Zu guter letzt... |
Panoramakarte
der Region (mit frendlicher Genehmigung von Haslital Tourismus, CH-3860
Meiringen)
|
Schweizer
Zollkontrolle mal anders... ;)))
|
Linksammlung:
Von hier aus einen herzlichen Gruß an Matthias Meyer, hat er doch vor einigen Jahren fürs Forum reichlich über dieses Gebiet berichtet. Mit einem Augenzwinkern darf ich hinzufügen: Man kann dort oben auch ohne klettern, abseilen, tauchen und schwimmen die Rute schwingen… Frühere Berichte von Matthias aus dieser Region: *** |
Ein Beitrag von Hans Klas für www.fliegenfischer-forum.de - August 2014. Das unerlaubte Kopieren und Verbreiten von Text- und Bildmaterial aus diesem Bericht ist verboten. zurück zu Österreich, Schweiz, Italien | zurück zu Reise & Report | zurück zur Startseite |