Pressemeldungen und Bilder: Thüringer Tageszeitungen am 26.08., 03.09.1998 und VANT-Info:
Thüringer Allgemeine vom 26.08.1998:
Ilm auf dem Weg der Genesung
Experten-Ja zu vorerst „mäßigen“ Besatz des Flusses mit neuer Fischbrut
KRANICHFELD (dt). Eine gute Nachricht: Die Ilm ist nach dem verheerenden Fischsterben Anfang Juni flußabwärts zwischen Kranichfeld und Mellingen wieder auf dem Weg der Genesung. Sie zeigt neues Leben, so informierte Helmut Kraft, Geschäftsführer des Thüringer Landesverbandes der Sportfischer. 
Er war gestern mit vor Ort, als Prof. Werner Meinel vom Zoologischen Institut der Uni Kassel und Vertreter ortsansässiger Angler- und
Sportfischervereine den Fluß und die Uferbereiche unter die Lupe nahmen. Sie entdeckten sowohl im als auch über dem Wasser eine Vielzahl von Kleinstlebewesen, von der Eintags- und der Köcherfliege bis hin zu Schnecken und anderen Nährtierchen.
„Nach eingehender Beratung haben wir uns entschieden, am 2.September wieder Jungfische auszusetzen. Wir wollen damit ein Achtungszeichen setzen, signalisieren, daß die Ilm Anglern und Sportfischern auch nach der Umweltkatastrophe am Herzen liegt“, so Helmut Kraft. Allerdings: Die Ilm ist natürlich noch nicht wieder die Alte, so dass sich die Fachleute vorerst für einen mäßigen Besatz ausgesprochen haben. „Mäßig“ bedeutet in diesem Fall etwa ein Fünftel des möglichen Fischbesatzes. Ausgesetzt werden sollen vor allem Arten, die – weil vom Aussterben bedroht – auf der sogenannten „Roten Liste“ stehen: Moderlieschen, die Äsche, immerhin 1997 Fische des Jahres, auch Bachforelle und erstmals seit Goethes Zeiten wieder Lachse. „Es gibt zwar Stimmen, die meinen, dass es für Lachse in der Ilm noch viel zu früh ist. Wir sehen das ein bisschen anders, wollen nicht bis ins 21. Jahrhundert warten“, betont Helmut Kraft.
Das Fischsterben Anfang Juni war durch Giftstoffe verursacht worden, die bei Dienstedt in die Ilm gelangten. Trotz ausgesetzter Belohnungen für sachdienliche Hinweise zur Aufklärung der Umweltstraftat konnte die Schuldfrage bislang nicht geklärt werden. Das für den Neubesatz der Ilm erforderliche Geld bringen jetzt der Landesverband und die Vereine auf.
Thüringer Allgemeine vom 03.09.1998:
Äschen, Forellen und Elritzen
In der Ilm bei Kranichfeld tummeln sich seit gestern wieder Fische

KRANICHFELD (dt). Gerd Janka, Roland Czerney und die anderen Mitstreiter des Kranichfelder Vereins zum Schutz der Gewässer und der Natur e.V. werden nun noch öfter als ohnehin schon nach „ihrer“ Ilm schauen. Das Objekt ihrer sorgsamen Beobachtung sind die Fische, die seit gestern erstmals wieder nach dem großem Fischsterben von Anfang Juni ins Flußwasser entlassen wurden.

Im einzelnen waren das zwischen Dienstedt und Hetschburg 1600 Äschen, 4800 Bachforellen, 320 Lachse und 1725 Elritzen, die ebenso wie die Gründlinge, Mühlkoppen und Schmerlen auf der roten Liste stehen. Die größten unter den jungen Fischen waren die um Durchschnitte etwa 20cm langen Lachse, die kleinsten nur Daumengroß.
„Wir haben uns mit Absicht sowohl für den Artenreichtum, als auch für unterschiedlich große Fische entschieden, um der Ilm einen solchen Besatz zurückzugeben, der einer gewachsenen Population entspricht“, so Wolfgang Beese, der Präsident des Thüringer Landesverbandes der Sportfischer. Den Wert der gestern unter großer Anteilnahme von Anglern, Naturschützern und vielen Interessierten ausgesetzten Fische beziffert er auf rund 10 000 Mark.
„Der Tag hat ein Achtungszeichen gesetzt und es ist ein kleiner Neubeginn“; so meinte Michael Müller vom Bad Berkaer Verein der Ilm-Fliegenfischer. Sein größter Wunsch: Das die Ilm wieder wird, was sie einmal war – mit Fischen und als ganzes Biotop.“ Alle Hoffnungen sind jetzt darauf gerichtet, dass die Ilm ihren neuen Bewohnern ausreichend Nahrung bieten kann.
Nur die Lachse wird es auch bei genügend Insektenlarven und Krebstierchen aller Wahrscheinlichkeit nicht länger als ein halbes Jahr in der Ilm halten. Dann zieht es sie – einem uralten Instinkt folgend – über die Saale und die Elbe in den Atlantik.

Fuß der Pyramide ist gebaut
Dienstedt: 8600 Fische wurden in die Ilm gebracht – Lachs-Aktion ist nicht unumstritten

DIENSTEDT (tlt/epp). 320 Lachse leben seit gestern in der Ilm. „Das ist ein Achtungszeichen, wir wollen Druck auf die Politiker ausüben“, sagte Andreas Kirsch vom deutschen Anglerverband (DAV) in Dienstedt unweit der Stelle, wo am 05.Juni 1998 der oder die Fischvergifter ihr Unwesen getrieben hatten. Die Ilm ist derzeit für den Lachs kaum passierbar, 56 Wehre und andere Querbauwerke seien zu 90% Sperren für den populären Wanderfisch. „Wir haben noch Zeit, sie aus dem Weg zu räumen oder Flußtreppen zu bauen“, ergänzte Christian Köckert, der CDU-Fraktionschef im Landtag, der die ersten Lachse aussetzte.

Natur hat‘s nötig

Außerdem 1600 Äschen, 4800 Bachforellen, 1725 Elritzen sowie je 50 Gründlinge, Mühlkoppen und Schmerlen – Fische im Gesamtwert von 10000 Mark wurden gestern auch in Barchfeld, Stedten, Kranichfeld, Tannroda, München und Hetschburg in die Ilm gebracht. „Schön, dass es eine gemeinsame Aktion der manchmal konkurrierenden DAV und VDSF ist“, sagte Professor Werner Meinel, der Präsident der Verbandes Deutscher Sportfischer (VDSF), „die Natur hat es bitter nötig“.
Trotzdem ist Andreas Kirsch skeptisch: Möglicherweise sei zu früh eingesetzt worden, laut eines Gutachtens seien die Nährtiere, wie Insektenlarven, noch nicht ausreichend entwickelt. Zudem sei problematisch, dass die Lachse woanders aufgezogen worden sind, schließlich wandern die nach 5 bis 6 Jahren an den Ort ihrer Geburt zurück. Dazu Professor Meinel: Es sind atlantische Lachse aus Norwegen, sie wurden in der Elbmündung aufgezogen. 
„Wir haben heute begonnen, den Fuß der Pyramide zu bauen“, sagte Klaus Dieter Bischoff vom Verein der Bad Berkaer Ilmtal Fliegenfischer, der Initiator der Dienstedter Aktion. Nun müsse sich ein biologisches Gleichgewicht einstellen, bevor 1999 weitere angelbare Fische eingesetzt werden können. „Jetzt bringen wir die Qualität, in ein paar Jahren die Quantität.“ Mit dem Einsatz werde auch das Eindringen von Weißfischen, die aus Teichen entfliehen, verhindert – denn die Ilm sei von je her ein Fluß der lachsartigen Wanderfische, wie Forelle und Äsche. Und was hält Bischoff von den Lachsen? „Den Versuch ist es wert.“

Aus der VANT Info Nr. 03/98:
Der Tod geht um in Thüringens Fischgewässern
Anfang Juni erreichten uns gleich drei Hiobsbotschaften über Fischsterben in Gewässerbereichen von Vereinen unseres Verbandes. Als  erstes war am 02.06.1998 die Erle im Bereich Erlau betroffen. Unbekannte Täter ließen das Wasser des Erlauer Schwimmbades ab, welches durch seinenChlorgehalt die Fischpopulation in der Ortslage Erlau nahezu vollständig auslöschte. Schaden: ca. 4000 Forellensetzlinge, welche durch den Forellenzüchter Herrn Alfred Schlott erst wenige Tage vorher in die Erle ausgesetzt wurden und fast 100kg Forellen verschiedener Größen, Täter unbekannt. 
Am 05.06. schlug der Tod gleich zweimal zu. Betroffen waren die Lauter von Ortsmitte Goldlauter bis Ortseingang Suhl und die Ilm von Dienstedt bis Oettern. In beiden Fallen waren Pflanzenschutzmittel die Verursacher, Ermittlungen zu den Tätern laufen noch immer. In der Lauter ließen fast 500 Forellen (die Größte 61 cm) ihr Leben. Die ganze Biozönose wurde schwer geschädigt. 
Geradezu dramatisch und mit katastrophalem Ausmaß verlief das Fischsterben an der ILm auf einer Strecke von fast 30 km. Was im einzelnen passiert ist, ist im Anhang in einer konzentrierten Zusammenfassung des von unserem Ilmtal - Fliegenfischer e.V.  beauftragten Rechtsanwalts Herrn
Möller - Meinecke nachzulesen. Eine detaillierte Darstellung dieses Dramas von Pleiten, Pech und Pannen könnte unsere Verbandsinfo allein bis zur letzten Seite füllen. 
Als Dachverbände der betroffenen Ilmvereine haben unser Verband und der VDSF Landesverband Thüringen ein Gutachten zur Ermittlung des wirtschaftlichen Schadens und der Biotopschädigung beim Hydrolabor Schleusingen der Bauhaus UNI Weimar in Aufirag gegeben und werden sich die daraus entstehenden Kosten teilen. Insgesamt kann aus Sicht der Anglervereine und -verbände eingeschätzt werden, daß deren gegenseitige Information und Zusammenarbeit vorbehaltlos und effektiv organisiert war. Ebenso wurden durch sie alle Möglichkeiten ausgeschöpft, die zuständigen Behörden, Polizei und Feuerwehr sofort zu alarmieren und zum Handeln zu veranlassen. 
Doch damit begann der Tragödie zweiter Teil. 
Um es kurz zusammenzufassen, weder während des über drei Tage andauernden Fischsterbens noch bis zum heutigen Tage, d.h. über einen Monat danach, erfolgte auf offiziellem Behördenweg eine Warnung der Bevölkerung vor den möglichen Gefahren durch das verseuchte Wasser der Ilm oder kontaminierte Fische, noch gibt es offizielle Informationen zum Umfang des unmittelbaren Schadens bzw. zu Folgeschäden. Wasser- und Fischuntersuchungen laufen nun schon seit über fünf Wochen. Ergebnisse dieser Untersuchungen werden wie geheime Verschlußsachen gehandelt und müssen den Behörden mit bitten und betteln regelrecht aus der Nase gezogen werden. Kompetenzen werden hin und hergeschoben; die Gerüchteküche brodelt. Einzige Inforrnationsquelle ist die Presse,
welche sich jedoch auch nur auf die mehr oder weniger glaubhaften Aussagen Betroffener stützen kann. 
Wir möchten an dieser Stelle den betroffenen Vereinen und den Kameraden der Feuerwehren für ihren umsichtigen und aufopferungsvollen aber auch gefahrvollen Einsatz während dieser Umweltkatastrophe danken. Gleichzeitig erheben wir an das Thüringer Ministerium für Landwirtschaft Naturschutz und Umwelt und die Gesundheitsbehörden folgende Forderungen: 

1. Lückenlose Aufklärung zu Hergang, Umfang und Auswirkungen der Gewässervergiftung auf betroffene Menschen und den Gewässerlebensraum.
2. Stellungnahme zu der aus unserer Sicht unverantwortlichen Informationspolitik der zuständigen Behörden. 
3. Information zum derzeitigen Stand der Ermittlungen zum Schadensverursacher. 
4. Abstrichslose Umsetzung der ,,Richtlinie zur Durchführung der Gefahrenabwehr bei Gewässerverunreinigungen" bis zu den unteren
Wasserbehörden  (einschließlich Schulung und regelmäßigen Trainings der Handlungsabläufe) 
5. Bericht zur Umsetzung dieser Richtlinie durch die verantwortlichen Behörden im konkreten Fall der Ilmvergiftung im Juni 1998. 
6. Einrichtung von Wochenendbereitschaftsdiensten autorisierter Untersuchungseinrichtungen. 
7. Finanzielle Unterstützung des Freistaates bei der Vorbereitung und Umsetzung eines wissenschaftlich fundierten Wiederbesiedlungsprogramms für
den betroffenen Abschnitt der Ilm analog der Saale in den Jahren 1994 ff. 
8. Einrichtung eines Notfonds aus Rückstellungen der Fischereiabgabe. 

Insbesondere aus Punkt 8 ergibt sich die Forderung der Thüringer Anglerverbände, am Jahresende nicht verwendete Mittel aus der Fischereiabgabe in einen entsprechenden Notfonds einzustellen und nicht wie bisher an das Finanzministerium zum Stopfen diverser Haushaltslöcher abzuführen. Die bisherige Praxis stellt einen Verstoß gegen §33 Abs. 2 Satz 2 ThürFischG dar und darf so durch die Thüringer Fischerei nicht mehr langer stillschweigend geduldet werden. 

Fazit aus den bisherigen Ereignissen an der Ilm: 
Die betroffenen Vereine aber auch die zuständigen Dachverbände werden nicht locker lassen, ihr Recht auf umfassende und rückhaltlose Aufklärung und Information zu diesem Schadensereignis einzufordern und notfalls auf dem Rechtsweg einzuklagen. Die zuständigen Behörden sind aufgefordert, gemeinsam mit der Fischerei Maßnahmen zu einer effektiven Vorbeugung und der Minderung von Auswirkungen
derartiger Schadensereignisse zu erarbeiten und umzusetzen. 


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