Viva la Mexiko – Fischen unter Haien und Krokodilen
Ein Beitrag von Christian Tomiczek, Wien
Vorgeschichte
Fünf Freunde, Thomas und sein Bruder Olli, ein weiterer Tommes, alle aus Deutschland, sowie Peter und der Autor (Chris) aus Österreich treffen einander zumindest einmal pro Jahr zum Fischen in Österreich, meist an der schönen Salza in der Steiermark, wo Peter einen Flussabschnitt seit Jahrzehnten gepachtet hat. Bei einem schönen Abendessen mit frisch zubereiteten Forellen und einem (oder auch mehreren) Gläsern Weißwein erzählte ich, dass mich vor einigen Jahren das „Tarponfieber“ in Kuba erwischt hat und ich im Frühjahr 2020 dies unbedingt noch einmal erleben möchte. Kurz und gut, plötzlich wollten alle Freunde mit. Vorerst war es nur eine Idee. Nachdem aber alle nach dieser Woche mit ihren Ehefrauen gesprochen hatten, musste das Traumziel geändert werden, denn alle Frauen (bis auf Peters und meine) wollten unbedingt mit nach Kuba. Das Ziel wurde kurzerhand geändert, wo seitens der Frauen wenig Interesse zum Mitkommen bestand. So bleibt mehr Zeit zum Fischen und es kostet auch gleich deutlich weniger (:-).

Tommes, Thomas, Chris und Olli (von links nach rechts im Bild)

Vorbereitungen
Bei einem Besuch im bevorzugten Fliegenfischerladen Klejch in Wien erzählte Sebastian, einer der beiden Inhaber, dass er schon zuvor in einige male in Mexiko gefischt, aber noch keinen Permit gefangen hätte und, falls wir einverstanden wären, er uns gerne begleiten wolle. Da Sebastian die Halbinsel Yucatan und die Salzwasser Fischerei mit der Fliege sehr gut kennt, konnte er uns bezüglich des fishtackle und den dortigen Gepflogenheiten beraten. Da ich in Kuba mit Leihgerät gefischt und meine Freunde noch nie im Salzwasser gefischt hatten, mussten natürlich passende Ruten, Rollen, Salzwasserschnüre, Vorfächer und Fliegen her. Gefischt wurde mit Ruten der Klassen #7–11, Large Arbor Reels und Flourcarbonvorfächern der Stärke 0,25 – 0,40 mm.
Wir nutzten auch Sebastians Vorschlag, Carsten Dogs (Pukka Destinations), einen auf Fliegenfischerreisen spezialisierten Reisevermittler, zu kontaktieren und seine Dienste für die Buchung der Lodge und Reisebewegungen in Mexiko zu nutzen. An dieser Stelle muss ich Carsten ein großes Lob aussprechen. Perfekt bis ins Detail organisiert, immer für persönliche Wünsche offen. So wurde die Punta „Allen Fishing Club“ exklusiv für uns Fliegenfischerfreunde sowie Sebastian und Flo, ein Semiprofifilmer, für die Zeit vom 14. Februar – 23. Februar 2020 gebucht. (Corona war zum Zeitpunkt der Buchung noch kein Thema).
Ascension Bay (Foto und Copyright gerne Klejch Fly Fishing & Outdoor)
Anreise
Die Anreise erfolgte mit Lufthansa von Frankfurt nach Cancun, wo wir von einem Minibus abgeholt wurden und nach ca. zwei Stunden Fahrt unser Hotel für die erste Nacht in Tulum erreichten. Das Kasa Hotel Parota ist ein 4-Sterne Hotel und absolut empfehlenswert. Schöne ruhige Lage, große, klimatisierte Zimmer, freundliches Service, Swimmingpool und hervorragendes Frühstück. Die Empfehlung, nicht in Cancun zu nächtigen, sondern bis Tulum weiterzufahren, kam von Carsten und sparte uns Zeit für das Fischen. Nach kurzer Fahrt ans Meer wurden wir, Thomas, Olli, Tommes, Peter und ich (Sebastian und Flo reisten zwei Tage später an) im Bereich einer Brücke von 3 Booten mit je zwei Guides abgeholt. In Windeseile waren die Ruten fischbereit und die Überfahrt zum Punta Allen Fishing Club bereits zum Fischen genutzt. Das Reisegepäck wurde zwischenzeitlich von unserem Minibus direkt zur Lodge gebracht, so dass wir keine unnötigen Utensilien mit uns herumschleppen mussten. Kleines Detail am Rande: auf der Brücke standen etliche Touristen, die in das Wasser blickten, fotografierten und filmten. Im Bereich der Brücke schwammen zwei Salzwasserkrokodile der XXL-Klasse. Wir wurden von den Guides aufgeklärt, dass es zwar einige Salzwasserkrokodile gäbe, diese aber vorwiegend in den Mangroven lebten und nur in der Dunkelheit zum Fressen diese verlassen würden. Also eher harmlos, es sei denn, man fischt in der Nacht und mit Kopflampe zwecks Anlockung der Fische, wie dies zwei Einheimische wenige Wochen vor unserer Ankunft getan hatten. Sie wurden nie wieder gesehen. Uns wurde versichert, dass von Guides begleitete Fischer noch nie zu Schaden gekommen seien.

Ascension Bay 
Die von uns gebuchte Lodge, der Punta Allen Fishing Club, liegt in der Ascension Bay, rund 250 km südlich von Cancun direkt im Biosphärenreservat Sian Ka´an. Hier findet man nur Hotels, die auf Nachhaltigkeit und Schutz der Natur setzen. Die Bucht bedeckt eine Fläche von 18 km² und hat einen hohen Anteil an Flats und Mangroven. Die Bay war früher eine der wichtigsten Nahrungsquellen für die Maya. Sie wird daher auch als „Pesca Maya“ bezeichnet. Die Ascension Bay zählt zu den besten Salzwasserdestinationen für das Fliegenfischen auf Bonefish, Permit, Tarpon, Snook, Barrakuda, Jack und viele mehr.

Fischen und Fahrt zur Lodge
Da wir zu fünft drei Boote hatten, konnte ich ein Boot für mich alleine nutzen. Die türkisblaue Farbe des Meeres, der undurchdringliche Dschungel, der vielseitige Gesang der zahlreichen Vögel faszinierte von Anfang an. Nach einigen Minuten Bootsfahrt und Probewürfen begann die Fischerei unter Anleitung der Guides. Bewaffnet mit meiner neuen Orvis Helios 3 (Bonefish) Klasse 8 Länge 9“ versuchte ich, in die Nähe der Mangroven zu werfen, was bei Wind und Wellengang schon sehr gewöhnungsbedürftig war. Aber es kam völlig unerwartet. Der erste Biss erfolgte schon nach wenigen Würfen. Nach kurzem Drill konnte ich den ersten (für mich leider auch einzigen), kleinen Permit landen. Dann ging es Schlag auf Schlag. Bonefish, Snapper sowie ein Jack wurden erfolgreich gelandet.

Erste Ausfahrt mit dem Boot

Wäre noch ein Tarpon an den Haken gegangen, hätte ich einen „Grand Slam“ (dazu muss man Permit, Tarpon und Bonefish an einem Tag fangen) eingefahren. 

Nach ca. 4 Stunden Bootsfahrt erreichten wir eine kleine, von Mangroven eingefasste Bucht, die als Privathafen für den Punta Allen Fishing Club dient. 

Nach ca. 50 m Fußmarsch durch ein aus wenigen Häusern bestehendes Fischerdorf gelangten wir zur Lodge, wo wir von den Besitzern Tiziano und Pascale persönlich empfangen wurden.
 
 

Autor mit „Babypermit“ , der noch viel wachsen muss
 

Punta Allen Fishing Club
Die Lodge wurde 2009 aus lokalem Hartholz in mexikanischem Stil aufgebaut, hat 5 große Zimmer, jedes mit eigenem Bad, WC, Ventilator und Klimaanlage. Sowohl Pascale als auch Tiziano fischen selbst und verstehen daher bestens die Wünsche und Anliegen der Gäste. Herausstellen möchte ich neben der unaufdringlichen Freundlichkeit von Besitzern und Personal die fantastische Küche, die ihresgleichen unter Fischerlodges weltweit sucht. Jeden Tag wird frisch gekocht und auf die Wünsche der Gäste eingegangen. Sie möchten frischen Lobster, dann bekommen Sie diesen auch (ohne Aufpreis!!). Dazu empfehle ich einen Blick auf die Internetseite der Lodge: da ist nichts übertrieben, eher untertrieben.
 

Die wunderschöne Punta Allen Lodge

Liebe zum Detail in der Lodge e
Die Fischerei
Ein typischer Fischtag beginnt mit einem ausgiebigen Frühstück um 07:00 Uhr und der Einteilung, wer mit wem auf welchem Boot und mit welchen Guides fischt. Um 08:00 Uhr geht es dann zu den Booten und durch „Kanäle“ in den Mangroven hinaus zu den Flats, Kanälen oder zu Flachstellen mitten im Meer (ohne die Guides würde man diese „fischigen“ Stellen nie finden). Wer, wie z.B. unser Freund Peter, das auch einmal ruhiger angehen möchte, kann das Boot auch für später ordern, oder überhaupt erst zu Mittag zu Fischen beginnen. Besser sind allerdings die Vormittagsstunden, weniger Wind (und Wellen), geringere Sonneneinstrahlung. Man kann auch die Zielfischart wählen, auf die man an einem Tag bevorzugt fischen möchte. Danach richtet sich natürlich auch jener Bereich der Bay, der mit dem Boot angesteuert werden muss. Anfahrtszeiten von 30 bis 60 Minuten sind die Regel. 

Topequipment für die kampfstarken Fische


Bis Mittag wird gefischt, dann gibt es Lunch und Getränke aus der Kühlbox an einem schattigen Platz in den Mangroven. Nachmittags wird je nach Wunsch und Entfernung zur Lodge bis 15:00 -16:00 Uhr weiter gefischt und anschließend die Rückfahrt angetreten.
Olli (links im Bild) mit Tizziano, dem Lodgbesitzer
Liebe zum Detail bis zur Nachspeise
Bonefish der Extraklasse
Die Ascension Bay ist ein Bonefish Revier der Extraklasse. Große Fische über 50–60 cm sind eher selten, aber es gibt sie. An leichtem Gerät (Rutenklasse #6-8) kämpfen diese barbenähnlichen Fische, dass einem nach mehreren Drills die Handgelenke schmerzen. Fluchten weit bis in das Backing hinein sind die Regel. Wenn die Bremse zu hart eingestellt ist, droht der Haken auszuschlitzen und der Fisch ist verloren. Verschiedene Krabbenmuster am 25er Vorfach haben sich besonders bewährt. 
Für den Fliegenfischer besonders reizvoll ist die Watfischerei in den Flats. Lange bevor man etwas sieht, haben die Guides die Fische ausgemacht und geben Richtung (12 o´clock) und Entfernung (15 meters) an. Plötzlich sieht man die herannahenden Fische und versucht zu erraten, in welche Richtung sie schwimmen werden. Richtig präsentiert und mit ein wenig Glück nimmt der Bone die Fliege und nach dem Anschlag explodiert das Wasser. Ab geht die Post, die Bremse kreischt und bange Minuten folgen, ob man ihn auch landen kann. Er ist ein absoluter Kämpfer, der nicht so schnell aufgibt.
Tommes mit einem herrlichen Snook (Foto und Copyright gerne Klejch Fly Fishing & Outdoor)
Permit
Das Wappentier der Lodge. Diese Fischart ist schon wesentlich schwieriger zu fangen. Sie schwimmen meist in großen Schulen, ständig die Richtung ändernd. Ihre aus dem Wasser ragende Rückenflosse verrät sie. Oft sieht man auch nur die „blitzenden“ Flanken. Von der Sichtung bis zu einer vielversprechenden Präsentation der Fliege hat man meist nur wenige Sekunden Zeit. Der erste Wurf muss sitzen. Das alles auf einem schwankenden Boot und mit mehr oder weniger (Gegen)Wind.

Tarpon
Tarpons sind wahre Kampfmonster. Einmal gehakt schnellen sie oft meterhoch aus dem Wasser und versuchen durch Schütteln des Kopfes, den Haken wieder los zu werden, was ihnen leider auch oft genug gelingt.

Lunchtime im Schatten der Mangroven

Nahe den Mangroven lauern Tarpons auf Futterfische; sie jagen oft auch gesellig. Im zeitigen Frühjahr findet man in den Gewässern der Ascension Bay hauptsächlich „Babytarpons“, die aber auch Durchschnitts- gewichte von 5–15 kg erreichen. Die wirklich Dicken kommen erst während der Migrationsphase ab Ende April/Mai. Dann werden Giganten mit mehr als 30 kg an der Fliegenrute gefangen. Für Babytarpons reichen Ruten der Klasse #9/10, für die größeren Exemplare sollte es schon mindestens eine #12er sein. Interessant ist die Angeltechnik. Das Fischerboot lässt sich nahe der Mangroven treiben oder wird mit der Stange fortbewegt. In regelmäßigen Abständen wird mit der Stange ins Wasser geklatscht, das scheinbar den Fressneid erwecken soll (da jagt ein anderer Tarpon oder Snook in meinem Revier). Die Tarpons halten Nachschau, verlassen die schützenden Mangroven und können nun gezielt angeworfen werden.

Spezielle Methode zur Anlockung der Tarpon aus den Mangroven

Snook
Snooks leben ähnlich den Babytarpons im Randbereich der Mangroven und können auch wie Tarpons befischt und gefangen werden.

Peter, Barracuda und der Hai
An einem schönen Fischtag waren Peter und ich zusammen in einem Boot. Wir fischten auf Bonefish in einer tieferen Stelle im sonst flachen Wasser. Beim Drill eines Snappers nahm ein großer Barracuda den Snapper an Peters Haken an. Das Ergebnis war ein kurzer Riss, Fisch, Vorfach und Fliege waren ab. Peter, meist ruhig, durchaus aber auch mal cholerisch, fluchte im schönsten Wiener Dialekt und beschloss, den „Bösewicht“ zu fangen. Damit dies nicht noch einmal passieren konnte (Barracudas haben messerscharfe Zähne), wurde eine mitgebrachte Spinnrute ausgepackt und mit einem Stahlvorfach versehen.

Thomas mit schönem Bonefish

Ich hatte inzwischen die Aufgabe, einen passenden Köder zu besorgen, was auch gelang. Der Snapper wurde am Haken befestigt und der „Bösewicht“ gesucht. Damit der Fisch frisch bleibt, wurde er in unmittelbarer Bootsnähe von der Rutenspitze aus, ins Wasser gehalten. Was dann passierte, war für uns völlig unerwartet. In Sekunden schoss ein Hai von ca. 2 Meter Länge wie ein Torpedo auf das Boot zu und nahm den Köderfisch und riss dem verdutzten Peter beinahe die Angel aus den Händen. Sekunden später riss das Vorfach samt Fisch ab. Ich male mir noch heute aus, was passiert wäre, wenn Peter den Köderfisch mit der Hand ins Wasser gehalten hätte. Da wir während unseres Fischurlaubes mehrfach jagende Zitronenhaie in unmittelbare Nähe beobachten konnten, stellte sich für uns schon die Frage, was beim Abhaken eines Fisches nicht alles passieren kann. Wir wurden vorsichtiger.
Sebastian mit seinem Tarpon (Copyright gerne Klejch Fly Fishing & Outdoor)
Krokodile in der Bay
Ausnahmen bestätigen die Regel. Krokodile leben in den Mangroven und jagen nur in der Nacht nach Beute. Bei einer Rückfahrt zur Lodge querten wir offenes Meer. Plötzlich bremste der Bootsführer, änderte abrupt die Richtung und zeigte uns in sicherer Entfernung ein Krokodil von sicher 4 Meter Länge. Als wir uns zwecks Filmen und Fotografieren dem Reptil näherten, tauchte es ab und wurde nicht wieder gesehen. Eines Abends berichteten Sebastian und Flo von einer weiteren Sichtung, am helllichten Tag in einem Flat.

Resumee
Für uns alle war es sicherlich eines der schönsten und besten Fischabenteuer, die wir gemeinsam genießen konnten. Reiseorganisation, Reisevorbereitung, Lodge, Essen und nicht zuletzt die Fischerei selbst waren erste Klasse. Viva la Mexiko.

Watfischen der anderen Art


Wertvolle Links:
www.klejch.at
www.pukka-destinations.com 



Ein Bericht von Christian Tomiczek für www.fliegenfischer-forum.de - 2020. Fotos/Copyright: Christian Tomiczek und weitere (siehe beim jeweiligen Foto. Das unerlaubte Kopieren und Verbreiten von Text- und Bildmaterial aus diesem Bericht ist verboten.
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