Mit Sonnenbrand auf Meerbrassen
Fliegenfischen im Mittelmeer an der Ostküste von Sizilien
ein Bericht von Jaromir Knorre

Ich weiss es nicht, wie es Ihnen geht, aber ich würde schon nach zwei, drei Tagen In-der-Sonne-Grillen am Hotelstrand jemanden aus lauter Langeweile totbeissen. Entgegen der Einstellung meiner besseren Hälfte, die den Komfort eines Hotels mit allem Drum und Dran dem selbstgemachten Frühstück vorzieht. Dieses Jahr habe ich mich durchgesetzt, und wir haben im September für zwei Wochen eine reizende Wohnung auf Sizilien in Piedimonte Etneo am Fuße des Ätna gemietet.

Vor dem Urlaubsbeginn konnte ich im Internet nachlesen, dass die Wolfsbarsche in die Flußmündungen aufsteigen, um nach Kleintieren und gar Insekten zu jagen. Sonst gab es herzlich wenig Informationen, wie man dem Fisch mit der Fliegenrute im Mittelmeer nachstellen sollte.

Bei einem Ausflug nach Giardini Naxos fuhren wir über einen Fluss. Daraufhin habe ich auf der Karte die Mündung geortet und wir fanden die Anlage San Marco, wo der Fluss leider nicht ins Meer mündete, sondern ca. 200 m davor in einer Pfütze im Sand versickerte.

Dafür gab es dort einen schönen weiten Strand. Meine Liebste konnte sich dort sonnen und baden. Ich wiederum konnte ungestört meine Streamer ausprobieren. Mein Freund Mirek Malek hat sie gezielt für mein Vorhaben gebunden, im Mittelmeer sehr viele und sehr große Fische auf die Schuppen zu legen.

Foto rechts: Die „Opa“ ist nicht sonderlich fotogen - sie schwimmt noch 
in den Händen...

Das Ufer wird dort durch terrassenförmige Sandbänke gebildet, die die hohen Wellen brechen. Man muss schon ein Stück waten, teilweise bis zur Hüfte, bis man an einer Terrassen-Kante stehen bleiben muss, weil der Meeresboden plötzlich steil nach unten absinkt.

Und da waren sie: Massenweise Fische zwischen 20 und 30 cm, die in großen Schwärmen vor mir flüchteten. Ich band den ersten Streamer an und warf aus. All das, was ich ins Wasser warf, hat die Fische sehr interessiert. Sie schnappten nach dem Knoten, nach der Leine, sie haben manchmal auch den Streamer attackiert, aber keiner von ihnen hat angebissen. Ich wusste nicht, um welche Fische es sich handelte, weil ich bloß ihre Rücken sah.

Drei Tage lang habe ich dort mit der Fliegenrute ergebnislos zur allgemeinen Belustigung der einheimischen Angler rumgekaspert. Alle anderen Angler haben das Strandangeln, das wir von der Nord– bzw. Ostsee kennen, mit Muscheln, kleinen Garnelen und manche sogar mit Maden praktiziert. Ich habe verschiedene Streamer, Nymphen und Fliegen ausprobiert, aber keinen einzigen Fisch gelandet. Obwohl mir die Fische manchmal direkt zwischen den Beinen hindurch schwammen.

Foto links: beim Drillen ging ich aus der Brandung heraus, damit ich den 
Fisch ausserhalb der Wellen landen konnte... | Unten: Dort, wo die Steine enden und sich das Wasser bricht, gibt es gute Stellen für Wolfsbarsche...

Am Strand tauchte ein Fischer mit einem Netz auf. Im Schlepptau noch zwei andere Männer, die aus Langeweile ihrem Kollegen Gesellschaft leisteten. Mich haben sie eher an zwei Hunde erinnert, die darauf warten, was alles von der Festtafel runterfällt. Sie haben zum Schluss zur Belohnung für das Rumglotzen und die wertvollen Ratschläge etwas vom Fischfang abbekommen.

Einer von ihnen kam zu mir und hat versucht, mir zu erklären, dass das Meer zwar für alle da sei, ich würde aber mit meiner albernen Gymnastik mit dem komischen Stock in der Hand die Fische unnötig verscheuchen. Daraufhin nahm er meine Rute in die Hand und hat sie fachmännisch inspiziert. Er schaute sich den Streamer an und sagte, ich soll damit hier lieber verschwinden und im „Fiume“ angeln. Fiume heißt Fluss, habe ich später im Wörterbuch nachgeschaut. Im Fiume angle ich das ganze Jahr über.

Ich wollte aber im Meer angeln, also ging ich um ein Stück weiter weg. In der Zeit hat der Fischer das mit Fisch gefüllte Netz mehrmals aus dem Meer gezogen.

Mit viel Frust in meiner Seele und etwas verärgert über meine Unfähigkeit, etwas zu fangen, habe ich beschlossen, aufs offene Meer rauszufahren. Nur, die Bootsbesitzer dort haben sehr wesentliche Preisunterschiede. In Giardini Naxos sollte eine Stunde mit dem Boot 60,- EUR kosten. Wenn wir für ca. vier Stunden hinausfahren würden, müsste ich mindestens 240,- EUR berappen. Ein einheimischer Fischer in Brucoli nicht weit von Catania wollte für den Vormittag ganze 18,- EUR.

Foto links: Fische, gennant „Opa“, auf Trockenfliege gefangen... | Unten: ein Wolfsbarsch vom Riff...

Mein Begleiter und Bootseigner Nico fand Stellen, wo Fische sind, und ich konnte sie endlich mit meiner Fliegenrute fangen. Wolfsbarsche und Makrelen. Hier haben die Streamer also schon funktioniert. Man hat zwar viele Fehlbisse, manchmal muss man mehrmals werfen, bis ein Fisch angebissen hat. Die Fänge waren da nicht sehr groß – um die 35 – 40 cm, dafür liefern die Fische dem Angler im Drill einen verbissenen Kampf. Nico schrie mich manchmal „Piano, piano“ an, weil ich vor Aufregung zu heftig angeschlagen oder zu schnell die Schnur eingezogen hatte. Ein paar mal ist mir das Vorfach gerissen. Es hat sich die sinkende Schnur und ein 18-er bis zu 4 m langes Vorfach bewährt.
Leider habe ich keine Fotos von diesen Fängen. Nachdem ich in der Vergangenheit in diversen Flüssen und Bächen meiner Heimat nacheinander schon drei Handys und eine Digitalkamera gebadet hatte, nahm ich vorsichtshalber keinen Fotoapparat mit.

Angeregt durch meine Erfolge am offenen Meer, kraxelte ich am nächsten Tag über eine aus Lavasteinen angehäufte Mole eines Yachthafens zu einer Stelle, wo sich das Wasser an einem Riff brach. Die Bisse kamen erst in der Dämmerung. Mehrere Wolfsbarsche waren die Belohnung für blutig abgeschürfte Knöchel und mehrere Beinahe-Beinbrüche.

Einen Wolfsbarsch habe ich als Leckerbissen mit nach Hause genommen und mit viel Knoblauch und frischen Kräutern zubereitet.

Nach zwei Tagen Besichtigungen von irgendwelchen Ausgrabungen und toten Fassaden von imposanten Kirchen und Burgen, die sich meine Frau bei mir abgetrotzt hatte, fuhren wir zum Strand von San Marco zurück. Dort sah ich wieder viele Fische, konnte aber keinen von ihnen fangen. Ich probierte und probierte. Ich hatte keinen einzigen Biss. Nicht mal ein kleines Zupfen stellte sich ein. Ich war am Ende, ich wusste nicht weiter. 

Doch es kam die Wende. Mit der Ankunft meines Kollegen von neulich, der entschlossen eine gummierte Arbeitshose für Fischer anzog, wie sie auf den Fischereibooten getragen wird, wo man den Fang gleich verarbeitet. Er schaute etwas verwundert zu, wie ich das Wasser mit meiner Fliegenrute peitschte. Er hatte eine Spinnrute mit einer einfachen Rolle. Er band etwas auf seinen Haken, ging ins Wasser, warf aus und ließ den Köder weit abtreiben, indem er Schnur per Hand nachgab. Beim ersten Versuch hatte er einen Biss. Er schlug an und drillte den ersten Fisch. Ganz selbstverständlich, als ob es die einfachste Sache auf der Welt wäre, im Mittelmeer Fische zu angeln.

Ich blieb mit offenem Mund stehen und überlegte, ob ich meine Fliegenrute wie einen Speer ins Wasser schmeissen sollte und meine Mühsal, über Stock und Stein in den Wellen zu stolpern, gegen die Bequemlichkeit eines servierten Frühstücks und dem Faulenzen inmitten schöner Badenixen am Swimmingpool unter den Palmen eintauschen soll.

Foto oben: Goldstrieme in der richtigen Speisegröße... | Unten: Eine der Meerbrassen. Davon soll es 120 verschiedene Arten 
geben...
Mir kam es vor, als wenn man mir gerade den Beitritt in einen elitären Anglerklub für Fortgeschrittene verweigerte, weil ich als „ungeeignet“, d.h. als ein leicht blöder Fiume-Pescatore eingestuft wurde.

Meine Frau und ich schauten uns gegenseitig etwas unverständlich an, bis ich angefangen habe, zu lachen. Ich konnte nicht mehr stehen, ich fiel auf meine Knie und habe zusammen mit meiner Frau schallend gelacht. Es musste eine Szene wie im Dick und Doof-Film gewesen sein.

Der Fischer, der zum Angler geworden ist, hieß Angelo. Er zeigte mir, worauf er angelte. Er fischte jedesmal mit der Hand aus dem Wasser die frei schwimmenden Fetzen von Seegras. Er hat das Seegras zu einem Knäuel zusammengedrückt und es um einen 14-er Haken gewickelt, der an ein ungefähr 5 cm langes Monofil gebunden war. Diese Montage mit sieben Haken konnte man überall kaufen. Die Fische würden angeblich das Seegras fressen.

Dies stimmte, wie ich dann, wieder zu Hause, im Seewasserlexikon nachlesen konnte. Es handelt sich hier um eine Meerbrasse, die Goldstrieme (Sarpa Salpa). Ich konnte aber auch nachlesen, dass die Jungfische sich von den kleinen, im Substrat lebenden benthischen Wirbellosen, ernähren. Dies wusste ich vor Ort aber noch nicht, trotzdem habe ich die richtige Entscheidung getroffen. Beim näheren Betrachten des aus dem Wasser erbeuteten Seegrases entdeckte ich nämlich viele kleine Lebewesen, die sich drin verkrochen haben. Meine Frau hat sogar einen Wurm, der dem Blutegel ähnlich war, gesichtet und mich mit Entsetzung samt meiner wissenschaftlichen Untersuchungen von unserem Strandtuch weggescheucht.

Am Abend ging ich in ein Geschäft und kaufte ein Stück Filzstoff in Flaschengrün. Daraus habe ich dann meine Köder gebastelt. Ich schnitt aus dem Stoff diverse Drei- und Vierecke aus und befestigte sie einzeln an dem Vorfach. Längsseits habe ich den Filz ganz wild in feine Streifen zerschnitten. Ich habe verschiedene Formen und Größen kreiert. In dem Stoff habe ich jeweils eine kleine Nymphe in Rot oder Orange versteckt. 

Mit Erfolg. Am nächsten Tag habe ich dann auch meine Fische gefangen. Es gab sehr viele Fehlbisse, oft wurde mein Köder von den Fischen völlig zerrupft und zerbissen. Ich nehme an, dass die Jungfische sonst aus dem Seegras die kleinen Lebewesen rauspicken, wie es die Hühner machen, wenn sie den Sandboden bei der Nahrungssuche durchwühlen. 

Ich suchte mir Stellen aus, wo sich das Wasser vom Ufer wegdrehte und da ließ ich meinen Köder abtreiben. Dies funktionierte wunderbar bei Ebbe. Je weiter vom Ufer weg, umso größer waren die Fische.

Am späten Nachmittag haben dann andere Fische sogar auf kleine Trockenfliegen reagiert. Ich beobachtete, dass sie ab und zu etwas von der Wasseroberfläche ganz schnell aufgeschnappt haben. Ich bot ihnen in dem etwas ruhigeren Wasser hinter der Brandung meine Äschenfliegen auf kleinen Haken an. Es gab auch da sehr viele Fehlbisse und Anschläge ins Leere. Meine Geduld wurde belohnt, einige der Fische, die die Italiener „Opa“ nennen, konnte ich auf diese Weise auch erbeuten. 

Das alles, was ich hier erzähle, ist keine Anleitung, wie man am Mittelmeer angeln sollte. Vielmehr ist es ein Erfahrungsbericht. Diese Angelmethode hat hier und bis jetzt an diesem Strand funktioniert. Es kann sein, dass man wo anders andere Köder ausprobieren muss. Ich habe jedenfalls beschlossen, dass ich wieder Daheim verschiedene Nymphen, wie Gammarus bzw. andere Köder, wie Palmer oder Montana, in mehreren Grüntönen auf kleine Haken binden lasse. Zerrupft müssen sie sein und lange, feine Hecheln haben, damit sie das Wedeln des vom Wasser bewegten Seegrases nachahmen. Mit einem kleinen roten oder orangefarbenen Tupfen. 

Foto links: So kann man auch Fische fangen. Wenn man´s kann.

Falls Sie es auch ausprobieren wollen, mit der Fliegenrute im Meer zu angeln, anstatt sich am Hotelstrand von der Sonne grillen zu lassen, hier ein paar Empfehlungen:

Der erste Angeltag kostete mich einen Sonnenbrand an den Schenkeln, wo meine Haut nach der Ankunft noch käseweiss war. Ich zog daher eine halblange Hose an. Dies war auch falsch, weil man sich dann am Abend, wo es kühler wird, in der nassen Hose eine Erkältung holt. Beim nächsten Mal nehme ich meine Wathose mit.

Auf jeden Fall ist ein Schnurkorb unentbehrlich. Die starken Brandungswellen treiben die abgewickelte Schnur seitlich weg und bremsen den Wurf ab. 

Bei der Schnur hat sich die Intermediate bewährt. Die sinkende Schnur sinkt zu schnell und wird vom Wellengang so stark auf dem Meeresboden gerieben, dass sie beschädigt wird. Die schwimmende Schnur schwimmt keineswegs. Die hohen Wellen drücken sie runter. Man spürt den Anbiss nicht. Weil die Intermediate zuerst an der Spitze anfängt zu sinken, hat man doch größere Chancen, die Anbisse wahrzunehmen. 

Mit dem Anschlag sollte man sich etwas Zeit nehmen. Wie beim Plötzenangeln. Warten, bis die Schnur abzieht, erst dann den Anschlag – nicht zu heftig – setzen.

Den Drill ohne Gewalt. Die Fische sind zwar nicht sehr groß, dafür quicklebendig und sie fahren mit einer rasenden Geschwindigkeit hin und her. Meistens parallel zum Ufer, wobei sie dann ihren flachen Körper ganz schön clever dazu nutzen, um Widerstand mit Hilfe der Brandung zu leisten.

Lassen Sie ihren Hut zu Hause. Mit dem Hut auf dem Kopf werden Sie zwar wie ein richtiger Fliegenfischer aussehen, dafür weht an der Küste fast ununterbrochen ein böiger Wind, der Ihnen dieses Modeaccessoir weit ins Meer wegpustet. Ich habe mir eine Mütze gekauft.

Und noch ein kleiner Rat: Nehmen Sie einen alten Lederhandschuh für die linke Hand mit. Die Fische haben sehr scharfe Flossen, an denen Sie sich ganz böse verletzen können.

Ansonsten eine etwas steifere Rute um die 275 cm, Intermediate Schnur der Stärke # 8 und das Vorfach der Stärke 0,18 bzw. 0,20 mm. Für den Strand dieselbe Rutenlänge und auf dem offenen Meer bis zu 4 m lang. Hüten Sie sich davor, mehrere Köder anzubinden. Bei dem hohen Wellenschlag hat man schon genug Mühe damit, nur den einen Fisch ohne Vorfachbruch zu landen! 

Ausserdem sollte man dann jeden Abend das ganze Zeug gründlich von dem Salzwasser und feinem Sand abspülen. 

In der Wathose werden Sie zwar nicht so braun, wie auf dem Hotelstrand, dafür werden Sie herrliche Fische und schöne Erlebnisse haben. 

Ci rivedremo quest´altro anno, Sicilia!

Jaromir Knorre

Etwas Italienisch für den Anfang:

pesca – Fisch
pescatore - Angler
cana da pesca - Angelrute
mulinello - Rolle
linea - Schnur
musca - Fliege
amo - Haken

Damit kommt ein Angler schon ziemlich weit.

Falls Sie sich über Ihre eigenen Erfahrungen beim Fliegenfischen am Mittelmeer unterhalten wollen, oder mehr darüber erfahren möchten, besuchen Sie doch unser Forum auf: czech-nymph-angeln-mit-erfolg.de

Ein Bericht von Jaromir Knorre für www.fliegenfischer-forum.de
Bilder: Jaromir Knorre, Angelo
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