Thüringer Allgemeine vom 08.10.2001:
Thüringen & Tradition
Das Thüringer Meer
Bleiloch größter deutscher Speicher / Aus der Geschichte der Saale-Stauseen
ZIEGENRÜCK. Im kommenden Jahr wird er schon 70, ist aber nach wie vor der Größte seiner Art in deutschen Landen: der Bleiloch Stausee. 1932 war der sechs Jahre zuvor begonnene Bau der Talsperre beendet und das Tal zwischen den Bleibergen geflutet. Bis zu 215 Millionen Kubikmeter Wasser werden hier zurückgehalten.
Zehn Jahre später war auch der wenige Kilometer saaleabwärts gelegene Hohenwarte Stausee (Bauzeit 1936-42) gefüllt der 182 Millionen Kubikmeter Wasser fasst.
Die Geschichte des Thüringer Meeres, wie die Saale Stauseen gerne genannt werden, reicht jedoch viel, viel weiter zurück: Die Saale und ihre Nebenflüsse brauchten Millionen Jahre, um die tief eingeschnittenen Kerb- und Kerbsohlentäler zu schaffen, die die Voraussetzung für ein Stauwerk dieses Ausmaßes sind.
Der Zweck der Saale-Kaskade, zu der neben Bleiloch und Hohenwarte noch vier kleine Speicher gehören (Burgkhammer, Walsburg, Wisenta und Eichicht), ist die Regulierung des Wasserstandes von Saale und Elbe, die Brauchwasserversorgung sowie die Energiegewinnung. Quasi nebenbei ist eine Erholungslandschaft entstanden, die den heutigen Naturpark Obere Saale/Thüringisches Schiefergebirge prägt. An den Seen reihen sich Hotels, Zeltplätze und Ferienhäuser aneinander, man findet Badestellen, Segelboothäfen, Kanustationen und Dampferanleger. Überwiegend bewaldete Höhenzüge beherbergen eine reiche Fauna und Flora. Trockenes, warmes Klima und die teilweise offenen Felsen schaffen Lebensbedingungen für wärmeliebende Tier- und Pflanzenarten. 
Die Entstehung der Saalestauseen können Besucher im Wasserkraftmuseum in Ziegenrück ganz anschaulich nachvollziehen. Das technische Denkmal (Laufwasserwerk, 1900 bis 1965 in Betrieb) beherbergt Ausstellungen zur Geologie des Saalelandes, zur Nutzung der Saale vor der Aufstauung (Flößen von im Schiefergebirge geschlagenen Holz) und danach sowie zur Geschichte der wasserbezogenen Energiegewinnung.
Vor dem Bau der Talsperren war die Obere Saale ein wildromantisches Tal zwischen steinigen Ufern, dass nur an wenigen Stellen Platz für Siedlungen lies. Floss der Fluß die meiste Zeit des Jahres ruhig dahin, konnte es zuweilen im zeitigen Frühjahr große Verwüstungen geben, wenn plötzlich einbrechendes heftiges Tauwetter für sogenannte Eisfahrten sorgte, bei denen sich geborstene Eisschollen gefährlich zusammenschoben und dann zu Tal donnerten. Die letzten großen Eisfahrten sind aus den Jahren 1876 und 1901 überliefert. 
Aber auch ohne Eisfahrt drohte, dann aber in den breiten Talauen im Mittel- und Unterlauf, im Frühjahr Ungemach: Häufig gab es sehr schlimme Hochwasser. Die große Überschwemmung von 1890 gab den Anstoß für erste Pläne zur Bändigung der Saale, bis zu deren Verwirklichung aber wegen territorialer und wirtschaftlicher Interessenkonflikte sowie infolge des ersten Weltkrieges noch Jahrzehnte vergingen.
Dessen ungeachtet waren die großen Staumauern – jene am Bleilochsee ist 205 Meter lang und 65 Meter hoch, die der Hohenwarte ist 412 Meter lang und 75 Meter hoch – ingenieurtechnische Pionierleistungen, ihrer Zeit, die auch noch heute am Thüringer Meer zuverlässig ihren Dienst tun.
Matthias Opatz

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