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Aspius aspius, der räuberische
Cypriniede.
Fliegenfischen auf Rapfen. Bericht
& Fotos von Mario Mücke |
Sollten Sie zu den aufgeschlossenen und experimentierfreudigen Fliegenfischern
gehören, werden die folgenden Zeilen Ihnen helfen, einen interessanten
Raubfisch erfolgreicher zu befischen. Aber auch wenn Sie zu den Puristen
gehören, blättern Sie bitte nicht weiter. Sie werden sehen, daß
sich neben Äsche, Forelle und Lachs noch eine andere Fischart gezielt
mit der Fliege befischen läßt.
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Den meisten dürfte der Rapfen als ein launischer, schwer zu fangender
Räuber bekannt sein, der in vielen Gewässern Deutschlands vorkommt
und sich dort auch lautstark beim Rauben bemerkbar macht. Doch er ist mit
den bekannten Techniken und Ködern nur schwer an den Haken zu bekommen.
Ideale Lebensbedingungen findet der Rapfen in fast allen Flußsystemen
Mittel- und Osteuropas, in von Flüssen durchflossenen Seen und in
Kanälen, die die großen Flüsse oft über weite Entfernungen
miteinander verbinden. Gerade die künstlichen Wasserstraßen
bieten uns hervorragende Möglichkeiten, um den Rapfen gezielt zu beangeln.
Die älteren, weniger befahrenen Kanäle sind nicht sehr breit
und das Gefälle wird von Wehren und Schleusen reguliert. Diese Engpässe,
die die meisten Fische wegen fehlender Fischtreppen nicht überwinden
können, bieten die aussichtsreichste Chance, zum Erfolg zu kommen.
Leider werden Sie diese Hot Spots selten allein befischen können,
wirken solche Konzentrationspunkte doch wie ein Magnet auf alle möglichen
Zunftgenossen. Die Bestandsdichte der Fische, wie auch der Angler, ist
hier besonders hoch. Mögen Sie es etwas ruhiger, sollten Sie diese
Stellen meiden.
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Die meisten Rapfen stehen im schnell strömenden Unterwasser oder
an Stellen, an denen die Strömung gebrochen ist und sich Kehrwasser
bilden. Abweichend von den langsam fließenden Passagen bevorzugt
der Rapfen hier ganz eindeutig bestimmte Bereiche. Je nach der Tiefe des
Bereiches stehen die Fische am Grund, im Mittelwasser oder im Oberwasser
und lauern hier auf kleine Fischchen, die über sie hinweg ziehen.
Mitunter verfolgen sie die Beute über einige Meter und man sieht,
wie ein Schwarm Kleinfische die Wasseroberfläche durchbricht. Hat
der Rapfen Beute gemacht, nimmt er seinen bevorzugten Einstand wieder ein.
Ganz ähnlich einer nach Duns steigenden Forelle. Sehr oft konnten
meine Freunde und ich beobachten, daß im Frühsommer viele Fische
dicht beieinander standen. Die überdurchschnittlichen Fangerfolge
in den Monaten Mai, Juni und Juli lassen sich darauf zurückführen,
daß die Fische während und nach der kräftezehrenden Laichzeit
sehr aggressiv sind und so die angebotenen Köder vehement attackieren.
An den Milchnern ist dann auch noch der typische körnige Laichausschlag
zu beobachten.
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In allen Gewässern in denen der Rapfen heimisch ist, raubt er natürlich
auch in den ruhigeren Abschnitten. Dort jedoch nie so regelmäßig
und nie so kalkulierbar, wie im turbulenten Unterwasser eines Wehres. Hier
haben Sie die besten Chancen einen Rapfen gezielt zu befischen. In den
langsamer fließenden Abschnitten streifen die Fische umher und rauben
selten in einem eng begrenzten Bereich. Sie verhalten sich sehr vorsichtig
und es ist schwierig, hier einen Fisch gezielt zu befischen. Man sieht
sie gelegentlich mit großer Geschwindigkeit in die Jungfischschwärme
stoßen, um wenige Augenblicke später etliche Meter weiter erneut
zuzuschlagen. Zuschlagen ist tatsächlich der richtige Begriff, denn
nur so läßt sich annähernd beschreiben, mit welcher Gewalt
ein Rapfen von etwa 3 Pfund seine Beute schlägt. Ein anderer sehr
interessanter Standort, der Rapfen geradezu magisch anzieht, sind die Buhnen
in den Flüssen.
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Jene Bollwerke, von Menschenhand gemacht, um die Fließgeschwindigkeit
begradigter Flüsse nochmals zu erhöhen, verhelfen vielen Fischarten
zu einem neuen Lebensraum. Das Buhnenfeld ersetzt das, was ehemals Altarme,
Totwasser und Flußschleifen den Fischen als Biotop boten. Die Fische
stehen unterhalb des Buhnenkopfes, genau dort wo die Hauptströmung
mit der Drehströmung des Buhnenfeldes zusammen fließt. Hier
finden Sie ähnliche Verhältnisse vor wie an einem Wehr. Mit dem
Unterschied, daß die Fließgeschwindigkeit nicht so hoch ist,
aber genau das ist mit Sicherheit in allen Fällen der entscheidende
Punkt. Meine Erfahrung ist: je höher die Strömungsgeschwindigkeit
und die Turbulenzen im Wasser, desto größer ist die Chance,
einen Rapfen zu fangen. Denn: Die schnelle turbulente Strömung treibt
den lauernden Fischen ständig Nahrung zu, so daß sie ihr Revier
nicht ständig durchschwimmen müssen. Nahrungskonkurrenten lassen
sich leichter tolerieren, die Fische haben weniger Streß. Durch die
bewegte Wasseroberfläche ist das Gesichtsfeld der Fische stark eingeschränkt.
Störungen von außen (Schatten des Anglers, Schatten der Flugschnur,
etc.) veranlassen die Fische nicht zur Flucht. Das Wasser ist ständig
optimal mit Sauerstoff angereichert. Für Ihren ersten Pirschgang würde
ich Ihnen einen großen Fluß, wie zum Beispiel, die Elbe, die
Donau oder die Oder empfehlen. Über weite Strecken finden Sie an diesen
Flüssen geeignete Buhnen, die garantiert noch nie mit der Fliege befischt
wurden.
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Bis zu diesem Punkt haben wir Fliegenfischer aber immer noch keine besseren
Karten. Sehen sie sich Ihre Forellenstreamer doch einmal an, kleine unscheinbare
Dinger, die in der schnellen Strömung viel zu wenig Volumen haben.
Wie sollen diese Fliegen einen Räuber mit einem Durchschnittsgewicht
von 3-4 Pfund überlisten? Meine ersten Versuche damit waren auch nicht
sehr erfolgreich. Bis ich von einem guten Freund den entscheidenden Tip
bekam, (Danke Joachim).
Große Bucktails, Muddler Minnows, Slider oder Popper ab Hakengröße
1 brachten dann die erhofften Erfolge und das nun schon seit einigen Jahren
mit schöner Regelmäßigkeit. Sie imitieren am besten ein
an der Wasseroberfläche schwimmendes Fischchen und haben die nötige
Fernwirkung, um überhaupt bemerkt zu werden. Abgesehen von der Kontur
und der deutlichen Bugwelle, scheinen wohl die unsichtbaren Druckwellen
einen ungeheuren Reiz auf den Rapfen auszuüben. Einen Reiz, dem er
nur selten zu widerstehen vermag. Leider entsprechen die angebotenen Streamer
nicht den Anforderungen, die an eine fängige Rapfenfliege zu stellen
sind. Auch dem ungeübten Binder wird es nicht schwer fallen
fängige Streamer zu kreieren. Hier öffnet sich ein weites Feld,
das einlädt das beste Muster im Feldversuch zu bestimmen.
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Trotz ihrer Größe sind diese Fliegen sehr leicht und lassen
sich mit gebräuchlichem Gerät problemlos werfen. Empfehlen würde
ich Ihnen eine 9 bis 10 Fuß lange Rute der Klasse 6 - 7 oder 7 -
8. Die meisten Situationen werden Sie damit meistern können. Nur in
Ausnahmefällen empfiehlt es sich, noch eine Schnurklasse höher
zu wählen. Die Rute sollte eine parabolische Aktion besitzen, denn
damit lassen sich große Wurfweiten genauso exakt erzielen wie oft
benutzte Trickwürfe. Gerade an dicht bewachsenen Ufern ist zum Beispiel
der Rollwurf eine Variante, um überhaupt fischen zu können. Sehr
hilfreich ist dabei eine Schwimmschnur mit langer Keule, wie sie von vielen
Herstellern angeboten wird. Die beste Schnur ist für mich seit
Jahren Lee Wulffs Triangeltaper der Klasse 6/7. Mit ihrer 12 m langen „Keule“
und der äußerst dünnen Runningline stellt sie die ideale
Synthese zwischen Longbellyschnur und Schußkopf dar. Sie erlaubt
weite Würfe mit schweren Fliegen ebenso wie Roll- und andere Trickwürfe.
Eine einfache gut bremsende Rolle vervollständigt die Ausrüstung;
selbst mein bisher größter Rapfen von 6 Pfund zog nur einige
Meter Schnur durch die Ringe.
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Für die kurzen, wenig spektakulären Fluchten genügt es,
100 m 20 lbs. Backing unter die Flugschnur zu spulen. Fische ich im turbulenten
Unter-wasser eines Wehrkessels, benutze ich ein 0,75 m oder 1 m langes
Vorfach der Stärke 0,30 mm, in einem ruhigeren Abschnitt ein doppelt
so langes 0,25 mm starkes nicht verjüngtes Stück Monofil. Dünnere
Vorfächer sind weniger geeignet, da die Kraftübertragung zwischen
Flugschnur und Fliege unter-brochen wird. Es kommt zum unerwünschten
Ausschlagen des doch recht voluminösen Streamers. Eine genaue Präsentation
des Streamers würde sich sehr schwierig gestalten, aber gerade das
ist sehr wichtig, um die Fliege im Aktionsradius des raubenden Fisches
anzubieten.
Wie Sie Ihren Streamer präsentieren, hängt von Ihrem Standort
und natürlich vom Standplatz der Fische ab. Prinzipiell ist natürlich
jeder Service möglich. Um aber die Fische nicht unnötig zu beunruhigen,
sollten Sie den zu beangelnden Bereich einige Zeit beobachten. Oftmals
lassen sich raubende Rapfen lokalisieren. Haben Sie einen raubenden Fisch
ausge-macht, versuchen Sie ihn sofort anzuwerfen. Möglichst so, daß
zuerst die Fliege in sein Gesichtsfeld driftet. In den schnellen Partien
drückt die Strömung sofort in die Schnur und die Fliege furcht
an der Oberfläche. Über Rute und Schnurhand geben Sie dem Streamer
zusätzlich Leben. Variieren Sie die Einholgeschwindigkeit und achten
Sie darauf, ob ein Fisch die Fliege verfolgt. Zeigt ein Fisch Interesse,
läßt er sich oft beim nächsten Wurf überlisten. Ein
großer Streamer läßt sich sehr gut an der Wasseroberfläche
verfolgen und es ist ungeheuer spannend, wenn plötzlich die Fliege
in einem Schwall verschwindet. In den meisten Fällen schlägt
sich der Rapfen selbst an, bzw. die an der Oberfläche furchende Fliege
und der Zug der eingestrippten Schnur reichen aus, um den Haken in das
Fischmaul zu treiben. Wenn Sie unbedingt jeden gefangenen Fisch in Ihren
Händen halten müssen, brauchen sie natürlich noch einen
geräumigen Kescher.
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Waidgerechter ist es in jedem Fall, widerhakenlos zu fischen. So können
Sie die Fliege schnell und schonend lösen und der Kescher erübrigt
sich. Denken Sie bitte immer daran, daß auch die Bestände der
Rapfen in Deutschland rückläufig sind und jeder gefangene Fisch
so vorsichtig wie nur irgend möglich zurückgesetzt werden sollte.
Mit seinen 144 Zwischenmuskelgräten zählt der Rapfen nicht
zu den Tafelfreuden eines Feinschmeckers. An der Fliegenrute, stellt der
einzige überwiegend räuberisch lebende Cypriniede, jedoch eine
echte Herausforderung dar. Gerade im an Salmoniedengewässern armen
norddeutschen Flachland bieten sich sehr viele wirklich gute Möglichkeiten.
Wo hat man sonst noch die Chance, Fische mit einem Durchschnittsgewicht
von 3-4 Pfund regelmäßig mit der Fliegenrute zu überlisten?
Der größte mir bekannte Rapfen wog nachweislich 10,3 kg, bei
einer Länge von 95cm. Gefangen wurde er 1974 in der Spree im Stadtgebiet
von Berlin.
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