Es war alles wie im Traum ... 
7 Monate an den Gewässern Neuseelands 
von Sebastian Blum
Im Sommer 2000 beschloss ich mein Studium der Dipl. Biologie (Ökologie, Naturschutz, Bodenkunde und Hydrologie) bald beenden zu wollen, und die Zeit, die mir vor den Prüfungen noch zur freien Verfügung  stand, mit einer langen Reise zu nutzen. Ich war im Studium viel herumgekommen, war in Sibirien, hatte dort in den Auen des Yennisey Flusses auf arktische Äschen gefischt (Rainer!), hatte am Ufer des Baikaal-Sees Omul gefangen und mit den Einheimischen geräuchert. 
Damals dachte ich „hier ist das Ende der Welt“ ... ein Jahr später  sollte es aber wirklich an das Ende der Welt gehen – Neuseeland... !
Ein Praktikum wollte ich machen, im internationalen Naturschutz aktiv sein, Erfahrungen sammeln, neue Arbeitsmethoden kennenlernen und – FISCHEN .... !

Fotos: oben: ...glasklarer "back country" Fluß im neuseeländischen bush
rechts: ...und ein Fisch aus ihm

Schnell waren Adressen potentieller Arbeitsgeber ausfindig gemacht, in einer langen Nacht Bewerbungen geschrieben, und am nächsten Tag waren diese via Post auf dem Weg gen Ozeanien. Der Beginn einer sieben monatigen Reise, die sich, wie sich herausstellte, als das Highlight meines Fliegenfischer – Lebens herausstellen sollte, war nicht mehr nur Fantasie.
Ca. drei Wochen später flatterten die ersten Briefe ins Haus. Das „Departement of conservation“ (neuseeländische Naturschutzorganisation) bot mir die Stelle als „Voluntere“ an, und ich entschied mich für ein Projekt im "Tongario Nationalpark",
keine Ahnung wie es dort aussehen würde, und ob es überhaupt Flüsse gäbe ... das Projekt in dem ich arbeiten konnte, hörte sich sehr interessant an ...Nach einigen Formalia (Visum ect.) war Abflug am 30. September 2000 Frankfurt Flughafen, und  am 2. Oktober 2000 setzte ich nach 23h Stunden in der Luft den ersten Schritt auf neuseeländischen Boden ... 
ICH WAR DA !!!
Einen Tag später: Auto kaufen (Mitsubishi 300 $NZ), und los ging’s im Linksverkehr gen Turangi am „Lake Taupo“, dort war meine Praktikums Stelle ...
Fotos: oben links: ..."spotten" der Fische, das Auge muß lange trainiert werden ... !
oben rechts: ... ein rassiger Wildfisch...
Was würde mich erwarten ... ?
Ich hatte keine Ahnung über die Fischerei, die Ortswahl war purer Zufall. Was mich dort jedoch erwartete lies mir einen kalten Schauer über den Rücken fahren ....
„Wellcome in the trout fishing capitol of the world“, stand da auf dem Ortsschild ... hallo, träume ich ... !?!
Den ersten Blick von der Brücke im Ort „Turangi“, werde ich wohl nie, nie vergessen:
Eine ältere Dame (Ende 60) kam in Wathosen die Böschung hochgestapft (das alleine war schon ungewöhnlich genug) -
und hatte zwei silberblanke 55er Regenbogenforellen geschultert .... hier sollte es also Fische zu fangen geben ....

Schnell waren die ersten Fliegenfischer Läden (Sporting Life) kontaktiert, die ersten Infos eingeholt, eine Lizenz erworben, und zwei Stunden später stecke ich meine Rute zusammen und begann zu fischen. Der Tongariro ist ein großer und tiefer, schnell fließender Fluss, mit vielen Zuflüssen, der in den Lake Taupo mündet, und – so weiß ich jetzt, über einen unglaublichen Regenbogen- und Bachforellenbestand verfügt...

Bis ich jedoch den ersten Fisch haken sollte, musste einige Zeit vergehen. Mein recht dilletanitisches „Herumgewerfe“ am Ufer des Tongariro veranlasste einen der „locals“ die auch am fischen waren mich anzusprechen: „ ... hey white boy, you´re not that used to fish big rivers , ai ...“. Es war einer der Maoris, die Ureinwohner Neussland, dessen Nachkommen (zum Glück) immer noch in den neuseeländischen Städten anzutreffen sind. 
Was machte er.... er packte meine Rute, und änderte das 16er in ein 24er Vorfach, packte in seine Dose, und knüpfte mir das von allen Fischern im Frühjahr verwendete System (dropper, „glow bug“) ans Vorfach .... try it, that work´s better... es dauerte eine Weile und boooooooooom, der erste 50er Fisch hing ... welcome to the trout fishing heaven, of the world.....?
Ich fischte an diesen Tagen, meinem ersten NZ - Wochenende, viel mit diesem Maori, der sich über jeden Fisch (es waren ca. 15), den der „white boy“ fing, noch mehr zu freuen schien als ich selbst ..., eine tolle Erfahrung .... !!!
Fotos: oben links: ... Blick auf den TONGARIRO
oben rechts: ...  Bachforelle der Südinsel
unten links: ... "hook up" and run ... !
unten rechts: ... vor Abflug into the middle of nowhere 
Nicht genug, dachte sich wohl mein Schicksal, und bescherte mir den Chef der Praktikumsstelle.... Ein Wochenende später (Start der neuseeländischen „backcountry“ saison), kam er in unser „flat“ und fragte, ob er mich nicht am Wochenende mit seiner „PIPER“ ins „backcountry“ fliegen solle ... hallo, träume ich .... ?
Ehe ich mich versah flogen wir mit der 1954 gebauten Einmotorigen Richtung Süden, über die schneebedeckten Berge des Tongariro Nationalpark, und nach 20 Minuten landeten wir auf einer Graspiste, middle of nowhere...
 „I pick ya up in three days, man, enjoy your trip, tight lines...“ ... zack, war er wieder weg. Das Motorengeräusch der PIPER wurde ruhiger, und ich stand am Ufer dieses Flusses, inmitten eines riesigen Tales, glasklares, tiefgrünes Wasser, kiesiger Untergrund .... Ich begab mich auf den Weg, Flußab, Rucksack, Schlafsack, Isomatte, Kocher ....  Rute in die Hand: Let´s spot the trout. (POLBRILLE !!!) Auch hier dauerte es einige Zeit, bis ich lernte die Fische zu sehen, zu „spotten“ .... Ich will nicht wissen wie viele Steine ich anwarf...
Dann aber, es war kein Stein, eine silberne Flanke schien sich aus der Hauptdrift zu lösen, ging der Nymphe nach, stripp, stripp booooooooom, 57er Fisch ........ der Fisch wurde (wie alle) zurückgesetzt, ich saß am Ufer, und konnte mein Glück nicht fassen .... und wieder ... alles nur ein Traum?
Die Nacht wurde kalt, sehr kalt (es war ja zeitiges Frühjahr). Ich schlief unter freiem Himmel. Es fror so, dass mein Teewasser im Kocher zu Eis erstarrte. Am nächsten Morgen musste ich vor Kälte auf die Höhenzüge des Tales klettern, konnte dort die ersten Sonnenstrahlen genießen....
Auch an diesem Tag  fischte ich mutterseelen alleine eine Strecke von ca. 10 Kilometern ab, und konnte ca. ein Dutzend kapitale Fische landen .... alle ge“spottet“, auf jeden hatte man einen, höchstens zwei Würfe ... sonst waren sie weg, im tiefen grünblauen Wasser .... Oft konnte ich mir Fische in den Pools „aussuchen“, bzw. warten, bis einer der größeren Fische der Nymphe nachging .... Nach drei Tagen hörte ich plötzlich Motorengeräusche, mein Chef überflog in ca. 15 Meter das Flusstal, und holte mich wieder ab .... Ende des Traumes ... ?
***
Nein, es sollte so weiter gehen.... Die Untersuchungsflächen, auf denen wir arbeiten sollten, lagen mitten im neuseeländischen Busch. Nur über den Helikopter war in diese Gebiete zu gelangen (oder mehrere Tage Fußmarsch).... „take your rod, there are big fish in the rivers around the camp....“, sagte mein Chef vor Abflug zu mir ....
Schon aus dem Helikopter konnte ich den grandiosen Fluss sehen, klares, grünblaues Wasser, in Mitten eines absolut unzugänglichen Gelände (... ja, genau wie im HERR DER RINGE, um ehrlich zu sein!) Die Arbeit, die wir jeden Tag zu verrichten hatten begann mit einem 2-3stundigem Fußmarsch durch die Flüsse (das Gelände war an vielen Stellen anders nicht zu
Fotos: oben links: ... alleine im Paradies
oben rechts: ... morgens nach klater Nacht, das Equipment voll Frost und Raureif
unten links: ... Nachschub per Helikopter
begehen), und somit konnte ich morgens die Fische sehen, die ich Abends fangen (w)sollte. Auch hier galt die Devise: Nur Fische die Du siehst, kannst Du fangen ... Um diese Fische jedoch zu fangen, musste man ihnen die Fliegen exakt vor Nase präsentieren, keine unnötigen Leerwürfe, bzw. Werfen nur quer zum Ufer, erst mit dem letzten cast über das Wasser. Der Schatten der Schnur war oft schon zu viel, und die Fische verabschiedeten sich .... trotzdem: Fische zwischen 5 und 12 Pfund waren „normal“ ....
In diesem Lebensstil verbrachte ich 3 Monate. Wir wurden jeweils für 8-11 Tage in den Busch geflogen, arbeiteten, wurden wieder rausgeflogen, und konnten eine Woche im Basiscamp die erhobenen Daten in den Computer eingeben. Im Camp war der Tagesablauf immer der Gleiche. Morgens früh raus (5h), arbeiten, am späten Nachmittag, auf dem Heimweg, (für mich) fischen .... Und alles in Gebieten, die die letzten Menschen vor einigen Jahren gesehen hatten, die Fische natürlich auch ... !
In den Zeiten, in denen wir in der „Stadt“ (Turangi) im Büro arbeiteten, konnte ich täglich den Tongariro fischen, täglich (!) wunderbare Fische fangen, nachts am Ufer des Lake Taupos auf große Bachforellen „stalken“, und jeden Tag mehr über den Fluss, die Region, die Menschen lernen.
Nach vier Monaten verabschiedete ich mich von der Nordinsel, und begab mich auf die Südinsel .... auch hier schien „Flyfishers - heaven“ zu sein ... Ich fischte große Flüsse, kleine „springcreeks“, fragte mich bei den locals durch, über spots und Muster, und hatte unbeschreibliche Stunden ... Konnte „hatches“ erleben, in denen ich (zusammen mit einem local, Fliegenfischer – shop Inhaber), keine Fische fing, obwohl das Wasser um uns herum kochte ... wir hatten einfach nicht das richtige Muster bei uns ... das war echtes Fliegenfischen ... ein Traum !!!
Ich könnte noch viel mehr schrieben, aber dann würde dieser Bericht einige Seiten lang werden ....
Ein paar allgemeine Infos: Die Fischerei in Neuseeland fordert den/die FischerIn auf das Härteste. Man muss vom Equipment (Ruten, Muster ... ) und von den fliegenfischerische Fähigkeiten auf alles gefasst sein.
Fischte ich im Tongariro mit „heavy stuff“ 8er Rute, 300er Teeny oder 9er WF, 24 Vorfächer, große Fliegen, Indikator, musste weit  aber nicht exakt werfen, tief waten ect., waren die Fische
im „southland“ nur mit 4-5er Ruten, feinsten Fliegen (22er) und Vorfächern und absolut genauer, präziser Präsentation zu fangen....
Natürlich konnte ich Euch nur Eindrücke meiner Zeit in Neuseeland schildern.
Eines möchte ich aber deutlich sagen: Ich habe nie den Anspruch gehabt, für teures Geld (was ich auch gar nicht habe) die „trophy trouts“ zu fangen, die ich hätte fangen können. Ich habe Fliegenfischer gesehen, die sich an die besten der besten Pools fliegen ließen, und dann eben diese Fische fingen, von denen man nur träumen kann (klick – Photo – release ...?) 
Auch diese Fischer kann ich ansatzweise „verstehen“, ich habe einen anderen Anspruch ans Fliegenfischen...
Vielmehr hatte ich das große Glück einen ganzen neuseeländischen Sommer an den Gewässern der Nord- und Südinsel verbringen zu dürfen, mit locals am Fluss zu sitzen, und mir Geschichten „about the good old days“ anzuhören. Ich hatte nie den „Druck“ in den nächsten drei Wochen DEN Fisch fangen zu „müssen“ (ich habe DIESEN Fisch auch nicht gefangen). 
Die Infos der Einheimischen, und diese Ruhe und Gelassenheit war(en) es dann wohl auch, die mir zu diesen unvergesslichen Erlebnissen verholfen haben .... allen sei an dieser Stelle gedankt...!
Bei fragen über Neuseeland meldet Euch ... tight lines !
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