ENGLAND: Loch Style Fischen im Malham Tarn Feiste Wellen, buschige Fliegen, heikle Forellen Ein Reisebericht von Tankred Rinder |
Augenweide
© Matt Eastham
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Lage, Lage, Lage - lautet nicht nur das Mantra beim Immobilienkauf. Geht es auf Reisen, sind für mich Landschaft und Unterkunft mindestens genau so wichtig, wie die Schönheit und Größe der zu fangenden Fische. Komfort zählt dabei weniger - Charme und Liebe zum Detail macht’s aus. Alljährlich zieht es mich deshalb in mein spirituelles, fischereiliches Zuhause - nach Nordengland - einer für die Entwicklungsgeschichte des britischen Fliegenfischens besonders wichtigen Region mit den Grafschaften: Yorkshire, Cumbria, Lancashire, Staffordshire und Derbyshire. Landwirtschaftlich und zugleich lange Zeit industriell geprägt – schließlich nahm die industrielle Revolution hier ihren Ausgang – kennzeichnet die Region, von Typen eines eigensinnigen Menschenschlages bewohnt zu sein. |
Farbenpracht
– Anziehungskraft © Veit Dresmann
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Und so unterschiedlich
im klimatisch rauen Norden gedacht, gegessen und gesprochen wird, ebenso
andersartig wird dort schließlich auch gefischt. Bei aller Offenheit
für das Moderne - short lining an den Flüssen, Sinkschnüre
in den Seen. Bei der Fliegenwahl jedoch, schenkt man dem bekannten Verlässlichen
noch immer das größte Vertrauen. Wie den besten Freunden aus
Jugendtagen, bei denen es nebensächlich ist, ob sie alle selbst durchlebten
Trends mitmachen. Jaja, man kleidet das Traditionelle schon in modernem
Gewand. Man adaptiert das Vertraute, schmückt das Bekannte, verleiht
ihm einen Anstrich der Moderne.
Meiner Reisebegleitung Veit Dresmann, als sehr guter Freund angeheuert für die Fotografie - und um ehrlich zu sein, weil er wirklich ein Break brauchte - und mir war es bewusst, worauf wir uns bei dieser Reise einließen. Seit längerem schon beobachtete ich in einschlägigen Foren Erzählungen von einem mittelgroßen See, hoch oben in den Mooren von Yorkshire - Malham Tarn. Man müsse hart für seinen Erfolg arbeiten, wurde immer wieder betont. Es mag zutreffen, dass man das so sieht, wenn der Erfolg eines Ausflugs einzig an Kilogramm bemessen wird. Denn als hart möchte ich es nicht bezeichnen, den ganzen Tag in einem Boot zu sitzen, umgeben vom magischen Ambiente der Yorkshire Dales, einer dünn besiedelten Tal- und Hochmoorlandschaft, geformt während der letzten Eiszeit. |
Veit Dresmann
hart am rudern – willkommene Leibesübung bei kühlerem Wetter
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Hart waren hingegen
die Bootsplanken, die unser Sitzfleisch nach acht Stunden strapazierten.
Notiz an mich selbst, endlich ein günstiges Bootskissen - zu haben
für €20 - zu besorgen. Hart mag unter Umständen das Rudern
eines der vier zum Verleih bereitstehenden Boote sein, wenn der Wind mal
so richtig um die Ohren pfeift. Als wir Malham Tarn besuchten, hatten wir
diesbezüglich Glück. Zumal wir am zweiten Tag unseres Ausflugs
die zwei recht bekannten nordenglischen Fliegenfischer Matt Eastham und
Rob Denson trafen. Beide hatten Elektromotoren dabei.
Malham Tarn ist nämlich eine ‘Site of Scientific Interest (SSSI)’. Ein nach dem britischen ‘Wildlife and Countryside Act’ von 1981 geschütztes Gebiet, das von besonderem Interesse für den Naturschutz ist. Benzinmotoren würden somit das fragile Gleichgewicht, des im Kalkgestein der Yorkshire Dales eingebetteten Sees nachteilig beeinträchtigen. Selbst die Wege rund um den 62 ha großen See, sind den (Jung)-biologen des ‘Field Study Councils’, einer Stiftung zur Umweltschutzerziehung vorbehalten, die in einer majestätisch wirkenden Sandstein ‘Hunting Lodge’ für Lord Ribblesdale aus dem dem 19. Jahrhundert untergebracht sind. Fliegenfischen vom Ufer scheidet somit aus. Denn sensible Farne, Flechten und Moose, setzt man Watschuhen am besten nicht aus. |
Auch so
wird’s warm – ‚Hunting Lodge‘ im Hintergrund © Veit Dresmann
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Malham Tarn - Tarn
die englische Bezeichnung für einen Gebirgssee - ruht auf fruchtbarem
Kalkgestein. Anders als alpine Karseen, ist er nicht besonders tief und
misst an seiner tiefsten Stelle nur etwas über vier Meter und im Schnitt
sogar nur 2,5. Somit ist das Seebett durchzogen von großen Krautfeldern
- Lebensraum für Köcherfliegen, Zuckmücken und Eintagsfliegen.
An den gerölligen Ufern nisten Bachflohkrebse. Kein Wunder, dass die
Forellen bei diesem Nahrungsangebot zu stattlichen Größen heranwachsen.
Womit wir beim eigentlichen Grund für unseren Ausflug angekommen sind
- wir sind immerhin zum Fliegenfischen gekommen. Auch wenn die atemberaubende
Landschaft in Momenten, als das Pendel zwischen Euphorie und Resignation
wieder seinen Tiefpunkt erreichte, uns daran erinnerte, wie glückserfüllt
wir hier eigentlich sind. Nur die Krönung ließ noch auf sich
warten.
Seit geraumer Zeit hatten Matt und Rob mir von ihren Ausflügen berichtet, mir mit ihren Berichten förmlich das Wasser in meinem Mund zusammenrinnen lassen. Es sei nichts für halbherzige Fliegenfischer, warnten sie mich aber. Jaja, die wilden Forellen in Malham Tarn - versteht sich von selbst, dass in einem Gebiet von höchst biologischem Wert keine Besatzfische eingebracht werden - erreichen unglaubliche Größen. Fische in der Größe von sechs Pfund sind überhaupt keine Seltenheit und eine durchschnittliche wilde Brownie in Malham Tarn, bringt es auf 2,5 - 3 Pfund. Eine Gewichtsklasse, die sie zudem in ganz wenigen Jahren erreicht, aufgrund des reichhaltigen Nahrungsangebots. Und dort wo die biologische Wachstumspyramide in Ordnung ist, tummeln sich auch nur wenige Fische in dieser Größenklasse. |
Fehlgehakt,
schade – fünf Stunden bis zum nächsten Biss © Tankred Rinder
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So wurde ich darauf vorbereitet, dass der Fang von ein bis zwei Fischen einen guten Tag ausmacht. Dass Stunden vergehen können zwischen den Bissen. Dass ich bis zum letzten Wurf meine Konzentration beibehalten müsse - keine einfache Aufgabe an einem zehnstündigen Angeltag. Dass die beiden nicht übertrieben, davon konnte ich mich an diesem Tag überzeugen. Dabei erschien es anfangs fast unglaubwürdig. Als Rob und ich zur ersten Drift ansetzten, legte er ein bis zwei Rutenlängen Schnur am Wasser ab. Noch ehe er zum ersten Wurf ansetzte, schob sich ein braun-gelber Schatten aus der Tiefe hoch und rollte über die Nassfliege. Schade nur, dass die 4,5 pfündige Forelle die Fliege in letzter Sekunde als das erkannte, was sie war und letztlich nur an der Brustflosse gehakt war. Rob’s nächster Biss sollte erst fünf Stunden später erfolgen. |
Wonderwall
© Matt Eastham
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So verbringt man also die Zeit damit, nach den wenigen, großen Forellen zu suchen. Mit Taktiken, die selbst bei den ins Loch-Style Fishing verliebten Briten etwas aus der Mode gekommen sind. Denn aus unerklärlichem Grund, reagieren die Forellen in Malham Tarn noch immer am besten auf klassische Nassfliegen. Durchaus im neuen Gewand, wenn man sich die umwerfenden Kreationen auf Rob Denson’s Website ansieht. Dabblers, Palmers, Invictas - sie alle fanden Platz an unseren langen Vorfächern. Wie beim klassischen englischen/schottischen/irischen Nassfliegenfischen vom Boot, immer in einer Kombination aus drei Fliegen. Die buschigste am Top Dropper ganz oben, die schlankste am Strecker - dem sogenannten Point - und in der Mitte die, mit dem größten Reizeffekt. |
Buschig
aufgereiht © Veit Dresmann
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Als es um Mittag ins Bootshaus ging - dem elegantesten der Welt - hatten bis auf Matt Eastham, niemand einen Fang vorzuweisen. Sieht man von einigen Barschen und kleinen Forellen ab. Traditionell werden die hier aber nicht gezählt, als würde man sich ein zusätzliches Handicap auferlegen. Denn wegen diesen waren wir auch nicht hier. Sandwiches, Scones & Clotted Cream, Bitter und Whisky vor uns ausgebreitet, war trotz allem die Laune bestens. Schließlich wussten wir worauf wir uns einließen, bevor wir Malham Tarn besuchten. Diesen einen oder anderen außergewöhnliche Fisch zu fangen, nach Stunden um Stunden der kurzen Würfe. Für viele Fliegenfischer neu beim Loch-Style Fliegenfischen, eine der größten Herausforderungen. Was nützt der fünfundzwanzig Meter Wurf, wenn fünfzehn davon ungefischt bleiben? Die ausgelegte Schnur an der Breitseite fängt keine Fische, wenn das Boot über diese Fläche hinweg treibt. Genauso wenig die Fliege in der Luft. Deshalb die kurzen Würfe. |
Hier bin
ich Mensch, hier fühl ich mich wohl © Matt Eastham
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Hungrig,
noch Fragen? © Veit Dresmann
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Zum Scherzen
aufgelegt © Veit Dresmann
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Cremig
wie ein Pale Ale © Veit Dresmann
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Während der Stärkung
Witze gerissen, nach der Stärkung den Ernst der Lage erkannt: Lagebesprechung.
Trotz der nur geringen Tiefe des Sees ist Malham Tarn kein besonders lebendiges
Oberflächenwasser. Ja ja, man sieht den einen oder anderen Fisch an
der Oberfläche. Doch ohne eine wirkliche Regelmäßigkeit
darin zu erkennen. Scheinbar finden die großen Forellen an Malham
Tarn den Großteil ihrer Nahrung zwischen den ausgedehnten und ergiebigen
Krautfeldern. Die oberflächennahen Fliegen werden bei der geringen
Wassertiefe schon gesehen - bislang lohnte es sich für die Fische
offensichtlich nicht, sich dafür in Bewegung zu setzen. Aus genau
dem Grund, ist die Schwimmschnur nicht die erste Wahl für viele Fliegenfischer
hier. So vermischen sich traditionelle Fliegen mit modernen Anbietetechniken.
Also runter mit der Intermediate und rauf mit einer Di3 Sinkschnur.
Schon nach erstaunlich kurzer Zeit wurde mein positive Grundhaltung, an diesem Tag mit Sicherheit noch erfolgreich nach Hause zu gehen, belohnt. Mit einem gleichmäßigen Anheben der Rute vor dem nächsten Wurf, noch einige Sekunden die Fliegen im Wasser ’hängen’ gelassen, war dann für einen 3,5 pfündigen Rogner doch zu unwiderstehlich. Ich führe es noch immer zu einem gewissen Grad auf das Austauschen der Top Dropper Fliege auf eine aus meinem Sortiment zurück - wir waren hier ja schließlich unter uns. So manch ein Ghillie oder Guide reagiert etwas verschnupft, wenn die von ihm sorgfältig gewählte Fliege eigenmächtig ersetzt wird. Doch unter Freunden macht es Sinn, solange unterschiedliches zu probieren, bis die Erfolgsformel ermittelt werden konnte. Schon kurz danach bestätigte sich meine Fliegenwahl - ein gefetteter, oranger Sedgehog an der Sinkschnur - erneut und ein zorniger Rogner stellte mich und mein Gerät (10’ 5er Rute) auf die Probe. Schön, dass auch ich einen kleinen Beitrag zu unserem gemeinsamen Erfolg beitragen konnte. Denn es sollte nicht der letzte schöne Fisch in unserem Boot sein. |
Zeit zum
Laichen © Matt Eastham
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Leg deine
Eier ab © Matt Eastham
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Alphafisch
© Matt Eastham
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Nassfliegen
Afficionado Rob Denson © Veit Dresmann
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Schöner
geht’s kaum – North Country Angler Matt Eastham © Veit Dresmann
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Und so neigte sich
nach und nach ein zweitägiger Ausflug nach Malham Tarn zu Ende, der
bleibende Eindrücke von Natur und Mensch hinterließ. Den ganzen
Tag auf einem Boot über einen See zu treiben, in ständiger Erwartung
auf einen Ruck, der durch die Schnur geht, verlangt höchste Konzentration.
Auch wenn es nicht so erscheinen mag. Abgelenkt durch traumhafte, von Flechten
und Moosen überzogene Hügel, die Rufe der Birkhühner in
den Ohren, das einlullende Schaukeln des Bootes, lässt einen manchmal
vergessen, warum man eigentlich hier ist. Eine bittere Erfahrung, die auch
wir das ein oder andere Mal machen mussten, als der Anhieb in einen guten
Biss zu früh oder zu spät kam. Einig waren wir uns aber alle,
dass wir einen in jeder Hinsicht unglaubliche Zeit erfahren durften. Menschlich,
fischereilich, kulinarisch. Malham Tarn - wir werden uns nun regelmäßiger
sehen!
Euer Tankred Rinder |
Bestes
Boothaus der Welt © Veit Dresmann
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Nur nicht
ablenken lassen © Veit Dresmann
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Ein letztes
Aufbäumen © Rob Denson
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Breiter
Rücken, große Flossen, Kampfkraft © Rob Denson
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Würdiger
Ausklang © Veit Dresmann
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INFOBOX: Für interessierte Leserinnen und Leser an einer Reise nach Malham Tarn steht Tankred Rinder bei Fragen gerne zur Verfügung. Gerne übernimmt Forelle&Äsche auch die Organisation der Reise: Infos zu Anreise, Sehenswürdigkeiten, Freizeitaktivitäten, Ferienhaus, Guide, Tageskarten und Fischereilizenzen.
Noch
Zweifel irgendwer? Zufriedene Guides, Gäste im 7. Himmel!
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Ein Bericht von Tankred Rinder für www.fliegenfischer-forum.de - Dezember 2016. Fotos/Copyright beim Autor. Das unerlaubte Kopieren und Verbreiten von Text- und Bildmaterial aus diesem Bericht ist verboten. zurück zu Großbritannien | zurück zur Übersicht Reise & Report | zurück zur Startseite |