Lachs und Genmanipulation

Leider etwas lang, aber die Sachlage ist komplex und mit einfachen Schlagwörtern und Bangemachen wird man den Fakten nicht gerecht.
Wem das unterstehende noch nicht weit genug geht, kann sich zu den anderen aufgeworfenen Themen auch unter www.lms-online.de/laxfarm.htm noch weiter informieren.
Lachs und Genmanipulation
Grundsätzlich ist bei den Auswirkungen der Gemanipulation zwischen den Auswirkungen auf Farmfische und Wildfische zu unterscheiden. Nutzfische wie der Zuchtlachs sind wegen des ökonomischen Intersesses der Erzeuger ein bevorzugtes Erprobungs- und Einsatzgebiet gentechnsicher Manipulation.
Bereits Anfang der 90er Jahre hatte ich die Gelegenheit in einem Forschungsinstitut an der kanadischen Ostküste altersgleiche Exemplare von Salmo salar in einer Rundstromanlage zu betrachten, von denen einige bereits fast die doppelte Größe der überwiegenenden Mehrzahl der Brüder und Schwestern erreichten - Spuren des offensichtlich inkorporierten genetischen Materials des pazifischen Königslachses.
Damals konnte man diese Effekte zwar erzeugen, aber in keiner Weise gezielt und gesteuert.
Es ist wohl aber nur eine Frage der Zeit bis man hier präziser und zuverlässiger eingreifen kann.
Interessant ist es für Zuchtfische besonders Eigenschaften, die in Massenerzeugung "hinderlich" sind, so zu verändern, daß sich die Ökonomie der Lachszucht verbessert. Besonderes Augenmerk liegt hier auf Krankheitsresistenz bei Intensivhaltungsbedingungen, verbesserter Fleischstruktur, Zuwachsleistung etc.
Alles Eigenschaften, die nur unter den spezifischen Bedingungen der Zucht von erkennberem Vorteil sind. Wenn gewährleistet ist,daß diese Fische nicht in großen Zahlen in die freie Umwelt gelangen, dürfte von genveränderten Lachsen dieser Art nur eine geringe Gefährdung natürlicher Populationen ausgehen.
Es wird immer noch sehr schwierig sein, gezielt genveränderte Lachse zu erzeugen, die diese Eigenschaften über ihre eigenes Individuum hinaus vererben und weitergeben können, denn die saubere Verteilung der Chromosomen bei der Reifeteilung der Geschlechtszellen ist ein sehr empfindliches Geschehen. Selbst von den natürlichen genetischen Veränderungen durch Mutation manifestiert sich nur ein verschwindend kleiner Teil über eine oder mehrere Generationen, geschweige denn er setzt sich in einer Population durch.
Für die Zucht in Gefangenschaft günstige Eigenschaften sind im rauen Alltag wilder Populationen oft ohne Selektionsvorteil und daher schnell zum Aussterben verdammt. Ob der Ausgangspunkt der genetischen Veränderung natürlicher oder anhropogener Art ist, ist für die Selektion ziemlich gleichgültig: Alle Inidividuen unterliegen hier den gleichen harten Gesetzen der natülichen Auslese. Die durch über Jahrtausdende durch ständiges genetisches "trial and error" erfolgte Anpassung der einzelnen Lachspopulationen dürfte im Regelfall den Auswirkungen neuer genetisch bedingter Eigenschaften überlegen sein. Vereinzelte genmanipulierte Einzelfische in der Natur dürften daher eher unbedenklich sein, solange die Lachspopulationen mit denen sie in Kontakt kommen, gesunde Größenordnungnen und damit statistisch gut gemischte Genaustauschverhältnisse aufweisen.
Weniger zuversichtlich wäre ich allerdings in Situationen, wo entweder moderate Anzahlen genveränderter Zuchtfische mit genetisch geschwächten Populationen zusammenstoßen oder große Anzahlen der genveränderten Zuchtfische in Hinblick auf die Reproduktion auf kleine Flußpopulationen treffen. In beiden Fällen könnten sich allein aufgrund der statistischen Mengenverhältnisse Wildfisch/Zuchtfisch die Eigenschaften der Zuchtfische in der Population etablieren. Leider ist diese Gefahr heute bereits in einigen Gebieten mit starker Lachszucht (z.B. Norwegen) durch Massenfluchten aus den Gehegen nach Netzschäden durch Stürme etc. bereits traurige Realität - wenn auch nicht mit gezielt genmanipulierten, aber doch bereits durch jahrelange Auslese genetisch zu Wildfischen unterschiedlichen Individuen. Wenn nach einem Kapitalschaden eines Geheges in einen Fjord mt einem Schlag 10000 oder mehr Zuchtlachse in den Fjord gelangen und diese mit den vielleicht 100 Wildfischen des nahegelegnen Laichflüßchens auf die Laichgründe ziehen, kann man sich ausmalen, wie allen Selektionsnachteilen zum Trotz die Folgegenerationen genetisch aussehen werden. Auch wenn die Natur über die in unterschiedlichem Alter zum Laichen in die Flüsse heimkehrenden Wildfische noch ein gewisses Sicherungspotential hat, sind Auswirkungen auf die Wildpopulation zu befürchten.
Es gilt daher, vorbeugend die Populationen wieder auf Niveaus zu heben, in denen o.g. Szenarien aus numerischen Gründen nur eine geringe Auswirkung haben können oder im Umkehrschluß, in der Nähe von Laichflüssen mit schwachem oder natürlich geringem Wildbestand  Massenhaltungen von Lachsen zu unterbinden.
Mit diesen Vorsichtsmaßnahmen könnte ein Grundstein für eine akeptable Koexistenz von gesicherten Wildfischbeständen und Zuchtfischen erreicht werden, seien diese nun genmanipuliert oder nicht. Genmanipulierte Fische werden wir nicht verhindern können, aber ein Dackel ist genetisch mittlerweile vom Wolf auch ein ganzes Stück weg, nur daß die genetische Veränderung durch die Zuchtauswahl von Generationen an Hundezüchtern erfolgt ist und nicht durch die Inkorporation fremden genetischen Materials. Doch könnte der Dackel langfristig ohne die schützende Hand des Menschen überleben?
Gruß aus HH, Peter Olbrich