Traum oder Wirklichkeit?
Kanada: Fünfeinhalb Wochen am Kitimat River
Ein Reisebericht und Fotos von Rolf Modes

Der Urlaub in Kanada war schon lange gebucht, als wir die Hiobsbotschaft bekamen: unsere Autovermieterin ist krank und hat das Geschäft aufgegeben. Nun war guter Rat teuer, denn es gibt üblicherweise nur Mietfahrzeuge ohne Anhängekupplung. 
Damit wir unser Driftboot nutzen konnten, mussten wir also zunächst ein Auto kaufen! Die Kaufabwicklung konnten wir gut in Deutschland über das Internet erledigen, alles klappte prima und der Verkäufer holte uns am 30.Juni 2011 am Flughafen in Terrace ab. 

Die restlichen Formalitäten wurden erledigt und wir fuhren zunächst nach Kitimat in unser gewohntes Motel.

Nach dem Erwerb der Angellizenzen und mit der Fliegenfischerausrüstung beladen, erkundeten wir den Kitimat River.

Wie jedes Jahr hatte sich der Flusslauf wieder neu gestaltet. Hauptströmungen und Pools (Running- und Standpools) musste ich neu erkunden. Die Natur ist nicht vorhersehbar.

Neben einem besonders großen Pool fanden wir einen kleinen Unterstand, der uns noch gute Dienste erwies.

Das Wetter war bewölkt und regnerisch, doch die Watkleidung hielt uns trocken. Ich montierte meine Guideline Zweihandrute mit der Skagit-Leine und dem Sinkvorfach und begann zu fischen. Der zehnte Wurf brachte einen Biss und die Rolle begann ihr Lied zu singen. Ein Königslachs zog die Leine weit ins Backing. Doch die Fliege löste sich und der König hatte seine Freiheit wieder...

Das war der Anfang und meiner Frau erging es nicht besser. Die Bremse ihrer Rolle war zu stark eingestellt, ihr Fisch konnte die Rute nach unten ziehen, so dass das Vorfach zerriss. Es ist absolut notwendig, die Ausrüstung zu überprüfen, wenn man große Fische fangen will. Die kleinste Unachtsamkeit hilft den Lachsen und ärgert den Angler.

In der Nacht begann der Dauerregen. Er war mit kleinen Unterbrechungen sehr konstant, 5 Wochen lang. Die Probleme mit den Mücken hielten sich dadurch in Grenzen. Das Insektenspray sollte man trotzdem dabei haben, denn das Wetter kann sich hier schnell ändern.

Das Abenteuer begann mit der nächsten Fahrt an den Fluss. Der Weg stand wie gewohnt unter Wasser, doch dieses Mal mit der Strömung landeinwärts.  Ingrid, meine Frau, fragte mich: „Rolf kommen wir hier durch, die Scheinwerfer unseres Autos sind doch schon unter Wasser“. Es gab nur eine Richtung - und die war nicht zurück.

Mit etwas Glück bekamen die Vorderräder nach einem kurzen Aufschwimmen wieder Kontakt zum Boden und am Ende standen wir mit unserem Auto auf einer Kiesbank von ca. 30 m² Größe. Um uns herum war Wasser. 

Wir zogen unsere Watkleider an und begannen einen Weg zu suchen, um weiter zu kommen. Nach 2 Stunden begann der Fluss zu sinken, so das Ingrid im überfluteten Teil eine Stelle fand, welche ich mit dem Auto durchfahren konnte.

Alleine und ohne Gedränge konnten wir Fliegenfischen. Das Kitimatwasser war braun und stark reißend. So mancher Baum kam den Fluss herunter geschwommen.

Zu meiner großen Überraschung bissen die Lachse trotzdem. Meine gängige pinkfarbene Fliege habe ich mit Glitzer Flasch aufgepeppt, damit sie im trüben Wasser sichtbarer war. Der Fluss war voller Fische. Der Königslachs war 14 Tage später dran, der Buckellachs war voll im Run und vereinzelt kamen die Hundslachse.

Täglich konnten wir alle drei Lachsarten fangen. Kein Tag ohne Fisch. Die Lachse waren sehr aggressiv und brutal im Biss und mit unbändiger Kraft im Drill. 
 
 

Die Buckellachse hatte dieses Jahr eine erstaunliche Größe.

Unten: Ein Hundslachs mit einer Sagefliegenrute #8 gefangen.
Der Drill war 60% für den Fisch.

Noch nie in unserem bisherigen Fliegenfischerleben, hatten wir so viele Lachse an der Flugangel. Zeitweise war jeder Wurf ein Biss.
Meinem Angel- Kollegen (er wollte eigentlich dieses Jahr nicht nach Kanada) übermittelte ich jeden Tag das überragende Fangergebnis per eMail, so dass er nicht mehr wiederstehen konnte.
Nach einer Woche hat er für sich und seinen Sohn einen Flug gebucht und war doch skeptisch, ob weiterhin so viele Fische im Fluss sind – doch sie waren es.
Links: Alle fischten mit dem gleichen Fliegenmuster, der Queen von Kitimat (sie hat die Krone wirklich verdient).
 

Ab jetzt waren wir eine kleine Gruppe: Uwe mit Sohn Kai, Willy und Marianne mit zwei Hunden, meine Frau und ich.

Endlos kamen Lachse in den Fluss, ich denke der Grund war der immer gleiche Wasserstand. Oft hatten wir gleichzeitig an jeder Rute einen Fisch und jeder kam auf seine Kosten. Es war ein Naturerlebnis der einmaligen Art. Die Aussage eines Indianers vor 24 Jahren war: “In einem guten Jahr, wenn die Lachse ziehen, kann man trockenen Fußes den Fluss überqueren.“ In diesem Jahr wurden wir Zeuge dieses Naturschauspiels. Oft standen ich und meine Frau im oder am Wasser, gleich dem Schäfer in einer Schafherde, vergaßen das Angeln und schauten den ziehenden Lachsen nach, welche vor und hinter uns durchzogen.


Auch das musste sein, nach etlichen Stunden im Wasser haben wir uns eine Ruhepause verdient. Wir genossen die spärlichen Sonnenstrahlen in diesem Urlaub...
 
 
 

Nicht immer dachten wir ans Fliegenfischen – dazwischen hatten wir auch unseren Spaß mit Hund Buddy.


Ich warf meinen Hut in die Strömung und Buddy gab 
vollen Einsatz und holte ihn aus den Fluten.
Schwierig war es doch, die gerettete Beute wieder zu bekommen...

Wie bei jedem Angelurlaub gibt es auch Kurioses. Es ist kein Anglerlatein: ein Buckellachs nahm die Fliege von Uwe und beim Drill biss er noch in die Fliege von Kai. Auf der Kiesbank gelandet, mussten die Leinen entwirrt und die Fliegen zugeordnet werden. Der Lachs bekam seine Freiheit. 95% aller gefangenen Fische wurden released. Der 11-jährige Kai fing in diesem Jahr seinen ersten Hundslachs mit 15 Pfund an der Fliegenrute.

In verschiedenen Zeitschriften las ich über das Lachsfischen mit der Sechser Fliegenrute. Ich wollte unbedingt mal selbst ausprobieren, ob so etwas möglich ist. Mit meiner Sage TCX Zweihand Switch Rute #6 und einer Intermediate Leine fing ich an zu fischen. Buckellachse konnte ich fangen, Hundslachse waren schwer unter Kontrolle zu bekommen und Königslachse nicht zu landen, da ich die Rute wieder heil mit nach Hause nehmen wollte. Es ist nicht möglich, diesen kampfstarken Fische mit dieser Angel Paroli zu bieten. Wir sind nur 2 Kilometer vom Meer entfernt, hier haben diese Fische also noch ihre volle Power...
Unser Vorteil ist unsere flexible Angelzeit, wir können fischen, wann wir wollen und wo wir wollen. Mit unserem Driftboot kommen wir auch an schlecht erreichbare Plätze.
Rechts: Diesmal war Kai Sieger...

Am Kitimatriver gibt es aber noch andere Fischer. Diese haben einen Pelzmantel um und sind sehr zahlreich. Es ist ratsam, immer ein Bärenspray griffbereit dabei zu haben. 

Es sind Schwarzbären und Grizzlys, in der Regel mit Nachwuchs. Besonders am Morgen sah man welche am Waldrand oder die Spuren am Ufer.

Hier etwas für Adrenalin Junkies: 

Schaut euch mal das Bild genau an. Es ist nur die Windschutzscheibe zwischen dem Fotograf und dem Bären. Willy ist der Fotograf.

Grizzlys fressen gerne das Gehirn der Lachse und beißen dabei den halben Kopf ab. Welche Kraft steckt wohl dahinter?
Am Kitimatriver ist man nie alleine.

Auf der Suche nach einem neuen Angelplatz kam   Ingrid mit Begleitung aus dem Busch...

Dieser Fischalder hält Ausschau und wartet auf die Gelegenheit, einen unaufmerksamen Lachs zu erwischen.
In diesem Jahr fuhren wir mit Willy und Marianne auf das Meer. Sie haben uns zum Krabbenfischen eingeladen. Die Fallen werden bei der Ausfahrt gesetzt und auf dem Rückweg wieder eingesammelt.
Der Korb ist voll und mit Vorsicht werden die Krabben aussortiert. Weibchen und zu kleine (mit einem Messgerät wird die Größe festgestellt) werfen wir ins Meer zurück. Die Scheren sind sehr stark und der Biss ist schmerzhaft.
Gerät & Allgemeines

Hier in Kanada werden Switch- und Skagitleinen immer beliebter. Diese erfordern eine neue Wurftechnik und eine perfekte Abstimmung zwischen Rute und Leine. Mit wenig Kraft und kaum Rückraum lassen sich die Leinen weit werfen.

Viele Angler glauben, mit einem Urlaub von 10 Tagen können Sie immer Fische fangen. Dass kann in die Hose gehen. Der Lachs ist ein Zugfisch und viele Faktoren spielen eine Rolle, wann er in den Fluss zieht. Wir sind fünfundhalb Wochen vor Ort und können auf die Fische warten.

Unser Urlaubsresümee - ein Traum wurde Wirklichkeit

Wir flogen mit der Lufthansa von Frankfurt über Vancouver nach Terrace, alles an einem Tag und in diesem Jahr ohne Probleme. Sie sollten aber unbedingt die Gepäckbestimmungen beachten, damit durch das Rutenrohr nicht überhöhte Kosten entstehen. Ich kürzte das Rutenrohr zum dritten Mal (140 cm Länge – kosteten 40 €, Steigerungen bis zu 180 € - für eine Richtung).

Auf unserer Homepage bekommen Sie immer neue Tipps für das Fliegenfischen (inklusive Lachsfliegenfischen und Fliegenbinden).

Rolf und Ingrid Modes  (Sommer 2011)
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Ein Bericht und Fotos von Rolf Modes für www.fliegenfischer-forum.de - 2011
Das unerlaubte Kopieren und Verbreiten von Text- und Bildmaterial aus diesem Bericht ist verboten.

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