Roadside Fishing & Floattrip Karluk River, Kodiak, Alaska
vom 20.9. – 05.10.2011
Ein XXL-Reisebericht mit tatkräftiger Unterstützung von Mathias Herrmann | Text und Bilder © Urs Wehrli
20. September 2011, 4 Uhr morgens auf der Autobahn, das Ziel: Flughafen Zürich. Mättel’s Auto war mit wasserdichten Taschen und prallgefüllten Rutenrohren bis obenhin voll bepackt, dazu drei Freunde, die sich nach Natur, Wildnis und Abenteuer sehnten.

Das Handy vermeldete einen SMS-Eingang von Mazzo: „Servus Schweizer! Wir haben spontan beschlossen, nicht zum Flughafen nach Linz zu fahren, sondern werden in Salzburg in gewissen Etablissements die komplette Ferienkohle auf den Putz hauen. Macht ein paar nette Bilder, wir tauschen mit Photoshop die Gesichter aus, dann passt’s auch für die Daheimgebliebenen und das Familienfotoalbum. Bon Voyage und Petri Heil!“ 
Wunderbar! Die Österreicher waren bester Laune und der 2011er Trip konnte endlich beginnen.

Ziel unseres diesjährigen Trips war erneut der Karluk River auf Kodiak, Alaska. 

Nicht etwa, weil es in Alaska keine anderen Flüsse zum Floaten gäbe; nein, ganz einfach weil uns der Float von 2009 niemals mehr aus dem Kopf ging: 

Es gibt noch so viele Pools, die wir damals aus Zeitmangel nicht befischen konnten und erinnert euch an die die Bären, die Cohos, die Steelheads – das schreit einfach nach einem Release 2.0!

Der Trip sollte in ungefähr wie damals ablaufen – nur mit der Hoffnung auf markante Zuwächse bei den Silberlachs- und Steelheadfängen am Karluk.

Neu an Bord waren Mathias Herrmann und Jochen Auzinger aus Schärding am Inn. Zwei echte österreichische Pfundskerle, frei nach dem Motto: „Ein Mann unter 100 Kilo ist nicht ernst zu nehmen!“ Zynisch, sarkastisch und kaum zu verstehen, auch wenn die beiden das ganz anders sahen und unsere Hochdeutschkenntnisse mit einem verzweifelten „Jetzt redt’s hoit amoi Deitsch“ bis zum Anschlag ausreizten. Die beiden hatten sich perfekt ins Team eingebracht und waren vom ersten bis zum letzten Augenblick der Reise voll auf unserer Wellenlänge oder in AUT-Kurzform: „Passt scho!

Das Programm sah wie folgt aus:
• 16 Tage
• 5 Teilnehmer 
• 4 Tage Roadside Fishing auf Kodiak mit 2 Mietwagen / 3 Zimmer B&B / 7 Flüsse
• 7 Tage Floattrip auf dem Karluk mit 2 Booten / 3 Zelten / Küchenkit
• 3 Tage Roadside Fishing auf Kodiak
• 1 Tag Aufenthalt in Anchorage
• Kosten pro Teilnehmer: rund 3000 Euro
Inkludiert in den Kosten waren: Condorflüge, 2 Buschflieger, 2 Mietwagen, 5 Übernachtungen im B&B, Ausrüstungsmiete (Boote, Zelte, Küche, usw.), Landpermits. Zusätzlich mussten die Teilnehmer noch Fischereilizenzen, Fischereimaterial, Proviant und die persönlichen Auslagen (Restaurants, Drinks, Dollarnoten für den Bush) tragen.
Mitte Juli war alles gebucht und bezahlt und das lange Warten begann. Aus lauter Langeweile begann ein Wettkampf unter uns Streamerbindern. E-Mails mit Fotos von „Geheimwaffe No 1, 2, 3…“  wurden im Wochenrhythmus zwischen Austria und der Schweiz ausgetauscht.

Knapp eine Woche vor Abflug ärgerte uns Rolando mit seiner Geheimwaffe No.38: Dem legendären Knicklichtstreamer. =>
Mittels eingebundenen Gummiaufsatzes war es dem Tüftler gelungen, ein kleines Knicklicht am Clouser Minnow zu fixieren, was uns umgehend in Alarmstellung brachte und in einem wahren Knicklicht-Kaufrausch endete.
Rolando liess selbstverständlich keine Gelegenheit aus, uns darauf hinzuweisen, dass von nun an das Problem der frühen Dämmerung und der toten Stunden in der Nacht gelöst sei, jedenfalls für ihn. Für unsägliche Dollar-Summen würde er uns aber den einen oder anderen Streamer gerne überlassen – Halsabschneider!
Ich kann mich noch gut an die österreichische Mail auf Rolandos Knicklicht-Offenbarung erinnern: „Outdoorequipment organisieren, Knicklichter auftreiben, Streamer binden - wollten wir nicht in den Urlaub? Das ist doch Stress pur, ihr seids doch alle völlig deppert!
Der Flug von Frankfurt nach Anchorage verlief angenehm und ruhig, ein besonderes Erlebnis war der Blick auf die von der Sonne beschienene Eiswüste Grönlands...
Grönland aus dem Flugzeug
In Anchorage angekommen fehlte einer von Rolandos Koffern. Wie es der Teufel haben wollte, vermisste er nebst Wathose, Schuhen und Rollen, auch alle Streamerboxen. Die nun ansetzende Jammerorgie sollte uns bis zur Heimreise täglich begleiten (und noch danach). Etliche Gepäck-Vermisst-Formulare später tranken wir unser erstes Alaskan Amber in einer der Flughafen-Bars und warteten auf unseren Anschlussflug nach Kodiak. Die einzige brauchbare Auskunft der Condor-Mitarbeiterin war, dass wir uns in zwei Tagen wieder telefonisch melden sollten. Glücklicherweise hatten wir noch vier Tage Aufenthalt in Kodiak City bevor es auf den Float ging, Zeit genug für Condor die Tasche ranzuschaffen.
Es sollte sich jedoch herausstellen, dass die Nachsendung nicht rechtzeitig ankommen würde. Condor liess sich dann auf folgenden Handel ein: Neukauf des Materials vor Ort mit Erstattung von 50%. Das war akzeptabel, da das Gepäck ja nicht komplett verloren war, sondern “nur“ auf der Reise fehlte. Rolando stimmte zähneknirschend zu, aber in Anbetracht der fehlende Geheimwaffe No. 38 malmten seine Kiefermuskeln auf Hochtouren.

Der Inlandflug von Anchorage nach Kodiak war wiederum ein Genuss! Man fliegt nicht allzu hoch, kann die Bäche und Flüsse der Kenai-Halbinsel bewundern, erinnert sich an vergangene Abenteuer und plant insgeheim schon den nächsten Trip. 

Absoluter Höhepunkt ist jedes Mal der erste Blick auf die schroffe, aber grüne Küste von Kodiak. Das Ziel ist endlich vor Augen und man kann das Kommende kaum erwarten.
Am Flughafen in Kodiak, einem größeren Busbahnhof, stürmten wir sofort die Autovermietung. 24 Stunden am Stück auf der Reise, aber horny as hell, wollten wir endlich ans Wasser. Man übergab uns die Schlüssel für unsere vorreservierten "großen" Wagen. Auf dem Parkplatz wurde dann schnell klar, dass wir doch nicht ganz so "big thinken" wie die Amerikaner. Zwei blaue Ungetüme von Ford aus den 80er Jahren erwarteten uns. Elf Sitzplätze, Fischblut auf den Polstern, defekte Sicherheitsgurte und am Dachhimmel steckten noch fünf Streamer von den Vormietern. Was soll’s, Hauptsache ein V8 und ehrliche 4 Liter!
Mit diesen beiden Schiffen, Seegang inklusive, segelten wir zum nächsten Ziel, dem Buskin River. 
Der Buskin River gilt als die beste Adresse für große Cohos und gute Aufstiege. Er ist schnell von Kodiak City erreichbar, leicht zu bewaten und daher für die Sportfischer ein beliebtes Ziel. Der Fluss führte relativ viel Wasser und war leicht angetrübt. Trotzdem konnten wir einige Silberlachse von der alten Holzbrücke ausmachen. Es waren nicht allzu viele, aber sie waren da! Alle Befürchtungen über zu wenig Wasser, keine Aufstiege, zu frühe/späte Anreise und, und, und, waren auf einen Schlag weggeblasen! Die Freude war riesig und wir konnten es kaum erwarten, ans Wasser zu kommen. Einzig ein leises Schluchzen störte die gute Stimmung: "Stellt Euch vor, wie die auf meine Knicklicht-Streamer abgegangen wären…"
Buskin River I
Buskin River II
Die Unterkunft: Cranky Crow B&B.
Stephanie, unsere fesche Gastgeberin, zeigte uns den Hausanbau, welchen wir komplett für uns alleine nutzen konnten. Voll ausgestattete Küche, ein gefüllter Kühlschrank, vier Schlafzimmer, Wohnzimmer, Waschmaschine, Schuhtrockner, kurzum es war alles da. Zur Seite standen uns zudem ein großer Rhodesian Ridgeback Rüde und der breitschultrige Ehemann, ein Navy Seal und Irak Veteran. Für das leibliche Wohl und die persönliche Sicherheit war also bestens gesorgt.
Cranky Crow von außen
Cranky Crow Küche
Eine nette Episode war, als Rolando den beiden Novizen Jochen und Mazzo die Funktion des Bärensprays erläutern wollte. Sicherung weg, die Hand blöde abgerutscht und eine kleine Rauchwolke des braunen Teufelszeugs entwich mitten in der Küche. Die Flüche der beiden Österreicher, die hustend und mit roten Augen ins Freie stürmten, möchte ich hier lieber nicht wiedergeben, das Wort “Oasch“ kam auf alle Fälle in sehr vielen Kombinationen vor. Angesichts der militärischen Vorgeschichte unseres Gastgebers wurde uns zwar etwas mulmig, aber eine 10-stündige Lüftungsaktion hat letztendlich sämtliche Spuren beseitigt.
Urlaubsgrüße aus Baghdad
Don’t mess with a Navy Seal
Mit unseren beiden überdimensionierten Schlitten cruisten wir am nächsten Morgen nach einem kräftigen Frühstück im Kings Dinner zu den wichtigsten Stationen in Kodiak City: Mack's und Cy's Tackle Shops. Der tägliche Besuch während des Roadtrips sollte schon bald zur Routine werden. Böse österreichische Zungen behaupten, dass manche Fischer lieber Zeit im Tackle Shop als am Wasser verbringen. Pfft, keine Ahnung – Informationen und richtiges Equipment machen den Unterschied!

Come naked and we'll outfit you!

Ganz nach Cy's Slogan, stürzte sich Rolando an die Simms-Wühltische. Zeitgleich lief über die Musikanlage "I'm a Soul Man". Was für ein Bild, absolut filmreif!

Die Angestellten wurden unterdessen über aktuelle Fangberichte, Streamerfarben und Wasserstände ausgequetscht. Uns wurde erzählt, dass im Olds River sogar noch Kings gefangen werden könnten, woran wir aber stark zweifelten.

Dafür durfte ich bereits eine der ersten Sage One Ruten in den Händen halten. Sie fand jedoch den Weg zurück ins Gestell; Ein nettes Teil, aber nicht wirklich mein Fall.

Jochen entpuppte sich als Freizeit-Schamane und prüfte kurz das Bärenverhalten für die kommenden Tage. Seine Prognose: "Passt scho – die tun uns nix".  Wunderbar, dann konnte ja nichts mehr schiefgehen.

Jochen, unser Schamane  ==>

Ein paar Erlebnisse aus dem Straßensystem von Kodiak haben wir natürlich auch in bewegten Bildern festgehalten. 

Hierzu folgender Film auf youtube:
http://www.youtube.com/watch?v=xJlVU2HfK20

Nachdem viele Dollars den Besitzer gewechselt hatten, fuhren Mazzo, Jochen und ich an den Buskin, Mättel und Rolando an den Russian River. Weder Coho-Sichtungen, geschweige ein erfolgversprechendes Zupfen konnten wir am Buskin verzeichnen. Nach zwei Stunden intensivem Fischen und Absuchen wechselten wir erfolglos und mit gekühlten Gemütern an den Russian. Völlig ausgepowert von den vielen Drills trafen wir Mättel und Rolando dort an. Holla, da hatten wir wohl auf die falsche Karte gesetzt. Der Russian war wesentlich gnädiger und alle fingen nach kurzer Zeit die ersten Kodiak Cohos und Dolly Vardens. Was für ein erster Fischertag, so konnte es ruhig weitergehen!

Jochen setzte auf seine National-Farben bei den Streamern (rot-weiss-rot) und verzeichnete die meisten Fänge. Wir Eidgenossen unterlagen hier mit "rot gekreuzt weiss" deutlich und blickten neidisch zum Nachbarn; bekanntlich für uns Schweizer eher unüblich und doch sehr gewöhnungsbedürftig.

Auch den ersten Bären konnten wir an der Küste erspähen - ja, jetzt waren wir angekommen!

Recycling à la Alaska
Der erste Bär
Der erste Dolly
Kein Verkehrsschild ohne Einschusslöcher
Mazzos Gerät im Einsatz
(Heavy) Mättel im Drill Mazzo mit seinem ersten Silberbarren

Rolando Jochen mit einem Marker

Mättel Urs mit einem weiteren Marker

Hafen von Kodiak
Mättel mit Sintrix Feeling am American River | Unten: Lunchtime
Zum Tackle: Die Alaskaner, sowie viele Touristen, fischen oft mit Spinner, sehr gerne auch mit echten Lachseier- Paketen an der Spinn- oder Fliegenrute. Das ist wohl die effizienteste Methode die Kühlbox möglichst rasch mit Silberlachsen und Dolly Vardens zu füllen. Die Dollies inhalieren die Eier allerdings gerne tief, was ein Releasen oft unverantwortlich macht. Wir fingen alle unsere Fische mit Streamern oder Beads (Plastik Ei-Imitationen) und konnten keine gravierenden Nachteile gegenüber den Eierdieben feststellen. Als eingefleischter Fliegenfischer empfinde ich persönlich die Streamer- und Beadfischerei sowieso schöner, als Lachseierklumpen durch die Lüfte zu schwingen, aber das ist bekanntlich Ansichtssache.
Für Cohos empfiehlt es sich nicht unter Rutenklasse #8 zu fischen und für Dollies und Rainbows nicht unter #5. Äschen kommen auf Kodiak leider nicht vor. Schwimmende Schnüre mit einem 35er Nylon als Tippet sind perfekt für die nicht allzu tiefen Flüsse auf Kodiak. Natürlich kann auch mit sinkenden Schnüren oder mit Blei gefischt werden, um schneller auf Tiefe zu kommen. Mindestens 50 Meter 30 Pfund-Backing ergänzen eine Grosskernrolle mit guter Bremse, da man im Strassensystem bisweilen auch an Meereinmündungen fischt. Bei den Einmündungen ist es wichtig, die dort jagenden Seehunde im Blick zu haben. Mit etwas Pech schnappt so ein Tier den gehakten Fisch, dann heisst es abschneiden und Lebewohl zur Flugschnur sagen.
(noch) gut gefüllte Streamerbox
rustikale Schuhtrocknung
Abends kehrten wir glücklich und hochzufrieden zurück ins B&B und versorgten die Fische im Tiefkühler. Kurze Dusche, ausgiebiges Nachtessen bei Henrys dann stürzten wir uns ins Clubbing-Leben von Kodiak City um den äußerst erfolgreichen Einstand zu feiern.
Kodiak-Nightlife: Wir stellten fest, dass unsere Austrian- Partylöwen etwas mehr an Erfahrung im Aufspüren von Clubs & Bars hatten und durften die eine oder andere neue Location entdecken. Mit den rauen Krabbenfischern aus allen Teilen der Welt kommt man immer schnell ins Gespräch. Ein eigenes Volk: Zäh, unterbezahlt, ab Mitternacht sternhagelvoll und kaum noch ansprechbar. Einer von ihnen, Julian, doppelmeter Russe im Format Ivan Drago, schloss sich uns mit Freude an und machte von nun an alle Clubs klar. Sein Lieblingsjoke um zwei Uhr morgens: „What do you call the surplus skin around a cunt?” Kurze Kunstpause, ausspucken auf den Boden und die Antwort könnt Ihr Euch selber denken. In der einen Bar trafen wir unerwartet die beiden Zwillingsbrüder wieder, welche uns 2009 an den Karluk geflogen hatten. Ich erzählte ihnen, dass wir sie beide in der deutschen TV-Reportage "Alaska - die 48 Stunden von Kodiak" auf NDR gesehen haben. Die Twins bekamen grosse Augen und hoben komplett ab - von nun an waren sie die Rockstars von Kodiak. Die beiden liessen keine Gelegenheit aus, um jedem und vor allem alles was einen Rock anhatte, von ihrer neuen Hollywood-Karriere zu berichten. Wir bestätigten die Geschichte, besonders bei den neugewonnen weiblichen Fans, mit ernster Miene und heftigem Kopfnicken. Die beiden Jungs hatten sicher keine Probleme, diesen Winter ein warmes Plätzchen zu finden...
<= Fröhliches Wiedersehen
Hier erwischt es nicht den Falschen =>

Dresscode für Kodiak ! 

Speziellen Dank an Dawn von fishthesalmonriver.com für die 
scharfen Snagger-Sweaters ! 
CU at the Pulaski River, NY !

Die Teile waren DIE Show auf Kodiak.

Heaven
Hell
Am zweiten Tag musste ich aussetzen, besser gesagt "aussitzen". Eine wüste Darmgrippe hatte mich bereits kurz vor der Anreise heimgesucht und liess mich den zweiten Tag auf der Toilette verbringen. Dank Mättels Apotheke und dem Rat eines Pharmacy-Mitarbeiters: „Drink Gatorade as much as you can!!“ war ich am Abend wieder einigermassen fit, hatte einen ausgeglichenen Elektrolythaushalt und konnte eine Distanz von über 50 Metern weg von der Toilette riskieren. Die vier andern Jungs waren wiederum erfolgreich, meinten aber durch den starken Regenfall steige das Wasser in den Flüssen mehr und mehr.
Das beunruhigte uns nicht, ganz im Gegenteil - genügend Wasser im Karluk versprach für den Float ein zügiges Vorankommen und vielleicht auch aufsteigende Silberlachse – ja, die Hoffnung stirbt zuletzt!

Am dritten Tag erledigten wir noch notwendige Dinge, wie Nahrungsmitteleinkauf, Überprüfung der Boote und der Float Ausrüstung. Rolando und ich beschafften die Landpermits, während die anderen den Provianteinkauf erledigten. Als wir alle im Safeway zusammenstießen, traf Rolando und mich beinahe der Schlag: Da lagen 6 Eierschachteln mit je 24 Eiern im Einkaufswagen. Die Antwort auf die Frage "Was zur Hölle wollt Ihr denn mit 144 Eiern?" wurde lapidar mit "Jeden Morgen Rührei mit Speck!" beantwortet. Wir schauten Mättel an, aber der hob nur resigniert die Schultern und murmelte: "Ich habe versucht sie aufzuhalten, aber keine Chance gegen die Habsburger!" Na gut, Ostern war schon eine Weile durch und Eier sollen ja gesund sein.
Der Regen hatte unterdessen etwas nachgelassen und alle zog es nach den erledigten Pflichten wieder ans Wasser. Wiederum wurden die Limits gefangen und somit war am Abend auch die Kiste mit den Lachsen für den Frachttransport nach Anchorage zur Alaska Sausage Räucherei bereit. Das Endergebnis, so viel kann ich jetzt schon verraten, war absolut köstlich!
Letzte Würfe am Oldsriver in Begleitung Einheimischer:

Abendstimmung mit Bär am Oldsriver Du fängst den Fisch und ich fresse ihn...

Badestrand für richtig harte Kerle
Dank der paar Tage im Strassensystem konnte sich jeder von uns genügend an die Wetterbedingungen auf Kodiak gewöhnen und in etwa abschätzen, was man an warmer und regenfester Kleidung mitnehmen sollte. Ein paar Tage Aufenthalt in der Zivilisation vor einem Float zahlen sich zum akklimatisieren immer aus.
Der nächste Morgen begrüsste uns mit strömenden Regen und einer bitterkalten Brise. Egal – es war Abflugtag!
Warteraum bei Andrew Airways
Wieso geht denn nix weiter?
Doch so schnell wie gewünscht ging es dann doch nicht:
Wie üblich musste alles zuerst einmal auf die Waage. Waagen gehören definitiv nicht zu meinem Freundeskreis, ob zu Hause oder bei solchen Anlässen. Spätestens als Jochen und Mazzo mit ihrem Gepäck + Schlauchbooten die Waage betraten, rotierte der Zeiger zuerst wie ein Propeller, dann ertönte eine Alarmsirene und rote Lichter begannen zu blinken. Ganz so schlimm war’s zwar nicht, aber ein ungeplanten Gang zum Ritsch-Ratsch Gerät an der Theke blieb uns trotzdem nicht erspart. Für 800 Dollar wurde uns ein Upgrade auf zwei Beavers (statt 1x Beaver & 1x Cessna) und einen zusätzlichen Frachtflug am Abend mit den Booten verordnet. Ob wir hier nun einiges zur Flugzeugauslastung zum Saisonende beigetragen haben, werden wir wohl nie herausfinden. Beim Rückflug vom Floattrip war dann aber die ursprünglich geplante Flotte tauglich - exkl. Proviant, inklusive der gefangenen Fische.
160 Greenbacks pro Nase waren aber nicht wirklich Grund genug um heftig auf die besagte Theke zu hauen und wir akzeptierten grummelnd die ungeplante Budget-Erhöhung.
I steh im Regen und wart auf a Taxi, aber es kummt net…
Ein filmischer Zusammenschnitt unserer Erlebnisse am Karluk, ist in folgendem youtube-Film zu sehen:
http://www.youtube.com/watch?v=x9SBF4cKtzQ

Vorsicht: 20 Minuten Entspannungsgefahr! Teile dieses Films werden/wurden auch am Kodiak Outdoor Film Festival im April 2012 ausgestrahlt.

Der Regen ließ leider auch am Karluk Lake nicht nach und nässte uns schon mal richtig ein. Glücklicherweise hatten wir für die erste Nacht die Lake Cabin gemietet und konnten unser Material ins Trockene stellen. Umgehend riggte jeder die #5/6er Rute mit Beads und die #8er Rute mit Streamern auf und wir machten uns voller Erwartungen in Richtung Seeauslauf. 
Den Dolly Vardens, Arctic Chars und Rotlachsen war der Regen egal – die Bisse auf Streamer und Ei-Imitationen kamen umgehend und waren teilweise echt heftig. Die Dollies schimmerten in allen Farben, die Schönheit der Fische erstaunte uns immer wieder aufs Neue. Mazzo und Jochen waren hin und weg: „A Wahnsinn!!! Und wir dachten Du übertreibst masslos, als Du uns von der Fischerei am Karluk erzählt hast!
Fishing in the rain
Nachlieferung der Schlauchboote
Nix Photoshop, alles Natur !
Dolly Varden
Nach einigen Stunden Dolly um Dolly drillen und komplett durchnässt, zog es uns zurück in die Cabin. Das Petroleum-Öfelchen wurde auf Direkteinspritzung umgerüstet und lief alsbald auf Hochtouren.
Jochen brutzelte butterweiche T-Bone Steaks und Rolando dekantierte Tinto aus der praktischen 5-Liter Box in die Plastikbecher. Angesichts der Erlebnisse vom Nachmittag und dem polternden Ofen wurde jedem warm ums Herz. Aus der Musik-Box rockten Bosshoss die Bude, mit gezinkten Binocle-Karten wurde bei feinstem Scotch um Schoko-Riegel gezockt und vor der Türe erledigte ein hungriger Fuchs den Abwasch. 
Was für ein erster Tag, das Stallion Battallion war in der Wildnis angekommen!
Karluk Lake Cabin
Aufriggen
Binocle
Unser Mitbewohner
Am nächsten Morgen rieben wir ungläubig unsere verschlafenen Äugelein, nach den kalten Temperaturen und dem nervigen Dauerregen bot sich uns der folgende Anblick: Kaiserwetter!
Sonnenaufgang am Karluk Lake
Eine Stunde später
Strahlender Sonnenschein und der herrliche Blick auf den Karluk Lake verscheuchten die letzen Gedanken an die kuschelige Schlafsackwärme und umgehend waren alle auf den Beinen. Jeder packte seine sieben Sachen in die wasserdichten Taschen und gemeinsam wurden die aufgeblasenen Boote beladen. Als besonders nettes Accessoire stellte sich eine batteriebetriebene Pumpe heraus, die anfangs noch übel verhöhnt wurde. Mann, war das aber ein Luxus! Beim Morgenkaffee zusehen wie sich die Boote von selbst aufblasen und dabei den Sonnenaufgang bewundern – sehr Floaters-unlike! Wie sich später noch herausstellen sollte, auch zum Feuermachen war das Teil tiptop zu gebrauchen.
Der Fuchs gab auch sein Bestes und brachte sich in der Morgensonne perfekt in Position
Nach ein paar Gruppenfotos und einem „wee dram“ aus dem Flachmann hiess es „Leinen los!
Jetzt grinsen noch alle
Verpackt, verschnürt und ready to go
Nach den ersten Flussmeilen auf dem Karluk trafen wir auf die ersten Bären und kamen toll in den Swing des Floatens. Der Karluk hatte um einiges mehr an Wasser als 2009 und das Vorwärtskommen gestaltete sich einfach und bequem. Bei strahlendem Sonnenschein, die Beine lässig ins Wasser baumelnd und guten 15 Grad plus, ein echter Genuss.
Mazzo meinte, das wäre genau so wie er sich das vorgestellt hätte. „Oh du unwissender Flachland-Tiroler, wenn du wüsstest was noch auf dich zukommen würde“.
Die Anzahl der Kodiak Bären war zwar nicht mit unserem ersten Trip zu vergleichen und sie waren deutlich scheuer, trotzdem durften wir ein paar von diesen gewaltigen Tieren bewundern.
Mama Bär mit ihren Drillingen | Unten: Adler
Am späteren Nachmittag fanden wir eine geeignete Stelle zum Zelten und begannen mit dem ersten Aufbau unseres Camps. Die vorangegangenen Stellen, welche in Frage gekommen wären, waren entweder zu klein für drei Schlafzelte oder lagen direkt auf den unzähligen Bärenpfaden.
Der Wind war brutal und liess uns beim Aufbau des Küchenzelts (ein Gerüst aus Stangen, Rudern und Planen) fast verzweifeln. O-Ton Jochen: „Drecksglumpert verreckts!“ Irgendwann stand es dann doch und wir konnten endlich die nähere Umgebung mit unseren Ruten erkunden.
Ein Weisskopfseeadler gesellte sich zu uns und verspeiste die Reste eines vom Bären angefressenen Rotlachses.
Kodiak Bär
Bärenjunges
B-B-B-B-Bad to the Bone
Weißkopfadler
Der Karluk machte kurz oberhalb unseres Zeltplatzes eine große Kurve mit einer entsprechend tiefen Rinne. Es dauerte nicht lange und buckelnde Silberlachse wurden gespottet. Das hatte niemand erwartet! Die Hoffnung war zwar gross Silberlachse und Steelheads im Karluk anzutreffen, aber jedem von uns war auch bewusst, dass es dazu schon eine zünftige Portion Glück brauchen würde. Eventuell wäre frühestens ab Portage mit Silberlachsen und Steelheads zu rechnen, aber bereits hier oben, eine echte Sensation.
Das Wasser war tief in dieser Rinne und entsprechend mussten die Streamer vor dem Einstrippen runter gebracht werden. Aber dann, dann !!!!! Verdammt, dieser Nachmittag gehörte zu den schönsten der gesamten Reise. Hier fing ich wohl auch meinen stärksten Coho ever. Nach dem aggressiven Biss folgten Minuten im U-Boot Style was mich zuerst auf einen King vermuten liess (Cy's meldete sich im Hinterkopf), doch dann explodierte das Wasser und ein Coho von bis jetzt ungesehener Grösse wirbelte durch die Luft. Mättel kam umgehend zu Hilfe und wir konnten das schöne Tier landen. Ein toller Fisch der Kategorie Lifetime memories.
Ein Coho für’s Album
Die Anzahl der Silberlachse war der helle Wahnsinn! Der Blick flussabwärts zeigte, dass es meinen Freunden ähnlich ging.
Wir fischten bis spät in den Abend, das Abendessen wurde mit der Stirnlampe zubereitet und die Erlebnisse mit einem guten Scotch begossen. Aus der Musikbox lief „Stripped“ von Rammstein und wir beschlossen, dass die Jungs nur Fliegenfischer sein konnten!
Rolando
Mättel
Regenbogen am Karluk
Urs und Coho
Mättel mit einer guten Dolly
Die erste Nacht gestaltete sich etwas ungemütlich.
Etliche Male hörte man ein Rascheln aus dem Nachbarszelt. Nein, nicht die Bären machten uns Probleme, sondern die Kälte. Das Rascheln kam vom Auspacken der Zusatzkleider, drittes Paar Socken, Handschuhe, Kappe – alles was im Halbschlaf erreichbar wurde angezogen. Mazzo morste mit seinen Zähnen SOS - Nix da, ein Floattrip im Spätherbst ist nichts für Weicheier!
Die Schlafsäcke konnten noch so gut sein, auf der Seite wo man auflag war keine Luft und somit keine Isolation. Da half nur halbstündliches Drehen um die kalte Seite wieder an die Wärme zu bringen - Würstchengrill-König am Karluk. Jeder der vor dieser Nacht meinte, Isomatten sind angesichts der Klappliegen was für Weicheier, wurde auf die harte Tour schnell eines Besseren belehrt.
Frostige „minus 9 Grad Morgenstimmung“ am Karluk
Der Blick über den Fluss ...

Niemand konnte in dieser Nacht besonders gut schlafen, dementsprechend war die Tagwache auch sehr früh. Einer nach dem anderen kroch durchgefroren und zähneklappernd aus seinem Zelt, freute sich auf heissen Kaffee und wurde von der eisigen, nebligen Sonnenaufgangsstimmung am Karluk umgehauen: Die Sonne kroch über die gegenüberliegenden Berggipfel, der Nebel stieg langsam auf und ein Bär jagte die ersten Rotlachse auf der gegenüberliegenden Flussseite. Eingemummt mit dem Kaffee in der Hand, ließ uns dieses gewaltige Schauspiel der Natur sogar die Kälte vergessen und einfach demütig schweigen.

Rrrrrespekt für Rolando, die Schweizer Antwort auf die Navy Seals. Er meinte es mit der Morgentoilette besonders gründlich und nahm ein Bad im Karluk.

Das Thermometer zeigte minus 9 Grad an, Zahnpasta galt es also zuerst in die Unterhose zu stecken – zweiter Weckdienst inklusive. Wathosen und Watschuhe mussten im Fluss aufgetaut werden, bevor ein Anziehen überhaupt möglich war.

In der Zwischenzeit ein paar Würfe mit der Rute über den Fluss und schon zappelten die ersten Silberlachse an der Angel. Schlimmer als in den schönsten Träumen…

Frozen Simms
Morgenkaffee
Silber vor dem Frühstück

Bärige Morgenstimmung
Es fiel uns sehr schwer diesen Platz zu verlassen, denn was wollten wir noch mehr? Hier gab es alles, was wir uns erhofft hatten. Einzig die Jagd auf Steelheads und das Rendezvous mit dem Buschflieger liessen uns nicht zur Ruhe kommen und so ging es weiter Richtung Portage (Hälfte der Strecke).
Den dritten Tag verbrachten wir hauptsächlich auf dem Boot, das zurückgelegte Stück hatte vielleicht zwei bis drei fischbare Stellen, welche wiederum etliche Cohos und Dollies für uns bereit hielten.
Die Ösis fluchten wie die Kesselflicker, da das Boot oft über Schotterbänke gezogen werden musste und in den stillen Passagen war kräftig paddeln angesagt. Jedes Boot hatte zwei Paddel und somit wurde, wie in der christlichen Seefahrt üblich, der mit der meisten Erfahrung und dem besten Taktgefühl um auf der Kühlbox den Rudertakt vorzugeben, zum Kapitän erhoben. 
Pullt Ihr dammischen Habsburger!!!“ zeigte als Kommando die beste Wirkung und wir nahmen flott Fahrt auf.
Die Yurte am Karluk
Abends trafen wir bei Portage ein. Die Yurte, in der wir 2009 freundlichst von Erin Whipple beherbergt wurden, war dunkel und verlassen. Wir schlugen unser Lager etwas unterhalb auf und fischten die Portage Pools. Viel fingen wir nicht, ein paar Silberlachse, aber die erhofften Steelheads trafen wir nicht an. Dabei wäre hier DIE Steelhead-Stelle. Die Enttäuschung war entsprechend groß.
Die Nacht war wiederum saukalt, aber man gewöhnte sich an alles oder wusste sich mittlerweile zu helfen. Im Morgennebel verließen wir Portage und kamen nun in schnelleres Wasser.
An einer vielversprechenden Stelle hielten wir an und Rolando verzeichnete den ersten Steelhead des Trips – der Jubel war groß, die Torpedos der Flüsse waren da! Von nun an gaben sich Steelheads, Cohos und Dollies bei uns die Klinke in die Hand, respektive sausten die Streamer hin und her.
Ein Kinderlächeln kann man nicht kaufen
Afrika oder Alaska ?
Abfahrt im Morgennebel
Mazzo beim Morgensport
Rolando mit dem erstem Steelhead
Coho mit Rolando
Eines wurde schnell klar: Im langsamen Wasser fing man mit Streamern Cohos und im schnellen Wasser (je schneller desto besser), Steelheads und Saiblinge mit Beads und Bissanzeiger.
Klassische Bead-Montage mit klassischem Fehlfokus
GoPro im Einsatz
Die Saiblinge waren von hier an um einiges größer als oben am See, die Silberlachse praktisch noch silbern, inklusive Meerläusen und wesentlich größerer Kampfeslust. Die Steelheads in ungeahnter Dichte. An einem vielversprechenden flachen Platz bauten wir unser Lager auf, da wir noch genügend Zeit hatten und im oberen Abschnitt gut vorwärts gekommen waren, an dieser Stelle nochmals herzlichen Dank an meine österreichischen Wasserbüffel, konnten wir uns an diesem echten Hot Spot für zwei Nächte einrichten.
Klassische Doublette
Nach dem Campaufbau kurze Pause
Am Tage eine unauffällige Kiste mit Loch für den Gummistiefel-Transport, stecken ungeahnte Möglichkeiten in dieser blauen Box. Mit originaler 
Klobrille und Feuchttüchern verliert in der Wildnis der 
klassische Morgenansitz seinen Schrecken. 

Wer hat’s erfunden ? =>

Nach dem Campaufbau und einem kühlen Bud, war jeder hochmotiviert und schnell am Wasser, die Flugschnur sauste nur durch die Ringe. Die Kulisse, der Fischreichtum und natürlich das Wetter waren einmalig, oder wartet, jetzt kommt’s gleich…. LEGENDÄR !

Der Reiseleiter ist bester Laune
Unerschrockene Männer im Long John
Stolz wie Nachbars Lumpi und einem Kollateralschaden im Gepäck (#5er SP Rutenbruch im harten Drill, grmbl), wollte ich am Mittag mit meinen fünf Steelheads auf dem Tageszähler die Jungs zünftig neidisch machen. Doch unterschätzte ich Jochen, der trocken "Acht" erwiderte.
So kam er zu seinem neuen Nickname "Steelhead-Fi**er Nummer 1", den er sich an diesem denkwürdigen Vormittag redlich verdient hat. Falls künftig jemand Jochen in einem Wirtshaus treffen sollte und ihn korrekt anspricht; ein kostenloses Bier oder ein Achterl Wein ist ihm sicher. Die Erfolge brachen den ganzen Tag nicht ab und jeder von uns hatte Erlebnisse mit diesen tollen Fischen, die sich für den Rest des Lebens ganz tief in die Schädeldecke einbrannten. 
Am Abend fand Mättel Holz in der Umgebung und wir ließen diesen äußerst erfolgreichen Tag am Lagerfeuer mit Dollies aus der Alufolie, einem breiten Grinsen im Gesicht, Revue passieren.
Westernstimmung im Camp
Schneller Karluk
Steelhead !
Jochen mit Dolly
Schweiz: 1 – Österreich: 0
Schweiz: 2 – Österreich: 0
Jochen mit angefärbtem Coho
Und wieder einer
Und noch einer
Steelhead Fi**er Nummer 1
Dolly aus dem Bilderbuch
Mättel mit Steelhead
Wie außergewöhnlich und besonders der Fang eines Steelheads ist, möchte uns der diesbezügliche jungfräuliche Mazzo berichten:
"Ich stehe mit Rolando in einer Schlucht, das Wasser braust mit einem brutalen Druck durch die Enge, es ist gar nicht so leicht, sich auf den Beinen zu halten. Der Biss auf das Bead kommt hart und unvermittelt, der erste Gedanke: Schon wieder ein Hänger! Doch plötzlich ist Bewegung an der Leine und 15 Meter Flugschnur sausen im Zeitraffer durch die Ringe. Bevor ich meine Gedanken, von der Schnur ganz zu schweigen, geordnet habe und den Fisch klassisch drillen möchte, schießt der Steelhead wie ein Torpedo schnurstracks auf mich zu. Ich kurble was das Zeug hält, es ist dennoch zu langsam, keine Spannung mehr auf der Schnur. Es naht der verfluchte Moment, unzählige, vergangene Enttäuschungen laufen wie ein Film im Kopf ab, die Schnur kommt auf Spannung, ist der Fisch noch dran? Eine kurze Schrecksunde später sausen Steelhead, Flugschnur und 10 Meter Backing durch die Rute, verdammt was ist hier los, ich habe echt keinen Plan.
Rolando beobachtet die Szenerie und schreit: „Lauf Forrest, lauf!“ Wie ein Krabbenfischer nach einer Flasche Rachenputzer, stolpere ich 20 Meter zum Ufer, ständig in Gefahr auf den glitschigen, rundgeschliffenen Steinen am Boden auszurutschen, aber der Wille ist stärker als der Grip der Vibram Sohle und irgendwie schaffe ich es ans Ufer. Auf einem schmalen Bärenpfad renne ich kurbelnd dem Fisch stromab hinterher, der Fisch zieht weiter runter, so schnell bin ich seit meiner Schulzeit nicht mehr gelaufen. Irgendwann stehe ich keuchend in einem Winkel von 90° zum Fisch am Flussufer, die 6er Winston IIMX biegt sich im heftigen Kampf bis zum Korkgriff, mein Drill-Sergeant Rolando brüllt unverständliche Kommandos auf Schwyzerdütsch. Irgendetwas muss jetzt brechen, entweder ich, der Fisch oder die Rute, die Spannung ist nervenzerfetzend. Nach drei Minuten, einer gefühlten Ewigkeit, gibt der Fisch endlich auf, mit brennenden Oberarmen dirigiere ich ihn zum Ufer.
Zitternd halte ich diesen wunderbaren, im Vergleich zu den Lachsen fast zierlichen, Fisch für ein Foto kurz in meinen Händen bevor ich ihn wieder ins Wasser gleiten lasse.
In diesem Moment verstehe ich, warum Fischer bei Kälte, Nebel, Schnee und Eis, unglaubliche Strapazen auf sich nehmen, um oft nur einen einzigen Steelhead zu fangen."
Mazzo mit seinem ersten Steelhead
Auch der letzte Floattag hielt wieder schönstes Wetter für uns bereit und die Reise ging weiter Richtung Karluk Lagoon. Die letzten Flussmeilen bieten zwar noch den einen oder anderen interessanten Pool, in denen große Dollies und Steelheads lauern, doch im unteren Teil wird der Karluk dann breit und sehr flach, meine beiden Innviertler Ochsen durften wieder kräftig ziehen.
Spread your wings and fly away…

Da soll noch jemand sagen, Fliegenfischen wäre nicht dynamisch
In der Lagune angekommen zeigte sich ein ähnliches Bild wie im 2009: Unzählige Bären waren hier auf verschärfter Lachsjagd, also echte Brüder im Geiste. Einen geeigneteren Lagerplatz als den "Bärenplayground" vom 2009 fanden wir nicht, deshalb wurden die Zelte wieder am gleichen Ort, allerdings unter heftigem Protest der beiden Float-Neulinge, aufgeschlagen. Zum besseren Verständnis soll hier angemerkt werden, daß ein 30qm Fleck voll mit Bärendreck, Fischkadavern und unzähligen Bärenspuren weder besonders fein riecht, noch besonders einladend wirkt. Allen war bewusst, dass uns eine unruhige Nacht bevorsteht.

Vom Meer her kam ein Boot mit Aussenborder, zwei Personen an Bord. Sie steuerten auf uns zu und wir kamen mit den beiden älteren französischen Spinnfischern ins Gespräch. Sie meinten, die Fischerei sei “excellent“ und verabschiedeten sich alsbald um weiter den Silberlachsen nachzustellen.

Es war eine lustige Show die uns geboten wurde. 
Der eine steht auf dem Boot und dirigiert schreiend den andern am Motor herum. In der Stille Alaskas hörte sich das wie folgt an:

"FABRICE, à gauche!" (gesprochen etwa "FABBRISSS, ...) 
Motorenlärm
"FABRICE, à droite!"
Motorenlärm
"FABRICE, le moteur!"
Fabrice stellt den Motor ab - 2 Minuten Stille.
"FABRICE, le moteur!
Fabrice lässt den Motor an, und das Ganze wieder von vorn.

Aber nicht nur die beiden waren köstlich - auch wir durften einen "Schämer" einfahren. Man könnte höchstens als Entschuldigung ins Feld führen, dass weder Österreich oder die Schweiz besonders viel Erfahrung mit Ebbe und Flut haben:
(Allen Nordlichten die jetzt lachen und sich insgeheim denken “Solche Idioten“, sei gesagt, dass wir im Gegenzug eine Lawine 10 Kilometer gegen den Wind riechen können, nämlich!) 

Mathias, Jochen und ich, voll im Coho-Fieber, wateten durch die Lagune auf eine der etlichen kleinen Inseln, um von dort aus zu fischen. Es ging auch nicht lange und die Ruten bogen sich bis zum Anschlag. Und so weiter, und so fort - ist ja mittlerweile zur Genüge bekannt. Jeder im Silberrausch und keiner merkte, dass der Wasserpegel langsam und unerbittlich stieg. Gemerkt haben wir's dann schon, aber da war es auch schon zu spät. Ein Erreichen des rettenden Ufers war nicht mehr möglich ohne ein Bad zu nehmen. Was tun? Genau: "FABBRISSS !!!! AIUTO !!!!

Nun gut, Französisch war das nicht, aber verstanden und gehört haben uns die beiden Franzmänner trotzdem. Fabrice ließ den Motor aufheulen und wir wurden aus der misslichen Lage trockenen Fußes befreit. Die beiden älteren Herren amüsierten sich prächtig über die "Débutants" und hatten am Abend wahrscheinlich auch einen Grund schmunzelnd, nationale Vorurteile aufzuwärmen.

Creatures of the Lagoon I
Creatures of the Lagoon II
Auch dieses Kinderlächeln ist nicht käuflich
Jochen am Gaskocher
Fischen in der Lagune
Der Rocky Balboa unter den Bären: „Aaaadrian…“
Die Nacht gestaltete sich, wie befürchtet, wirklich unruhig: 
Irgendwann war dann wirklich jeder von uns wach. Die Bären spielten Rugby mit unseren Kühlboxen und schmatzen die letzten Vorräte weg. Unglaublich wie zärtlich und sensibel Bären beim Verspeisen von Eiern zu Werke gehen. Wie immer half ein aggressives und lautes Auftreten, das lässt Meister Petz meistens zur Vernunft kommen, und Ruhe kehrte wieder ein. 
Keine halbe Stunde später, nachdem sich jeder von uns wieder mühselig von Schuhen und Jacke befreit und in den warmen Schlafsack verkrochen hatte, ging der Lärm von vorne los. Also alle Mann raus, Schuhe anziehen, Menschengebrüll vs. Bärengebrüll und gut war es. Ein Rundschwenk mit der Taschenlampe zeigte jedoch etliche hungrige Augenpaare. Jetzt wurde nicht mehr lange gefackelt und Mättel gab einen Warnschuss mit unserer Shotgun ab. Das hingegen war den Bären dann doch zu viel, sie verzogen sich ausserhalb unserer Sichtweite und wir konnten endlich weiterschlafen.
Der will doch nur spielen, der tut nix
Gebissabdruck
Bärenschweinerei
Die Ösis und der Bär 
Rookie

Papa Bär ist guter Laune
Der Morgen zeigte, dass die Bärenparty dann doch noch ein bisschen weiterging, jedoch ohne uns großartig zu stören. Wir packten unsere Habseligkeiten, entsorgten die Überreste der Bärenparty und vertrieben uns die verbleibende Zeit mit fischen und Bären beobachten, bis die Buschflieger uns abholen kamen.
Wasch mir den
Pelz, aber mach
nicht nass!
Die gelben Flieger von Andrew Airways trafen am frühen Nachmittag ein, beladen war schnell und dem Rückflug nach Kodiak City stand nichts mehr im Wege.
Jedem der schon so einen Trip im Spätherbst mitgemacht hat, brauche ich nicht zu erzählen, was für ein Gefühl die erste warme Dusche nach so einer Woche bedeutet. Das Abendmahl war fürstlich, 6 Pfund US Prime Rib Beef vom Feinsten und Alaskan Amber à discrétion.

Nach dem Float fischten wir noch weitere drei Tage im Strassensystem von Kodiak. Die Fischerei war nicht mehr ganz so toll wie am Anfang unserer Reise, vielleicht waren wir auch mittlerweile einfach zu verwöhnt.
Im Buskin, Olds, Russian, American und Pasagshak River war tote Hose, man sah zwar noch etliche Angler, aber gefangen wurde nicht mehr wirklich viel.

Wir suchten nach Alternativen und kehrten an den Roslyn Creek zurück, den wir aus dem 2009 noch in  guter Erinnerung hatten. Den meisten Kochtopffischern ist dieser kleine Fluss zu verkrautet, zu stark bewachsen und auch zu "bärig". Zudem ist es hier schwierig mit Spinner oder Eiern zu fischen. Wiederum war der Roslyn aber DER Spot, um richtig gut Silberlachse zu fangen. Die Lachse erreichen hier nicht ganz die Grösse der Buskin- und Olds-Bomber, aber was soll's? Es geht ja ums Fischen und nicht um die Kilos und wir hatten eine schöne Zeit.

Roslyn Creek I
Roslyn Creek II
Einen neuen Bach haben wir dieses Jahr auch noch erkundet, den Felton Creek. Auch dieser ist eher schmal, aber im Gegensatz zum Roslyn in offenem Gelände. Wer unnötige Bärenbekanntschaften vermeiden will, dem bietet der Felton eine gute Option. Man hat zwar wenig Deckung und die Lachse sind äußerst scheu, dafür kann man hier mit guten Fängen belohnt werden, wenn in den bekannteren Flüssen sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen.
Rolandos letzter Fang
Drill im Felton Creek
Résumé dieser Reise:
Negatives gibt es wenig zu berichten, außer Jammern über fehlende Knicklichtstreamer, Eierüberkonsum und bitterkalten Nächten.
Hingegen sind die positiven Seiten kaum aufzählbar. Für mich übertraf die diesjährige Reise den 2009er Trip bei weitem, obwohl ich im Vorfeld der Meinung war, dass schon dieser nicht mehr zu toppen wäre.
Einen großen Teil hat das unerwartet schöne Wetter, die unglaubliche Fischerei und die perfekte Stimmigkeit innerhalb der Gruppe beigetragen. So eine Kombination durften wir bis jetzt noch nie erleben und werden sie wohl kaum nochmals antreffen. Ein absoluter Glücksfall! Man stelle sich vor, es hätte nebst den Minustemperaturen auch noch dauernd geregnet und geschneit, die Fischerei wäre mehr recht als schlecht gewesen und die Teilnehmer hätten sich dauernd gezofft – na dann wäre es wohl nicht zu einem so ausführlichen Bericht gekommen.
Mit den beiden Schärdingern Jochen und Mazzo sind bereits die nächsten Abenteuer geplant und es freut mich ausserordentlich, zwei neue Freunde gewonnen zu haben.
Mazzo, Jochen (SHF-No1), Heavy-Mättel, Rolando: Danke Jungs!
Wer auch einmal den Karluk befischen und floaten möchte, findet unter www.floaters.ch (nicht kommerzielle Webseite) die wichtigsten Adressen auf Kodiak, sinnvolle Pack- und Materiallisten und noch mehr Bilder.
Gerne stehe ich für weitere Auskünfte zur Verfügung und freue mich schon, vom nächsten Float berichten zu können!
Tight Lines !
Urs


Ein Bericht von Urs Wehrli für www.fliegenfischer-forum.de - April 2012.
Das unerlaubte Kopieren und Verbreiten von Text- und Bildmaterial aus diesem Bericht ist verboten.
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