Pressemeldungen und Bilder: Thüringer Tageszeitungen am 08.06.1998
Thüringer Allgemeine vom 08.06.1998:
Gift tötet Leben in der Ilm
Gefährliche „Fracht“ erreichte gestern abend Hetschburg

Bad Berka (mb/se). Bis nach Hetschburg war gestern abend das Gift aus der Ilm (TA 6.6.) vorgedrungen. Nach dem Unglück vom Freitag in Dienstedt hatte der Bad Berkaer Anglerverein auch gestern noch mit dem Abfischen der toten Fische zu tun. „Hier treibt die Arbeit von 5 Jahren im Fluß, konstatierte der 2. Vorsitzende Klaus Dieter Bischoff traurig. „Die Ilm ist praktisch tot, das ist das Schlimmste. Die kleinen Fische starben zuerst, die großen später – einen qualvoller, schleichender Tod.“ Sie waren zuvor regelrecht vor dem vergifteten Wasser ausgerissen, teilweise ans Ufer gesprungen.

Alarmiert wurden der Vorsitzende Michael Müller und seine Vereinsfreunde allerdings nicht vom Umweltamt. Tannrodaer, welche die TA-Meldung gelesen hatten, riefen sie am Samstag zur Hilfe. „Hätte man uns sofort informiert, hätten wir noch viele Tiere retten können. Sonntag aber war es zu spät.“ 
Auch die Einwohner der Stadt Bad Berka wurden erst auf Initiative der Angler vor der Berührung mit dem Ilmwasser gewarnt. Helfer vom oberen Ilmabschnitt hatten über Hautreizungen und Ausschlag geklagt. „Aber in Tannroda spielten, als wir kamen, sogar noch Kinder im Wasser“, berichtet Müller.
Bad Berkas Stützpunkt-Feuerwehr wies schließlich mit Lautsprecherwagen alle Kleingärtner, Swimmingpool-Besitzer und Eltern auf die Gefahren hin. Ausserdem kamen den Kranichfelder und Berkaer Anglern u.a. die Kameraden von Kranichfeld, Tannroda und Tiefengruben beim Abfischen zu Hilfe. Sie notierten wegen möglicher Spätfolgen die Namen aller Helfer, die mit dem vergifteten Wasser in Berührung kamen. 
Bereits am Sonnabend ereilte die Umweltkatastrophe die Kranichfelder. Der Anglerverein der Zwei-Burgen-Stadt hatte erst Jungforellen für rund 10000 Mark ausgesetzt, berichtete der Vorsitzende Gerd Janka. Offenbar überlebte keine auf den 7,6 Kilometern zwischen Barchfeld und Tannroda. Zwolf Zentner tote Fische hatten die Petrijünger bereits Sonnabend aus der Ilm geholt. 
Vom Unglück verschon blieb die Mellinger Forellenzucht mit ihren rund 200000 Fischen. Dieter Nohr erhielt von Ämtern, Anglern und Ärzten mehr als 20 warnende Anrufe undo reduzierte die Frischwasserzufuhr sofort auf ein Minimum.

Gift in der Ilm. Zentnerweise tote Fische / die Kriminalpolizei ermittelt

BAD BERKA: Ein schwarzes Wochenende für die Angler an der Ilm: Tote Forellen, Äschen, Aale, Gründlinge, Barsche, Plötzen auf etwa 20 Kilometer Flußlänge zwischen Dienstedt bis hinter Bad Berka. Auch Krebse und andere Kleintiere mußten seit Freitagabend dran glauben, der Fluß ist dort praktisch tot. Graureiher finden darin keine Nahrung mehr.
Umweltschützer und Angler sammelten die toten Tiere ein. Helfer klagten nach dem Berühren der Kadaver über Hautbrennen. Allein die Bad Berkaer Angler beziffen den Schaden auf etwa 200000 Mark. Die Umweltämter des Ilmkreises und des Weimarer Landes waren an Ort und Stelle. Wasserproben und tote Fische wurden zur Untersuchung ins Labor geschickt. Die Trinkwasserschutzgebiete wurden sofortiger Kontrollen unterzogen. 
Trotzdem bleiben viele Fragen. Unterschiedlich sind die Angaben über die Mengen an toten Fischen, die geborgen wurden. Während Ulrich Strobel, Chef des Umweltamtes des Ilmkreises, von insgesamt rund 10 Zentnern spricht, geben die Angler zwischen Barchfeld undo Tannroda allein für den Samstag zwölf Zentner an. Sauer sind die Petrijünger, dass sie von den Umweltämtern nicht rechtzeitig gewarnt wurden, um durch Notabfischen einige Tiere zu retten. Da habe man nichts machen können, dies sein nicht vorhersehbar gewesen, heißt es aus dem Staatlichen Umweltamt in Erfurt. 
Noch eine Weile wird es dauern, bis die Ursache geklärt ist. Die Kriminalpolizei ermittelt, sie wird den Fall wahrscheinlich diese Woche an die Staatsanwaltschaft übergeben.
Fest steht bisher jedoch, dass die Verunreinigung mit Pflanzenschutzmitteln vom Gelände des ehemaligen LPG-Schafstalls in Dienstedt ausgegangen ist. Möglicherweise hat ein Landwirt beim Mischen eines „Cocktails“ für seinen Acker Pflanzenschutzkonzentrat auslaufen lassen, hieß es.
„Gegen diese Version spricht jedoch“, sagt Ulrich Strobel, „das noch 24 Stunden nach Auffinden der ersten toten Fische Gift durch die Ilm geflossen sein muß.“ Es gibt auch schon Spekulationen, dass sich unmittelbar nach dem ersten ein zweiter Umwelt-Unfall an der Ilm ereignet haben könnte und sozusagen zwei „Giftwellen“ ineinanderflossen. Mitte der Woche werden die Laborergebnisse erwartet.

Thüringer Landeszeitung vom 08.06.1998:
Tonnenweise tote Fische in der Ilm
Kritik an einer mangelhaften Alarmkette

Von Thorsten Büker. Weimarer Land. (TLZ). Hätte man das totale Fischsterben in der Ilm verhindern können, wenn die Behörden schneller reagiert hätten? „Es ist ein Skandal: Freitag nachmittag schlugen wir Alarm. Es wurden zwar Wasserproben genommen, doch dann ging man ins Wochenende“, beklagt Gerd Janka, Vorsitzender des Kranichfelder Anglervereins zum Schutz der Gewässer und der Natur. Die Kollegen in Bad Berka sind von der Giftwelle am Sonnabend völlig überrascht worden.

 „Wären wir vorbereitet gewesen, hätten wir Teile des Fischbestandes mit Elektroabfischung retten können“, sagte Michael Müller, Chef der Ilmtal Fliegenfischer.
Die bisherige Bilanz: Zwischen Dienstedt/Kreis Arnstadt und Hetschburg, Öttern lebt kein Fisch mehr in der Ilm. Die toten Tiere werden längst in Tonnen gerechnet. Das staatliche Umweltamt in Erfurt habe zwar am Freitag Proben genommen, sah aber offensichtlich keinen Grund, diese übers Wochenende zu analysieren. „Das haben wir in der Einsatzzentrale nicht verstanden“; sagte Silke Tingelhoff, Specherin des Landratsamtes.

Giftwelle rottet Ilm-Fische aus
Tiere werden tonnenweise geborgen – ist der Verursacher eine Genossenschaft in Dienstedt?

BAD BERKA (tlz/bük). Man kann die Fische in der Ilm sterben sehen: Von Minute zu Minute erlahmen ihre Bewegungen, plötzlich fallen Sie zur Seite – silbrig blitzt der Bauch – und sinken erst einmal auf den Grund. Noch weiß niemand genau, was das für eine Substanz ist, die sämtliche Fische in der Ilm ausrottet. Eindeutiger ist ihre Herkunft: Ein Rohr, das Wasser in einen Nebenarm des Flusses bei Dienstedt einleitet. Das Grundstück gehört zu einer landwirtschaftlichen Genossenschaft. Am Sonnabend erreichte die giftige, geruchlose Welle Bad Berka.
Die Feuerwehr war das Wochenende damit beschäftigt, die Anwohner vor der unsichtbaren Gefahr zu warnen. Per Megaphon forderte sie die Bevölkerung auf, das vergiftete Ilmwasser nicht für die Bewässerung von Pflanzen zu nutzen. Zudem sollten die Kinder vom Fluß ferngehalten werden. In Kranichfeld klagten die Männer, die den toten Fisch aus der Ilm holten, über Juckreiz. Berkas FFW wurde verstärkt von den Kameraden aus Tannroda und Tiefengruben.
Für die Ilmtal-Fliegenfischer ist es schlicht eine Katastrophe: „Wir haben seit 10 Uhr allein 70 Kilo toten Fisch auf 500 Metern aus der Ilm geholt“, sagte der zweite Vorsitzende des Vereins, Klaus-Dieter Bischoff, am gestrigen Sonntag der TLZ. Er rechnet mit einem Totalverlust des Bestandes. Gleiches meldet Kranichfeld. Forellen, Äschen und Kleinfische – an die zwei Tonnen tote Fische im Bereich der Ilmtal-Fliegenfischer – zwar der kleinste, aber der aktivste Verein in der Region. Für Bischoff ist es der schlimmste Fall seit 1985. Der wirtschaftliche Schaden ist horrend. 200 000 Mark sowie die Arbeit von 5 Jahren gehen wahrscheinlich im wahrsten Sinne des Wortes den Bach hinunter. Besonders tragisch: In diesem Jahr verzeichnete der Verein bei den Populationen erstmalig ein Eigenaufkommen. Was die Fische tötet, könnte auch Eisvögeln, Wasseramseln und anderen Vögeln zusetzen. Erste tote Nutrias wurden gefunden.

Passanten, die vorbei kamen, schüttelten nur die Köpfe: „Wer tut denn so etwas?“ Darauf hatten weder der Verein, noch die Verantwortlichen aus dem Umweltamt der Kreisverwaltung eine Antwort. Wasserproben wurden zwar mitgenommen, doch ein Ergebnis wird erst für heute erwartet. Das Fischsterben begann Freitag nachmittag im Ilmlauf bei Kranichfeld. Besonders drastische Ausmaße meldeten die Behörden auf der 5 Kilometer langen Flußstrecke zwischen Dienstedt und Stedten an der Ilm. Umweltexperten haben zwar Wasserproben entnommen, solange die Labore keine Aussage über den tödlichen Stoff machen können, so lange sind Bestände gefährdet: Die Giftwelle erreichte bereits Hetschburg und Öttern...

..