John Brown, Her Majesty`s beloved Friend and Servant

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Noellgen, H
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John Brown, Her Majesty`s beloved Friend and Servant

Beitrag von Noellgen, H »

Hallo Leute,
damit wir mal wieder auf etwas andere Gedanken kommen erzähle ich an dieser Stelle mal eine Geschichte.
Wenn jemand ähnliche Geschichten kennt, möge er sie mit uns teilen ...

John Brown wurde geboren am 8. Dezember 1826 in dem kleinen schottischen Ort Crathie nahe Balmoral
Castle. 1842 trat er als "Ponyjunge" in die Dienste des damaligen Besitzer des Castle. Der Ponyjunge war zuständig
für die Betreuung der Jagdponys, auf deren Rücken damals die erlegten Hirsche aus den Bergen getragen wurden.
Diese Position galt allgemein als Vorstufe zu einer Ausbildung als Ghillie, als Jagd- und Fischereigehilfe.

Im Jahre 1848 unternahm die junge Königin Viktoria mit ihrem Ehemann Albert von Sachsen-Coburg und Gotha
eine Reise in die Highlands. Sie mieteten das Balmoral Estate als Urlaubsdomizil. Beide verliebten sich sofort
in die schöne Gegend am River Dee, Albert sah Ähnlichkeiten mit seiner Thüringischen Heimat, sofort bemühten sie
sich um den Erwerb des Anwesens. Durch eine größere Erbschaft standen die nötigen Finanzmittel zur Verfügung
und 1851 ging Balmoral in das Privateigentum der Königsfamilie über.

Zu diesem Zeitpunkt hatte John Brown seine Ponyjungenzeit längst hinter sich gelassen und diente als Ghillie auf
Balmoral. Das Königspaar wurde aufmerksam auf den großen, gutaussehenden jungen Mann und bald wurde er der
bevorzugte Jagdbegleiter des Prinzen.
Die Königin unternahm gerne mehrtägige Kutschenausflüge und weil er so gut mit Pferden umgehen konnte wurde
John Brown auch bei diesen Unternehmungen bald unentbehrlich.
Auf diesen Reisen ging es wohl recht lustig zu, eines Tages notierte die Königin in ihrem Tagebuch: "Brown und der
andere Diener waren so betrunken, dass sie das Abendessen nicht mehr servieren konnten .."
Solche Eskapaden taten der Wertschätzung jedoch keinen Abbruch, John Brown wurde zum Head Stalker, dem Chef des
gesamten Jagd- und Fischereipersonals befördert.

Die Idylle endete abrupt als Prinz Albert im Dezember 1861 völlig unerwartet im Alter von 42 Jahren verstarb.
Die Königin war außer sich vor Schmerz und Trauer, sie erkärte Balmoral niemals wiedersehen zu wollen, alles
seien Erinnerungen an eine Zeit, die niemals wiederkäme.

Ihre nächsten Sommerferien verbrachte Victoria auf der Isle of Wight, wo sie mit Osborne House ebenfalls ein Landhaus besaß.
Im Jahr darauf reiste sie wieder zur Insel Wight, um dort einen einsamen Witwensommer zu verbringen.
Da beschloss ihre Tochter Viki, dass es so nicht weitergehen könne.
Sie schickte das Lieblingspony ihrer Mutter aus Balmoral, einen kleinen Wagen und als Kutscher John Brown zu einem
Überraschungsbesuch auf die Insel .
Diese Maßnahme war ein voller Erfolg, im nächsten Jahr reiste die Königin wieder nach Balmoral, beim "Ghillies Ball", dem
großen Fest zum Ende der Jagd- und Fischereisaison hatte sie früher mit Prinz Albert den Tanz eröffnet, jetzt tanzte sie mit John Brown.

John Brown war verantwortlich für das gesamte Jagd- und Fischereiwesen, die Gäste ihrer Majesttät waren allgemein zufrieden mit
seiner Arbeit, wiesen aber auch auf schlechte Eigenarten hin. Währen die Gäste noch am Frühstückstisch saßen, pflegte er schon
einmal die Lachsbeats durchzufischen. Er konnte sich ziemlich viel erlauben bei seiner oft als herrisch und jähzornig charakterisierten
Königin. Er betrat ihr Zimmer ohne anzuklopfen, sprach sie in der Öffentlichkeit mit "woman" an und kritisierte ihre Garderobenwahl
wenn sie ihm nicht gefiel.

Sein Glück endete, als die Königin beschloss, ihren Highlander ganz für sich haben zu wollen. Sie ernannte ihn zu ihrem persönlichen
Diener, damit er jederzeit zur Verfügung stehe erhielt er ein Schlafzimmer neben dem der Queen.
Vom Head Stalker zum Kammerdiener, das war schon eine grobe Degradierung, auch wenn es sicher nicht so gemeint war.
Die Königin überschüttete Brown mit Gunstbeweisen, schenkte ihm sogar ein schönes Haus auf Balmoral, falls er einmal heiraten
möchte oder für seine alten Tage.

John Brown aber musste Balmoral verlassen und sich dem höfischen Protokoll in London unterwerfen, was ihm tief zuwider war.
Darüber hinaus musste er eine Menge Häme und Spott ertragen.
Er diente weiter treu seiner Königin, sein Gesundheitszustand verschlechterte sich jedoch in dem Maße, in dem der Whiskykonsum
stieg.
John Brown verstarb am 27.März 1883 auf Windsor Castle. Er wurde auf dem alten Friedhof in Crathie begraben.


Gruß,

Heiner
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Harald aus LEV
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Re: John Brown, Her Majesty`s beloved Friend and Servant

Beitrag von Harald aus LEV »

Hallo Heiner,

tolle Story! :daumen

Gruß
Harald
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Ralf
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Re: John Brown, Her Majesty`s beloved Friend and Servant

Beitrag von Ralf »

Hallo Heiner,

vielen Dank für das Einstellen, schön zu lesen.

Gruß

Ralf
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fly fish one

Re: John Brown, Her Majesty`s beloved Friend and Servant

Beitrag von fly fish one »

Lieber Heiner,

auch von mir ein Dankeschön! Es scheint so, dass John Brown vielleicht zeitweise ein ganz besonderer Freund war! :mrgreen: Ich gönnne es ihm und der Queen von Herzen. Einfach schöne Geschichten.

Die Insel, Landschaften, Lachsflüsse und überhaupt einfach Alles, sind von mir noch nie richtig besucht worden! Zeit wird's, oder?!

Dein Frank
Zuletzt geändert von fly fish one am 11.02.2018, 18:08, insgesamt 1-mal geändert.
troutcontrol
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Re: John Brown, Her Majesty`s beloved Friend and Servant

Beitrag von troutcontrol »

Bild
Die alte Steinbrücke von Crathie (Beat oberhalb von Balmoral) mit etwas viel Wasser :mrgreen:
Martin
Noellgen, H
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Re: John Brown, Her Majesty`s beloved Friend and Servant

Beitrag von Noellgen, H »

Hallo Leute,

vielen Dank für die freundlichen Kommentare und das schöne Bild.
Nachdem Euch die Geschichte ja offenbar gefallen hat, gibt es noch eine kleine
Fortsetzung:
Die Geschichte von John Brown und seiner Königin war natürlich "der" Skandal
seiner Zeit. Viele Gerüchte waren im Umlauf bis hin zu der Geschichte von einem
gemeinsamen Kind, welches auf einer Schweizreise der Königin zur Welt gekommen
sein sollte. Man sprach von einer morganatischen Ehe und verspottete die Königin als
"Mrs. Brown."
Mit der Zeit beruhigte sich das Publikum aber wieder und sah in John Brown eher eine
vertraute Person der Königin, die ihr manchen privaten Weg abnahm, beispielsweise
bei Besuchen am Kranken- oder Sterbebett.
Ein Besuch durch John Brown galt als Zeichen einer besonderen Anteilnahme der Königin.

Sowohl John Brown als auch die Königin hatten Tagebücher geführt, und mancher erhoffte
sich durch die Veröffentlichung Einblicke in den Charakter ihrer Beziehung.
Die Hoffnung trog, Browns Tagebücher wurden sofort nach seinem Tod vernichtet, die der
Königin wurden von ihrer ältesten Tochter an sich genommen, gelesen und ebenfalls weitestgehend
vernichtet.
Aufschluss geben allerdings in gewisser Weise die Anweisungen, die die Königin für den Fall ihres
Ablebens verfügt hatte.
Schon Jahre vor ihrem Tod hatte sie festgelegt, wie ihr Totenbett zu gestalten sei und welche Grabbeigaben
sie zu erhalten wünsche. Adressat dieser Verfügung waren ihre Ankleidezofe und ihr Leibarzt, Familienmitglieder
waren nicht involviert.
Sie, die ihr Leben lang das schwarze Witwenkleid trug, wünschte auf dem Totenbett weisse Kleidung zu tragen.
Sie wünschte von ihrem Ehemann Prinz Albert einen Morgenmantel und ein "plaster cast" seiner Hand,
eine Art plastische Nachbildung.
Von John Brown verlangte sie eine Locke seines Haares, einige Briefe, die er ihr geschrieben hatte und ein Foto,
welches in ihre linke Hand zu legen sei.
Der Ehering von Browns verstorbener Mutter, welchen dieser ihr geschenkt hatte, sei an ihre rechte Hand zu stecken.
Und so geschah es. Das Foto John Browns wurde in Seidenpapier eingepackt und und unter einem Blumenarrangement
verborgen, damit es für die Trauergäste nicht sichtbar war. Der Ehering wurde zwischen zahlreichen Schmuckringen
an ihre rechte Hand gesteckt. So feierte Viktoria auf dem Totenbett heimlich Hochzeit mit ihrem John Brown.


Ja, Frank, es ist absolut empfehlenswert nach Schottland zu reisen, auch wenn die Lachsfischerei dort
in den letzten Jahren stark zurückgegangen ist.
Falls jemand in memoriam einmal die Royalen Beats fischen möchte ist auch dieses möglich.
Wenn keine Mitglieder des Königshauses vor Ort sind verpachtet die Verwaltung die Beats zu ortsüblichen Preisen.
Sollten die Royals vor Ort sein, besteht die Möglichkeit, sonntags morgens in Crathie mit ihnen den Gottesdienst
zu besuchen.
Gottesdienstbesucher sind herzlich willkommen, fotowütige Touristen nicht. (trotzdem eine kleine Kamera
mitführen, üblicherweise besteht Gelegenheit für ein Erinnerungsfoto.)
Wenn dann zwischen Gottesdienst und Mittagsessen noch etwas Zeit ist, könnte man einmal nachschauen,
ob auf dem alten Friedhof noch John Browns Grabstein vorhanden ist. Als meine Frau und ich 2011 nach dem Grab suchten,
war dieses zwar abgetragen, der Stein jedoch stand mit anderen in einer Ecke der Anlage.


Gruß,

Heiner
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