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Dr. Eugen Neresheimer

Verfasst: 19.11.2006, 11:05
von Royal Coachman
Hallo Freunde !

Hier noch ein kleines Gedicht von Dr. Eugen Neresheimer von 1935


ABEND AUF DEM SEE

Oh holder Friede du auf meinem See!
Kein Boot ist auf dem Wasser als das meine;
So hab’ ich mir’s gewünscht von eh und je.
Nichts hör ich als den Ruderschlag alleine,-
Da drüben schimmert noch ein Fleckchen Schnee,
Und fern im Osten leuchten jetzt im Scheine
Der Sonne rötlich die beglänzten Höhn –
Oh Abendfriede, feierlich und schön!

Ein Wölklein spiegelt in der klaren Flut
Sein weißes Angesicht. Die grünen Matten
Entschlummern in des schwarzen Waldes Hut,
Und langsam aufwärts klettern nun die Schatten.
Oh holder Friede! Ach wie bist du gut
Für den des lauten Lebens übersatten!
Soll ich mein Glück hier nicht vollkommen heißen?
Nur eines fehlt: der Hecht will gar nicht beißen.


Dr. E. Neresheimer

Schöne Beschreibung einer Abendstimmung
mit Wasserguss als Schluss :D


Royal Coachman

Verfasst: 19.11.2006, 13:15
von Frank.
Mal wieder ein wunderbarer Fund, mein Lieber! Danke!

Herzlichst, Frank

Verfasst: 21.11.2006, 19:54
von Frank.
Ausnahmsweise mal etwas aus der Rubrik Prosa - auch Meister Franz Kafka hat einen ganz hübschen Text für uns geschrieben:

Franz Kafka

Ich habe – wer kann noch so frei von seinen Fähigkeiten sprechen – das Handgelenk eines alten glücklichen unermüdlichen Anglers. Ich sitze z.B. zuhause, ehe ich angeln gehe, und drehe scharf zusehend die rechte Hand, einmal hin und einmal her. Das genügt, um mir im Anblick und Gefühl das Ergebnis des künftigen Angelns oft bis in Einzelheiten zu offenbaren. Ich sehe das Wasser meines Fischplatzes in der besondern Strömung der besondern Stunde, ein Querschnitt des Flusses zeigt sich mir, eindeutig an Zahl und Art, dringen sie an zehn, zwanzig ja hundert verschiedenen Stellen gegen diese Schnittfläche vor, nun weiß ich wie die Angel zu führen ist, manche durchstoßen ungefährdet mit dem Kopf die Fläche, da lasse ich die Angel vor ihnen schwanken und schon hängen sie, die Kürze dieses Schicksalsaugenblicks entzückt mich selbst am häuslichen Tisch, andere Fische dringen bis an den Bauch vor, nun ist hohe Zeit, manche ereile ich noch, andere aber entwischen der gefährlichen Fläche selbst mit dem Schwanz und sind für diesmal mir verloren, nur für diesmal, einem wahren Angler entgeht kein Fisch.

Klasse

Verfasst: 22.11.2006, 00:05
von Royal Coachman
Hallo Frank !


Ich hab ja meinen Kafka gelesen, woraus ist denn das?

freundlichst

Gebhard

Verfasst: 22.11.2006, 14:34
von Frank.
Lieber Gebhard,

der Text stammt aus den "Fragmenten aus dem Nachlaß" und ist in den Leseausgaben nicht enthalten. Wenn Du möchtest, sende ich Dir die genaue Angabe gern per PN (kann ich im Büro leicht nachschlagen, heute habe ich mir einen freien Tag genommen, um gleich einen Hecht oder Zander für das Abendbrot zu besorgen).

Herzlichst, Frank

Verfasst: 23.11.2006, 11:26
von Frank.
Lieber Gebhard,

nun genau und vollständig:


Franz Kafka:
Nachgelassene Schriften und Fragmente I.
Herausgegeben von Malcolm Pasley.
Frankfurt am Main: S. Fischer 1993, S. 334 (Oktavheft B)

Herzlichst, Frank

PS: Gestern weder Hecht noch Zander. Aber zwei richtig dicke Barsche - köstlich!

Danke !

Verfasst: 23.11.2006, 23:29
von Royal Coachman
Hallo Frank !

Vielen Dank, ich werde mir das besorgen.

Gratulation zu den zwei schönen Barschen, die sind oft schwieriger zu fangen als ein Hecht. Vor 14 Tagen habe ich auch über drei Stunden nicht einen Biss zu verzeichnen gehabt, na vielleicht wir's dieses WE besser

freundlichst
Gebhard

Hecht, Christus, St. Veit

Verfasst: 27.11.2006, 14:49
von Frank.
Ein nicht uninteressanter Text stammt von Gottlieb Konrad Pfeffel (1736-1809).
Seine Bildlichkeit bezieht sich auf die Tatsache, dass die Kopfknorpel des Hechtes (wie diejenigen von Dorsch und Schellfisch) – mit etwas Phantasie – einige Ähnlichkeiten mit den Leidenswerkzeugen Christi aufweisen. Sein Kopf galt daher im Volksaberglauben seit dem Mittelalter als wunderkräftig und wurde vielfach zum Schutz des Hauses und seiner Bewohner aufbewahrt, gelegentlich wurden die Kopfknorpel auch als Amulett um den Hals getragen.
St. Vitus (Veit) soll in einem Topf siedenden Öls zu Tode gekocht worden sein.


Der Hecht

Ein Kläußner, der am Tiberstrand
Einst fischte, zog in seinem Netze
Den schönsten Hecht erfreut ans Land.
»Verwegner! rief der Fisch, verletze
Nicht meine heilige Person!
Du weist, die ganze Passion,
Den Kelch, den Schwamm, das Kreutz, die Lanze,
Die Nägel samt dem Dornenkranze,
Hab ich im Kopfe.« Wunderlich!
Versetzt der Greis: doch darf ich fragen,
Was hast du hier im vollen Magen?
Sprich oder ich zergliedre dich! –
»Ach nichts, ein Nest mit jungen Aalen,
Hochwürdiger Herr Eremit,
Ein kleines Frühstück.« Ha, Bandit!
Ich dacht es wohl: ihr Kannibalen
Tragt die Religion im Kopf,
Und in dem Busen das Verderben. –
Hier warf er ihn in seinen Topf
Und ließ ihn wie Sanct Vitus sterben.


Man lernt doch nie aus!

Herzlichst, Frank

Allgäu

Verfasst: 27.12.2006, 21:08
von Royal Coachman
Hallo Freunde aus dem Allgäu !

Hier hab ich ein Gustostückerl gefunden, besonders die Freunde der Argen kommen hier auf Ihre Kosten.


Im Allgäu

Es rauscht das Wasser und über das Wehr
Braust schäumenden Laufes die Argen daher.
Den Ufern entlang ein buntgrüner Saum
Von Blüten und Blumen, von Busch und von Baum;
Ein Sinnen und Träumen im Sonnenglanz,
Ein Wispern und Raunen im Wellentanz.-
Ich lausche und horche in mich hinein,
Auch im Paradies kann es schöner nicht sein.
Nun schwing ich die Rute, es strafft sich die Schnur,
Der Haken sucht der Forelle Spur;
Er läuft durch die Wasser ins Nixenreich
Dem jagenden Hunde, dem listigen gleich.
Jetzt fühl ich ein Zucken und dann einen Riß,--
Das ist der Forelle kühn wagender Biß,
Ihr letzter im kühlen Nixenland,
denn schon liegt sie zappelnd an Ufers Strand!
O Heimat, o Allgäu, o Fischerslust,
Wie froh wird das Herz und wie frei wird die Brust!


P. Dobler

Alles Gute zum Neuen Jahr
Euer
Royal Coachman

Verfasst: 28.12.2006, 15:10
von el-forello
Hallo Gebhard,
vielen Dank - man kann es wohl kaum treffender und schöner beschreiben.
Es hat der "Frau Fischerin" ganz besonders gefallen ! :wink:

Gruß
Peter

Sportfischer-Lieerbuch !

Verfasst: 29.12.2006, 22:12
von Royal Coachman
Hallo Freunde !

In den 30iger Jahren wurde ein Sportfischer-Liederbuch angelegt,
hier einer der schaurigsten Ergüsse!

Die Melodie ist "Ich hat' einen Kameraden, einen bess'ren findst Du nit"

Die gute Fliegengerte

Ich hatte eine Gerte,
Eine bess’re findst Du nit.
Ich nahm nur sie zum Fischen
Und stets tat ich erwischen
Forell’ und Asch damit.

Einst war ich ausgezogen
Mit ihr zum klaren Bach, --
Da fasst an einer Stelle
Die Fliege ‚ne Forelle
Mit einem Heidenkrach.

Ich wollte Schnur noch geben,
Die Spitze brach derweil, --
Da lag sie schon im Flusse…
Ich rief zum letzten Gruße
Ihr nach ein „Petri Heil“


Schaurig-schön :shock: findet Euer

Royal Coachman

Verfasst: 05.01.2007, 21:14
von Frank.
Fabelhafte Texte! Wie schön, daß sich dieser Thread zum Longseller entwickelt - auf diese Art und Weise bekommen wir wirklich eine einzigartige Sammlung zusammen.

Herzlichst, Frank

Berliner Humor !

Verfasst: 14.01.2007, 13:07
von Royal Coachman
Hallo Freunde!


Hier ein kleiner Leckerbissen aus dem Jahre 1925.


Berliner Humor !


Ick sitze
Bei 40 Grad Hitze
An diese Pfütze
Und schwitze

Ick stippe
Ins Wasser de Angelstrippe.
Uff sin de Stullen mit Wurscht.
Herjott, un der Durscht!!

De Pulle is leer,
keen Pieresel mehr;-
dot is mein Jeist,
un keen Aas beißt.

Wilh. Bl.


Royal Coachman

Verfasst: 14.01.2007, 13:29
von Frank.
Klasse, danke! Du bist wirklich die wandelnde Fundgrube der Fliefi-Literatur, mein Lieber!

Herzlichst, Frank

Frage !

Verfasst: 14.01.2007, 14:08
von Royal Coachman
Hallo Frank !

Da wollen wir doch mal an die Gemeinschaft die Frage stellen:

Was ist ein "Pieresel" ? :D

da bin ich neugierig, wer das weiß :D

freundlichst

Royal Coachman