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Verfasst: 13.06.2006, 13:51
von markus
Hallo,

hier ist mal was Aktuelles:

Hofheimer Episode am 17. September 1987

Im Aquarium der Fisch,
er bleibt schmackhaft, er bleibt frisch,
doch hat der Gast nach Fisch Verlangen,
muß dieser um sein Leben bangen.
Der Kellner greift den Fisch, den kalten,
doch fällt’s ihm schwer, den Fisch zu halten,
des Fisches Aura ist so glitschich,
wodurch dem Zugriff er entzieht sich,
bis daß der Kellner (ein Chineser)
mit einem langen spitzen Messer
den Fisch visiert und sticht hinein
– ganz tief, bis zu den Innerei’n –,
der Fisch, er zuckt, dann ist er tot
und wird serviert mit Wein und Brot.
Ins Flugzeug steigt der Dalai Lama –
der Fisch schwimmt selig im Nirwana.

Anmerkung: Am 17. September 1987 kam der Dalai Lama in die Stadt Hofheim, hielt eine Rede und ging wieder. Am selben Tag wurde in einem chinesischen Restaurant in Hofheim ein Fisch verspeist.

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Aus dem Verlag der Häretischen Blätter

TL Markus

Verfasst: 15.06.2006, 13:27
von Frank.
Von Joseph Victor von Scheffel (1826-1886) stammt, soweit ich weiß, dasjenige Gedicht über Wasserbewohner, das am weitesten in die Vergangenheit weist ... so um die 200 Millionen Jahre, wenn ich recht orientiert bin ...


Der Ichthyosaurus


Es rauscht in den Schachtelhalmen,
verdächtig leuchtet das Meer,
da schwimmt mit Tränen im Auge
ein Ichthyosaurus daher.
Ihn jammert der Zeiten Verderbnis,
denn ein sehr bedenklicher Ton
war neuerlich eingerissen
in der Liasformation.

Der Plesiosaurus, der alte,
er jubelt in Saus und Braus,
der Pterodaktylus selber
flog neulich betrunken nach Haus.

Der Iguanodon, der Lümmel,
wird frecher zu jeglicher Frist,
schon hat er am hellen Tage
die Ichthyosaura geküßt.

Mir ahnt eine Weltkatastrophe,
so kann es länger nicht gehn;
was soll aus dem Lias noch werden,
wenn solche Dinge geschehn?"

So klagte der Ichthyosaurus,
da ward es ihm kreidig zu Mut,
sein letzter Seufzer verhallte
im Qualmen und Zischen der Flut.

Es starb zu derselbigen Stunde
die ganze Saurierei,
sie kamen zu tief in die Kreide,
da war es natürlich vorbei.

Und der uns hat gesungen
dies petrefaktische Lied,
der fand's als fossiles Albumblatt
auf einem Koprolith.

Verfasst: 15.06.2006, 22:49
von Royal Coachman
Hallo Freunde !

In den 20iger Jahren des letzten Jahrhunderts war wohl die "Hochzeit" der
Fischlyrik. Es fühlten sich aber nicht nur Dichter wie Scheffel berufen ihre Ergüsse zum Besten zu geben, sondern auch einige Wald- und Wiesendichter beglückten in Fischerzeitungen die Menscheit mit ihren Machwerken.

Hier ein typisches Beispiel, der "Dichter" war ein gewisser Ludwig
Bachlechner.


Wolkenbruch


Schnelle, Forelle,
verschwinde geschwinde,
es drohet Gefahr!

Als tobe die Hölle,
stürzt Stein und Gerölle
von Schrofen und Kar.

Schmutzige Fluten
Überschwemmen die Huten,
sprengen des Bächleins enges Geleis.

Jegliches Leben
Zu morden sie streben---
Neidischen Todes strenges Geheiß.

Benütze die Ritze,
die steinichtes Ufer
gerne Dir beut.

St. Petrus beschütze
Dich Liebling und stütze
In Kampf dich und Leid

B.

Irgendwie lustig meint
Gebhard

PS: dazu fällt mir nur noch Wilhelm Busch ein:
"Es ist ein Spruch von alters her,
wer Sorgen hat, hat auch Likör"
und hat er diesen auch nicht mehr;
dann ist es aus, dann dichtet er! :D

Verfasst: 16.06.2006, 17:35
von todde
Dieser Witz geht auf meine Kosten .... :D

Einst stand ein Fischer der Fliegenzunft
am Ostseestrand, dem Gestade.

Meerforellen erhaschen wollte er, im Meer...

Geschwind geschwungen, doch nicht gelungen,
wie schade!


Nach: todde, 2006.

Verfasst: 16.06.2006, 18:13
von Dirk Janßen
@todde

Gewagtes Versmaß ;)

Gruß
Dirk

Verfasst: 16.06.2006, 19:02
von todde
Original geschrieben von Dirk/WHV
@todde

Gewagtes Versmaß ;)

Gruß
Dirk
Ja eben, ich konnte mich zwischen Sonett und Haiku nicht entscheiden; deshalb ein toddonett
Oohh, ich bin ja so stolz auf mein eigenes Metrum und seine Fuß per Vers :p

grüßinger
todde


PS: Silberfische sind durch, Hornteile auch... Wenn die Dicklippen hier sind, sollten wir aber mal los, oder nicht? Telenier doch mal. Sonst mach' ich das. Für die Hartschupper hab' ich auch ein geijoles Vidscheo mit extrem dolle Fliegenmuster.

Zum Gedichtchen: Lies es mindestens sieben (7) bis fünfundziebzig (75) mal laut hintereinander, dann erschließt sich erst der Sinn, innerlich.

Verfasst: 16.06.2006, 23:01
von Royal Coachman
Hallo Freunde!

Es gab aber auch Dichter, die sich mit der Materie befaßten, wie z.B.
Adolf Pichler :


Der Krebs

„Euer Glück will ich begründen!“
Sprach der Krebs zu seinen Jungen,
„Hört ihr, wie auf allen Straßen
Nur vom Fortschritt wird gesungen?
Darum ändert Eure Mode,
nicht mehr rückwärts sollt ihr wandern,
Wollt ihr euer Bestes suchen,
Folgt dem Beispiel doch der andern!“
Und so trat er an die Spitze,
Seine Lieben vorzuführen—
Aber ach! Trotz aller Mühe
Konnt er rückwärts nur marschieren.

Adolf Pichler


Welch ein Unterschied:Dmeint Euer
Gebhard

Verfasst: 17.06.2006, 00:11
von Dirk Janßen
Frei nach Insterburg&Co:

Die Kaulquappen im Ententeich,
die haben Füße nicht sogleich.

Sie wachsen später erst dem Tier,
es gibt ab seine Kiemen dafür.

Und dann verlieren sie ihr Schwänzelein
ich möchte nie eine Kaul . . .


Sorry for that. Hat zumindest Wasserbezug
Dirk

Verfasst: 17.06.2006, 14:16
von Dirk Janßen
Ein Mensch, mit Namen Eugen Roth,
schrieb dereinst auch was . . . :mad:
(Reimen ist ganz schon schwer ;) )

Eugen Roth (*1895 +1976), das folgende Werk müsste von 1948 sein.

DIE FISCHE
Wer in die Flüsse schaut, ins Meer,
Empfindet sie als äußerst leer;
Und wer mit Netz fischt oder Angel,
Der meint, an Fischen sei ein Mangel.
Brehm aber weiß es wieder besser,
Er sagt, die Mehrzahl der Gewässer
Sei reich an Fischen, ungemein.
Und wenn er's sagt, wird's wohl so sein.

Der Hering lebt in Salzgewässern
Teils in der Nordsee, teils in Fässern.
Auf Bänke setzt er sich zur Paarung.
Er ist des armen Mannes Nahrung,
Doch waren froh, ihn sich zu kaufen,
Bereits die Salier und Staufen.
Wenn es auch umgekehrt erst schien:
Bismarck ward weltberühmt durch ihn.
Dem Heringszug, meist fahrplanmäßig.
Folgt Wal und Hai und Mensch gefräßig.
Die Hanse, beispielsweis' in Bergen.
Ward reich einst an den Schuppenzwergen;
Das Heringsschwinden ist erklärlich.
Denn zehn Milliarden fischt man jährlich.
Den Hering, meergrün, silbern, reizend,
Hat erst der Mensch, ihn räuchernd, beizend
Und rollend so gemein entstellt.

Genauso wichtig für die Welt
Als Nahrungsmittel sind die Dorsche
Wobei ich weiter nicht erforsche,
Wie zueinander stehn genau
Aalraupe, Schellfisch, Kabeljau.

Nicht schmeckt, sogar nach Wässern, Häuten,
Der Klippfisch, Stockfisch bessern Leuten.

Hingegen Schollen sind begehrt:
Wohl dem, den eigne Scholle nährt!

Nackt, schwarz, mit langem Bart der Wels
Haust tief im Schlamm und hohlen Fels.

Schwer fängt den Lachs (den Salm) mein Reim:
Er wird, an sich im Meer daheim,
Geborn im Fluß, vertrackter Weise,
Von seinen Eltern, auf der Reise.

Der Huchen wird bis zentnerschwer.
Er geht nicht, wie der Lachs, ins Meer.

Die rotgetupfte Bachforelle
Steht häufig an der gleichen Stelle.

Teils blaugesotten, teils als resche
Bratfische ißt man Renk und Äsche.

Ob man ihn siede, brate, backe
Von auserlesnem Wohlgeschmacke
Ist, wenn zu alt nicht und verschleimt.
Der Karpfen, auf den nichts sich reimt,
Weshalb die Dichter, die den Fisch
Sonst gerne bringen auf den Tisch,
Nur selten greifen in die Harpfen,
Ein Lob zu singen auf den Karpfen.

Wer dächt bei einem Karpfenteich
Nicht an den bösen Hecht sogleich?
Lang steht er steif als wie ein Stecken,
Um jäh, dem Tiger gleich an Schrecken
Sowie an queren, dunklen Streifen,
Die armen Fischlein anzugreifen.

Der Hai ist auch ein wüster Fresser,
Der einzige Fisch, dem mit dem Messer
Wie sonst die Anstandsregel scharf
Zu Leib gegangen werden darf.

Was sonst noch haust im Reich Neptuns,
Ist, leider, viel zuviel für uns.
Der Fisch, als Fastenspeis' gepriesen
Und auch als »Steckerlfisch« der »Wiesen«,
Hat schon seit Urzeit hohen Ruhm.

Sinnbild ward er dem Christentum.
Ein armer Fischer war Sankt Peter;
Zum Menschenfischer ward er später.
Es sei drum auch die letzte Zeil
Der alte Sportgruß: »Petri Heil!«

Verfasst: 17.06.2006, 16:19
von Olaf Kurth
Das Vogel-Fisch-Gedicht----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------Wenn ich ein Vogel wäre,
dann würde ich zu einem Platz fliegen,
den niemand je erreichen würde
Und wenn auf meinem Weg
die Nacht hereinbricht,
tun sich die Sterne auf
und umgeben mich am Himmelszelt
Erst dann erkenne ich,
daß ich meinen Platz gefunden habe

Wenn ich ein Fisch wäre
dann würde ich zu einem Platz schwimmen,
den niemand je erreichen würde
Und wenn auf meinem Weg
die Nacht hereinbricht,
ist das Meer ein Spiegel für die Sterne
und ich bin umhüllt von ihnen
Erst dann erkenne ich,
dass ich meinen Platz gefunden habe.

Aber ich bin ein Mensch
und wenn ich zu dem Platz laufen würde,
so wäre bereits jemand vor mir angekommen.
Und wenn auf meinen Weg
die Nacht hereinbricht
leuchten die Sterne mir entgegen
Und meine Augen können nicht von ihnen lassen
Erst dann erkenne ich,
dass ich meinen Platz nie finden werde. (Verfasser unbekannt)

Verfasst: 17.06.2006, 17:36
von Royal Coachman
Hallo Freunde !

Arthur Schubart sollte zumindest einigen ein Begriff sein, das Buch
"die Forelle" 1908 war eines der berühmtesten Anglbücher vor dem 1. Weltkrieg. Er ist auch als Schreiber von Kurzgeschichten im Bereich Jagd und Fischerei bekannt. Hier aus seinem gereimten Anglerkalender der Monat Juni !

Gereimter Anglerkalender

von Arthur Schubart

Der Juni ist die hohe Zeit
der edlen Fliegenwasserwaid
Es blüht die hohe Angelei
All ihre Fische sind nun frei



freundlichst
Gebhard

Verfasst: 20.06.2006, 10:09
von Frank.
Was für eine wunderbare Sammlung mittlerweile! Nun fehlt natürlich noch Joachim Ringelnatz:

Kassel (Die Karpfen in der Wilhelmstraße 15)

Man hat sie in den Laden
In ein intimes Bassin gelegt.
Dort dürfen sie baden.
Außerlich etwas ausgefranst, abgewetzt —

Scheinen sie inwendig
Doch recht lebendig.
Sie murmeln Formeln wie die Zauberer,
Als würde dadurch ihr Wasser sauberer.
Sie kauen Mayonnaise stumm im Rüssel

Und träumen sich gegen den Strich rasiert,
Sodann geläutert, getötet, erwärmt und garniert
Auf eine silberne Schüssel.
Sie enden in Kommerzienräten,
Senden die witzigste von ihren Gräten

In eine falsche Kehle.
Und ich denke mir ihre Seele
Wie eine Kellerassel,
Die Kniebeuge übt. — — —

Ja und sonst hat mich Kassel
Nicht weiter erregt oder betrübt.

Verfasst: 20.06.2006, 15:57
von Royal Coachman
Hier nochmal ein Gedicht von selbigem Autor !


Er und Sie


Hingestreckt auf sand’gem Grunde
Schlank und zierlich von Gestalt
Tändelt sie gar manche Stunde
Ob es warm ist oder kalt.

Fehlt ihr auch das Rot der Lippen
Ist doch weich wie Samt die Haut;
Ihren Fächer siehst Du wippen,
Wie kokett sie um sich schaut!

Sieh, schon naht sich sehnsuchtstrunken
Ihr Verehrer sacht und still,
Doch sie hat schon abgewunken
Und entwischt, da sie nicht will.

So entwickelt sich recht niedlich
Bald daraus ein Liebesspiel;
Wird es abgeh’n ganz so friedlich?
Werden kommen sie ans Ziel?

Lieber Leser, sei bloß helle,
trau und frage nicht zuviel:
Er heißt Angler, Sie Forelle,
s’war ja nur ein Satyrspiel

Luwig Bachlechner

Verfasst: 21.06.2006, 09:28
von Frank.
Wilhelm Jordan schrieb im späten 19. Jahrhundert sogar ein Fliefi-Gedicht:

Farbenskizze

Es flattert ein Schleier
Von blendender Weiße
Im Sonnenstrahl
Vom Haupte des grauen
Granitenen Riesen
Herunter ins Thal.
Bis zur halben Höhe
Umklimmen ihn Tannen
Als schwarzgrüner Saum.
Am Fuße des Waldes
Krystallt sich zum Bache
Der mehlige Schaum.
Da nimmt ihn gefangen
Ein fichtenes Rinnsal
Und streckt ihn gerade.
Mit gesammelten Kräften
Und zornig entrauscht er
Dem zwängenden Pfade
Und taumelt, die Stufen
Der Treppe bewegend,
Hinunter am Rade.
Dicht unter der Mühle
Weit offenem Fenster
Ist rasenbelegt
Das Dach eines Schuppens,
Drauf blühende Kräuter
Ein Windhauch bewegt;
Doch scheint da noch lieber
Mit goldenen Locken
Zu spielen der Wind;
Auf dem Bänkchen der Dachfirst
Zerzupfet ein Maaßlieb
Ein herziges Kind.
Sie hält mit dem Spiele,
Ihr Händchen beschauend,
Sekundenlang ein;
Den zupfenden Finger
Umfunkelt ein Ringlein
Mit schillerndem Stein.
Wie Sommerschnee flocken
Die Blättchen hinunter
Vom gartigen Dach
Um jenseits des Rades
Von dannen zu schwimmen
Im rauschenden Bach.
Dort, wo er beruhigt
Sich weitet und rundet
Zu tieferem Becken,
Durchglitzern Forellen
Die klargrüne Tiefe
Mit scharlachnen Flecken.
Dort beugt sich ein Angler
Vom hangenden Tragstein
Der Birkenstammbrücke.
Von gebogener Ruthe
Durchtänzelt die Wellen
Die täuschende Mücke;
In farbigen Federn,
In Silber und Seide
Verbirgt sie die Tücke.
Und kommt die Forelle
Aus ihrem Verstecke
Begierig geschossen –
Empor in die Lüfte
Urplötzlich geschleudert
Mit schwirrenden Flossen
Erstickt sie, entrissen
Der heimischen Kühle,
In schrecklicher Hitze;
Denn im oberen Reiche
Entschießen der Sonne
Versengende Blitze,
Wie schön auch dort unten
In silbernen Schuppen
Sich spiegelt ihr Strahl,
Wie prächtig dort oben
Er Farben umglühn läßt
Des Ringes Opal.

Euer Frank

Verfasst: 22.06.2006, 10:00
von Frank.
Nun fehlt natürlich noch ein absoluter Klassiker - Fisches Nachtgesang von Christian Morgenstern:


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