Colorado Dream Streams
Ein Reisebericht & Fotos von Peter Ehry
Die ersten 2 Stunden habe ich erfolglos verschiedene Nymphenmuster durch das leicht angestaubte Wasser treiben lassen. Nach dem Wechsel auf das erste Streamermuster fährt ein heftiger Ruck durch die 5er Rute. Im immer noch hohen und schnellen Wasser des Uncompaghre Rivers wälzt sich eine große Cutthroat-Forelle kurz an der Oberfläche. Die Rottöne der wunderschönen Färbung leuchten auf als sie sich wenig später vom Haken löst und wieder in ihrer Rinne verschwindet. 
Ich fluche laut. Immerhin hatte ich jetzt schon mal eine dieser in Colorado heimischen Schönheiten am Haken. Beim letzten Colorado-Urlaub 2 Jahre vorher hatte ich eine riesengroße Cutthroat im seichten Uferbereich des Blue River direkt in der Stadt Dillon entdeckt, sie flüchtete aber leider beim ersten Wurf.
Beim nächsten Mal seid ihr reif, ihr roten Teufel! 
Wet Wading im Uncompaghre River

Uncompaghre River bei Ridgway

Meine Frustration schwindet, nachdem einige Minuten später eine schön gezeichnete große Bachforelle Appetit auf den Wooly Bugger hatte und in meinem neuen Gumminetz-Kescher landet.

Angestachelt durch die Ereignisse folge ich dem Fluss weiter abwärts. Hier wo die Fortbewegung nur über Pfadspuren und durchs Unterholz möglich ist, begegnet man allenfalls Amerikanern, die den Namen „Sportfischer“ auch verdienen. Die meisten Kingsize-Wathosenträger (Größe XXXL short) sind nach dem Weg vom nahen Parkplatz bis an die erste Uferpassage schon erschöpft, wo sie dann stundenlang Nymphen an tennisballgroßen Bissanzeigern servieren und doch immer mal etwas fangen.

Einer Steilufer-Passage muss ich in der Bergflanke ausweichen. Im dichten Kiefernwald stehe ich plötzlich vor einem großen breiten Fußabdruck: Bärenspuren! Ich überlege was ich einem Bären entgegenzusetzen hätte: Kescher? Da lacht er sich höchstens zu Tode. Rute? Da müsste ich schon genau ins Auge treffen. Messer? Zu kurz. Also mit viel Lärm möglichst langsam abwärts zum Fluss. Dort angekommen stellt sich heraus, dass ein Zufluss in der Farbe von Victorias Frühstücks-Kakao den weiteren Flusslauf unbefischbar macht. Also das Ganze rückwärts, immer auf Anzeichen für Bären achtend, bis in das saubere „Tailwater“ unterhalb des Stausees um dort noch die restlichen Stunden meiner von der Familie genehmigten Auszeit leider mit wenig Erfolg vor mich hin zu fischen.

Im August 2011 hatte ich endlich wieder Gelegenheit, meine Schwester mit ihrer Familie in Denver zu besuchen. Geplant war eine Familien-Rundreise im Wohnmobil und eine Woche Denver. Also wieder mal Spagat zwischen den übergroßen Verlockungen der Gewässer in Colorado und den Ansprüchen der Familie. Letztendlich hat sich alles dank der Rücksicht meiner Lieben harmonisch vereinbaren lassen und ich hatte einige schöne Stunden am Wasser.

Die Fischereimöglichkeiten in Colorado sind überwältigend und es würde viele Fliegenfischerleben dauern, alle interessanten Ecken abzugrasen (auch wenn man dort oft die Behauptung hört, dass die Zeit beim Fliegenfischen nicht auf die Lebenszeit angerechnet würde……..). Die allermeisten Gewässer sind staatliche Gewässer und damit mit der staatlichen Lizenz befischbar. Diese ist für Ausländer online für ca. 60 USD HIER zu erwerben und wird auch nach Deutschland versendet. Unter XXX kann man die Regeln und Vorschriften einsehen. In den meisten Fachgeschäften und teilweise den Supermärkten liegt ein Heft für die jeweilige Fischereisaison aus.
Da das Fliegenfischen dort sehr beliebt ist, gibt es in fast jedem Ort einen Flyshop, oft mit einer Guiding-Agentur verbunden. Dort kann man neben geführter Watfischerei auch „Floating Trips“ buchen, bei denen weite Strecken mit dem Boot befischt werden können. Ganz billig ist der Spass allerdings nicht und die Trinkgelder von 10 – 20% muss man extra einplanen. Meiner Erfahrung nach wird man in jedem Shop sehr freundlich beraten und kommt oft erst nach einer halben Stunde Fachsimpelei wieder aus dem Laden auch wenn man nichts kauft. Und es ist immer wieder erstaunlich, wie viele Amerikaner deutsche Vorfahren haben (zumindest behaupten sie es, wenn sie die Herkunft des Gasts erfahren).

Unbedingt anschauen sollte man die gigantischen Outdoor-, Jagd- und Fischereisupermärkte wie „Bass Pro Shop“ in Denver, „Sportsmans Warehouse“ oder „Cabelas“. Ein Besuch dort ist Spass für die ganze Familie und Stress für die Kreditkarte!

Unsere Reiseroute führte uns zuerst in den „Rifle Falls State Park“, der durch seine mehrläufigen Wasserfälle bekannt ist. Die Fälle werden von einem recht stark zugewachsenen Bachlauf gespeist, welcher oberhalb der Fälle auch die Zuchtanlagen einer staatlichen Fischzucht speist. Direkt am Campground kann man in den Gumpen mit feinem Zeug den aktiven neugierigen kleinen Bachforellen nachstellen.

Die Rifle Falls

An den Rifle Falls

Oberhalb der Fischzucht erreicht man nach ca. 30 min. Fußmarsch einen wunderschönen Pool mit allerdings recht launischen Fischen.
Pool oberhalb der Fälle

Die nächste Station hieß Fruita, ein Ort nahe Grand Junction, schon westseitig der Rockies Richtung Utah gelegen. Die Region ist bekannt für ihre Früchte (die Pfirsiche schmecken besonders lecker in Prosecco…) und den Weinanbau (Kellereiverkauf). Unser staatlicher Campground lag direkt am Colorado River, der sich mit seiner rotbraunen Farbe kaum von den umgebenden Sandsteinfelsen und dem roten Sandboden unterscheidet. Flyfishing impossible! Colorado hatte heuer einen sehr niederschlagreichen Winter und Frühling, sodass viele Flüsse starkes Hochwasser beziehungsweise starken Schmelzwasser-„Runoff“ hatten und erst seit 1-2 Wochen überhaupt mit der Fliege befischbar sind. Dieser Umstand erschwerte die Fischerei leider an allen Flüssen, die ich besucht habe.
Der braune Colorado River                                               Unten: Abendessen aus dem Dolores River

Da die Amis aber eine fischereiverrückte Nation sind haben viele Campingplätze Angelteiche. Auch in Fruita war so einer. Also mal sehen was da so beißt. Am Abend in der Dämmerung sehe ich vereinzelt Ringe auf dem Wasser. Die Hamburger sind aber schon auf dem Grill und ich muss den Jagdtrieb zügeln. Am nächsten Tag in der Nachmittagshitze probiere ich es noch mal. Im Uferbereich drehen die Sonnenbarsche durch und stürzen sich auf alles, was ich durchs Wasser ziehe. Ein netter Zeitvertreib mit den handlangen Burschen, aber eigentlich habe ich es auf die streunenden Schuppenkarpfen abgesehen. Die zeigen leider kein Interesse an den buschigen Nymphenmustern und ich breche die Aktion nach geschätzten zwei Litern Schweißverlust ab.
Nach einem Tagesausflug nach Moab/Utah in den Arches-Nationalpark geht es am folgenden Tag weiter nach Ridgway in den dortigen State Park. Der liegt am oben schon beschriebenen Uncompaghre River, der dort als besonders produktives „Gold Medal Water“ bezeichnet wird (In Colorado gibt es noch einige Goldmedallien zum Befischen!)

Die nächste fischereilich attraktive Station machen wir am Dolores-River in der gleichnamigen Kleinstadt. Direkt in der Stadt erlebe ich eine vergnügliche Nymphenfischerei, die uns das Abendessen beschert. Dabei stolpern wir bei der Flussbesichtigung über viele Steinfliegennymphen- Hüllen und eine ca. 60 cm lange Schlange, die unserer Victoria einen Riesenschrecken einjagt. Auch der Dolores River gehört mit seinem malerisch gelegenen Oberlauf zu den Gewässern, die einen längeren Aufenthalt zulassen würden.

Ein guter Köder im Colorado-Sommer Die Steinfliegen sind geschlüpft

Beim Sonnenbaden aufgeschreckt

Dolores River
Wir aber machen einen Abstecher in den Mesa Verde Nationalpark, um uns die Felsenstädte der Anasazi anzusehen.

Danach ziehen wir weiter nach Durango. Eine historische Eisenbahn verkehrt zwischen Durango und Silverton, einem Goldgräber-Städtchen in den San Juan Bergen. Die Trasse folgt dem Animas River, einer weiteren Goldmedallie. 

Als Fliegenfischer möchte man in jeder Kurve schnell mal aussteigen und ein paar Würfe wagen. Auf der gesamten Strecke der dreistündigen Fahrt sehe ich nicht einen einzigen Angler, dafür aber traumhafte Gumpen, Rieselstrecken und glasklare tiefe Canyonstrecken. 

Auch der Animas River hat noch ordentlich Druck.

Der Zug folgt dem Animas-River
Abends zurück in Durango hält mich nichts mehr, die Fische aber leider schon. Zwei schöne, fischlose Stunden im kalten Wasser der Stadtstrecke kühlen mich ab.

Zurück in Denver, tauschen wir das Wohnmobil gegen einen komfortablen Mietwagen und genießen die Zeit mit der Familie. Ich nutze die Tage, um das Angebot in den schon erwähnten Outdoormärkten und den lokalen Flyshops zu sichten. Trout’s Flyfishing in Denver kann ich sehr empfehlen, sehr freundlich, informativ und sehr gut sortiert.

Doch die Ruten haben noch nicht ausgedient in diesem Urlaub. Ein Tag am Clear Creek, den ich auf Empfehlung von Cody in Trout’s Flyshop (hat auch deutsche Vorfahren…..) befische, beschert mir einen wunderschönen Tag mit quicklebendigen kleinen Bachforellen, die abwechselnd den als Bissanzeiger montierten Schaumstoff-Grasshopper oder den kleinen roten Copper John attackieren.

Nur eine halbe Stunde Fahrt kostet das Vergnügen, dann steht man im Flusstal, das fast durchgehend von der Strasse begleitet wird, die einen einfachen Zugang gewährleistet.

Kleine Schönheit aus dem Clear Creek bei Denver

Ein letzter Ausflug führt mich in die South Park Region, wo ein Freund der Familie meiner Schwester recht einsam und abgelegen lebt. Er ist Fischereiaufseher am Privatwasser des Tarryall Creek, einem wunderschön durch die Wiesen mäandernden ca. 3-5 Meter breiten Flüsschens mit gutem Bestand an Bach- und Regenbogenforellen. Früh am Morgen rührt sich zuerst mal gar nix, weder am Hopper noch an der Nymphe darunter. Mit steigendem Sonnenstand werden die Vorbilder unserer Bissanzeiger aktiv und die Fische attackieren teils heftig den schwimmenden Schaumstoff. Ich wundere mich wieder einmal, auf welche grellen Farb- und Materialkombinationen so eine Forelle scharf ist. Jedenfalls schneide ich die Nymphe jetzt weg und die verbesserte Plazierung bzw. Drift bringt mir noch einige schöne rotgetupfte Bachforellen.
Oben und Unten: Am Tarryall Creek

Viel später als vereinbart komme ich schließlich wieder nach Denver zurück, stoße aber auf viel Verständnis bei meiner Familie. Die letzten Tage verbringen wir in der Stadt beim Shoppen und Packen für die Abreise. Nach drei wunderschönen Wochen starten wir dann Freitag abends die Heimreise. Wir sind uns alle einig: Colorado sieht uns bald wieder!

Leser-Service / Linksammlung:
- Fischereilizenz und -Infos
- Bass Pro Shop
- Cabelas
- Colorado State Parks
- Durango Silverton Schmalspurbahn
- Cutthroat Anglers Shop
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Ein Bericht und Fotos von Peter Ehry für www.fliegenfischer-forum.de - November 2011.
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