YUKON 2005
3. Guided Fishing: Lake Laberge und Yukon River


Bericht und Fotos von Hans-Werner Schneider

Wer neu im Yukon ist, oder erstmals ein ihm bis dahin unbekanntes Gewässer zu befischen beabsichtigt und den Erfolg seines Angelvorhabens sicher stellen will, ist gut beraten, sich in die Obhut eines professionellen Guides zu begeben. Der Guide besitzt alles, was der Neuling oder Gewässerunkundigen nicht hat. Er verfügt über Erfahrung, Ortskenntnis, das Wissen darüber, was, wann, wo, wie und womit zu fangen ist, und natürlich die entsprechende Ausrüstung. Selbstverständlich hat das – wie alles Anspruchsvolles im Leben – seinen zugegebenermaßen nicht ganz geringen Preis. Doch hat schon mancher, dem noch am Morgen  500, -- kanadische Dollar für einen Tag Guiding als zu hoher Preis erschienen waren, am Abend, wenn er nach einem aufregenden Fischtag mit einer zuvor nicht für möglich gehaltenen Ausbeute an Fischen, Erlebnissen und Naturbeobachtungen wieder heil und sicher aus Gebieten zurückgebracht worden ist, die er allein auf sich gestellt nie erreicht hätte, erkennen und einsehen müssen, dass es Dinge zwischen Himmel und Erde gibt, die mit Geld einfach nicht zu bezahlen sind.
Nur wenige Autominuten von unserer Hütte am Fox Lake entfernt liegt der riesige Lake Laberge, in den an seinem Südende der mächtige Yukon River einmündet, um ihn an seinem Nordende nach gut 30 Meilen wieder zu verlassen. Von einer Anhöhe aus schweift unser Blick über die tiefblaue, von felsigen Ufern umrandete Wasserfläche. Hier wollen wir die großen See-Namaycush-Saiblinge fangen, die uns am heimischen Gewässer bisher verwehrt geblieben sind.
Dazu haben wir schon von Deutschland aus per Internet Rob Hewer, Chef und Guide des Unternehmens „Spirit of the North Guides“ für diesen Fischtag gebucht. Wir treffen ihn, wie verabredet, in einer kleinen Seitenbucht des Sees, dort, wo sein Boot liegt. Alles an ihm erweckt vom ersten Augenblick an den Eindruck von Zuverlässigkeit und Gediegenheit. Dasselbe gilt für sein Boot, das mit allem ausgestattet zu sein scheint, was für einen Wildnistrip vonnöten ist. Sogar das Bären-Frühwarn-System in Gestalt einer hell-beigen Retriever-Hündin namens Kathy ist vorhanden. Beim Einladen stellen wir fest, dass wir unser eigenes Angelgerät gar nicht gebraucht hätten. Eine reichhaltige Kollektion an bestückten Ruten samt Zubehör befindet sich an Bord. Bald darauf brausen wir mit voller Motorkraft auf den See hinaus, herrliche Landschaften mit schneebedeckten Gipfeln am Ufer zurücklassend.
Nach etwa viertelstündiger Fahrt drosselt Rob in der Nähe einer felsigen Uferlandschaft den Motor, um die Trolling-Ruten auszusetzen und nahezu handlange, silberne Blinker auf eine Tiefe von etwa 20 m hinabzulassen, dorthin, wo das Echolot Fische optisch und akustisch anzeigt.
Mit verringerter Geschwindigkeit, immer in Ufernähe bleibend, schleppen wir die Köder hinter uns her. Aufmerksam beobachten wir die gekrümmt vibrierenden Ruten, gespannt den ersten Biss erwartend. Diese Art von Angelei kommt besonders Erwin, dem Angel-Neuling, zugute, da man hierfür ja keine besonderen Vorkenntnisse und Fertigkeiten braucht. Zudem ist abgesprochen, dass der erste Fisch ihm gehören soll, damit er zu Hause am Stammtisch ein ordentliches Erinnerungsfoto von Fisch und Fänger vorzuweisen hat. Und so ist er es auch, der, nachdem das plötzliche Aufkreischen einer der beiden weich eingestellten Rollen uns unvermittelt aus unserer konzentrierten Ruhe gerissen hat, die Rute aus der Halterung nimmt und einen ersten spannenden Drill beginnt. 
Viel Schnur gewinnt er zunächst nicht zurück, denn er drillt anfangs eher zögerlich, während sein starker Kontrahent immer wieder kraftvoll davon schießt. Mit einiger Mühe, begleitet von manchen gut gemeinten Zurufen und Ratschlägen unsererseits, gelingt es ihm aber dann schließlich doch, den Fisch in Nähe des Bootes und vor allem des Keschers zu bringen. Rob erledigt den Rest, und – von der ungewohnten Anstrengung gezeichnet – hält Erwin glücklich seine prächtige Beute in den noch etwas zittrigen Händen. „Petri Heil!“ und „Congratulations!“ erschallt es zu gleicher Zeit. Die Kamera hält den Bildbeweis fest.
Nachdem die Ruten neu ausgelegt sind, lässt der nächste Biss nicht lange auf sich warten, und nun ist die Reihe an mir, den Kampf mit einem solchen Gefleckten aufzunehmen. Der Druck, den er auf das Gerät ausübt, ist beträchtlich. 
Nach den ersten ungestümen Fluchten gelingt es mir, durch Heben und Senken der Rute, das sogenannte „Pumpen“, den Abstand zwischen uns nach und nach zu verringern. Als er schon in Bootsnähe ist und ich schon glaube, gewonnen zu haben, schießt er plötzlich unversehens wieder los, so, als hätte ihn der bisherige Kampf überhaupt keine Kräfte gekostet, und das Spiel beginnt von neuem. Wieder pumpe ich ihn mühsam heran, und wieder entweicht er mir in die Tiefe. Noch zweimal zeigt er danach, wie groß seine Kraftreserven sind. Dann werden seine Fluchten kürzer. Ein letzter energischer Zug bringt ihn schließlich an die Oberfläche, wo Rob ihn per Kiemengriff den Fluten entreißt! „Petri Heil!“,  Heißt es nun auch für mich, und ich bewundere den herrlich gezeichneten Saibling. Auch er ist um die 80 cm lang und dürfte etwa 7,5 kg auf die Waage bringen. Natürlich weiß ich, dass hier und auch sonst im Yukon weitaus größere und schwerere Laketrouts gefangen werden, und natürlich könnten wir hier noch stundenlang weiterfischen, um noch mehr und noch größere Exemplare zu fangen, doch sind wir mit dem Ergebnis unseres Laker-Fischens jetzt bereits vollauf zufrieden, zumal schonkurz nach dem nächsten Ablassen des Köders wieder ein Fisch anbeißt, der sich nach entsprechendem Drill als ein nur unwesentlich schwächerer erweist. Ihm schenken wir wieder die Freiheit, und da mir von den starken Drills außerdem die Hände wehtun, nehmen wir das Angebot unseres Guides zum Lunch und einer Mittagsrast an Land mit Freuden an. 
In einer windgeschützten Bucht, einer von Robs Lieblingsplätzen für solche Zwecke, bereitet er uns ein warmes  Mittagsmahl, bestehend aus Gulaschsuppe, heißen Sandwichs, Kaffe und köstlichen Muffins und Donuts. Es schmeckt herrlich in dieser unberührt wirkenden Natur. Wir haben übrigens bis dahin auf dem riesigen See weder ein weiteres Boot noch ein Wasserflugzeug gehört oder gesehen. Die Landschaft gehört uns ganz alleine, und das sollte sich auch bis zur abendlichen Rückkehr nicht ändern – unbegreiflich für unsere überfüllten Verhältnisse zu Hause!
Nach dem Essen sind wir zu neuen Taten bereit. Rob bietet uns ein Hechtfischen an einer seiner Top-Stellen an. Mir aber steht nach dem doch etwas groben Trolling-Fischen der Sinn jetzt eher nach leichter Fliegenfischerei mit der geliebten 5er Rute, zumal unser Guide alternativ dazu von einem wahren Traumplatz für Äschen am Yukon River schwärmt. Allerdings müssen wir dazu zuerst die restlichen etwa 20 Meilen des Lake Laberge hinter uns bringen, um dann in den dort nach Norden hin auslaufenden Fluss zu gelangen. Erwartungsvoll packen wir zusammen und brechen zur langen Fahrt in Längsrichtung des Sees auf. Insgesamt legen wir an diesem Tag – die Rückfahrt  mit eingerechnet – gute 60 Meilen, also rund 100 Kilometer, mit dem Boot zurück. Wieder ziehen an den Ufern phantastische Landschaftsbilder in schnellem Tempo  an uns vorüber. Große Schutzscheiben, über die gesamte Bootsfront verteilt, wehren dabei Wind und Spritzwasser ab, so dass die rasante Fahrt relativ gemütlich verläuft, sieht man einmal von gelegentlich harten Schlägen und Stößen gegen die Wasseroberfläche ab. 
Am rechten nördlichen Ufer des Lake Laberge  verlässt der Yukon  den See, und schlängelt sich  als sogenannter Thirty Mile River bis zu seinem Zusammenfluss mit dem Teslin River. Erst nach der Vereinigung mit diesem trägt er wieder den Namen Yukon River. So fahren wir also den Thirty Mile ein gutes Stück stromab, um zu Rob’s Super-Äschenplatz zu gelangen. Bereits unterwegs aber beginnt unser Guide mit der Fischerei auf die Fahnenträger.  Langsam und dicht am Ufer entlang fahrend, lässt er einen kleinen Spinner an einer leichten Trolling-Rute durch die klaren, tiefen Gumpen ziehen. Es dauert auch nicht lange, bis der ersehnte Ruck durch die Rutenspitze fährt, und so kann auch Erwin seine erste Polaräsche fangen.
Rob hält das schöne Stück beim Fototermin. 
Wir wiederholen dieses Spiel noch zwei-, dreimal, dann aber drängt es mich, endlich zum Fliegenfischen zu kommen. Unser Boot nimmt wieder Fahrt auf, und nur wenige Minuten später sind wir am Ziel. Es handelt sich dabei um eine kleine baumbestandene Insel, die in Ufernähe kurz vor der Einmündung eines kleinen Nebenflusses liegt. 

Von ihr aus erstreckt sich ein langer Zug ruhigen Wassers, der bis dorthin reicht, wo Haupt und Nebenströmung sich treffen und ihre Fluten zu mischen beginnen. Deutlich ist  zu erkennen, wo der gelb-braune Sandgrund des Flachwassers in das grüne Dunkel der Stromtiefe abfällt: ein idealer Standplatz für die begehrten Schuppenträger! 

Im Nu ist die Rute montiert und schickt die kleine CDC-Fliege auf ihre erste Luft- und Wasserreise.
Wie gewohnt fische ich mit gestrecktem Wurf stromauf und mit dem zurück gezogenen stromab.

Die Fliege treibt auch sauber am gestreckten Vorfach dahin, ab und zu buckelt auch etwas ganz in ihrer Nähe, nur einen verwertbaren Biss erhalte ich so nicht. Mehr aus Versehen als gewollt, halte ich sie dabei einmal kurz an, so dass sie einen Moment lang ins Dreggen kommt, und schon hake ich den ersten Fisch. Neugierig geworden, versuche ich dasselbe noch einmal, und wieder habe ich Erfolg. Rob, der sich inzwischen als Kameramann betätigt, meint dazu lachend, dass es die Äschen hier eben auf diese Art und Weise mögen. Und so will ich sie auch nicht enttäuschen. Um es kurz zu machen: was ich hier in der nächsten Stunde erlebe, wünsche ich jedem Anglerkollegen, der sich einmal so richtig ausfischen möchte. 
Ich fange Fisch auf Fisch, ausnahmslos schöne Polaräschen, die aufgrund ihrer eigenen Stärke sowie von der kräftigen Strömung unterstützt, einen guten Kampf am 16er Vorfach liefern. Alle werden schonend von der vorschriftsmäßig widerhakenlosen Trockenen befreit und zurückgesetzt. Für die Pfanne brauchen wir ja heute nichts mehr, sind uns doch die beiden großen Lakers an Proviant mehr als genug. Genug habe ich auch dann vom Fischen und begebe mich dankbar zum Rastplatz auf der Insel, wo Erwin und Rob mich mit frisch gekochtem Kaffee und den Köstlichkeiten aus seiner mehr als reichlich gefüllten Proviantbox bereits erwarten. Von hier aus geht der Blick noch einmal über die uns umgebende herrliche Flusslandschaft. Ein leichter Regen treibt uns schließlich unter das schützende Bootsdach und beschert uns dazu  - als wären wir heute noch nicht genug beschenkt worden – einen farbenfrohen Regenbogen über dem Fluss. Und als ob es damit immer noch nicht genug wäre, präsentiert sich uns auf der Heimfahrt noch ein prächtiger Weißkopfseeadler.
Auf unserer langen Rückfahrt über die Weiten des Lake Laberge hält Rob in einer stillen Bucht noch einmal an, um unsere Fische fachgerecht für den Verzehr zu filettieren. Am Abend in der Hütte wollen wir sie, in Butter gebraten, als delikate Spätmahlzeit verspeisen.
Dort wieder glücklich angekommen, lassen wir auf unserer Terrasse sitzend, diesen in vielerlei Hinsicht so reichen Tag bei einem guten Tropfen noch einmal in Gedanken an uns vorüberziehen. Wie viel hat er uns gegeben, und wie viel davon haben wir unserem freundlichen, fach- und sachkundigen Guide Rob Hewer zu verdanken! Mit freundlichen Gedanken an ihn und das, was er uns geboten hat, schauen wir auf unseren See hinaus und genießen die letzten Strahlen der langsam hinter ihm untergehenden Sonne.

Fortsetzung folgt....

Info am Rande: Unseren Guide Rob erreichen Sie über seine Website: www.spiritnorth.yk.ca/index.html


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