Mit der Fliege auf große Döbel
von Dr. Stefan Weigelt
Vorbemerkung

Wer an einem Gewässer der Barbenregion abwärts zu Hause ist, oder wer den Döbel in seinem Salmonidengewässer zu Gast hat (mehr oder weniger gern), der sollte sein Glück auf diese Fische auch mal mit der Fliegenrute probieren. Ich habe vor einigen Jahren hier vor der Tür mit der Ruhr ein solches Mischgewässer kennen- und schätzen gelernt, indem sich neben Forellen, Äschen und anderen Arten auch viele - wohl zu viele - Dickköpfe tummeln. Beim Fischen auf Forellen machte ich schon früh Bekanntschaft mit Döbeln und zwar waren es gleich zu Beginn – wohl eher zufällig - die größeren Exemplare. Und gerade die sind es, denen nachzustellen eben besonderen Spaß macht. Wer kann schon für sich reklamieren, in unseren normalen Breiten regelmäßig mehrpfündige Fische zu haken??

Darüber möchte ich hier berichten und meine Erfahrungen schildern. Ich habe dazu im Jahr 1999 ca. 2 ½ Wochen lang fast jeden Morgen gefischt und konnte etliche mehrpfündigeDöbel haken. Wie immer sind dies jedoch meine subjektiven Erfahrungen und Einschätzungen und entsprechend vorsichtig sind sie für andere Gewässer zu interpretieren. Und wie immer im Leben gibt es garantiert auch andere Methoden, zum Erfolg zu kommen!

Wasser und Fangzeit

Die Ruhr ist in dem von mir befischten Abschnitt ca. zwischen 10-40m breit und ca. 0,5-3m tief. Es gibt Rauschen, Riesel, Strömungsrinnen und tiefe Löcher. Es ist der letzte Teil des Flusses, den man im weitesten Sinne noch als "salmonidentauglich" bezeichnen kann. Im Sommer wird das Wasser schon recht warm. Die Strömung ist in den meisten Teilen mäßig, bei steigendem Wasser beizeiten auch recht druckvoll. Man kann also sagen, es handelt sich um einen typischen Mittelgebirgsfluss mit wenig Gefälle. Aufgrund der Verbauung gibt es wenige natürliche Strömungshindernisse und es gibt wenig Pflanzenwuchs. Interessant für die Döbelfischerei ist allerdings, dass das Ufer teilweise mit Buhnen befestigt wurde (Fotos folgen, falls mal wieder die Sonne scheint...).

Der erste Tipp, den ich weitergeben möchte ist: früh aus den Federn. Ich habe fast alle meine großen Döbel morgens gefangen, keinen tagsüber und abends nur ganz vereinzelt. In der Regel hakte ich die Fische an Sommertagen ein bis zwei Stunden nach Sonnenaufgang. Da die beste Fangzeit m.E. Juni - August ist, kann das also eine frühe Angelegenheit werden. Ich persönlich bin immer mit den ersten Sonnenstrahlen am Wasser und so auch früher da als die Kormorane, die nach mehreren ungläubig gezogenen Kreisen immer ziemlich beleidigt abziehen, wenn ich bereits an den besten Stellen stehe <g>. Anders gesagt, hat man Kormorane am Wasser, sollte man mal ganz früh morgens auf die Pirsch gehen – dann sieht man erst, wie viele schwarze Vögel wirklich in den Fluß einfallen, an dem vielleicht tagsüber kein einziger davon gesehen wird.

Wer das Glück hat, ein Gewässer in der Nähe zu haben und seine Arbeitszeit relativ frei einteilen zu können, wird nach so einer morgendlichen Pirsch gegen 9.00 Uhr entspannt zum Schaffen gehen können. Dass man abends früher müde ist, stört dann höchstens die Frau ;-))

Also, früh am Wasser!!

Am besten, so scheint es mir, sind längere Schönwetterperioden, ruhig auch höhere Temperaturen. Aber auch im morgendlichen Sprühregen ging überraschenderweise schon was (das allerbeste Wetter ist ja bekanntlich immer dann, wenn man auch fischen geht).

Ausrüstung

Ich verwendete bisher immer etwas kräftigere Ruten der Klasse 5. Dazu benutzte ich früher eine Sinkschnur, heute eine Schußkopf-Schnur nach Art der Deep&Down mit 120-150 grain, eventuell vorn etwas eingekürzt. Der Vorteil: man kann auch in starker Strömung etwas tiefer fischen. Erstaunlich ist in diesem Zusammenhang immer wieder, wie schnell selbst eine mäßige Strömung in einem etwas tieferen Fluß beschwerte Vorfächer und Leinen an die Oberfläche drückt. 

Man glaubt immer, einen Meter tiefer zu fische als es tatsächlich der Fall ist. Ins Backing ist mir bisher noch keiner der Fische gegangen, aber man sollte damit für den Fall der Fälle nicht geizen. Als Vorfach benutze ich 0,25mm Monofil, direkt an die Schnur geknüpft, ca. 50-70cm lang.. Ich hatte allerdings schon einige massive Bisse mit sofortigem Abreisser (große Forellen oder Hechte?), so dass ich auch schon zu 0,30er gegriffen habe.
 

Da hat sich das frühe Aufstehen gelohnt, 4,5 und 3,5 Pfund und als Zugabe noch eine gute Bachforelle...

Fliegen

Die besten Fänge habe ich mit Streamern gemacht, die auf Hakengrößen 8-12 gebunden wurden. Zum einen bewährte sich mein "Wonderbugger" (eine Art Whooly Bugger in schwarz, siehe Foto, Bindeanleitung im Fliegenlexikon auf dieser Website).

Unten: "Wonderbugger", eine Art "Whooly Bugger" und gelber Eichhorn-Streamer

Besser lief – auch auf Forellen – ein Streamer mit gelbem Seidenkörper und Eichhörnchenflügel. Ich habe auch zahlreiche Versuche mit der Trocken-, Nassfliege und Nymphe gestartet, damit zwar oft auch Döbel, allerdings nie einen der größeren Fische erwischt. Interessant scheint mir, dass die Grösse 8 ein gewisses Optimum darzustellen scheint, ich habe es bei gleichem Muster auch schon oft mit der Größe 4 und 6 probiert, aber keinen Fisch fangen können.

Ein Trio Halbstarker Döbel, gefangen auf "Wonderbugger"

Die besten Stellen

Die besten Stellen sind zweifellos in der Nähe von tiefen Kehrwassern und Buhnen zu finden. Besonders gut scheinen Ecken zu sein, bei denen seichte Kiesbänke in der Nähe sind. Hier stehen die Fische morgens oft im Flachwasser (übrigens auch große Forellen). Aber auch Löcher unter Büschen sind immer einen Versuch wert. Gut sind auch Stellen vor Hindernissen, z.B. Steinschwellen.

Da hatte vor mir schon mal jemand sein Frühstück zu fassen versucht...

Die Art zu Fischen

Ich fische immer so, dass ich die Möglichkeit habe, den Streamer von der Strömung in die fängigen Stellen hineintreiben zu lassen. So stelle ich mich immer etwas schräg stromauf der verdächtigen Stellen ans gegenüberliegende Ufer ca. 5m ins Wasser. Beispiel: gegenüber von Buhnen vor der Hauptströmung stehend werfe ich schräg stromauf zwischen zwei Buhnen, lasse absinken, mende bei Bedarf und lasse die Fliege vor den nachfolgenden Buhnenköpfen aufsteigen. Da gibt’s die meisten Bisse. Anschließend an langer Leine durch die Hauptströmung abtreiben lassen und anhalten, bis zur Strömungskante auf den Flachbereich am eigenen Ufer schwenken. Oft beisst hier im Flachwasser auch ein guter, allerdings meist nicht so grosser Fisch! Also, im Prinzip "klassisches" Streamern.

Bisse und Drills

Große Döbel beißen vehement und bei dieser Art zu fischen hat man ja meist direkten Kontakt zum Fisch – der Adrenalinspiegel steigt schlagartig. Jedesmal glaubt man, nun den ganz großen Fisch gehakt zu haben. Es gibt einen vollen Schlag in die Rute. Man kann richtig "süchtig" werden nach diesen Anbissen... Im Gegensatz zu Forellen gestalteten sich aber die Fluchten insgesamt gemäßigter, so fehlt u.a. das wilde Rupfen an der Rute. Später im Drill stellen sich die Fische in die Strömung, lassen das Gewicht wirken und man muß gut dirigieren und den Fisch ins ruhige Wasser bringen. Darauf reagieren sie meist zunächst unwirsch mit kräftigen Fluchten. Bis dann wirklich Ruhe ist, kann es etwas länger dauern...

Zusteiger

Bei dieser Art zu fischen habe ich im Morgengrauen quasi als Zugabe schon viele Forellen gefangen, darunter meine größten Exemplare in diesem Flußabschnitt. Wie erwähnt hatte ich aber auch vehemente Abreisser. Mit Hechte ist vermutlich immer zu rechnen, wenngleich die Fliege mit Größe 8 recht klein ausfällt. Wenn ein kleinerer "Wonderbugger" montiert war, fasste auch schon mal eine Barbe zu (besonders dann möglich, wenn man die Schnur stark absinken und über Grund schleifen läßt).

Schlußbemerkungen

Man kann sicher lange darüber diskutieren, ob Döbel nun vor dem Abhaken "doch noch zufällig entkommen" oder der bekannten "sinnvollen Verwendung" zugeführt werden sollten. Ein reines Salmonidengewässer wird hier möglicherweise eher gepflegt, als ein Mischgewässer, in dem der Fischer den Döbeln sowieso nie Herr werden wird.
Ich habe sie jedenfalls kennen- und schätzen gelernt, die "dicken Dickköpfe" und freue mich schon auf den nächsten Sommer.

"Beifang" beim Döbelfischen...

Streamer - Bindeanleitung:

Haken 8-12, Schwanz: braune Hahnen-Federfibern, Körper gelbe Seide, Goldrippung medium, Barthechel braun, Flügel: ein nicht zu kräftiges, Büschel Eichhörnchen-Schwanzhaare natur, Kopf schwarz, Kettenaugen, silber oder gold.

"Wonderbugger"

Haken 10-16, Schwanz schwarzes Marabou, Körper Pfauenfibern. Rippung: Bindegarn. Kopf eventuell Goldperle. Möglicherweise Kopfhechel Henne schwarz.

Literatur:

Hermann Klier (2000): "Neues Fliegenfischen auf Döbel, Rotauge, Karpfen und co.", Müller-Rüschlikon-Verlag. (29,80 DM), zu bestellen über diese Website.
(Bücher-Ecke).

Stefan Weigelt