Steelheadfischen im Winter – Nix für Mädchen…
Ein Beitrag und Fotos von Wolfgang Möller
Haben Sie schon einmal mehrere Tage bei Minustemperaturen in eiskaltem Wasser gefischt? Falls ja, dann können Sie meine Erlebnisse gut nachvollziehen, falls nicht, lesen Sie doch einmal den nachfolgenden Bericht meiner Tour nach British Columbia im April 2007.

Seit Jahren bin ich ein überzeugter Steelheader und nachdem ich bereits einige Male im Frühsommer und auch im Spätherbst in der Skeena Region um die Kleinstadt Terrace in British Columbia erfolgreich auf Steelhead gefischt hatte, wollte ich einmal ganz früh zum Saisonbeginn den ersten Steelheadrun befischen. Normalerweise beginnt der Frühjahrsaufstieg der Steelhead im April, dies hängt jedoch auch von den Temperaturen und dem Wasserstand ab.

Spontan entschied ich mich im März, für Ende April eine Woche mit meinen Freunden Stan und Kori Doll (Inhaber von Skeena Wilderness Fishing Charters) auf Steelhead zu fischen. Die Fischerei war auf Grund der milden Temperaturen erstklassig, schon Anfang März waren viele frisch aufgestiegene Steelhead im Skeena System und auch bereits in den Nebenflüssen. Der Flug war schnell gebucht (Frankfurt-Vancouver und dann weiter von Vancouver nach Terrace B.C.) und ich konnte kaum erwarten, am Wasser zu sein.

Eine Woche vor Reisebeginn jedoch der Schock; in der Skeena Region hatte ein 2 Tage andauernder Schneesturm einen Temperatursturz von über 15 Grad verursacht, die Nachttemperaturen lagen bei minus 5 Grad und tagsüber lagen sie gerade einmal über 0 Grad. Die Wettervorschau für die kommenden Wochen sagte zwar wärmeres Wetter voraus, aber erst einmal war es kalt und winterlich.

Das hieß für mich, noch mehr warme Bekleidung einpacken. Im Laufe der Jahre habe ich viele wärmende Fleecebekleidund förmlich gesammelt (die Patagonia und Simms Werbung sieht ja immer so schön aus!) und endlich konnte ich sie auch einmal benutzen. Meine beiden Reisetaschen waren nun endgültig bis zum Bersten gefüllt, aber wer will schon gerne beim Fischen frieren?

Den ersten Tag fischten Guide Kori und ich am Kitsum Kalum, die besten Spots liegen ca. 2-3 Kilometer oberhalb der Mündung in den Skeena River. Es war nachts immer noch kalt und erst gegen 10.00 Uhr stiegen durch den Sonnenschein die Temperaturen über 0 Grad. Dies hieß jedoch, nach jedem zehnten Wurf die Rutenringe meiner Zweihandrute vom Eis zu befreien. 
Der Wasserstand im Kalum war extrem niedrig, daher konnten wir bequem fast überall die gesamte Flussbreite befischen. Der Tag fing super an, an einem Spot bekam ich innerhalb von 10 Minuten drei Bisse, der erste Fisch ging direkt wieder ab und die anderen beiden releasten sich selbst nach einem kurzen, aber heftigen Drill. Die Gründe hierfür wussten wir nicht und eine gewisse Ratlosigkeit kam kurz auf.
Nachmittags schien die Sonne etwas stärker, was uns beiden sichtlich gut tat, denn trotz warmer Bekleidung und Handschuhen sind die Füße und Hände irgendwann eiskalt. 

Die Sonne schien auch die Fische zum Beißen zu animieren, denn kurz nacheinander fingen Kori und ich je eine silberblanke, frisch aufgestiegene Steelhead von ca. 12 Pfund, die einen erstklassigen Fight lieferten. 

In B.C. ist catch & release für Steelhead Pflicht, daher setzten wir die Fische nach einem Photo schnell wieder zurück in ihr Element.

Der Fang und der Drill einer Steelhead entschädigt für tagelanges Fischen ohne Biss und gibt einem auch wieder die Ausdauer für weitere Mühen zurück. Wir fischten also weiter, jedoch ohne Erfolg. Sobald die Sonne hinter den Bergen verschwand, wurde es schlagartig kalt und wir hörten auf zu fischen.

Die Temperaturen stiegen nun von Tag zu Tag, jedoch hieß dies, dass tagsüber häufig ein kalter, unangenehmer Nieselregen oder auch Schnee vom Himmel kam, da war mir die Kälte mit Sonnenschein dann doch lieber.
Um es kurz zu machen, die nächsten 4 Tage fischten wir ununterbrochen 
(hunderte Male Cast & Walk, Cast & Walk…), jedoch ohne jeden Erfolg.

Stan Doll meinte „The mouth of the fish are zippered“ und ich stellte mir vor, wie ein Steelheadmaul mit einem Reissverschluss wohl aussehen würde. 
Wie sagen alle erfahrenen Guides immer so schön „Fishing is not catching!“.

Am 6. Tag fuhren wir Richtung Meer und fischten am Skeena. Um dorthin zu gelangen, mussten wir fast eine Stunde durch Schneewehen und diverse Seitenkanäle gehen. Nach 10 Minuten durch knietiefen, harten Schnee kommt man sich vor wie nach einem Marathonlauf und wir mussten des Öfteren eine kleine Pause einlegen. Zu allem Überfluss fing es auch noch an zu regnen und ein böiger Wind blies uns ins Gesicht.

Wir fischten eine ca. 50 m breite Stelle am Skeena, kurz vor einer Rausche. Das Wasser war stark strömend, ideal für Steelhead, und maximal 60 cm tief. Wir fischten nur 5 bis 10 Meter vom Ufer entfernt, weil sich dort einige größere Steine im Wasser befanden, hinter denen sich Steelhead gerne stellen. 
Nach kurzer Zeit hatte ich einen heftigen Biss, aber der Fisch ging nach einem kurzen Drill wieder ab. Vergessen war auf einmal das schlechte Wetter, was so ein Ruf „Fish on!“ doch alles bewirken kann.
Kori und ich fingen auf einer Länge von nicht einmal 20 Meter einige sehr schöne Dolly Varden Saiblinge, alle silberblank und wunderschön anzuschauen.
Dann bekam ich auf einmal einen harten Biss, nur ca. 5 Meter direkt vor mir, das Wasser war dort höchstens 40 cm tief. Der Fisch nahm in einem Rutsch die gesamte Schnur bis weit in das Backing hinein und sprang dabei mehrmals. Ich merkte sofort, dass dies ein großer, schwerer Fisch sein musste, denn er stellte sich draußen in die Strömung wie ein Stein. Immer wenn ich 5 Meter eingekurbelt hatte, zog der Fisch diese Länge gleich wieder ab und das mehrere Male hintereinander. Nach einiger Zeit konnte ich ihn in Ufernähe drillen, aber kaum war er im flachen Wasser, machte er die gleiche Flucht wie am Anfang. Nach einer halben Ewigkeit und schmerzenden Armen konnten wir den Fisch dann doch landen. Es war ein Steelhead Buck, also ein Männchen, in allerbester Kondition und einer traumhaften Zeichnung. So stellt man sich einen perfekten Fisch vor!
Durch den langen und harten Drill war der Fisch stark geschwächt und nach dem Fotografieren wateten wir soweit in den Skeeena hinein, wie es die Strömung zuließ und entließen ihn in die Freiheit, nicht ohne ihn einige Minuten gegen die Strömung zu halten, damit reichlich Sauerstoff über die Kiemen in sein Blut gelangen konnte. Die häufigste Todes- ursache von großen Fischen nach einem langen Drill ist der Überschuss an Adrenalin im Fisch- blut, welches die Sauerstoffaufnahme derart behindert, dass der Fisch daran sterben kann.
Nach diesem aufregenden Drill war irgendwie die Luft raus, darüber hinaus waren wir beide durchnässt und froh, im warmen Auto zurück zu fahren.
Abends feierten wir den Erfolg mit einer guten Flasche Rotwein. Nachdem ich im Sessel fast eingeschlafen bin, habe ich mich in mein Bett geschleppt und wunderbar geschlafen, möglicherweise habe ich auch den Drill nochmals im Traum durchlebt.
Am letzten Tag fischten wir wieder am Kalum, das Wasser war leicht angetrübt und  gestiegen, was eigentlich ideal ist, jedoch wieder den ganzen Tag kein einziger Biss.
Ich wollte immer schon einmal der harte Steelheader sein und im Schneetreiben fischen, aber dass alles so mühsam werden sollte, habe ich dann doch nicht gedacht. Daher stimmt der Spruch von einem meiner Kumpel: 
Steelhead fischen ist nix für Mädchen, sondern nur was für harte Jungs!
Manch einer bekommt sein Leben lang nicht solch einen großen Fisch wie den, den ich im Skeena  gefangen hatte, aber dennoch hatte ich mit etwas mehr Fängen gerechnet.

Ohne Frage sind für eine Woche Steelhead fischen zwei gelandete und vier im Drill verlorene Fische ein guter Schnitt.

Entscheidend war wieder einmal das Wetter, solch einen Wintereinbruch Anfang April hat es angeblich seit über 20 Jahren in Terrace nicht mehr gegeben.

Wie heißt es doch immer so schön: „Shit happens…“

Für weitere Informationen über das Steelhead fischen in der Skeena Region schauen Sie einmal auf meine Website www.bc-steelhead.de, über ein Feedback oder auch Fragen würde ich mich freuen. 
Ich wünsche Ihnen „Always Tight Lines and Dry Socks“!   Ihr Wolfgang Möller
Ein Bericht von Wolfgang Möller für www.fliegenfischer-forum.de
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