Überlistung einer Äsche - Herausforderung an den Fliegenfischer
von Andrej Polcic
Die Äsche, Thymallus thymallus auf lateinisch genannt - wegen ihres unverwechselbaren dem Thymian-Gewürz sehr ähnlichen Geruch, ist ein einzigartiger Fisch. Ein typisches Merkmal der Äsche ist dabei ihr torpedo-massiger und spitzer Kopf mit kleiner Mundspalte. Die schnell fließenden sauerstoffreichen und klaren Flussabschnitte, in denen Äschen vorwiegend leben, nennt man Äschenregionen und Äschenpools. 
An einem kalten und regnerischen Oktobertag traf ich die Entscheidung, mal wieder die Professor-Äsche an meinem Heimatfluss Orava zu besuchen und gleichzeitig den Abschied für dieses Jahr zu nehmen - zwar nicht endgültig von der Fliegenfischerei, da im Winter die Huchen dran sind, aber zumindest die Wetterbedingungen für den Äschefang kann man in dieser Zeit mehr als ideal bezeichnen, die im Winter nicht mehr dieselben sind.
Da ich ein leidenschaftlicher Trocken- Fliegenfischer bin, war ich an dem besagten Tag „auf Trockene„ unterwegs. Trotz meiner fast 15 jähriger Erfahrung mit Fliegenfischen muss ich leider zugestehen, dass die Überlistung der Äsche sich nicht immer als erfolgreich darstellt – immerhin ist es stets die Äsche, die sich die Fliege schnappt. Wie es der Schicksal bzw. heiliger Peter wollte, war der besagte Tag stürmisch und regnerisch. Ungeachtet dessen gewann bei mir die Sehnsucht nach diesen schönen Fischen. Starker Wind stellte sich als erste Herausforderung an mich dar. Es ergab sich als nicht einfach, die Fliege schön vor dem Fisch zu positionieren. Auch nur die kleinsten Abweichungen beim Anwerfen einer Professor-Äsche sind unzulässig, denn die Orava–Äsche ist in dieser Hinsicht sehr anspruchsvoll, was viele unserer Gäste bestätigen können.
Als weiteres Problem stellte sich heraus, die Fliege zwischen den unzähligen wunderschönen, verschiedenfarbigen, auf der Wasseroberfläche schwimmenden Baumblätter zu sichten. Es war unzweifelhaft ein Naturspektakel und echt schön, dieses Wunder der Natur zu beobachten. Als der Regen nachgelassen hat, hatte ich bereits 5 schöne Äschen gelandet (da ich ein catch & release Anhänger bin, schenkte ich ihnen wieder die Freiheit) und bewegte mich langsam flussabwärts. Als ich nun eine herrliche Stelle passierte, wo das Wasser schnell fließt und richtig tief ist, die ich meist, wenn ich „auf Trockene „ unterwegs war, meistens nur angeschaut habe und nur mit der Nymphe Huchen und Forellen (Brownies und Regenbogen) gefangen habe, war ich plötzlich Zeuge eines ungewöhnlichen Spektakels. Ich mag zu behaupten dass ich im "Wasser–lesen" 
ganz gut bin und eine gewisse Erfahrung vorweisen kann, stellt es sich doch oft nicht als einfach dar, einen 50 bis 90 Meter breiten und fast 70 km langen Fluss wie es die Orava ist, so gut zu kennen, dass man weiß wo und welcher Fisch sich da und dort versteckt. Da die Orava aber mein Heimatfluss ist, war ich bisher der Überzeugung, dass ich ungefähr die Behauptung anstellen könnte - an der Stelle niemals Äsche steigen zu sehen bzw. wenn da manche sind, dann müssen sie Einzelgänger und sicher Monster sein, die sich die meiste Zeit ihre Nahrung nur am Wassergrund suchen.
Zum Glück sichtete ich nun in der schnellen Strömung das Erscheinen eines kleinen Kreises auf der Oberfläche. Noch immer konnte ich aber nicht mit Sicherheit feststellen, dass dies eine Äsche war – wer weiß - vielleicht ein Baumblatt - dachte ich mir.
Nach nicht einmal 20 Sekunden die selbe Stelle und trotz eines richtigen Druckgeräusches entstand wieder nur ein kleines Kreis aber diesmal täuschten mich die Augen nicht. Bevor es zur Berührung mit der Fliege kam, sichtete ich einen sehr dunklen sich der Fliege nährenden großen Schatten. Dieses Monster ließ sich mit der Strömung ca. 1 Meter während des Steigens treiben und danach saugte es die Fliege wie ein Staubsauger ein. Plötzlich wusste ich, dass dies eine echt schöne und große Äsche war. Schnell fing ich eine auf der Wasseroberfläche schwimmende Fliege, danach erfolgte ein Griff zur Fliegendose, um das fängige Muster zu finden, Wechsel der Vorfachschnur auf 0.16 cm (Fluorcarbon) und es konnte losgehen. Die gewählte Fliege war die CDC-Eintagsfliege Gr.20. Auch die Fischerweste ließ ich am Ufer, weil das Wasser bis zu Brust tief und die Strömung ziemlich stark war.
Es blieb mir nichts anderes übrig, als Richtung Strömungsmitte zu steuern und von dort flussabwärts die Fliege anzubieten. Mir war auch bewusst, dass, falls sie steigt und die Fliege nimmt, werde ich nur eine Chance haben. Die Orava- Äsche ist so anspruchsvoll, dass im Falle, dass sie steigt und sich die Fliege schnappt und man sie nicht erwischt im Sinne dessen dass man entweder zu schnell oder zu spät zieht, ohne aber dabei den Fisch eingehakt zu haben, kann man meistens weitere Versuche mit demselben Fliegenmuster unterlassen, denn dann sieht man zwar die Äsche sich der Fliege zu nähern, aber beim knappen Abstand zur Fliege dreht sie sich wieder um (bei klarem Wasser ist dies schön zu beobachten). Damit verliert sie das Vertrauen in die Fliege und es bleibt dann nichts anderes übrig nur die Fliege zu wechseln.
Nach dem 5. Wurf war es so weit. Wie erwartet, erschien eine unauffällige Bewegung an der Wasseroberfläche. Es erfolgte ein sanfter Anhieb und sie war dran. Anfangs hat sie mich richtig verwirrt. Anstatt heftigen Ziehen tauchte sie mit der Schnur tief und verschwand in der Strömung. Vorher schaffte ich aber, ihre wunderschöne, sehr große Rückenflosse zu bemerken und wusste, dass es ein Milchner sei, dessen Rückenflosse größer als diejenige des Weibchens ist. Übrigens: diese nur bei den Äschen vorkommenden einzigartigen Rückenflossen brachten der Äsche den Spitznamen Fahnenträgerin ein. Als ich versuchte, den Fisch Richtung Ufer zu ziehen, fing der Kampf an. Unerwartet sprangt sie hoch in die Luft und stellte sich danach quer zu Strömung. Nachlassen der Schnur löste das Problem aber schnell, nach ca.5 Minuten landete ich sie, machte ein paar Schnappschüsse und schenkte ihr die Freiheit wieder.
Es war ein wunderschön dunkel gefärbtes Prachtstück, ungefähr 47 cm groß mit einem in der Nähe der Schwanzflosse gezeichneten, dunkelroten Ring, der auch für die Orava- Äsche typisch ist. Typisch für die Orava-Äschen ist die dunkle Färbung – normalerweise ist ihr Rücken graugrün gefärbt, der Bauch weiß und die Seiten silbrig).
Was ich danach kaum glauben wollte, war das Erscheinen von weiteren, genauso großen (wenn nicht größeren) Äschen an dieser Stelle, die ich als Äschenpool nie für möglich gehalten hätte. 
Ich konnte mich also überzeugen, dass der Fluss stets für eine neue Überraschung sorgt. 
Petri Heil - Peter Polcic
Nähere Infos über das Fliegenfischen in der Slowakei finden Sie auf der Homepage: www.flyfishing-slovakia.com
Alle Fotos: Autor

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