Fliegenlexikon / Spezial des Monats No. 01/2001: POPPER und SLIDER von Mario Mücke

Fliegen gibt es zu Hunderttausenden, sie schlummern in Fliegendosen und manchmal auch in den Köpfen ihrer Binder. Jedes Jahr werden neue Fliegen erbunden und erfunden. Doch werden sie auch wirklich gefischt? Wer weiß das schon. Einen Namen erhalten sie fast immer. Meine Fliegen haben keine Namen. Warum? Ich könnte sie mir sowieso nicht merken. Verliere ich eine Fliege, habe ich auch meist schon vergessen, welche Materialien ich verwendet habe. So entstehen jedes Jahr immer wieder neue Muster, in der Hoffnung, es würde sich eines Tages einmal lohnen, einer einen Namen zu geben und diesen meinen Freunden mitzuteilen. Ich binde Fliegen, weil ich Spaß daran habe.
Genauso ist es auch mit den Fliegen, die ich Euch jetzt vorstellen möchte. Hier in Mitteleuropa wird mit diesen Fliegen selten gefischt, da nur wenige Raubfische regelmäßig oberflächenorientiert Nahrung zu sich nehmen. Ich benutze sie fast ausschließlich, um die hier in Brandenburg so zahlreichen Rapfen zu befischen. An einem Stahlvorfach montiert, ließen sich mit diesen Fliegen auch flach stehende Hechte befischen.
Sie gehören in die große Gruppe der Popper und Slider, die wiederum den Streamern zuzuordnen sind. Popper und Slider imitieren Beutetiere, die an der Wasseroberfläche schwimmen, und reizen durch ihre spezielle Anbietetechnik einen Großtierfresser zum Biß. Der entscheidende Unterschied zu anderen Streamern ist ihr Auftriebskörper. Popper und Slider sollen auf der Wasseroberfläche schwimmen, so entfalten beide am besten ihre Reize. Dies wird durch einen Auftriebskörper aus Foam oder Rehhaar erreicht. Läuft dieser spitz zu, sprechen wir von einem Slider, läuft er flach aus, von einem Popper. Der Slider läuft dann optimal, wenn er auf der Wasseroberfläche das typische V hinter sich herzieht.
Ein Popper erzeugt bei ruckartiger Führungsweise Blasen und ein charakteristisches Ploppen. In beiden Fällen werden Druckwellen erzeugt, die einem flüchtenden oder verletzten Kleinfisch sehr ähnlich sind. Die Fernwirkung der Druckwelle wirkt gerade in schnellen und turbulenten Strömungsabschnitten, wie sie oft unterhalb von Wehren anzutreffen sind. Aus diesem Grund sind Popper und Slider auch herkömmlichen Streamern beim Rapfenfischen überlegen.
Mit einer 6/7/8 Rute und einer schwimmenden Keulenschnur ist man den voluminösen Ködern und auch den zu erwartenden Fischen werferisch und im Drill gut gewachsen. Das Vorfach sollte ca. 100 cm lang sein und einen Spitzendurchmesser von 0,25 mm nicht unterschreiten. Ich führe beide Muster schnell und aggressiv. Ihre Wirkung läßt sich sehr gut am Strömungsbild auf der Wasseroberfläche beurteilen und entsprechend korrigieren.
Materialliste:
Haken: Kamasan B940 Gr.2, 1, 1/0, 2/0 oder ähnlicher dünndrähtiger Haken, Bindeseide: Gr. A oder Allround 6/0 in schwarz oder rot, Köpfe: Bisher benutzte ich konische Foamköpfe aus den USA. Diese brauchten nur noch auf die gewünschte Länge zugeschnitten werden. Je nachdem wie herum sie geklebt werden, ergeben sie Popper oder Slider. Einfacher läßt sich Rainy,s Popper Foam (erhältlich bei Brinkhoff) verarbeiten. Schwimmer/Posen lassen sich mit Hilfe von Messer und Feile ebenso zu Auftriebskörpern umarbeiten. Schwingen/Schwanz: Bucktail, Kalbschwanz, 4-5 Fäden Spectraflash Hair pearl oder Krystal Hair, Körper: Spectraflash Chenille – pearl, eine große Hahnenhechelfeder – grizzly oder ohne Körper und Hechel
Bindeanleitung:
Beim Haken B940 zuerst alle Widerhaken andrücken (B940 ist ein Wurmhaken) so wird der Bindefaden nicht beschädigt. Grundwickelung mit Bindeseide über die gesamte Schenkellänge vom Öhr zum Bogen winden, Schwanz aus Bucktail oder Kalbschwanz einbinden, kurzen Körper mit Chenille formen (1/3 bis ½ der Hakenschenkellänge), Schwinge aus Bucktail einbinden (Körper und Schwinge kann auch weglassen werden), Hahnenhechel einbinden, jedoch noch nicht um den Schenkel winden.
Rainy,s Popper Foam ist sehr weich und läßt sich mit einem dickeren Faden einfach einbinden. Zuerst den Foamzylinder in die passende Länge schneiden, dann das Ende zur Schwinge hin einbinden. Es entsteht eine unschöne Unebenheit, die mit der Hahnenhechel überwickelt wird. Hahnenhechel sichern, Faden unter dem abstehenden Foam hindurch zum Öhr winden. Jetzt könnt Ihr euch entscheiden: Popper oder Slider. Soll es ein Slider werden wird das Foam fest eingebunden. Unter dem Zug der Bindeseide formt sich eine runde Nase. Soll es ein Popper werden den Bindefaden nur so fest ziehen, daß sich der Zylinder nicht verformt und am Hakenschenkel anliegt. Einige Schläge um das Öhr und der Abschlußknoten kann gewunden werden, mit wasserfesten Stiften Augen aufgetragen oder mit Nagellack farblich gestalten, Knoten und Faden auf der Unterseite des Kopfes mit Lack sichern. Fertig.
Die Farben der Bindematerialien sind zweitrangig. Ich binde jeweils einige Streamer in natürlichen Farbkombinationen (weiß, silber, pearl, schwarz, braun) und einige in auffälligen Schockfarben (rot, gelb, hot-orange, pearl). Der Purist der seine Fliegen nur aus natürlichen Materialien bindet, wird mit farbigen Rehhaar zum gleichen Ziel kommen. Etwas aufwendiger, aber mit dem gleichen Spaß am Fliegenbinden. Und nicht vergessen: bitte keine Namen erfinden, geht lieber fischen!
Viel Spaß beim Fischen und Binden.
Mario Mücke