Reisetagebuch Patagonien 2006
Ein Reisebericht und Fotos von Hans und Antoine Kissenpfennig
Mit konkreten und nützlichen Informationen für die Reiseplanung im Anhang

Vorwort:
Eine Fischerreise nach Argentinien und Chile ist die Realisierung eines Traumes. Der Verfasser dieses Berichts und sein ihn begleitender Sohn sind sich dessen bewusst. Ein Traum, weil nicht jedermann die Familie zwei Wochen lang sich selbst überlassen oder sich diese Reise schlicht nicht leisten kann. Wir wünschen unseren Fischerkameraden, diesen Traum irgendwann doch verwirklichen zu können, weil das Erlebnis einzigartig und unvergesslich sein wird, ganz egal wie in Patagonien und Chile das Wetter spielt und die Fangresultate ausfallen.

Das Tagebuch haben wir in erster Linie für uns selbst und für die Familienmitglieder geschrieben und mit einer Bild-CD ergänzt. 

Jetzt wo beide Dokumente vorliegen, möchten wir unseren Fischerkameraden den visuellen Zugang nicht verweigern. Der Bericht ist naturgemäß „fischlastig“, aber auch für „normale“ Naturfreunde verständlich.
Am Schluss des Berichts informieren wir den interessierten Leser über die  organisatorischen und technischen Details. 
Hans und Antoine Kissenpfennig, Hochfelden, 7. Februar 2006
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23./24. Januar, Anreise/1. Fischertag Lago Krüger im Nationalpark Alerces
Kurzer Blick zurück.. was ist bis jetzt, Dienstag Nacht 22.15 Uhr, unserem zweiten Tag in Argentinien, seit dem Abflug gelaufen? In unserem vergewaltigten Zeitempfinden wäre es in der Schweiz jetzt bereits Mittwoch, 2 Stunden nach Mitternacht. Nur ein Wunsch beseelt uns, nämlich endlich sich im Bett ausstrecken zu können. Wir meinen, ein wohlverdienter Anspruch, nach dem 36stündigen Reisestress der beiden Vortage und dem ersten ausschliesslichen Fischertag am Zielort in Patagonien.
Sonntag Nachmittags, dem 22. Januar war der Abflug mit SWISS nach Madrid. Erst nach fünf Stunden ging es dort weiter mit Aerolineas Argentinas. Antoine hatte die kühne Idee, mit der Metro ins Zentrum Madrids zu fahren, statt herumzuhocken, was wir dann auch taten, nachdem unser Gepäck endlich einem Büro anvertraut werden konnte. Wir fuhren bis zur Plaza d’Espana, schlenderten die Gran Via hinauf, zögerten, uns ins Cats Musical hineinzusitzen, nahmen einen Kaffee im ersten Stock eines „in place“ und fuhren zurück nach Barajas. Der Nonstop Flug nach Buenos Aires von fast 13 Stunden war erträglich. Man schläft, liest, döst, plaudert, guckt fern, obwohl es 33'000 Fuss tiefer jede Menge zu sehen gäbe. In BUE Transferstress von Ezeiza im morgendlichen Berufsverkehr zum Stadtflughafen im Taxi, wobei wir uns darüber unterhielten was gefährlicher war, ob der wahnsinnige Fahrer oder sein uralter Schrotthaufen. Wiederum fünf Stunden ausharren bis zum Abflug um die Mittagszeit. Zwischenhalt in Bariloche, schliesslich Ankunft am Ziel, Esquel um 16.12 Uhr.... 
Also gestern Montag abend sind wir zur geplanten Zeit mit unserem Gepäck vollständig (vier Stück plus Equipage de viaje – 75 Kilos) gelandet. Guillermo Sagui, unser Guide, holte uns ab, und los ging es, zügig weg von der Zivilisation. Ich kannte ihn von früher, als Urs und ich im März 1992 eine Woche mit ihm Fischen gingen. Sein Schnauz war weg, sah gut aus, Alter anfang fünfzig. Nach einer Stunde Fahrt mit seinem Jeep Cherokee und angehängtem Motorboot Ankunft bei der Hostellerie „Quime Quipan“ im Herzen des Nationalparks Alerces. Das Wetter angenehm warm, strahlende Sonne. Viele nette Gäste in dieser einfachen Herberge, Chiquita schmeisst den Laden, Küche ist aufmerksam, etwas bünzlig aber essbar. Wir sind bald im Bett und freuen uns auf den ersten, eigentlichen Fischertag.
Heute Dienstag, dem 24. Januar fahren wir um 9 Uhr los mit Cherokee und angehängtem Boot zum Lago Krüger. Antoine holt sich bald eine knapp zwei Kilo schwere Regenbogenforelle, die wir in der Annahme, dass dies so weiter ginge, grosszügig wieder schwimmen liessen. Das karge Nachtessen, bestehend aus Kabissalat und Cordeiro erinnerte uns an unseren Hochmut und wir rissen uns an den letzten spärlichen Haaren, denn es war die erste und leider auch die letzte Forelle, der wir uns trotz beeindruckendem durchgezogenen Volleinsatz von 10 bis 19.30 Uhr an diesem ersten Anglertag bemächtigen konnten.
Guillermo instruierte: Morgen Mittwoch sind wir am Lago Verde, bitte kommt mit Wathosen und nicht wie heute mit den lächerlichen Shorts (er meinte mich). Es soll alles anders werden und wir avisierten Chiquita, dass wir diesmal Forellen heimbringen würden. Im Tagesrückblick: 
Gutes Einarbeiten in die Wurftechnik, kalt und windig für diejenigen, die sich nicht vernünftig eingekleidet hatten, gut umsorgt von Guillermo – der neun Stunden ruderte und uns mit „Tschernobil“, „Bomber“ und anderen Fliegen mit bedrohlichen Namen versorgte.

Wie erwähnt ist es jetzt Dienstag Abend, genau 22.15 Uhr. Bitte ein Bett und endlich schlafen, denke ich, doch nein ruft der innere Perfektionist....jetzt kommt zuerst das elektronische Tagebuch, das Antoine und ich vorhatten chronologisch, abwechslungsweise zu führen. Eigentlich wäre er dran, so tippe ich mal drauf los.  Antoine liegt mit einer Katze im Bett – für Eingeweihte … er liest den letzten Roman von Ken Follett mit dem Namen - ja eben… “die Leopardin”.

Leider wohnen wir in einem elektronischen Loch, das uns nicht gestattet den geplanten täglichen bebilderten Report laufend nach der Schweiz zu übermitteln. Jetzt versuchen wir es auf diese Weise, nämlich ein Tagesbericht für den Eisschrank, den wir dann „auftauen“, wenn’s wieder „good vibrations“ hat und wir ein bloc Kilobites durch die Stratosphäre jagen können.
Das wäre es für die ersten zwei Tage. Wünsche für eine gute Nacht braucht mein Sohn nicht – Antoine schnarcht bereits mit den gelben Ohrenpfropfen eingestöpselt, damit es ihn nicht stört….
Esta onze horas e media…

25./26. Januar, Lago Verde, Nationalpark Alerces
Antoine war gestern an der Reihe, den Mittwochbericht zu verfassen, war aber zu müde dazu und mir ging es nicht besser. Schliesslich haben wir entschieden die Tage Mittwoch und Donnerstag zusammenzufassen. Ferner soll Antoine die Bilderberichterstattung übernehmen und ich den schriftlichen Senf dazu. Aber vielleicht ändern sich die Rollen noch.
An diesen beiden Tagen waren wir am Lago Verde, sodass die traumhafte Szenerie bei diesem unglaublich schönen Hochsommerwetter identisch war. Zuerst die holprige Fahrt von unserer ein Stern Herberge Quime Quipan zum Campingplatz oben am Futalaufquen (grosser See), wo das Boot parkiert ist. Um sich den indianischen mapucho Namen zu merken half uns folgende Eselsleiter „qui „meckert“ kriegt nur noch Brot (pan) zu essen“.

Dort im Boot hinauf durch die starke Strömung des Verbindungsflusses Arrayanes in den Lago Verde, wo wir mit Nymphen mässigen Erfolg haben. Wirklich traumhaft wird’s dann am Nordostende des Sees hinter einem lockeren Schilfgürtel. Dort springen die Forellen grotesk und kunstvoll den fetten Libellen nach. Wir versuchen dank gekonnter Präsentation unserer plumpen Brummerkopien ebenso attraktiv zu wirken. Das gelingt insbesondere Antoine recht ordentlich. Überhaupt ist sein Elan unbezwingbar, allerdings mit dem Resultat, dass der junge Vater – wie gerade in diesem Moment meiner nächtlichen Tipperei des Tagebuchs -  dank aufgesetzter Schlafmütze und den ins Ohr geborenen Ohrenzapfen nicht mehr ansprechbar ist.
Die Anglerei ist einfach unbeschreiblich. Zu Beginn zählen wir noch die Fänge und vergleichen die Erfolgsquoten. Doch nach der sechsten Forelle führen wir diese unsinnige Statistik nicht mehr weiter und freuen uns an jedem Biss des Fischerkameraden. Am Abend, während dem Genuss der bestens zubereiteten Bachforelle (Marron), schätzen wir höchstens noch die Kilos, die wir heute kumuliert hätten, wenn nicht „catch and release“ gälte. 
Nicht ein Fisch war unter einem Kilo und keiner unter 60 cm. Es sind starke unermüdliche Kämpfer, die nach dem Biss zuerst gar nicht merken, was ihnen widerfährt. 
Zuerst schütteln sie den Kopf und versuchen die lästige Mücke herauszuspucken oder abzuschütteln. Wenn das nichts bringt zieht der Fisch weg. Oft saust er wie ein Torpedo in die Weite und springt aus dem Wasser. Andere tauchen vertikal in die Tiefe, ohne weiteres zehn Meter tief. Sorgfältiger Umgang mit der Bremse und der Rute ist jetzt wichtig, denn der 18 Hundertstel Faden ist fragil. Wehe das Vorfach hat einen Knoten, die Tragkraft geht dramatisch zurück und mehr als einmal zerriss so der Nylonfaden. Das Surren der Rolle mit angezogener Bremse und das Hämmern der kreisrund strapazierten Kohlenfasernruten durch den kämpfenden Fisch, schwingt noch mit, wenn wir in den Traumzustand hinüber wechseln.
Gestern Abend genossen wir zum Entree eine männliche Regenböglerin und heute Mittag ein Fo-rellencarpacio, von Guillermo gekonnt zu bereitet. Wir leben schon etwas auf dem hohen Ross und lassen uns bedienen, sei es zum Essen, zum an den Fluss oder in den See gefahren zu werden. Sei es um einen der hochstaplerischen Fliegen/Käfer/Libellen - Attrappen sich geben und anbinden zu lassen oder neun Stunden im Tag den trächtigsten Stellen entlang gerudert zu werden.
In der Herberge treffen wir meistens argentinische Feriengäste, aber auch Europäer, wie die nette Italienerfamilie, die jetzt vor hat, bis Feuerland weiter zu ziehen. Charmant die beiden Frauen – ebenfalls Fischer, die von BUE kommend weiter bis Ushuaia wollen. Morgen gehen sie in Chile fischen, gleich hinter dem nächsten Berg… was uns ja noch bevorsteht.
Besondere Ereignisse eigentlich keine zu melden, es sei denn der unglaubliche Fangerfolg, die Wathosen von Antoine, die lecken, die farblich hübschen, aber widerlichen colivache Brämen, die am Land uns schikanieren, die Ausweiskontrolle durch die Parkpatrouille, das sagenhafte Wetter. Zum Hosenleck.. wir bleiben dran, vielleicht hält die Klebpaste, vamos ver…
Leider sind unsere ornithologischen Kenntnisse gleich null, nicht aber unsere Bewunderung und tiefe Respekt vor der Vielfalt der Vogelwelt. Wir treffen auf Kormorane, brütende Schwäne und Enten, Kolonien von Wildgänsen die in Grossformation elegant landen oder auf das Signal hin eines Leittiers schnatternd kraftvoll wegstarten. Es ist jetzt ein viertel vor Mitternacht, ab ins Bett, morgen wartet ein strenger Tag.
27. Januar, nochmals Lago Krüger, Nationalpark Alerces
Heute ist Freitag und wiederum ein traumhaft schöner Sommertag. In der Nacht wurde es einem fast zu warm. Guillermo schlägt vor, nochmals zum Lago Krüger hinüber zu fahren. Wir bewegen uns wieder auf den durch den hohen Wasserstand überfluteten Kiesbänken, wo wir normalerweise die Forellen wie Mädchen auf dem Strich zirkulieren sahen. Heute schien alles ruhig zu sein. Kein Sprung aus dem Wasser mit dem eindrücklichen Klatschen des Fischkörpers war noch zu sehen noch zu hören. Antoine wie immer voll in Aktion. Meinerseits wollte ich es nicht mehr so „fischig“ ernst nehmen und mir  heute mehr Ruhe gönnen. Ich hängte eine kleine Nymphe dran und zuckelte eher lustlos,  ersetzte diese nachdem nichts eintraf durch ein schwereres Kaliber. Nichts zu machen. 
Dann sahen wir in den Tiefen grosse Fische patrouillieren, welche unser Guide als Barsche identifizierte. Das weckte meinen Fanginstinkt und wechselte die Nymphe aus gegen einen schwarzen, ordentlich schweren Streamer, der mit seinen Silberfäden wirklich adrett daher kam. Ich liess ihn tief sinken – übrigens war er auf einem 15 Hundertstel Vorfach montiert, als plötzlich jemand vehement die Rute in die Tiefe riss. Nach zähem Kampf konnten wir einen wunderschönen Barsch landen, der mit seiner grossen Schnauze den schwarzen Köder geschnappt hatte. Es gab das obligate Foto mit cheese Lächeln mit dem stolzen Jäger.
Der Egli wog mehr als ein Kilo und hatte die Länge von 46 cm, meldete Guillermo. „Filets de Perche“ lagen nicht drin, weil dieser einheimische Fisch nicht entnommen werden darf im Gegensatz zu den eingeführten Forellen, sei dies Saibling (Fontinalis),  Regenbogen- (Arco Iris) oder Bachforelle (Marron). Im weiteren Verlauf holte sich Antoine eine prächtige Bachforelle, der wir schon beim Frühstück im Quime Quipan versprochen hatten,  dass sie - sollte sie anbeissen -,  dank ihrem roten, weichen und  doch konsistenten Fleisch uns als Carpacio verwöhne dürfe. So endete sie auch auf dem romantischen Rastplatz unter den hunderte von Jahren alten Zypressen und Laubbäumen des Nationalparks Alerces. 
Wie üblich genossen wir nach der Schlemmerei mit sechs Gang Menu (Salami und Käse mit Bisquits als Apero, dann Suppe aus der Schweiz mitgebracht, wie gemeldet Carpacio, Tortilla und Huhn, Creme brùlee und schliesslich Kaffee mit Schweizerschokolade hauchdünn) – tief Atem nehmen… genossen wir eine ausgiebige Siesta. Die Resten unseres Mahls holten sich die Choukas und ein lustiger schwarzer Hermelin, den wir blitzten und elektronisch auf Bild bannten.
Es ist wie gesagt Ferienzeit. Heute wiederum wurden wir wie bereits am Lago Verde gestern von Parkwächtern im Motorboot unterwegs gestoppt und unsere Fischereilizenz überprüft.
Heute waren die Fische zurückhaltend. Vor zwei Tagen erlebten wir sie  aggressiv und unverschämt frech, gestern neugierig aber zögerlich und heute, abgesehen von provozierenden Phasen, in denen sie mit ihren Saltis und Rietbergers unsere Nerven strapazierten, war es ruhig und der  Fangerfolg mässig. Wir hatten Musse diese absolut ergreifende Urlandschaft mit den Baumgiganten in uns aufzunehmen.
Heute schlafen wir zum letzten mal hier. Morgens geht’s weiter zur nächsten Basis. Wir sind wie üblich etwas sehr müde, fühlen Schwindel vom Schaukeln und intensiver Wurfanstrengung. Der Chronist ist froh das Ergebnis zu speichern und die Lichter zu löschen. Der junge Mann pennt natürlich bereits mit der „Leopardin“ auf dem Brustkorb.
Es ist jetzt 23.30 , bonas noches… übrigens, Antoines Wathosen scheinen dank intensiver Klebebehandlung die Inkontinenz überwunden zu haben. Eine letzte „urologische Intervention“ heute Abend sollte auch die letzten Peinlichkeiten vergessen lassen. Einmal mehr…vamos ver manhana beim Härtetest!

28. Januar, 1. Tag Futaleufu
Soeben kommen wir vom Tisch, es  ist Samstagabend, wiederum 23 Uhr. Wir sind in der luxuriösen Fischerlodge Challhuaquen. Sie ist am Futaleufu (Rio Grande) gelegen, der breite eindrückliche Fluss, der in Chile in den Pazifik fliesst. Er führt die Wassermengen aus dem argentinischen Nationalpark weg. Unterwegs nutzen Turbinen das Gefälle zur Gewinnung von Strom für ein Aluminiumwerk am Atlantik. All die uns inzwischen bekannten Fischreviere sind Stauseen, miteinander verbunden und befahrbar. Alle entleeren sich in den Futaleufu.
Wir fuhren – von Chiquita und Martin Mermaud (Schweizerabkömmling aus dem Wallis – mit Küssen herzlich verabschiedet - um zehn Uhr los Richtung Trevelin, das Motorboot als Leiterwagen rollte mit. Am Rio Grande angekommen wasserte Guillermo und unser gänzliches Gepäck verstauten wir im Schiff. Nach zwanzig Minuten Fahrt durch die Serpentinen den Rio Grande hinunter sahen wir hoch über dem Fluss die Lodge. 

Dort begrüsste uns die Mannschaft: Gustavo der Manager, Michela und Alberto die Küchenbrigade und Christian der Hauswart. Es hat nur etwa sieben Zimmer, man speist am gleichen massiven und riesig grossen Tisch aus gelbem Zypressenholz, der zu lange Tragbeine hat und deshalb etwas unbequem ist. Wir sind im Moment die einzigen Gäste, ausser Fabian mit seiner Familie, einer der vier Besitzer dieser 5 Stern Anlage. Die Zimmer sind gross mit zwei Queen size Betten von denen wir dankbar Kenntnis nehmen. Der zentrale Aufenthaltsraum dank seiner Weite, eleganten und grosszügigen Dimension begeistert uns. Die Einrichtung ist bequem, die breiten stilsicheren Fauteuils um das mannshohe Kamin gruppiert einladend, die Lage mit der Sicht in die Landschaft mit dem Fluss im Vordergrund schlicht einmalig.
Wir fahren zu diversen Stellen und arbeiten mit Nymphe, Streamer, am liebsten mit der Trockenfliege kleiner Dimension, je nach dem, ob wir es uns zutrauen, unter die Bäume zu werfen. Der warme Wind mit seinen den Atem blockierenden Böen macht uns das Leben nicht leicht, obwohl wir gelernt haben damit umzugehen und unsere Wurftechnik langsam souverän daher kommt. Deshalb lassen wir uns oft vom Wasser hinunter tragen oder werfen im Flusslauf den Anker. Was immer wir unternehmen, die Fischerei ist sagenhaft. Wir haben die kindische Neigung, die gefangenen Forellen zu zählen und jedes Mal zu fotografieren endgültig eingestellt, vorbehältlich natürlich den Kapitalfang, den alten Fisch, wir nennen ihn „den, mit dem weißen Strohhut und der Zigarre im Mund.“. Jetzt können wir natürlich noch nicht wissen, dass wir ihm später in Chile tatsächlich begegnen sollen…
Die Forellen sind kleiner als in den Seen und silbrig glänzend. Ihre Kampfkraft verblüfft uns immer wieder. Wir lassen uns von Gustavo das aktuelle Album zeigen mit den im Bild festgehaltenen, monströsen Fänge der früheren Gäste im letzten Jahr. Nach meinem Geschmack zu gross für meine fragile Konstitution. 

Natürlich sieht dies Antoine ganz anders und montiert auf seiner starken dreißig Jahre alten DAM-Quickrolle zusätzliche zwanzig Meter „backing“, um zumindest gewappnet zu sein.

Währenddem Antoine unter Guillermos Anleitung seine ersten eigenen Kunstfliegen fabriziert, zum Teil mit den mitgebrachten, aus Wolfram hergestellten Nymphen-Goldköpfen, entspanne ich meinen verkrampften Rücken in der geräumigen Sauna und hüpfe noch rasch in den „olympiasize“ Jakusi.

Nach einem Jack Daniels on the rocks werden wir zu Tisch gebeten. Wir essen hier hervorragend und „in style“. Insbesondere der Forellencarpacio von Michela wird gelobt, aber auch der Nachtisch vom Hauskonfiseur Alberto ist ein Schmaus.

Wie üblich folgt noch die mitternächtliche Überwindung, das leidige Tagebuch, und dann darf der Chronist endlich auch ins wohlige Nest...

29./30. Januar, 2. und 3. Tag am Futaleufu
Wir fassen die letzten zwei Tage in unserem Bericht der Einfachheit zusammen. Gestern war Sonntag. Wir haben das Zeitgefühl verloren. Wäre nicht das Tagebuch, müssten wir mühsam das Programm rekonstruieren, das mit seiner Fülle von Eindrücken – obwohl es immer ums Fischen geht – fast überfordert. Das Wetter, beiläufig erwähnt, meint es wirklich gut mit uns. Blauer Himmel und warmes Wetter ist uns gegönnt und fast die Hälfte unserer Ausrüstung hätten wir getrost zuhause lassen können. Dies wäre natürlich unverantwortlich gewesen, denn hier in Patagonien ist klimamässig Alles möglich. 
Heute war Mondwechsel, die Nacht stockdunkel - brachte das Kreuz des Süden, den Orion und die Milchstrasse leuchtend zur Geltung. Jeder Fischer weiss, dass der Mondwechsel oft fatalen Wetterumschwung bringen kann. Heute morgen strahlt die Sonne, aber es ist Windstill, ein total neues Phänomen, nachdem wir uns an es gewöhnt haben.
Nach einem weiteren Tag mit Angeln an den verschiedensten Stellen, meistens vom Boot aus, kehrten wir zur Lodge zurück. Das Nachtessen war in einem Nebenhaus zubereitet. Ein typischer Asado war unterwegs. Raoul, der fliessend französisch sprechende „Aussteiger“ aus dem „Irrenhaus Buenos Aires“ wie er es nennt, dieses Monster von Grossstadt mit seinen fünfzehn Millionen Menschen, war dafür zuständig.
Er hatte ein Lamm auf dem Stahlkreuz aufgezogen und es bereits während den letzten drei Stunden vor dem offenen grossen Kaminfeuer betreut. Michela servierte empanadas, sehr heiss in der Hülle und noch heisser im Inhalt. Zum Dessert hatte Alberto einen heissen Früchtespiess entwickelt, den Michela, die talentierte Köchin, mit heisser Sabayonsauce angerichtet hatte. Die Kinder Fabians, dem Mitbesitzer der Lodge, der dreijährige Lorenzo und die ältere Schwester Martina waren auch zugegen und schliefen später noch am Tisch ein. Die Mutter Adriana wurde auch gesprächig und hatte Spass an den unverschämten Fischergeschichten, welche unser Head Guide Guillermo und sein junger Assistent Pablo von sich gaben. Sie gaben uns einen Vorgeschmack auf das Programm, das uns in Chile übermorgen bevorstand. Antoine, komplett begeistert von unseren Abenteuern, kugelte sich vor Lachen, als man uns die Geschichte mit dem verrückten Lachs zum besten gab, der sich doch tatsächlich drei Löffel hintereinander holte, abriss und weiter attackiere.

Noch ein paar Worte zu gestern. Endlich kamen die Wathosen zum Einsatz und mit großer Erleichterung konnten wir feststellen, dass Antoines Hosen trocken waren (was ja für einen Mann mit Jahrgang 62 eigentlich nur mehr als normal sein sollte).

Guillermon brachte das Boot zu einer Insel, welche den Fluss, an dieser Stelle knapp einhundert Meter breit, vorübergehend in zwei Läufe trennte. Das Wasser war wenig tief und rauschte über die grossen Kieselsteine. Hier stiegen wir ein und bewegten uns mit dem reißenden Wasser, das je nach Risikobereitschaft des Anglers bis weit über die Knie stand, vorsichtig hinunter. Hier konnte Antoine erstmals seine selbst gebauten Goldkopfnymphen den Forellen vorstellen, welche diese mit großem Tollee begeistert akzeptierten und ihm damit das wohl schönste Kompliment machten. Der Schreibende gesteht, dass es ihm in dieser rauschenden, doch recht labilen Umgebung, trotz laufenden Bissen und Landungen weniger als wohl war.
Zurück zu heute, unserem letzten Tag in Challhuaquen. Wir kehrten zurück an die Flussstelle, wo wir angetan mit unseren Wanderschuhen von der Uferböschung aus von oben herab das Wasser überblickten. Auch hier pendelten grosse Forellen hin und her und saugten sich genüsslich die für uns nicht sichtbaren Insekten ein. Manchmal gab es ein klatschendes Geräusch, wenn sie sich einen größeren Brummer holten. Wenn wir mit dem Auge dem Geräusch nachgingen, war  dann an dieser Stelle ein aufgewühlter Wasserring zu erkennen. Mit gezielten Würfen machten wir uns dahinter, die Fische von unseren Mücken zu überzeugen, was uns manchmal gelang, aber oft genug eben nicht. Guillermos theoretischen Input konnten wir hier life überprüfen. 
Der Fischererfolg, so meint er, ergibt sich aus den drei Kreissegmenten: Richtige Mücke, richtige Methode, richtiger Ort.
Der Ort, den unser Guide für uns ausfindig gemacht hatte war natürlich Gold wert. Fischerferien an einem fremden Ort ohne Hilfestellung durch einen Ortskundigen ist schlichte Zeitvergeudung. Die Hinweise zur Wahl der richtigen Mücke lässt einen manchmal dumm erscheinen, aber noch dümmer wäre diese ausschlagen zu wollen aus deplaziertem Stolz. Was die Methode anbetrifft, insbesondere die Kunst des Werfens, kann ich diese für mich am besten allegorisch mit  einer Schriftwahl  Arial Punkt 8 vergleichen, wenn eigentlich Punkt 12 gefragt wäre. Antoine attestiere ich gerne die Arial Punkt 12, er ist echt geschickt.
Die Episoden von der Böschung aus sind oft köstlich. Angenommen, die Mücke wurde korrekt präsentiert. Da kommt so ein Kaliber von Forelle in Fresslaune mit seinen knapp 800 Gramm daher geschwommen. „Ei was sehen wir da“, hört man sie sagen. Zielstrebig geht sie auf die Mücke zu, der Angler steht unter Hochspannung. Stoppt kurz vor dem Ding, guckt es sich genau an und mit einem Kopfschwenker, angeekelt scheint es, wendet sie die Richtung. Oder kommt und schwimmt zwei Zentimeter daran vorbei, obwohl ganz klar ist, dass sie sehr wohl weiss, was da wie ein Federchen auf der Wasseroberfläche liegt. Natürlich gibt es auch die Erfolgserlebnisse, welche die aufwändige Reise ins ferne Land rechtfertigen. Die Forelle schlürft sich die Mücke oder schnappt sie sich gierig.
Die Highlights in dieser Richtung erlebten wir vor einigen Tagen am Lago Verde, wenn die Forelle mit ihrer ganzen Grösse – wie früher beschrieben ca. 45 – 60 cm lang, wie ein Pfeil herausspringt und mit einem gezielten Bogen im Kopfsprung unsere Libellenkopie schluckt.

Heute Abend bittet uns Gustavo in das Feld hinter dem Haus zur Zeremonie im Fischerpark. Wir wissen nicht um was es sich handelt. Dort erfahren wir, dass wir zu unserer und des Hauses Ehre einen Baum pflanzen werden, in unserem Fall ein Mandelbaum. Der Pflanzblätz ist schon bereit, Antoine übernimmt die Arbeit mit dem Spaten. Als Abschluss hämmert er den kurzen Pfahl mit dem Holzschild in den Humus. Das Schild wirkt wie eine Grabmarkierung im wilden Westen – hat auf spanisch folgenden Text eingebrannt: „hier pflanzten Antoine und Hans Kissenpfennig am 30. Januar 2006 einen Mandelbaum (Almendero)“.

So sind wir hier verewigt und eingeladen, uns regelmässig vor Ort über das Wachstum auf dem Laufenden zu halten. Das Ganze ist eine charmante Idee und die Angestellten des Hotels sind fast rührend stolz darauf. Hingegen erinnert die Anlage an einen Soldatenfriedhof in der Normandie. Ich meinte zu Antoine, er möge in etwas zehn Jahren mit Robin hier hereinschauen. 
Es ist wiederum Mitternacht geworden, wir müssen noch packen für den Chileaufenthalt in der Wildnis, wohin wir im eigenen Interesse möglichst wenig mitnehmen sollen. Begründung: der Weg zu den Flüssen geht nur auf dem Pferderücken… Meine Begeisterung hält sich in Grenzen…
31. Januar, Anreise nach Chile und Abendsprung am Rio Blanco
Wir steigen in den dritten Teil unseres Ferienprogramms ein, Chile!!. Es ist wie immer traumhaft schönes Wetter. Kalt frühmorgens, warm am Tag mit viel Wind, rasch kühl nach Sonnenuntergang, wir tragen meistens einen Pullover den ganzen Tag und passen höllisch auf uns nicht zu verbrennen. Gern vergessene, aber hoch exponierte Körperteile sind die Ohrläppchen und der Handrücken der rechten Hand, die immer wieder ins Wasser taucht, um den Fisch zu befreien
Telefonieren konnten wir von diesem vornehmen Hotel aus nicht. Wir haben uns nolens volens damit abfinden müssen, keine Kommunikation nach zuhause zu haben. Ob unser erster Emailversand nach Ankunft in BUE am 23. Januar überhaupt geklappt hat, ist ungewiss, denn er lief über das unstabile Natelnetz. Antoine meinte zu diesem Manko, dass er eigentlich gar nicht unglücklich darüber wäre, denn die Versuchung zwischen dem SPAM Schrott doch noch auf eine berufliche Botschaft zu stossen, mit der er sich befasst hätte, war doch vorhanden.
Jeder von uns hatte seinen Rucksack bereit mit dem klar definierten Minimum ergänzt durch unsere Werkzeuge wie die Wathose, 7er-Rute,  DAM Quick Rolle mit montierter sinking line, einem Satz Streamer und 30iger Ersatzvorfächer. Das Fischen im Rio Blanco direkt am Pazifik, so warnte uns Guillermo, sei wie eine Pandorabüchse, man wisse nie, was einem widerfahren könnte. Eine kräftige Bachforelle oder ein grosser Lachs, genügend Backing aufgezogen zu haben sei wichtig. Dieser Hinweis ließ mich zusammenzucken, denn ich hatte höchstens vierzig Meter vorbereitet.
Die Koffer liessen wir im Hotel, bis wir aus Chile zurück sein werden. Zügig ging die Fahrt über schlechte Naturstrassen Richtung Chile. Wenn wir ein Fahrzeug kreuzten, sausten wir blind in eine Staubwand oder meinten im Dreckschweif eines bockigen Lasters zu ersticken, der uns nicht vorliess. Bald einmal kamen wir zur Grenze, wo wir eine volle Stunde - brüderlich verteilt auf die beiden ineffizienten Grenzposten - vertrödelten. Wir kriegten ungewollt Einblick in die Arbeitsweise der Beamten. Die strikte Arbeitsteilung der Funktionäre aus den verschiedenen Amtsstellen wie Militär, Polizei, Finanzen, Zoll hatte kabarettistische Züge, die wir als gelangweilte Zuschauer in der Schlange mitkriegten. Einige rackerten sich ab, andere standen und sassen müssig herum. Z.B. ein Car voll junger Argentinier von Chile kommend will zurück nach Hause. Wir hatten Pech, weil der etwas hilflose Beamte in der Funktion Migrationskontrolle für beide Passantenflüsse (incoming/outgoing) zuständig und jetzt zuerst der Carinhalt an der Reihe war.
Die Strasse führte dem gigantischen Rio Grande, vor allem in Chile Futaleufu genannt, entlang, eingebettet in den Urwald dieses Nationalparks. Die Strasse verbindet Argentinien mit Chile, zerschneidet sozusagen die Anden. Die Berge sind nicht hoch, höchstens 2500 Meter, aber alle haben eine Schneekappe. Bei einigen blendet uns das von der Sonne überflutete Eis seines Gletschers. Die chilenische Kleinstadt Futaleufu kannte ich von meiner letzten Reise im 92. Die landschaftlich schönste Strecke beginnt hier und führt dem Espolon entlang. Es ist sehr wohl der schönste Fluss, den ich kennen gelernt hatte und wäre sogar eine Reise wert. Etwa die Hälfte so gross wie der Rio Negro, wundervoll  romantisch serpentiert er durch die Wälder und offenes Feld, sein Schnaps klares Wasser gestattet von oben herab den Einblick in die grünlich schimmernden tiefen Gumpen und die weissen Kies- und Sandbänke.
Wir nähern uns dem Meer und erreichen Chaiten, eine saubere Hafenstadt, am Pazifik gelegen. In einer gut besuchten Kneipe finden wir Platz und bestellen Seafood. Antoine vorsichtig wie immer und zieht Schnitzel vor. Guillermo und ich bestellen eine Paella soppita, ein Suppeneintopf mit Meeresfrüchten, vor allem Muscheln. Es klingt etwas euphorisch aber ich fand das Gericht tatsächlich als beste je genossene Bouillabaisse.
Währenddem Guillermo Einkäufe tätigte für unsere Landlady Sonja, telefonierten wir in die Schweiz mit dem Natel . Chaiten (sprich tscheitenn) erwies sich als elektronische Oase und der Empfang bei unseren Frauen in Marly und Hochfelden war nicht nur freudig sondern auch technisch hervorragend. Unser vor mehr als einer Woche aus Buenos Aires weggeschickte E-Mail ist nie angekommen. Nach dem Essen nutzten wir die Pause hastig unsere sinking lines mit backing, zusammengeklaut aus den Reserven auf den anderen Rollen, zu ergänzen, um der „Pandorabox-warnung“ unseres Guide Respekt zu zollen.

Jetzt ging es endlich weiter aus Chaiten heraus der Küstenstraße entlang nach Norden bis zu einem etwas schmutzig wirkenden kleinen Hafen. Wir wurden erwartet von Billi (der Mann Sonjas), seinem Sohn Jose und sechs Pferden, die auf der anderen Seite des Kanals zu uns hinüberguckten. 

Auf einer wackligen Flossfähre aus improvisiert zusammengebundenen Styropor Blöcken landeten wir bei den Pferden.

Irgendwie brachte man mich in den Sattel auf TRENAD, der gehorsamste und sanfteste Gaul den man mir zugedacht hatte. Unsere Karawane marschierte im feinen schwarzen Vulkansand direkt im Gischt des Meeres und war kein Problem für mich. 

Antoine sauste auf seinem Pferd der Küste entlang und hatte seine helle Freude. Er schoss Fotos wie wild. Nach knapp einer Stunde ging es landeinwärts. 

Die Hufe klapperten auf den Kiesel und Bollersteinen des Rio Blanco. Wir überquerten die ersten überfluteten Flussarme. Langsam wurde die riesige Flussebene des Deltas, mindestens ein Kilometer breit, erkennbar. 

Wir bewegten uns unbeirrt in die Richtung der Berge, von wo das ob seiner Schneekappe leuchtende Dach des Michimahuida (2400 Meter), der erloschene Vulkan, Orientierung gab.

Ein kleines Hündchen, kaum zwei Monate alt, trippelte mit und jammerte elendiglich vor jeder Furtüberquerung bis es sich schliesslich ins Wasser warf und hinüberschwamm. An einer Stelle mit etwas intensiverer Strömung riss es den Kleinen mit, wir sahen ihn anschliessend nicht mehr. Ich hatte viel Verständnis für den Kleinen, eine Art border collie. Für mich zumindest kam der eigentliche Schock, als ich erstmals Sicht hatte auf den breiten Strom. der sich jetzt in der Ferne erstmals zeigte. Grau sah man das breite Band des Rio Blanco Richtung Meer ziehen. Dort wo er tief war und Zug hatte, schimmerte er unheimlich grünlich.
Unbeirrt bewegte sich Billi weiter Richtung Rio Blanco, als ob er tatsächlich dort hinüber wolle. Und so geschah es dann auch. Wir überquerten den reißenden Fluss, stellenweise mit den Pferdebäuchen im Wasser, d.h. sicher ein Meter tief. Ein mir unvorstellbares Manöver, aber es gelang. Ich erinnerte mich an mein Pferdeabenteuer vor vierzehn Jahren als man mir riet „entspanne dich und vertrau dich dem Pferd an, es weiss schon was es tut“. Ich konnte mir nicht vorstellen, hier je als Mensch zu überqueren...
Zwei Tage später blühte mir dieses Vorhaben und gelang sogar, dies auf Drängen Antoines und gestützt von ihm und Guillermo. Man kann an einem Fluss entlang einfach nicht effizient fischen, wenn man nicht bereit ist hier und da die Seite zu wechseln. Etwa fünfhundert Meter weiter war das grün bemalte Bleckdach einer Hütte erkennbar, möglicherweise unsere Bleibe.
So war es dann auch, wir waren am Ziel unserer Reise. Man holte mich vom Gaul herunter, stechende Schmerzen im Knie aber glücklich, wieder auf eigenen Beinen zu stehen. Das bescheidene, ursprüngliche Wohnhaus von Billi und seiner Familie hatte er ergänzt durch einen identischen Anbau und ist dort hinübergewechselt. Das ursprüngliche Wohnhaus stand somit Touristen zur Verfügung, welche von Sonja, seiner Frau verpflegt wurden. Wir bezogen unsere Zimmer mit der überschaubaren Einrichtung. Ein Bett, ein Stuhl, ein kleines Nachttischlein, ein robuster Nagel in der Kartonwand anstelle eines Schranks, die Fenster zugenagelt. Es gab einen Essraum und einen Vorraum mit einem Holzofen, um den man hier sicherlich froh sein kann. Das Badezimmer wirkte normal, hatte Gasheizung und Wasser vom Reservoir auf dem Dach, das dank dem Generatorenstrom, im knatternden Einsatz jeweils nach der Dämmerung bis Mitternacht, hinaufgepumpt wird. Im Hof watschelten Gänse und Enten herum, der Gockel ärgerte sich über die freilaufende Sau, mehrere Hunde trieben sich herum, Hühner verschiedenen Alters an jeder Ecke, Pferde, Munis, Kühe, ein wahres Idyll. 
Wir hatten unsere paar Sachen rasch ausgepackt und schon standen wir in unseren Wathosen, Fischerjacken, Mützen, Rute ineinander gesteckt mit scharfer Streamermunition versehen, Grenadieren vergleichbar, bereit zum lang ersehnten Fronteinsatz. Guillermo führte uns an die richtigen Stellen, welche nur ordentlich tief im Wasser stehend befischt werden konnten. Sehr bald knallte es bei Guillermo und er landete einen mehrere Kilos schweren pazifischen Lachs, Chinnok benannt. Dieses Erfolgserlebnis gab uns Flügel aber für heute lag nichts mehr drin ausser dem Verzehr des Lachses in Form von „graved lax“.

1. Februar, 2. Tag in Chile am Rio Blanco
Nachts stellte ich wie bereits vor einigen Tagen die Lichtintensität der Sterne fest. Ich dachte lakonisch und etwas wehmütig an Challhuaquen, jede Menge Sterne draussen, hingegen eher wenige drinnen, ehrlich gesprochen vermutlich kein einziger. Punkt sechs eröffnete der Güggel den Tag, hartnäckig bis alle auf den Beinen waren. 
Zappelig nahmen wir das Frühstück ein und trabten an den Fluss. Guillermo kümmerte sich besonders um mich, sein Ehrgeiz war offensichtlich mir einen Lachs zuzuhalten. Antoine sah ich während vielen Stunden nicht mehr, es hatte ihn dem Fluss entlang rasch bis ans Meer gezogen. Dort soll er bereits zwei Meerforellen gelandet haben, rapportierte Guillermo, der ihn dort besucht und beraten hatte. Nachmittags um zwei Uhr hatte ich genug und kehrte in den Hof zurück zu einem Imbiss und Siesta. Guillermo war mit dabei und teilte meine Annahme, wonach Antoine – stets ausgerüstet mit Bisquits und Kalorien – dem Fischen einer unnötigen Mittagspause Vorzug gegeben hatte.
Schliesslich kehrte mein Sohn um sieben Uhr abends zurück und eröffnete uns sein Erlebnis. An einer ruhigen Stelle im Hinterwasser des Hauptstroms stand ein grosser, sicherlich ein Meter langer Lachs mit einem Kopf, so gross wie ein Hund. Offenbar ruhte er sich im sauerstoffreichen Wasser aus. Er versuchte ihn, mit verschiedenen Köder zu reizen. Vergeblich. Schliesslich blieb sein Streamer mit dem Haken an der Fettflosse hängen und hakte sich fest ein. Was dann geschah, kann man sich vorstellen. Der grosse Lachs fühlte sich in keiner Weise gefangen, lediglich geniert, behindert aber nicht aggressiert. So verbrachte Antoine volle vier Stunden mit dem Kerl, der tat, wie immer es ihm beliebte. Manchmal zog er gemächlich den Fluss hinaus und schwamm Richtung Meer. Gutmütig liess er sich manchmal zurückholen bis es ihm reichte und er wieder abzog, samt dem Backing. Von uns konnte er keine Hilfe erwarten, wir waren ja in der Hütte. Als Guillermo schliesslich Antoine heimholen wollte kam er just einige Minuten zu spät, der Faden war gerissen, der Lachs weg. 
Wir plauderten auf portugnolish (unser Gemisch spanisch, portugiesisch, englisch) in die Nacht hinein. Das Tagebuch hatten wir mangels Strom in den Ausstand versetzt. Es soll unterwegs auf der Heimreise oder zurück in der Schweiz à jour gebracht werden.

2./3. Februar, in Chile am Rio Blanco und Rückreise in die Schweiz
Der Donnerstag begann lustig. Mit der angeknipsten Hallogen Stirnlampe suchte ich um fünf Uhr im stockdunkeln Haus das WC auf und leuchtet in meinem Zimmer in den Hof hinaus. Aufgeweckt durch das grelle Licht meinte der Hahn es wäre soweit und startete vehement sein Güggerüggü. Nach etwa drei Schreien stoppte er, als ob ihm bewusst geworden wäre, dass es sich um ein peinliches Missverständnis handelte und meldete sich erst wieder, aber dann ausgiebig um 06.30 Uhr. 
Wir gingen rasch ans Wasser und verzichteten aufs Mittagessen um den letzten Fischertag auszukosten. Antoine drängte mich, wie bereits erwähnt, mit ihm den Fluss zu überqueren, um an die richtigen Stellen zu gelangen. Die Seeforellen und Lachse kommen aus dem Meer, der Flut folgend. Das Meerwasser, etwa zwei Meter bei Flut, staut den Fluss zurück. Die Fische befinden sich dann in den tiefen Läufen und können am besten erreicht werden mit einem beschwerten Tipp. Als geeignete Streamer haben sich die selbst angefertigten Modelle mit den Gummibeinchen erwiesen.

Antoine holte sich noch je einen Chinnok und einen Salar (atlanischer Lachs). Gegen Mittag biss eine „grössere Sache“ an, die er mir anvertraute, um sie nach einer halben Stunde zu landen. Es war eine vier Kilo schwere Regenbogenforelle, die wir mitnahmen und Teile davon als Carpacio und im Ofen gebacken zum Nachtessen genossen. Interessant war festzustellen, dass der Magen all dieser Lachse und Regenbogenforellen leer war mit Ausnahme kleiner Steine, welche die Fische gefressen hatten.

Guillermo kommentierte rückblickend auf unsere zehn Tage Angeln, dass das Wetter und die Fänge beide ausserordentlich gewesen wären.

Guillermo war uns ein guter Guide, kompetent, zu-rückhaltend, für uns da rund um die Uhr, alles funktionierte. Sein Honorar war nicht billig aber das Verhältnis Leistung: Preis stimmte. Schliesslich verdient er das Geld nur während der Fischereiperiode und das sind höchstens sechs Monate im Jahr.
Wir profitierten nach dem Essen vom vorhandenen Wasser in der Zisterne und bereiteten das Gepäck vor für den früh vorgesehen Abmarsch am nächsten Morgen.
Die letzteNacht war kurz und beim Besteigen der Pferde war es nicht „wärmer“ als etwa fünf Grad. Wir ritten zurück, zuerst über die Flussarme, dann durch den Hauptstrom des Rio Blanco und erreichten bald Chaiten. Die gleiche Strecke wortlos zurück nach Esquel, unterwegs rasch in Challhuaquen die Koffer holen und ab zum Flughafen.
Wir mögen keine Abschiedsszenen, grande abrazo und weg waren wir auf dem gleichen Weg wie gekommen. In Buenos Aires war es heiss und klebrig feucht. In einer Parillada genossen wir ein richtiges Steak, checkten in Ezeiza ein und flogen Samstag morgens pünktlich um 2 Uhr nach Europa zurück. In der Schweiz herrschte eine Affenkälte und auf meine Frage an den Taxichauffeur, warum er nicht schneller als 80 km/h fahre erfuhr ich, dass die Regierung zur Reduktion der Staubartikel diese Massnahme getroffen hätte. Der Staub auf Patagoniens Strassen ist uns sympathischer...

Hans und Antoine Kissenpfennig, Hochfelden, 7. Februar 2006

Im Anhang Informationen und Hinweise:

1. Flugprogramm
2. Landprogramm
3. Tipps betr. Kleidung
4. Tipps betr. Fischereiausrüstung

1. Flugprogramm:

Roland Schmid vom Reisebüro NAYAKREISEN, hat uns in allen Flugaspekten umsichtig und kompetent beraten, sämtliche Dispositionen für uns getroffen und diese überwacht.. Wir wollten weder auf der Hin- wie Rückreise in Buenos Aires übernachten, was eine präzise Abklärung der interkontinentalen wie lokalen Flüge bedingte, da diese nicht täglich fliegen.

Hinflug wie folgt:
· Zürich – Madrid mit SWISS, Abflug Zürich 22. Januar 15.40 Uhr, Ankunft Madrid 17.50 Uhr
· Madrid – Buenos Aires mit Aerolineas Argentinas im B747-400. ab 23.00; an 07.25 in Ezeiza
· Hier das Gepäck verzollen, dann Taxi- oder Bustransfer zum Stadtflughafen (ca. 1 Stunde)
· Buenos Aires – Esquel mit Aerolineas Argentinas ab 12.37 Uhr, Ankunft Esquel nach Zwischenlandung in Bariloche um 16.12 Uhr am 23. Januar. Zeitverschiebung 4 Stunden 
Rückflug wie folgt:
· Esquel – Buenos Aires mit Aerolineas Argentinas, Abflug 03. Februar 15.45 Uhr
· Ankunft Buenos Aires Stadtflughafen nach Zwischenlandung in Bariloche um 19.08 Uhr.
· Gepäckbezug und Transfer nach Ezeiza, Abflug mit Aerolineas Argentinas am Samstag früh um 02.10 Uhr nach Madrid, Ankunft Madrid am Samstag um 17.50 Uhr, 
· Weiterflug mit SWISS um 19 Uhr nach Zürich, Dort Ankunft 21.20 Uhr

Kosten:
Der Flug in Economy Klasse inkl. Airporttaxen und Kerosinzuschläge kostet je nach Saison 
ab Fr. 2'000.-, Die Taxitransfers in Buenos Aires beide Wege ca. 100 Pesos, d.h. knapp Fr.50.-

Empfohlenes Reisebüro:
NAYAKREISEN in Basel, Steinengraben 42, 4001 Basel, Kundenberater Roland Schmid,
Tel: 061 206 8888;  Email: rschmid@nayak.ch

2. Landprogramm:

Es ist zwar teuer, aber sinnvoll einen Reiseführer, Fischberater und –begleiter beizuziehen, weil dank seinen Kenntnissen und seiner logistischen Infrastruktur die Fischerei immer optimal erfolggut sein wird und man keine Zeit verliert.
Die Zusammenarbeit mit Guillermo Sagui verläuft so, dass er den Pauschalpreis bestimmt für die Reise ab Esquel und zurück nach Esquel. Dieser Preis beinhaltet die Verpflegung, die Unterkunft, die Fischereilizenz, die Transporte in seinem Auto, Boot und Pferde, seine Beratung und Betreu-ung während der ganzen Reise.
Nicht enthalten sind die Extras wie Telefonate, Wäsche, alkoholische Getränke, Trinkgelder.
Sein Preis variiert je nach Anzahl Personen und Dauer des Programms. Guillermo offeriert in US$, wobei dieser unabhängig von der Kursentwicklung gleich bleibt. Unser Arrangement kostete USDollars 6'990.- plus  am Schluss Extras für  US$  70.-; Ferner hatten wir für US$ 200.- Pesos getauscht und für Taxis, Nachtessen, Trinkgeld fast aufgebraucht. (1 Peso etwa CHF -.45)

Kontakt: 
E-mail  gsagui@ar.inter.net 
Natel (allerdings meistens nicht erreichbar) 02945 1550 1032   oder Büro: 02945 451111
Post: Guillermo Sagui, CC 83  9200 ESQUEL CHUBUT, ARGENTINA

3. TIPPS betr Kleidung etc.

Das Klima in Patagonien, selbst in den Sommer- und Fischereimonaten Oktober bis April ist, unberechenbar. So richtig heiss wird es nie, hingegen sind die Nächte frisch bis kalt. Es windet fast immer und die Schlechtwetterzonen, die rasch vorüberziehen, können viel Niederschläge bringen. Das Wetter auf der Chileseite ist fast noch härter als in Patagonien. Das Gepäck muss warme Kleider von der Unterwäsche bis zur Kopfbedeckung enthalten. Regenschutz gegen Regen und hartnäckigen Wind ist wichtig. Dichte Wathosen plus Klebepasten im Falle eines Lecks.
Wir brauchten die mitgeschleppten Regenschütze überhaupt nicht, aber wir hatten ausgesprochenes Wetterglück. 

Stichwortartige kunterbunte Hinweise:
Reservekleider und Wäsche braucht es nicht viele, da die Möglichkeit besteht die Wäsche in der Herberge oder Hotel abzugeben.
Filettiermesser, Stirnlampe, Mückenspray, Lippenpomade, Sonnenschutz Faktor 12-20, kleiner Rucksack, Notverpflegung wie bisquits, Schoggirigel, Taschenmesser, Quicksuppen, Isolierband

TIPPS betr. Fischereiausrüstung

Vierteilige 7er Rute im Koffer gut eingepackt erleichtert das Reisen. Viel Backing, Reserverolle, Floatingline, sinking Tipp, Sinking line,18er Spitze im Vorfach genügt, Wir fischten trocken und mit Nymphe immer mit 18er, im Rio Blanco am Meer mit 25-30 er Fäden. Nicht zuviel Mücken etc. mitschleppen, lokal bastelt man adhoc fliegen und der Guide hilft aus.. Wathosen und gute Wanderschuhe genügen, je nach Einsatz im Wasser oder im Boot.
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Ein Beitrag von Hans Kissenpfennig für www.fliegenfischer-forum.de. Das unerlaubte Verwenden von Text- und Bildmaterial ist verboten.
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