Eine Woche im September an der Orava, der Oravica und der Studena
Ein Reisebericht und Fotos von Dietmar Greuter

Es hat schon Tradition. Nachdem wir, mein Angelfreund Peter und ich, in den vergangenen Jahren den Lough Mask in Irland, die Sava Bohinjka in Slovenien und die Kupa in Kroatien besucht hatten, war dieses Jahr die Slowakei an der Reihe. Orava und Studena, am Fuße der Hohen Tatra, wollten wir mit der Fliege beackern. Angetan hatten es uns die Berichte von Herrn Polcic hier im Fliegenfischer-Forum. Schöne Bilder, nette Stories, tolle Fische. Eine Anfrage an den Autor per mail wurde jedoch leider nicht beantwortet (wahrscheinlich waren wir nicht seine Zielgruppe, weil wir unsere Reise selbst organisierten und höchstens ein oder zwei Tage Guiding in Anspruch nehmen wollten...). Also buchten wir selbst ein Ferienhaus in Oravsky Biely Potok (direkt an der Studena gelegen), einen Flug nach Krakau und einen Mietwagen, das war schnell erledigt. Am Samstag, den 13.09.2008 ging’s endlich los – ein Katzensprung mit der Lufthansa von Frankfurt nach Krakau.
Die Mietwagenübernahme war ebenfalls kein Problem. Doch dann erwischte uns die harte Realität! Für die 130 Kilometer bis nach Oravsky benötigten wir über 3 Stunden. Die EU ist wohl in Polen angekommen, die ganze Straße, bis auf wenige Kilometer, war eine Baustelle, allerdings nach Standards, die uns als verwöhnte Mitteleuropäer entsetzten. Aber auch eine lange Reise führt irgendwann ans Ziel. Nach einiger Suche fanden wir unser Ferienhaus – super das Ding! Von der Studena waren wir nach erster in Augenscheinnahme allerdings enttäuscht, niedriges Wasser, aber total trübe und überall Müll an den Ufern. Unsere Vermieter wurden natürlich sofort gefragt, wo wir Angelkarten bekommen können. Sie hatten keine Ahnung aber sie wollten das für uns klären. Und tatsächlich, nach unserem ersten Abendessen in einem örtlichen Restaurant fanden wir im Ferienhaus einen Zettel vor, mit einer Adresse in Trstena, welche aber erst Montag zwischen 10.00 und 10.30 zu erreichen sei.
Wenn nicht geangelt werden kann, macht man halt etwas anderes - Hauptsache am Wasser...
Anglerfrust, den ganzen Sonntag kein Fischen. Was tut der Angler an einem solchen Tag? Er sucht nach anderen Beschäftigungsmöglichkeiten am Wasser. So verbrachten wir den Sonntag mit einer Besichtigung der Oravsky Hrad einer super erhaltenen mittelalterlichen Burg direkt über der Orava. Danach eine Floßfahrt (siehe Fotos oben und links). Tolles Erlebnis und sehr informativ. Der Flößer (ebenfalls Angler) erklärte uns zwischendurch immer wieder mit ein paar deutschen Worten, wie es um die Fischerei bestellt sei. Tausende von Kormoranen hätten in den vergangenen Wintern gehaust und die Äschenbestände seinen total reduziert. Aber Huchenfischen sei nach wie vor Top. Immer wieder zeigte er uns während der Floßfahrt Huchen-Gumpen. Aber Huchengerät hatten wir nicht dabei, denn unsere Zielfische für diesen Urlaub waren Äsche und Forelle.
Orvsky Hrad - die wunderbare Burg über der Orava
Endlich Montagmorgen. Doch als wir zur ersten Morgenzigarette aus der Haustüre traten: Sch.... - Regen und kalt, tatsächlich hatte es einen Temperatursturz auf max. 6-8 C gegeben. Die umliegenden Tatrahöhen waren plötzlich weiß. Aber was wären wir für Angler.... Los nach Trstena und den Laden suchen, hinter dem Hotel mit dem Schild „Still“. Naja, etwas suchen war schon notwendig. Das Schild warb für unsere guten deutschen Stihl-Sägen und der Laden lag doch ziemlich versteckt in einer kleinen Seitenstraße. Um so freundlicher war der Besitzer. Er sprach weder deutsch, noch englisch noch sonst etwas außer slowakisch. Aber mit vollem Hirn- und Körpereinsatz konnte alles geregelt werden. Karten waren erhältlich, es gab sie jeweils nur für einzelne Teilstücke Orava, Studena und Oravica. Die Forelle hatte Schonzeit. Macht nix, wir praktizieren in der Regel sowieso catch and release. Nachdem uns die Studena, wie schon erwähnt, etwas enttäuscht hatte, entschieden wir uns heute für die Oravica und wollten morgen an die Orava. Das Wetter würde ja wohl schon wieder besser werden. 
Der Bach war auf den ersten Kilometern hinter Trstena stark verbaut, so kamen wir ziemlich weit in den Oberlauf, bevor wir einige einladende Stellen zum Fischen fanden. Peter der Universelle hatte schnell eine kleine braune CDC montiert, fischte aber bald schon mit der Nymphe, während ich trotz Sauwetter ununterbrochen die Trockene aufs Wasser klatschte. Es gab tatsächlich Fische. Immer wieder konnte Peter eine Rotgetupfte an der Nymphe erwischen. Mit meiner Trockenfliege wurde ich erst nach einigen Ortswechseln und an einem schönen langsam fließenden Gumpen fängig. Immerhin 3 Bachforellen  mit ca. 20 – 25 Zentimetern wurden von mir gehakt und wieder releast. Bei Peter war es sicherlich ein Vielfaches meiner Beute.
Nach 5 Stunden fischen bei ca. 10 C und ununterbrochenem Regen gaben wir endlich auf und genossen die Annehmlichkeiten der slowakischen Gastronomie.
Dienstagmorgen, das gleiche Bild kalt und regnerisch. Wir ahnten Schlimmes und tatsächlich, bei der Ankunft in Podbiel an der Orava - trübes Wasser. Peter versuchte es trotzdem für eine halbe Stunde. Nichts ging, also weiter hoch fahren. Wir vermuteten, dass das Dreckwasser von einem der Zuflüsse Oravica oder Studena eingebracht wurde, da die Orava aus einem Stausee kommt und somit erfahrungsgemäß nicht so schnell eintrüben sollte. Tatsächlich - die Oravica brachte jede Menge Schlammwasser mit. Oberhalb der Mündung waren die Bedingungen deutlich besser, Also los - Peter abwechselnd mit Trockener und Nymphe, ich weiterhin konsequent trocken. Ringe auf dem Wasser, also muss etwas gehen und tatsächlich kamen erste Bisse.

Der Oberlauf der Studena war trotz 5 Tage ununterbrochenem Regen immer noch klar und gut befischbar.

Kleine und kleinste Döbel, die wohl noch nicht so recht den Hakenverhütungskurs durchlaufen hatten, waren unsere Beute. Dann endlich zwei Miniäschen an Peters Nymphe und gleich danach ein etwas ansehnlicherer Döbel. Nach einigen Sunden Wurftraining  nimmt endlich ein größerer Fisch meine Trockene, ich erkenne noch die Äschenfahne, dann ist er wieder weg. Stunden später geben wir, zwischenzeitlich total durchgekühlt und platschnass, auf. Abends in der Kneipe, machen uns die ortsansässigen, sehr freundlichen Menschen keine weiteren Hoffnungen. Das Wetter soll mindestens bis Freitag so bleiben und mit dem Fischen ist es einfach nicht mehr so wie früher, außer Huchen........

An der Mündung der Studena in die Orava =>

Peter gibt nicht auf. An der Orava - trotz starkem Regen und Eintrübung...
Die nächsten zwei Tage Anglerfrust, wir fahren nach Krakau und schauen uns die schöne Stadt an. Tags darauf beginnt Peter vor lauter Verzweiflung seine Hemden und T-Shirts zu waschen. Ich kann mich als leidenschaftlicher Leser gottseidank mit meinen spannenden Krimis ablenken. Selbst ein Versuch, Pilze zu sammeln, scheitert wohl an dem inzwischen viel zu kalten Wetter.
Freitag wollen wir es nochmals probieren. Unser Hausgewässer, die Studena, soll es sein. Wir hatten inzwischen herausgefunden, wieso der Bach im Unterlauf so trübe war. Bauarbeiten im ganzen Dorf. Ein Bagger fuhr ständig im Bachbett hin und her und schob die großen Kiesel als Hochwasserschutz zu einem Damm zusammen, nur wenige Kilometer bachaufwärts waren ebenfalls Bagger aktiv. Es soll ein privates Wasserkraftwerk errichtet werden, wie uns unsere Kneipenfreunde erklärten. 
Es geht vorwärts in der Slowakei, aber mit dem Fischen und mit unverbauten Gewässern scheint es leider abwärts zu gehen...
Vor lauter Verzweiflung wird Wäsche gewaschen...
massive Baumassnahme in und an der Studena - der Bagger machte hier gerade mal Pause...
Ungeachtet dieser Umstände befischten wir zuerst die Mündungsregion von Studena und Orava und wieder war es Peter, der zwei Bachforellen im Teenageralter an die CDC-Trockenfliege bekam. Mir war es auch später im Oberlauf nicht möglich, einen Fisch zu überlisten. Peter hatte mehr Glück, er konnte noch drei weitere haken, wobei die größte  sicherlich immer noch deutlich unter 30 Zentimeter blieb.
Unsere Angelwoche war zu Ende. Fazit: Eine Woche Dauerregen, die Flüsse sind starken Bauaktivitäten ausgesetzt und Kormorane haben wohl dazu beigetragen, dass mindestens der Äschenbestand am Boden ist. An den Ufern findet sich sehr viel Müll. Angelkarten müssen immer für kurze Strecken und einzelne Gewässer gekauft werden, es gibt nach unserer Information nur eine Verkaufsstelle in Trstena. Der Preis einer Tageskarte liegt bei ca. 17 €, zusätzlich wird eine staatliche Wochenkarte für ca. 1,70 € benötigt. Wir haben in dieser Woche keinen einzigen weiteren Fischer getroffen...
Schön gezeichnete Studena-Forelle - um die 20 cm...
Aber es gibt auch positive Erfahrungen. Die Menschen sind sehr freundlich und bemüht. Wir mussten/dürften mehrere konservierte Huchenköpfe in privaten Häusern besichtigen. Unser Konsum an geistigen Getränken war enorm und musste zumeist nicht von uns bezahlt werden. 
Das Essen in der Tatra ist fantastisch (zumindest wenn man Deftiges mag) und das zu Preisen, für die man in Deutschland gerade mal eine Vorspeise bekommen würde.
Sollte also der Wetterprophet einmal ein stabiles Hoch für die Slowakei ankündigen, könnte es durchaus sein, dass wir nochmals einen Versuch starten werden um der Orava, der Oravica und der Studena ihre Geheimnisse zu entlocken. Vielleicht sind ja dann die Bauarbeiten beendet, ein EU-weites Kormoranmanagement hat sich durchgesetzt und die Bachuferreinigungstrupps haben Ihre Arbeit aufgenommen.
Dietmar Greuter

Ein Beitrag von Dietmar Greuter für www.fliegenfischer-forum.de. Das unerlaubte Verwenden von Text- und Bildmaterial ist verboten.
zurück zu Slowakei, Tschechien, Polen | zurück zu Reise & Report | zurück zur Startseite

Copyright © 2009 | www.fliegenfischer-forum.de  |  DAS Fliegenfischen Online Magazin |  Kontakt