Neuseeland | Fliegenfischerträume werden wahr...
Erster Teil | Ein Reisereport von Andrej Polcic
Februar 2014. Drei Fliegenfischer aus der Slowakei mit einem Guide, die sich nach vielen Jahren ihren Fliegenfischertraum erfüllen wollen. Vier Wochen Fliegenfischen auf die größten und schlausten Forellen der Welt in unberührter Landschaft, der Südinsel Neuseelands, sind Wirklichkeit geworden...
Peter mit seinem Sohn Marian und ihrem Freud Peter jr. gehören zu den besten Wettkampf-Fliegenfischern in Europa. Ihre langjährige Fliegenfischererfahrung von zahlreichen Flüssen, Seen und Meeren in Europa und dem Rest der Welt wollten sie unbedingt auch um Neuseeland bereichern. Die Jungs haben mich sechs Wochen vor ihrer Neuseelandreise kontaktiert und gefragt, ob ich bereit wäre, sie für vier Wochen auf der Südinsel Neuseelands zu führen. Am Anfang war ich überrascht und wenig skeptisch, da ich in der Regel maximal zwei Personen für höchstens ein paar Tage an den Flüssen in Neuseeland begleite. Nach zwei Tagen Überlegung habe ich mich dann doch bereit erklärt und Peter meine Zusage mitgeteilt. Für mich war es eine  Herausforderung und neue, sehr große Erfahrung. Heute kann ich mit ruhigem Gewissen sagen, dass ich meine Entscheidung nicht bereue. 
In diesem Bericht würde ich gerne einige Flifi-Erlebnisse von dieser Reise mit euch teilen.
Unser Campinglager
Mündung unseres Flusses in den Hauptfluss-Das Abenteuer kann beginnen!
Marsch und Spotting - Auf der Suche nach den Forellen.
Geduld und Ausdauer sind die wichtigsten Voraussetzungen, um erfolgreich die neuseeländischen Trophäenforellen fangen zu können. Ich werde sehr oft von meinen Flifi-Gästen und Freunden gefragt, was einen guten Fliegenfischer ausmacht. Meine Antwort auf diese Frage ist einfach: Geduld. Was die Geduld angeht, spielt diese menschliche Eigenschaft und Tugend beim Fliegenfischen in Neuseeland meines Erachtens nach die wichtigste Rolle. Gleich danach kommt Ausdauer. Wenn man diese zwei Kriterien befolgt, steht dem Erfolg nichts im Wege.
Kommen wir nun von Theorie zur Praxis: Ein Tag an dem wir zwei Trophäenforellen fingen: einen Rogner und einen Milchner und beides traumhaft schöne Bachforellen.
Nach einer Nacht, die wir zwei im Auto und zwei im Zelt verbracht haben, wartete auf uns ein schöner, sonniger Sommertag, an dem wir uns einen kleineren Gebirgsfluss vorgenommen haben. Dieser Fluss wirkt anfangs für diejenigen, die ihn noch nie befischt haben, eher als unspektakulär. Gibt man sich aber die Mühe und marschiert „ein paar“ Kilometer flussaufwärts, dann warten auf einen die echten Traumforellen.
Manche Riesen sind auch trotz des starken Windes nicht schwer zu sichten.
Forelle wurde geortet - jeder nimmt seine Stellung ein.
Da die körperlichen Kräfte nach mehreren Tagen, an denen wir im Durchschnitt 25 Kilometer pro Tag zurückgelegt hatten, nachgelassen haben, war es meine Aufgabe, die Jungs zu motivieren. Der Wasserstand war optimal, die Sonne schien. Nur der Wind wollte nicht mitspielen und machte uns das Werfen an diesem Tag fast unmöglich. Wer schon mal in Neuseeland gefischt hat, weiß wie wichtig und ausschlaggebend die richtige Windrichtung sein kann. Wenn sich zwei Fliegenfischer treffen, wünschen sie sich gegenseitig „Sunshine and Backwind“ also Sonnenschein und Rückenwind, zwei Faktoren, bei welchen das Fliegenfischen in Neuseeland optimal wird. Wurf- und Fliegenpräsentation und Präzision, welche bei den sehr schlauen NZ Forellen ein Muss sind, werden durch „facewind“ - Gegenwind - wesentlich beeinträchtigt und machen das Fliegenfischen an solchen Tagen fast unmöglich.
Und genau in solchen Situation kommen die Geduld und Ausdauer des Fliegenfischers ins Spiel. 
Werfen gegen den starken Wind zwang den Peter zur anderen Strategie:  Anschleichen.
Frustration wird durch die wunderschoene Szenerie gemildert.
Durch den Wind wird das rechtzeitige Sichten der Forellen durch die entstehenden Wellen auf der Wasseroberfläche sehr kompliziert. Wenn die Forelle als erste den Fliegenfischer gesichtet hat, macht sie sich davon, wird passiv und kann nimmer erfolgreich befischt werden- was in Praxis bedeutet, hunderte Meter, wenn nicht Kilometer weiter zu gehen und andere aktive Fische zu suchen. Das ist uns an diesem Tag mehrmals passiert und forderte die Geduld der Jungs immer wieder heraus. 
Aber das war nicht alles, was sich gegen uns und das erfolgreiche Fliegenfischen stellte. Das zweite große Hindernis war der schon erwähnte ärgerliche Gegenwind beim Werfen und Präsentieren der Fliege für die rechtzeitig gesichtete Bachforelle. Stellt euch einmal diese Situation vor: Eine wunderschöne Forelle, die sehr aktiv ist und sich an den Fliegenlarven erfreut, schwimmt in ungefähr 10 Meter Entfernung. Ihr nehmt die Rute in die Hand, bindet die Fliege ans mindestens 5 Meter lange Vorfach und versucht dann, gegen den starken Wind die Fliege präzise vor die Forelle zu werfen. Erster Versuch, zweiter Versuch, dritte Versuch und es funktioniert nicht. Dann kommt das Anschleichen, um näher an den Fisch zu kommen. Der Fisch merkt euch und verschwindet… Was dann kommt, will ich hier nicht näher beschreiben. Ihr kennt bestimmt den Wortschatz eines aufgeregten Fliegenfischers J.
Stärkung und die weitere Plan-  und Strategiebesprechung.
Nach zehn auf diese Art und Weise verpatzten Forellen war es mit der Geduld von Peter, Marian und Peter jr. fast vorbei und ich merkte die Vorzeichen der Verzweiflung und sich nähernde Resignation.
Unter solchen Umständen ist es für den Guide wichtig, einen kühlen Kopf zu bewahren und Rolle eines Psychologen einzunehmen. Da hilft am besten eine Pause mit Essen und Trinken, bei der die nächste Strategie vorgestellt wird. Aufgrund meiner Erfahrung wusste ich, dass sich der Wind an solchen Tagen auf der Südinsel am späten Nachmittag dreht oder aber er schläft sogar völlig ein. Nach fast 16 Kilometern Fußmarsch waren wir nämlich nur kurz von den besten Stellen entfernt. Die größten Forellen in Neuseeland halten sich sehr gerne in den oberen Teilen des Gewässers auf: je näher an der Flussquelle desto größer sind die Fische. Was aber auch bedeutet, viel Mühe und Marschieren, also viel Ausdauer vom Fliegenfischer erfordert.
Nach der Verstärkung und Planvorstellung war nur der Peter jr. einverstanden, noch weiter flussaufwärts zu gehen. Peter und Marian hatten schon genug und wollten zu unserem Campinglager zurückkehren. Letztendlich wurde ein Kompromiss gemacht. Ich und Peter jr. werden nur noch den nächstliegenden Pool checken und Peter mit seinem Sohn werden auf uns warten.
Andrej und Peter jr. auf den Weg zu dem letzen Pool.
Als wir uns auf den Weg machten, hörte der Wind auf und es wurde ganz windstill. Peter ging auf der rechten Seite und ich auf der linken Seite des Flusses, um so besser die Forellen ausfindig zu machen.
Und dann passierte es: Peter sichtete eine schöne dicke, aktiv futternde Forelle im ziemlich seichten Wasser. Er wollte unbedingt die trockene Fliege ausprobieren und band eine Eintagsfliege an. Der Wind war weg und das Werfen klappte problemlos. Der erste Wurf kam perfekt aber die Forelle war nicht an der Fliege interessiert. Ein weiterer Wurf - und wieder nichts. Jetzt reichte es auch schon dem Peter jr. Ich merkte, dass die Forelle immer noch aktiv war und sich unter der Wasseroberfläche Insekten schnappte. Sofort sagte ich Peter, er möge es noch ein letztes Mal probieren und der Forelle eine kleine Eintagsfliege-Nymphe anstatt der Trockenen präsentieren. Nach ein paar Probewürfen warf er die Forelle perfekt an und die Nymphe wurde sofort genommen. Der Kampf ging los. Die schwere Bachforelle wollte nicht so schnell aufgeben.
Die Nymphe wurde genommen und der Kampf kann losgehen.
Letzte Fluchtversuche der Forelle und Andrejs Abwarten des Richtigen Zeitpunkts der Fischlandung.
Inzwischen sind sogar Peter und Marian doch noch herauf gekommen und waren selbst Zeugen des aufregenden Drilles. Nach mehreren spannenden Minuten war es endlich mit den Kräften der starken Forelle vorbei und ich konnte sie mit dem Kescher für Peter jr. landen. Es war ein wunderschöner Fisch, ein Bachforellen-Rogner über 4 Kilo schwer und somit ein echter Trophyfish und auch eine Seltenheit, da die meisten Großforellen in Neuseeland Milchner (Jackfish) sind. Peters Jr. Geduld und Ausdauer wurden belohnt und hatten nicht nur Rosen, sonder in seinem Fall eine herrliche neuseeländische Bachforelle gebracht!
Dies ist aber noch nicht das Ende der Geschichte.
Der stolze und glückliche Guide mit Peters Trophy-Rogner.
Die Frucht der Geduld kann sich sehen lassen.
Peter mit einem prächtigen Rogner.
Catch and Release ist Selbstverständlichkeit.
Durch diesen Erfolg gestärkt, machte sich Marian auf den Weg zu einem weiteren Pool, welcher nur ein paar Meter weiter flussaufwärts lag. Zu unserer Überraschung sahen wir dort drei weitere Bachforellen, eine größer als die andere. Alle waren aktiv und konzentrierten sich auf die Insekten auf der Wasseroberfläche. 
Marian nahm seine Rute, band ein Zikademuster an und versuchte sein Glück. Wenn man einmal erlebt hatte, wie eine Bachforelle eine auf dem Wasser schwimmende Zikade attackiert, weiß ganz genau, was für ein einzigartiges Erlebnis das für einen Fliegenfischer ist. 
Der Wurf war bestens ausgeführt. Die Forelle bemerkte die Zikade und folgte ihr mit aller Ruhe mit der Strömung. Die Spannung stieg, aber Marian konnte seine Nerven behalten und wartete ab, bis die Fliege vollständig von der Forelle inhaliert wurde. Die berühmte Regel beim Trockenfliegenfischen in Neuseeland für den erfolgreichen Anhieb lautet: zuerst sagen „God save the Queen“ und dann anschlagen. Der Anhieb passte perfekt und der Riese war dran.
Jetzt ist Marian dran.
Die Zikade hatte der Forelle gefallen, der Anhieb passte... Wer wird siegen....?
Der Pool war nicht groß und wir mussten damit rechnen, dass die Forelle stromab flüchten würde. Marian gelang es, die Forelle sehr feinfühlig zu drillen und sie die ganze Zeit unter der Kontrolle und im Pool zu halten. Um den Pool herum waren Felsen, welche scharfe Kanten hatten und es gab sogar einen Baum, der direkt im Pool untergetaucht war. Eine 50:50 Landungs-Chance, entweder oder. Ich sah die Möglichkeit, nahm den Kescher und versuchte den Fisch zu landen. Das Problem war die Größe der Forelle, die kaum in den Kescher passte. Ich riskierte es trotzdem und wurde erfolgreich. Der Milchner (Jackfish) war prächtig – und mit fast 6 Kilo die größte Forelle der Reise.
Das vorsichtige Drillen der riesigen Forelle.
Der Kampf spielt sich die ganze Zeit in dem tiefen Pool ab.
Endlich - erfolgreich gekeschert.
Die Forelle des Lebens  - die Freude ist unbeschreiblich. Marian und Andrej.
Die Trophy wird wieder in ihren Pool freigelassen.
Nach der Video- und Fotodokumentation wurde auch diese Forelle mit einem Abschiedskuss, wie immer, wieder freigelassen. Das Glück war unbeschreiblich, Marian, sein Vater Peter, Peter Jr. und ich als Guide waren alle körperlich erschöpft aber strahlten von Glück und Zufriedenheit.
Die 17 Kilometer, die wir noch zurück zum Campinglager gehen mussten, vergingen ziemlich schnell, da wir mit dem guten Gefühl des einzigartigen Erfolgs gestärkt waren.

Sunshine , backwind und tight lines 
wünscht
Andrej Polcic

Diese Stelle nannten wir "Pool der Geduld" ...
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Nützliche Links:
- Die offizielle Neuseeland-Tourismus-Seite: www.newzealand.com
- Neuseeland bei Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Neuseeland
- Extra-Tipp: Mehr zum Autor (der u.a. Vorbereitungskurse fürs Meistern des Fliegenfischens in Neuseeland und spezielles Guiding in Neuseeland anbietet) finden Sie auf seinen Websites: www.brothersinflyfishing.com und www.flyfishing-slovakia.com
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Ein Beitrag von Andrej Polcic für www.fliegenfischer-forum.de - April 2015. Das unerlaubte Kopieren und Verbreiten von Text- und Bildmaterial aus diesem Beitrag ist verboten.

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