Steiermark: die MÜRZ bei Neuberg 
von Gerald Trummer

Dies ist kein Reisebericht im üblichen Sinne. Vielmehr ein Gewässerspiegel, bereichert mit Erfahrungen und kleinen Anekdoten die ich an der Mürz bei Neuberg in 8 Jahren gesammelt habe.
Ca. 100 km von Wien entfernt, schlängelt sich die  Mürz mit einer Güteklasse 1 in unvergesslicher Schönheit durch das Mürztal in der Obersteiermark.

10 Autominuten von der nächst größeren Ortschaft Mürzzuschlag, nahe an der Grenze zu Niederösterreich, beginnt die Strecke bei Kilometerstein 15,6 beim Kraftwerk Fladenhoferhöhe, und endet 5,7km weiter kurz nach der Dürnthalbrücke in Lanau.

Der Abschnitt, um den es hier geht, ist die ca. 6,5 km lange Gemeindestrecke der Mürz bei Neuberg, und nicht die vielumworbene Privatstrecke des Wolf Edler, dessen Strecke an der Gemeindestrecke Flussabwärts anschließt.

2-Tages- oder Wochenkarten für die 6,5km lange Gemeindestrecke bekommt man beim Tourismusbüro oder bei der Marktgemeinde Neuberg. Eine 2-Tageskarte, die man auf 4 Tage selbst verteilen kann (!) kostet 110.- Euro, und nach Absprache mit den Tourismusbüro kann diese Lizenz auch am Samstag abgeholt werden. 2-Tagespauschalen mit Halbpension um 153.- bieten Landgasthof Anna Holzer und die Pizzeria Borkenkäfer an, und um 195.- Euro incl. Halbpension bekommt man im Gasthof Holzer, Vinothek auch einiges Kulinarisches geboten. Weitere Infos bekommt man unter: http://www.neuberg.at/

Erstaunlich dass die Gemeindestrecke Mürz bei Neuberg sehr wenig beworben wird. Ich habe kein Video, keinen Gewässerbericht in Fachzeitschriften oder Angelurlaubangebote gefunden. Auch im Internet gibt es so gut wie nichts über diese Strecke zu erfahren. Dies ist umso verwunderlicher da diese Strecke zur schönsten und abwechslungsreichsten zählt die ich kenne. Der große Vorteil darin ist natürlich dass man hier nicht reihenweise Anglern begegnet, der Fluss deshalb nicht überfischt ist, und man auch kurzfristig Lizenzen bekommt.

Als ich mir das erste Fliegenrutenset in einem Anglergeschäft besorgte sagte der Verkäufer nach der Frage wo ich denn am besten mit dem Gerät beginnen sollte wie aus der Pistole gefeuert: 

„Mürz bei Neuberg“, und nach der Frage welches Gewässer in der Nähe noch ein Tipp wert wäre: „Wenn Du einmal in der Mürz gefischt hast, brauchst Du kein anderes Gewässer“. Es kostete mich damals ein Lächeln, denn ich hatte mich vorher in Broschüren, Reiseberichten und Videos über die Top Gewässer Österreichs bestens Informiert, und da ist die Mürz nicht einmal am Rande erwähnt worden…

Foto rechts: Die "Äschenstrecke" ist immer wieder ein Erlebnis...

Als ich an Wolf Edler, damals schon Pächter eines kleinen 2 km langen Privatabschnittes der Mürz, in Sachen Anfängerkurs verwiesen wurde und er mir sagte, dass er als verständnisvoller Wurfexperte wohl der einzige ist, der mich lehren könnte, und Kollege und Fliegenfischergeschäftbesitzer Hans Ljubic (http://www.angelsport-ljubic.at/webpage/) nicht die Geduld habe auf Anfänger einzugehen, war mir klar dass ich hier in einen sehr kleinen verschworenen Kreis eingedrungen war…

Mittlerweile nach 10 Jahren Fliegenfischen habe ich aber die Ratschläge, Erfahrung und Hilfsbereitschaft von Hans Ljubic sehr zu schätzen gelernt, und kann die in einigen Punkten etwas seltsame Philosophie von Wolf Edeler nur mehr in sehr wenigen Punkten teilen.

Kurz zur Infrastruktur: Man ist hier nicht hoffnungslos in der Natur den Wölfen und Bären ausgesetzt. Nur wenige Minuten entfernt von der Strecke liegt das Örtchen Neuberg, in dem man vom Jausenbrot bis zur Regenjacke alles bekommt was einem sonst den Tag versauen könnte. Bei der Fischerstub’n in Krampen kann man sich auch mit Fliegenfischerbedarfsartikeln eindecken, falls man nicht alles dabei haben sollte oder seine einzige Fliegendose gerade den Fluten überlassen hat. Es empfiehlt sich daher die Handynummer von Wolf Edler in der Tasche zu haben, der diesen kleinen Shop, der nicht immer geöffnet ist, leitet.

Für den geh-faulen Angler wie mich ist diese Stecke wie geschaffen. Die Straße mit genügend Parkmöglichkeiten bewegt sich großteils entlang der Mürz, und man kommt nicht in Verlegenheit eines kilometerlangen Fußmarsches zum Fluss. Diese Tatsache hat auch die rettende Funktion, bei einsetzenden Regen in wenigen Minuten das Auto erreichen zu können.
 

Foto links: Die Brücke kurz unterhalb des Pools ermöglicht Robert das Ausmachen der Standplätze.

Das Fischen vom Boot aus ist im Staubereich grundsätzlich verboten. Meine Anfrage beim Gemeindeamt, ob denn vielleicht ein Belly Boat erlaubt wäre wurde mit fragendem Schulterzucken was denn das sei, schlussendlich mit nein beantwortet.

Die Mürz ist nicht gefeit vor Unwettern. Im Mürztal toben hin und wieder schwere Gewitter und dann steht man tagelang vor einer unbefischbaren Brühe. Es ist daher auch sehr ratsam sich nochmals kurz vor der Anreise genauestens über den Gewässerzustand und der Wettersituation der letzten Woche zu erkundigen.

Ohne meinen Gewässerbericht der Mürz bei Neuberg chronologisch zu unterteilen, beginne ich also meine Reise in der Gemeindestrecke (damals noch in Obhut von Werner Ochenbauer) irgendwann Mitte der 90er, und sie endet (vorerst) im Sommer 2004…

Da liegt sie nun endlich vor mir, in voller Pracht und Schönheit. Die Samstag- Vormittagssonne zeichnet orange-goldene Muster in die Wasseroberfläche. Ich steige an der Dürnthalbrücke am oberen Ende der Strecke ein. Vorbei an Schrebergärtchen deren „Bewohner“ vor dem qualmenden Griller mich etwas verwundert betrachten, und plötzlich stehe ich unterhalb eines tiefen Pools. Das durch eine Engstelle gepresste Wasser hat hier eine Rinne und einen tiefen langen Gumpen gerissen, der unter mehrere überhängende Bäume hindurch wieder in ein breites Beet ausläuft. Man muss sich sehr vorsichtig bewegen. Nicht nur deshalb, weil man die Jungfische nicht in den Pool flüchten lassen möchte, sondern auch weil in diesem Gewässer nur Watstiefel erlaubt sind. 

Die erste tungstenbeschwerte Nymphe ist schnell montiert, und wie ausgemacht springt wenige Meter schräg vor mir eine unglaubliche,  schätzungsweise 60cm große Regenbogenforelle nach einer (nicht meiner) Fliege. Wie es der Fliege danach ging, konnte ich nicht feststellen. Ich jedenfalls konnte nicht mehr schlafen. So geschehen vor ca. 6 Jahren.

Man darf aber an der Mürz keine Großforellen erwarten, obwohl ich vom Tourismusverband „105cm“ als Antwort auf meine Frage nach dem gemeldeten Rekordfisch in der Mürz erhalten hab.

Mehr konnte ich darüber leider nicht erfahren. Es dürfte sich aber höchstwahrscheinlich nicht um eine Forelle sondern möglicherweise um einen Hecht aus dem Staubereich handeln.

Am unteren Ende, nach der Fuhrmannbrücke, ist der Fluss schon vom Kraftwerk Fladenhoferhöhe etwas aufgestaut und man steht vor einem sehr breiten tiefern, sehr ruhigfliessendem Teil mit weiter Kurve, in der die Forellen gerne bei den überhängenden Ästen herunterfallende Käfer und Ameisen einsaugen. 

Einen guten Rollwurf sollten Sie hier beherrschen, denn der Wald lauert im Rücken und viel weiter als 3 Meter kann man hier im schlammigen Grund nicht ins Wasser. Dieser Teil endet direkt bei der Brücke bei Wolf Edlers Fischerstub’n in Krampen. Und wer hier wohnt der wird als erster sowieso auf der Brücke stehen und den pendelnden Brocken zuschauen. 

Vorbei an steilen bewachsenen Ufern in Sichtweite das 2. Wehr. 50 Meter vor und nach dem Wehr ist das Angeln verboten, aber weiter kommt man hier aufgrund der Wassertiefe und der Böschung auch nicht heran. Belly Boat ist hier also nicht erlaubt aber man hat am Stau an einigen Stellen genügend Platz um eine lange Leine in der Luft führen zu können. 

Angekommen bei der „Wiese“, jener breiter sehr träge fließender Abschnitt, an dem die Kursteilnehmer der ersten Fliegenfischerschule ihre ersten Wurferfahrungen am Wasser sammelten (die Kurse von Hans Ljubic finden mittlerweile alle am Untertalbach statt), beginnt ein Lauf der jedes Fliegenfischerherz zum jauchzen bringt.

Bei meinem ersten Aufenthalt an der Mürz konnte ich nach der „Wiese“ vom großen Felsen runterblickend ein gewaltiges Exemplar zwischen maßigen Forellen ausmachen. Mit den Watstiefeln und dem hohem Wasserstand lag jedoch diese Stelle außer Wurfweite.

Zurück in den Juli 99 und leider haben ich nur 2 Tage Zeit dieses wunderschöne Gewässer zu befischen. 30 Minuten am Wasser, die Watstiefel mit Wasser gefüllt und gegen die trockene runtergerollte neue Wathose getauscht kann ich mich auch schon vor einem Ordnungshüter dafür rechtfertigen. Aber Ordnung muss sein. Der Hüter versteht mein Leid, und macht seinem Job gut. Den Angedrückten Widerhaken, Landeslizenz und die Tageslizenz kontrolliert steht er noch Minutenlang an der Brücke und versucht der Sinn der Fuchtelei zu erkennen. 
 

Hier gleich ein Tipp: Eine zweite, und wenn vorhanden auch eine dritte Komplettgarnitur mitnehmen. Gerade bei hohem Wasser rieseln einem die feinen Steine an manchen Stellen tückisch unter den Füßen weg, und es bleibt einem nur mehr tiefatmend der Wasserausstieg 30 Meter flussabwärts.
Man sollte sich für den Abendsprung einen großen Pool suchen, und davon gibt es an der Mürz doch einige. Wenn man Glück hat dann kann man hier einen unglaublichen Fliegenschlupf erleben, und dann kann es passieren dass man die falsche Fliegenwahl getroffen hat. Nämlich dann, wenn die Fliege zum X-ten mal durch die Ringe treibt und alles von der Oberfläche außer der eigenen Fliege gesaugt wird. Dann gehört eine schnelle Entscheidung her, denn die Dunkelheit macht keinen halt, und keine Entscheidung ist die schlechteste Lösung, haben wir schon im politischen Unterricht gelernt. Dann heißt es: ran mit der Nase ans Wasser, und schauen was da so antreibt.

Fliegen:
Geangelt werden darf hier von 6 Uhr bis Sonnenuntergang mit Nymphe, Trockenfliege und Streamer. Im ersten Staubereich darf lt. Revierplan zwischen km 15,6 und 16,2  auch mit Blinker und „Wasserkugel zur Fliege“ gefischt werden. Auf der restlichen Strecke darf nur „die Fliegenrute ohne zusätzliche Beschwerung verwendet werden“. Was immer man sich jetzt darunter auch vorstellen mag….

Die Fische an der Mürz sind nicht ausgesprochen heikel, und man kommt in den meisten Fällen gut mit Faustregeln zurecht. Ich habe einmal an Wolf Edlers Stammtisch meine Ohren gespitzt und blaue sehr fein gebundene Nymphen als Stein des Weisen aufgeschnappt, aber ich hatte damit kein Glück, wenn ich ehrlich bin nicht einen einzigen Fisch. Vielmehr haben sich nicht zu kleine Caddismuster mit rotem Körper und rote Bucks, die von den Fischen regelrecht attackiert wurden als absolute Killer herausgestellt. Ich habe aber die Erfahrung gemacht dass sich jedes Jahr eine andere „Killerfliege“ hervorhob.

Bei einer Jausenpause mit meinem Kollegen Robert Müller setzte sich der sehr nette einheimische Anglerkollege und Jahreskartenbesitzer Jörg zu uns und erzählte uns, dass sich durch sein Bemühen ab 2004 das zweimal jährliche Besetzen der Mürz durchgesetzt hat, und wir konnten auch beobachten, dass Jörg mit sehr kleinen Fliegen erstaunlichen Erfolg hatte.
Im Frühjahr 2004 stand ich bei einsetzendem Unwetter an einem kleineren Pool, der mir zugegeben zuvor noch nie als sehr Fischreich erschien. Sturmböen, Blitze und einsetzender schwerer Regen zwangen mich zum Rückzug als urplötzlich die Forellen in diesem Pool wie verrückt zu steigen begannen. Geschätzte acht Forellen stiegen hier im 5 Sekundentakt. Meine gut präsentierte Sedge wurde schlichtweg ignoriert. Nur wenige cm daneben saugten die Forellen ein was sie kriegen konnten. Ich hatte leider nicht die Zeit, mich mit intensiver Beobachtung und Fliegenwechsel an die Forellen ranzumachen. Völlig durchnässt konnte ich jedoch mit meiner Sedge eine dicke Regenbogenforelle fangen, und beim Ausnehmen konnte ich schließlich das Geheimnis lüften, dass es sich bei der aufgenommenen Nahrung um große Schwarze Junikäfer handelte, die wahrscheinlich durch den einsetzenden Regen von den Blättern gespült wurden.

Im Mai 2003 konnte ich ebenfalls mit meinem schweizer Angelkollegen Robert Müller beobachten, dass zahlreiche extrem große dunkle, teilweise bis 4cm große Steinfliegen schlüpften und die Forellen diese mit Vorliebe schlemmten.

Zwei Jahre davor erlebte ich abends einen Schlupf, den ich nicht so schnell vergessen werde. In einem Streckenabschnitt stand ich kurz vor der Wehranlage in Krampen inmitten eines Steinfliegenschlupfes, bei dem tausende gelbe Steinfliegen den Himmel gelb färbten und die Forellen dementsprechend zum ausrasten brachten.

Einen Fliegentipp abzugeben, ist also sehr schwer, und ich stehe fast jedes Jahr vor dem gleichen  „Problem“, dass ich gerade die Fliege nicht dabei habe, auf die sich die Forellen regelrecht stürzen. 
Die Fliegendose sollte also gut gefüllt sein um bei einem „Ereignis der schlüpfenden Art“ nicht völlig blass auszusehen.
 

Foto links: 
Autor mit Äsche

Struktur:
Die Gewässerstruktur der Gemeindestrecke würde ich als hervorragend bezeichnen und gehört zu den abwechslungsreichsten, die ich kenne.
Gumpen so tief, dass man sich vom 3 Meter Brett keine Beule holen würde, knietiefe Rieselabschnitte in der so manche Großäsche wohnt, ruhige Staubereiche, weite Rinnen, reißende Außenkurven und glasklare langsamfliesende Bereiche in denen man die zahlreichen Forellen sehr gut beobachten kann. Hier ist einfach alles vorhanden.

Ich angle jetzt seit 8 Jahren regelmäßig in dieser Strecke und ich stoße jedes Jahr auf kleinere Pools und Abschnitte die im Vorjahr eher zu übersehen schienen, die mir aber dieses Jahr unvergessliche Augenblicke bescherten.

Im Gumpen kurz nach der ersten Brücke in Tebrin soll ein mächtiges Exemplar hausen. In der Fischerstub’n erzählt man Geschichten von einer 10 kg Forelle die hier ihr Unwesen treiben soll, aber ich habe mir nicht die Zeit genommen mich hier auf die Lauer zu legen obwohl ich es mir nicht verkneifen konnte hier einige male unter dem großen Felsen einen Streamer durchzuziehen.

Ich würde sagen, insgesamt setzt sich der Fischbestand der Mürz aus ca. 70% Bachforellen und je 15% Äschen und Regenbogenforellen zusammen, die im Durchschnitt einiges mehr auf die Waage bringen als die Bachforellen. Im Staubereich haben naturgemäß die Regenbogenforellen die Überhand und im obersten Teil ab Kilometerstein 19,8 darf man mit jedem zweiten oder dritten Biss mit einer Äsche rechnen. 

Klopft man die ruhigen Uferbereiche mit der Trockenfliege ab, dann bekommt man großteils untermaßige, aber schön gezeichneten Bachforellen an den Haken. 

Die Salza bei Weichselboden, so behaupten es Gewässerberichte in einschlägigen Fachzeitschriften jedenfalls, sei das Tal der Äschen. Ich würde aber diese „Auszeichnung“ diesem Gewässerabschnitt der Mürz zusprechen. Hier bekomme ich jedes Jahr die Chance Äschen über 50 cm zu haken, und die Chance bei einem 2 Tagesaufenthalt würde ich als sehr realistisch einschätzen. Aber auch die Forellen die ich hier durch meine teilweise kindliche Ungestümtheit und Plumpheit immer wieder aufschrecke sind wahrlich keine Setzlinge.

Foto unten: Die Mürz ist auch bei angetrübten Wasser einen Versuch Wert...

Um Missverständnissen vorzubeugen: Wolf Edler ist ein sympathischer Kerl und bewirtschaftet sein Gewässerabschnitt anschließend der Gemeindestrecke natürlich auch  hervorragend. Und wer nicht in der begrenzten Budget-Lage steckt und  sich die „koste es was es wolle, jetzt fange ich eine gute Bachforelle“ Forderung leisten kann, sei auch der Privatabschnitt des Wolf Edlers zu empfehlen. Obwohl mir die 1800.- Euro plus 1000.- Euro Einschreibung für die Jahreskarte (ist nötig zum Befischen der ganzen Privat Strecke) als etwas sehr Elitär erscheint…
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