Im September
an der oberen Möhne
von Michael Müller Nach den in diesem Jahr mehr oder weniger sachlich geführten Diskussionen im Fliegenfischer-Forum über E. Brinkhoffs Möhne-Strecke wollten wir – nach Studium des durchaus überzeugenden Konzeptes von Erich Brinkhoff - der Sache auf den Grund gehen und statteten der Möhne vom 12.-14.09.2003 einen Besuch ab. |
Mit von der
Partie waren „Der Fliegenfischer“-Autor Volker Engelmann, die „Ilmtal-Fliegenfischer“
Stefan Beier und Jens Golm, sowie meine Wenigkeit.
Während unseres Aufenthaltes herrschte eine Schönwetterperiode mit Tagestemperaturen um 25°C und ausgesprochenes Niedrigwasser aufgrund der vorangegangenen monatelangen Trockenheit. In zweieinhalb Tagen hatten wir Gelegenheit, einen Großteil der rund 8,6 Kilometer langen und im Schnitt 10 bis 15 Meter breiten Flussstrecke zu erkunden. |
Foto ganz
oben rechts: Stefan befischt den "First Pool" unterhalb der Straßenbrücke
Allagen
Oben und unten links und rechts: Die abwechslungsreiche, obere Strecke, teils mit erheblichen Verwachsungen |
Das Revier
beginnt unterhalb der Straßenbrücke ALLAGEN (Brücke derzeit
wegen Bauarbeiten gesperrt). Gleich der erste am Zusammenfluss der beiden
Gerinne liegende Pool ist sehr interessant und hat es in sich (eine ganze
Anzahl großer Fische).
Flussabwärts
folgen zunächst einige abwechslungsreiche Züge, überwiegend
kiesig und gut bewatbar, mit kleineren Pools. Das Flussstück wird
rechts von der Strasse, links von Wiesen und Weiden gesäumt. Zwischen
Strasse und Gewässer sorgt ein bewaldeter Hang für Sichtschutz
und mindert den Straßenlärm.
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Bereits hier
machen wir Bekanntschaft mit den an manchen Stellen über 2 Meter hohen,
senkrechten und lehmigen Ufern (Vorsicht!), sowie sehr zugewachsenen Abschnitten.
Es gibt reichlich Sträucher, Brennnesseldickicht und Felder mit übermannshohem,
rosa blühenden Springkraut.
Nach etwa 1,5 Kilometern gelangt man an weitläufige Mäander mit einigen, teils sehr tiefen Pools. Spätestens in diesem Bereich sollte auf das Waten verzichtet werden: durch den lehmigen Grund wird der Fluss trübe, außerdem wird der watende Fischer die Fische eher verscheuchen als fangen. Es gibt jedoch zwei flachere Bereiche, die zum Zweck des Uferwechsels durchquert werden können. Statt dessen ist auf Sicht fischen nach „neuseeländischen Stil“ auf die in diesem Bereich zahlreich vorhandenen Großforellen angesagt. Wir konnten Forellen bis um die 90cm sichten – kein Scherz! |
Man tastet
sich durch’s Dickicht, arbeitet sich auf den Knien oder dem Bauch bis in
eine günstige „Schnippwurf“-Position an den Fisch heran und versucht
sein Glück. Nichts für schwache Nerven und Leute mit Schäden
am Bewegungsapparat. Fakt ist: nur der unsichtbare und lautlose Fischer
hat Chancen auf guten Fisch, sofern das völlig zu recht geforderte
18er Garn vom im Wasser liegendem Holz fern gehalten werden kann!
Rechts: Die Möhne in den oberen Mäandern. Unten links und rechts: Stefan im Drill. Weiter unten links: Da steht so ein "Klopper" unter'm Busch. Durch den davor liegenden Ast nicht ansprechbar. |
Oft hatten
wir trotz vorsichtigster Annährung nicht einmal die Chance zum Wurf
– bedingt durch die Wetter- und Wasserverhältnisse sowie offensichtlich
reichlich gesammelter schlechter Erfahrungen durch den Befischungsdruck
der fast vergangenen Saison. Die Fische waren äußerst heikel.
Wir empfanden diese Fischerei trotzdem und einstimmig als höchst anspruchsvoll und spannend. So wurden unsere Bemühungen mit Fängen von mehreren Regenbogen- und Bachforellen bis ca. 65cm und einem Bachsaibling belohnt. Hinzu kamen viele aufregende Erlebnisse mit verfolgenden, beißenden oder wieder aussteigenden Forellen. |
Diesem Abschnitt
schließt sich stromab ein kilometerlanger, nahezu gerader und recht
eintöniger Wehrstaubereich an, welcher linksseitig aus dem Auenwäldchen
heraus befischbar ist. Auch hier waren einige Fische auszumachen, wir hielten
uns hier jedoch nicht lange auf.
Am Stauwehr teilt sich der Fluss in eine recht wasserarme Ausleitungsstrecke, die bei normalem Wasserstand sicherlich ein nettes Fischen auf „normalgroße“ Bachforellen bietet (für eine Person) und den Turbinenkanal. Rechts: Im Frühtau an der "Altherren- strecke" |
Beide jeweils
über einen Kilometer langen Bereiche sind eine behutsame Inspektion
wert, Fische sind überall vorhanden.
Etwas oberhalb der Ortschaft Niederbergheim fließen die beiden Arme wieder zusammen und es beginnt die sogenannte „Altherrenstrecke“. Es handelt sich um einen geraden, relativ kurzen und zähfließenden Staubereich bis hin zur Niederbergheimer Mühle. Er bietet viel Platz für den Rückschwung und eine Menge dicke (und heikle) Fische, die bei vorsichtigem Verhalten nicht zu übersehen sind. Unterhalb der Ortschaft Niederbergheim folgen bis zur unteren Gewässergrenze bei Völlinghausen noch einige sehr schöne Bereiche mit wechselnden Verhältnissen. Linksseitig tritt der Arnsberger Wald bis ans Flussufer heran, rechts liegen diesmal Weiden und Wiesen, die Straße ist nun ein ganzes Stück vom Wasser entfernt. |
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Dieser Abschnitt
ist überwiegend steinig, kiesig, gut bewatbar und hat einige schöne
Rauschen, Löcher und ruhigere Partien zu bieten. Hier lohnt sich die
Fliegenfischerei mit Streamern, Trockenfliegen und Nymphen auf „normalgroße“
Regenbogen- und Bachforellen um die 40cm. Bei normalem Wasserstand muss
man aber auch hier sicherlich mit Überraschungen rechnen. Wer abseits
von Straßengeräuschen der Zivilisation etwas entfliehen möchte,
findet an diesem wunderschönen Abschnitt Entspannung vom Alltagsstress.
Außerdem konnten wir in diesem Abschnitt die interessante Erfahrung machen, wie sich vier ausgewachsene Fliegenfischer angesichts einer neugierig herantrabenden gemischten Kuhherde fast in die Hose machten und beherzt den Wasserweg dem Landweg vorzogen. Zitat: „seht Euch nur diesen Bullen an, der sieht aber gar nicht gut aus...“. :-) |
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Der Fischbestand
der Möhne setzt sich hauptsächlich aus Salmoniden (Regenbogen-,
Bachforellen, Saiblinge), Cypriniden (Döbel, einigen Barben und Karpfen
sowie div. Weißfische) und Koppen zusammen. Außerdem kommen
Aale und gelegentlich Hechte vor. Im Herbst steigen einzelne Seeforellen
aus dem Möhnesee auf.
Die Forellen, die wir fangen konnten, waren durchweg in Top-Kondition, sehr kampfstark, gut genährt und farbenprächtig. Sie wiesen keinerlei Anzeichen von „frischen Besatzfischen“ wie lädierte Flossen, blasse Färbung, Verletzungen oder schlechten Ernährungszustand auf. Bedingt durch das ausgeprägte Niedrigwasser waren die Fische in der gesamten Strecke sehr gut auszumachen, jedoch schwer zu fangen. Neben einen beispiellosen Bestand an großen bis sehr großen Forellen, sozusagen dem besonderem Kick, verfügt die Möhne auch ansonsten über einen ausgewogenen Fischbestand in allen Jahrgängen. Sehr interessant und höchst spannend ist, das selbst die ganz großen Forellen mit der Trockenen anzusprechen und zu fangen sind. Wo steigen sonst noch 1m-Forellen auf 22er Trockenfliegen? Lediglich Äschen konnten wir leider gar nicht feststellen, hier hat der schwarze Vogel in den vergangenen Jahren wohl ganze Arbeit geleistet. |
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Bei unserem Aufenthalt war der Fluss übrigens voll von Weißfischbrut und Jungfischen (vermutlich Koppen und Döbel) in verschiedenen Stadien. Dafür war allerdings keine besondere Insektenaktivität zu verzeichnen. Hierfür sind logisch Jahreszeit, Witterung und Wasserverhältnisse verantwortlich, denn an unseren Heimatflüssen schaut es ja derzeit nicht viel anders aus. Da es Abends bereits recht kühl wurde, gab es auch keinen nennenswerten „Abendsprung“. Umgedrehte Steine geben jedoch eine Vielfalt an vorwiegend Eintags- und Köcherfliegenlarven preis. Wir werden die diesbezüglichen Beobachtungen im nächsten Jahr ergänzen. |
Erich Brinkhoff’s
Konzept und seine Bemühungen für den Aufbau und Erhalt eines
naturnahen Gewässers und Umfeldes gehen weit über die Ansicht
und Einstellung eines „normalen“ Gewässerpächters (der meist
nur fischorientiert arbeitet) hinaus. Er arbeitet aktiv am Rückbau
des Flusses in einen natürlichen Zustand und weiß dafür
Behörden und Anlieger als Helfer und Unterstützer zu gewinnen.
Das Konzept schließt auch alle Nebengewässer mit ein. Eisvogel
und Wasseramsel haben hier ein Zuhause und sind oft zu sehen.
Links: Volker im Drill. Oben rechts: Autor mit schöner Bachforelle |
Bleibt zu
hoffen, dass es ihm auch gelingt die Beeinträchtigungen durch die
Wasserkraftanlagen einzuschränken bzw. die Betreiber zur Aufgabe der
Wasserrechte zu bewegen. Besonders die Ausleitungsstrecken waren durch
das Niedrigwasser unserer Auffassung nach wegen einer zu geringen Mindestwasserabgabe
stark in Mitleidenschaft gezogen.
Das dieses Revier recht anspruchsvoll ist, außerdem recht stark befischt wird, davon zeugen nicht zuletzt die zahlreichen, abgerissenen Fliegen in Bäumen und Büschen, besonders in der „Altherrenstrecke“. Überlegenswert
wäre u.E., dem Fliegenfischer eine Entnahme einer großen Forelle
ausnahmsweise dann zu gestatten, wenn diese nach dem Drill derart „kaputt“
ist, das sie sich offensichtlich nicht mehr erholt und eingehen würde.
Ein sofortiger Anruf bei E.B. und die spätere Zahlung des Kilopreises
sollten Vorraussetzung sein.
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Fischertipps:
Fischereibedingungen:
Ausführlich nachzulesen inkl. Streckenbeschreibung, Fischereitipps
und Lageplan unter http://www.brinkhoff.com/Brinkhoff/HOME/FISCHEN/FISCHEN.HTM.
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Fliegen:
Es ist ratsam, vor dem Fischen mit E. Brinkhoff im Laden über gerade
fängige Fliegenmuster sprechen. Es sind teilweise ziemlich spezielle
Muster angesagt.
Ansonsten probieren Sie gängige Muster, wie sie auch an anderen deutschen Niederungsflüssen angesagt sind. Wir hatten Erfolge mit kleinen, hellen Streamern, Nymphen (mit und ohne Gold- oder Silberkopf) und verschiedenen Trockenfliegen (Sedges, Florfliegen, Duns, Ameisen), eher in den kleineren Größen. Begeleitung: Guide Markus war uns sehr hilfreich. Er kennt das Gewässer sehr gut, zeigte uns vor dem Fischen viele gute Stellen und beherrscht das Ansagen (Fischen auf ausgemachte Fische auf Sicht) ausgezeichnet. – Hallo Markus, nochmals vielen Dank ! Sonstiges:
Verzichten Sie besser auf alles Waten im Fluss, soweit es geht. Vorsicht
vor den rutschigen Lehmufern! Vorsicht bei angrenzenden Weiden vor dem
reichlich vorhandenen Stacheldraht.
Unterkunft:
Die beliebte Urlaubsregion rund um den Möhnesee bietet eine Fülle
an Unterkunfts- und Freizeitmöglichkeiten in allen Kategorien.
Wir waren im Loagshof bei Familie Langeneke in Niederbergheim, 59581 Warstein, Tel. 02925-3903, Fax 02925-3827, www.loagshof.de, info@loagshof.de, untergebracht. Der Loagshof ist ein alter Gutshof und liegt direkt an der oberen Möhne. Er bietet neben einer ausgezeichneten Küche (der Koch liebt seinen Job!) zwei rustikale Ferienwohnungen und einen sehr empfehlenswerten Sonntags-Brunch. Fazit:
Aufgrund der Vielseitigkeit des Gewässers, verbunden mit der recht
langen Strecke, sollte eigentlich für jeden Fliegenfischergeschmack
ein passender Bereich zu finden sein. Ein Mangel an Fisch und an Möglichkeiten
ist jedenfalls nicht festzustellen.
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Etwas Lustiges
zum Schluss: Die Erklärung von E.B. auf unsere Beobachtung und Frage,
warum die Großforellen an der Möhne mit Vorliebe auf antreibende
pinkfarbene Blütenblätter des Springkrautes steigen, lautet wie
folgt: „Laut Fischereibiologen ist es nicht möglich, dass die Fische
diese rosa Blätter tatsächlich fressen. Die Fische machen sich
vielleicht nur einen Spaß heraus, die Fliegenfischer zu ärgern
:-)“.
Links: hier fängt nur der wahrhaft gute Fischer... |
(C) Fotos:
1 - 5, 8, 10 - 13, 19, 20: Michael Müller 6, 7, 9, 14 - 18, 22, 23: Jens Golm 21, 24: Volker Engelmann |
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