Goldnuggets und Forellen – Fliegenfischen am Lukmanier Autor: Matthias Burn | Fotos: Pascal Langhi und Matthias Burn |
Willkommen
in der Surselva
‚Beinveign’ in der Region Disentis/Sedrun, willkommen in den Bündner Bergen, mitten in der Ruhe mit wildromantischen Landschaften und glasklaren Bergseen. Hier ist die Wiege des Rheins, ein prägendes Element europäischer Geografie und Kultur, ein Gewässer, das die Geschichte von Europa mitgestaltet hat. Hier in der äussersten Nordwestecke des Kantons Graubünden, in der Surselva, beginnt seine 1'324 km lange Reise. Zum ersten Mal habe ich die wunderschönen Bergbäche der Surselva im Juni 2007 befischt, als wir mit unserem Fischereiverein ein tolles Fischereiwochenende im Val Sumvitg und Val Medel verbracht haben. Ich habe mich sofort in diese noch weitgehend natürlichen Gewässer verliebt und bin seither vom Fliegenfischer-Virus an Bergbächen befallen. Diesmal verbringe ich mit der gesamten Familie 2 Wochen Sommerferien auf dem Campingplatz Fontanivas. Hier gibt es für alle Familienmitglieder spannende Aktivitäten und auch ich kann mich meiner Leidenschaft, dem Fliegenfischen, widmen. |
Goldnuggets
Wer am unteren Teil des vom Lukmanier her kommenden Rhein, dem Medel-Rhein, unterwegs ist, trifft immer wieder auf komische Gestalten mit Hut, Gummistiefel, Schaufel und Pfanne ... Goldsucher! Der Medel-Rhein gilt als goldreichste Stelle der Schweiz. Man vermutet, dass bereits im Mittelalter in der Gegend um Disentis nach Gold gesucht wurde. Schon im vorletzten Jahrhundert hielten sich des Goldes wegen Leute in den Schluchten auf. Gelegentlich stiessen auch Strahler auf kleine Berggoldaggregate. Zwischen 1986 und 1991 führte gar ein kanadische Firma Bohruntersuchungen in den Gesteinsschichten durch. Zu einem kommerziellen Abbau kam es aber nie, trotz viel versprechender Goldgehalte. Seither grassiert in Disentis das Goldfieber. 1996 fand ein Hobbygoldsucher in den Tiefen des Medel-Rhein das „Desertina-Nugget“, einen 48.7 Gramm schweren Goldklumpen. Dieser Schweizer Rekord hielt jedoch nicht lange und wurde bereits ein Jahr später von einem anderen Goldsucher mit einem Nugget von 123.1 Gramm übertroffen. Im Jahr 2000 fand ein glücklicher Goldwäscher am Bach anstehendes Berggold. Es handelte sich um 1.4 Kilogramm kristallines Gold! Es ist der bisher grösste Goldfund der Alpen. Es gibt verschiedene ortsansässige Anbieter von Goldwaschkursen. Wenn es mit der Suche nach Forellen nicht klappt, dann probieren Sie es doch mal mit der Suche nach Goldnuggets. … Fliegenfischen
im Val Medel
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Das Val Medel
erstreckt sich von Disentis aus gegen Süden über ca. 15 km Richtung
Lukmanier. Ungefähr 1 km oberhalb von Disentis/Mustér vereint
sich der ’Rein da Medel’ (Medel-Rhein) mit dem ’Rein da Nalps’ (Oberalp-Rhein
oder Vorderrhein). Letzterer entspringt der Rheinquelle, dem ’Lai da Tuma’
(Tomasee).
Die untersten 5 km bis zur Ortschaft Curaglia (1263 m.ü.M.) fliesst der Bach durch tiefe Schluchten. Gemäss Pascal ist dort die Fischerei zwar möglich, jedoch nur für gute Kletterer geeignet. Der Aufstieg im Schluchtbachbett ist schwierig und mit ständiger Kletterei verbunden. Belohnt werden die Wagemutigen allerdings mit tiefen Gumpen, welche sicherlich manche grosse Forelle beherbergen. |
bei Curaglia ist der Bach noch relativ breit |
Nach Curaglia
ist der Bach dann gut zugänglich und verläuft in einem Abstand
von 50-200 m parallel zur Pass-Strasse. Die Amerikaner würden diese
Bachstrecke wohl als „Pocket Water“ bezeichnen.
Pascal und ich beschliessen, dort zu starten. Rasch sind wir in unseren Fischerklamotten und montieren mit zittrigen Händen unsere Ruten. Bereits nach den ersten Würfen merken wir, dass es heute wohl nicht so einfach wird. Erst nach einiger Zeit kommen die ersten Bisse und es gelingt uns die eine oder andere Rotgetupfte zu landen. |
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Pocket Water –Strecke oberhalb Curaglia | Oben: Pascal
an einer aussichtsreichen Position
Unten: Eine wunderschöne Fario hat die weiße Parachute genommen |
Erst um ca.
11 Uhr nimmt die Aktivität der Fische zu und wir sind erfolgreicher.
Meine dicht gebundenen Parachutes, gut eingefettet, schwimmen wunderbar
und sind sehr gut sichtbar. Pascal verwendet Parachutes mit einem fluo-roten
Fallschirm, die man ebenfalls sehr gut sieht.
Wir beschliessen, den Standort zu wechseln und weiter oben unser Glück zu versuchen. Wir fahren wenige Kilometer weiter und stellen unser Fahrzeug ab. Dort stehen aber bereits zwei Autos, das eine mit einem Bündner-Kennzeichnen. Verdächtig! Ein kurzer neugieriger Blick in den Fond bestätigt, dass es sich um einen Fischer handelt. In einem solchen Fall gibt es nur eines: Sofort wieder einsteigen und weiter bachaufwärts. Hat es nämlich bereits ein Fischer an einer Stelle versucht, sinken die Chancen gegen Null, noch einen Fisch zu fangen. Die Forellen sind viel zu scheu und einmal vergrämt, zeigen sie sich nicht mehr so schnell. Zwischen der Ortschaft Platta (1389 m ü.M.) der Ortschaft Sogn Gions (1600 m ü.M.) hat der Rhein über tausende von Jahren die Felsen glatt geschliffen, eine einmalige Landschaft. |
Phantastische Felsformationen ... |
... mit
tiefen Rinnen ...
Zwischen den glatten Felsen, deren Oberfläche oft mit grünen und roten Flechten bedeckt sind, wird das glasklare Wasser durch rutschbahnartige Felsenrinnen gespült. Pool auf Pool folgen hier. Das ist eine meiner Lieblingsstrecken. Die Forellen haben sich dem grünlichen Untergrund angepasst und haben hier eine wunderschöne, goldige Farbe. Sie lauern meist schon am Auslauf des Pools und es lohnt sich, sich diesen Stellen vorsichtig zu nähern. Am besten wirft man diese Stellen leicht seitlich mit einem Bogenwurf an und lässt die Trockenfliege bis über den Abbruch zum nächsten Pool treiben. Oft erfolgt der Biss in letzter Sekunde, bevor das Wasser in den nächsten Pool stürzt. |
Wieder erfolgreich! | Eine wunderbar gezeichnete Bachforelle hat die weisse Parachute genommen... |
Felsen, über Jahrtausende vom Wasser glatt geschliffen... | Grüngoldene Bachforelle... |
Kurz unterhalb
der Ortschaft Sogn Gions (1600 m.ü.M.) verzweigt sich das Tal. Das
Seitental ist ca. 5 km lang, links ragt der 3128 m hohe Piz Cristallina
auf und gibt dem Val Cristallina seinen Namen. Der Rein da Cristallina
ist dort nur mehr ein Bach. Er ist aber befischbar und etwas für Liebhaber
kleiner Bäche. Wohlgemerkt, wir befinden uns nun auf einer Höhe
von 1600-1800 m. Die Forellen auf dieser Höhe wachsen nur sehr langsam
ab und werden kaum grösser als 20 cm. Einen grösseren Fisch müsste
man schon als kapital bezeichnen. Die Fische steigen aber gut auf die Trockenfliege.
Gutes Wetter ist allerding Vorraussetzung, sonst läuft nichts. Sogar
die seichtesten Stellen beherbergen Fische. Sie sind so gut getarnt, dass
man sie kaum sieht.
Matthias mit typischer Bachforelle aus dem Rein da Medel => |
Wunderschön - der Rein da Medel unterhalb Sogn Gions... |
Nach Sogn
Gions geht es, wieder im Medel-Tal, noch ca. 5 km bis zum Lai da Sontga
Maria (1908 m.ü.M.). Das ist der Stausee bei der Lukmanier-Passhöhe,
dessen imposante Staumauer man schon von weit unten sehen kann. Das Tal
ist hier wieder ein bisschen flacher. Oberhalb Sogn Gions befindet sich
meine absolute Lieblingsstrecke. Zwischenzeitlich verzweigt sich der Bach
hier in kleinere Seitenarme, welche durch blühende Bergwiesen fliessen
und deren Ränder von Büschen gesäumt sind. Kurze präzise
Würfe sind hier nötig. Pascal und ich pirschen uns hier richtiggehend
den Bach hinauf, ständig die guten Stellen anwerfend. Die Bedingungen
sind gut und mancher Wurf wird mit einem Biss belohnt. Wir befinden uns
auf ca. 1700 m ü.M. und die Forellen sind klein aber wunderschön
gezeichnet. Diese Stellen lassen sicht wunderbar zu zweit befischen. Pascal
befischt den rechten, ich den linken Seitenarm. Zwischenzeitlich sehe ich
seine Rutenspitze, die sich hin und her bewegt. Immer wieder treffen wir
uns oder machen von weitem Handzeichen, um das Erlebte auszutauschen.
<= Pascal
beim Befischen eines Seitenarmes Oberhalb Sogn Gions …
Unten: … mit Erfolg! |
Die Zeit vergeht
wie im Fluge und schon bald ist es Abend. Gegen 19.00 Uhr befischen wir
einen schönen grossen Pool und Pascal fängt seine letzten Forellen
an diesem Tag.
Das Aufhören fällt trotz 10 Stunden fischen schwer, denn es hätte noch so manch schöne Stelle. Sin seveser Val Medel, engraziel fetg... auf Wiedersehen Val Medel und Dankeschön! Zur Ausrüstung:
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Eine Sage
SLT #3 und eine Sage VTS #5 geben sich die Hand.
Ich bevorzuge auch am Bergbach nicht zu kurze Ruten, da man bei Bedarf die Fliegenschnur vom Wasser abheben kann, so dass nur noch das Vorfach im Wasser liegt. Gerade wenn man von unten fischt, zieht die Strömung rasch an der Schnur und die Fliege dreggt. „High Sticking“ mit Abheben der Schnur oder ein Fallschirmwurf helfen, die Fliege die nötigen 2-3 Sekunden an Ort zu halten. Mit einem Vorfach zwischen 2.50 – 3.50 m (je nach Vorliebe) und Stärke 0.014 oder 0.016 mm liegt man richtig. Da man nicht weit wirft, ist leichtes Zeug von Vorteil, insbesondere, wenn man den ganzen Tag unterwegs ist. Da die Forellen nicht sehr gross sind – Fische über 30 cm sind selten – macht die Fischerei mit leichtem Material auch mehr Spass. |
Zum Einsatz
kommen im Sommer ausschliesslich Trockenfliegen. Auch wenn man die Fische
nicht steigen sieht, kommen sie dennoch sofort auf eine gut platzierte
Trockene. Die Wahl der Muster ist nach meiner Erfahrung nicht wichtig,
Hauptsache sie schwimmen gut und sind gut sichtbar. Meine Lieblingsfliegen
sind Parachutes, Grösse 12 oder 14, sehr dicht gebunden, mit einem
hellgelben, weissen oder orangen Fallschirm. In den wilden Bergbächen
mit viel Weisswasser muss man die Fliege einfach gut sehen. Gefischt werden
darf nur wiederhakenlos. Ich binde meine Fliegen auf wiederhakenlose Fliegenhaken
oder drücke bereits beim Binden den Wiederhaken mit der Flachzange
an, denn es ist nicht mal erlaubt, Fliegen mit Widerhaken mitzuführen!
Wichtig ist die Präsentation. Gefischt wird normalerweise flussaufwärts (Achtung, Waten ist nicht erlaubt), da die Fische in dem glasklaren Wasser sehr scheu sind. |
Pascal wirf eine aussichtsreiche Stelle an |
Wenn man den
ganzen Tag am Wasser unterwegs ist, sind die modernen Packs, Kombinationen
aus Rucksack und Fliegenweste, von Vorteil. Man hat so alles dabei, sowohl
Verpflegung als auch die Regenjacke. Das Wetter kann in den Bergen rasch
umschlagen, auch wenn es am morgen noch nicht danach aussieht. Wichtig
sind auch eine gute Polbrille, Kopfbedeckung und Sonnencreme.
Trotz Watverbot sind Watstrümpfe oder auch eine hüfthohe Wathose von Vorteil, da man öfters den Fluss durchqueren muss, um von einer idealeren Position aus werfen zu können. Zudem ist man so auch bei Regen gut geschützt. |
Matthias an erhöhter Stelle ... | Matthias hat gut lachen ... |
Zufahrt
Von Basel-Luzern her kommend erreicht man die Surselva via Autobahn A2 Richtung Gotthard, Ausfahrt Göschenen, Kantonsstrasse Andermatt-Oberalp über den Oberalppass (Achtung, wegen Schnee ist der Oberalp mit seinen 2044 m.ü.M. manchmal bis im Mai geschlossen). Von Zürich oder St.Gallen her kommt man auf der Autobahn E43 via Chur-Ausfahrt Bonaduz-Flims/Laax-Illanz auf der Kantonsstrasse 19 bis nach Disentis oder Sedrun. Dort gibt es zahlreich Übernachtungsmöglichkeiten in Hotels und Ferienwohnungen oder auch auf dem TCS-Campingplatz Fontanivas, ca. 2.5 km südlich von Disentis Richtung Lukmanier. Auch Pascals fluo-rote Parachutes finden Gefallen... => |
Links
Fischereiamt GR: www.jagd-fischerei.gr.ch/fauna/index1.htm TCS Camping Fontanivas: www.tcs.ch/main/de/home/tourismus/camping/platzsuche/disentis.html Ferienregion Disentis Sedrun: www.disentis-sedrun.ch/de/welcome.cfm Goldwaschen: www.goldwaschen-disentis.ch/ |
Ein Beitrag von Matthias Burn für www.fliegenfischer-forum.de. Das unerlaubte Verwenden von Text- und Bildmaterial ist verboten. zurück Österreich, Schweiz, Italien | zurück zu Reise & Report | zurück zur Startseite |
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