Die Kleine Drau.  Text und Fotos von Angelo Piller
In Italien gibt es wunderbare Flüsse und Bäche. Ein ganzes Paradies für Fliegenfischer, wenn diese allerdings mit etwas mehr Sinnhaftigkeit geführt werden würden. Die Verunreinigung der Gewässer oder unsinnige Fischvorschriften stellen häufig ein Problem dar.
So sehen sich viele Fliegenfischer gezwungen, sich außerhalb der Landesgrenzen nach neuen Fischereimöglichkeiten umzusehen, wo sie endlich reine Natur und "fischfreundliche" Mentalität finden. Die oberflächliche Führung eines Gewässers sowie kein Platz am Fluss um seine Leine zu schwingen, weil sich dort massenweise andere Fischer drängeln, kann die Freude am Hobby schnell vermiesen.

Wenn ich einsam und in einer schönen Umgebung Forellen, Saiblinge und Äschen fischen will, fahre ich direkt nach Sillian in Osttirol zur Kleinen Drau. Dieses Fischereirevier ist nicht weit von der italienischen Grenze entfernt und liegt in der Nähe von Innichen/San Candido. 

Hier, in einer fünf Kilometer langen Strecke, die von Herrn Calovi Anton bewirtschaftet wird, dürfen nicht mehr als vier Fliegenfischer pro Tag ihre Rute schwingen. Dort liebe ich es in aller Ruhe zu fischen.

Revierübersicht.
Das Revier fängt nach der italienischen Grenze an und endet an der Rabland- brücke in Heinfels (ein Nachbarort von Sillian). Die Drau ist durchschnittlich sieben Meter breit. In den oberen zwei Kilometern fließt der Fluss ziemlich schnell. Dort schlängelt sich die Drau durch eine noch ganz wilde und unberührte Umgebung. Weiter unten fließt der Fluss etwas ruhiger in einem, zum Schutz vor Überschwemmungen, verbauten Flussbett.
Die Fischerei der Marktgemeinde Sillian ist vom "Fliegenfischer" -Standpunkt aus ein Revier mit gutem Niveau, das oft schöne Überraschungen bieten kann (Am Radweg, der neben der Drau verläuft, versammelt sich beim Drill eines Fisches nicht selten eine be- geisterte Menschenmenge, die unbedingt den schönen Fang begutachten möchte). Obwohl die Kleine Drau hier fast in gerader Linie fließt, findet man immer wieder große Felsen neben dem Ufer, welche das fließende Wasser brechen und so kleine Pools und Nebenströme schaffen, die bei Äschen und Forellen sehr beliebt sind.
Wie schon erwähnt, fließt die Drau oberhalb von Sillian durch ein fast unberührtes Stück Natur. 

Hier findet man Bachforellen und Saiblinge, die am besten trocken, mit großen "Jagdfliegen" gefangen werden können.

Ungefähr 1,5 Kilometer vor der Grenze zu Italien trifft man links (beim stromaufwärts Fischen) auf einen kleinen Bach, der in die Drau mündet. Wenn man diesem Bach ins Gebüsch folgt, trifft man nach wenigen Metern auf einen kleinen, aber sehr schönen See. 
Hier leben Saiblinge, die so blitzschnell unsere Streamer und Nymphen angreifen können, dass wir oft gar keine Zeit haben einen richtigen Anhieb zu geben.
In diesem See werden kleine, bunte Streamer (Mickey Finn) gut funktionieren. Der Fischer selbst sollte schnell auf den "Angriff" des Fisches reagieren können. Auch Trockenfliegen werden von den Fischen dort nicht verweigert; am besten, wenn man diese ein wenig bewegt. 
Wer besonders viel Glück hat, kann in diesem kleinen See sogar auf einen Riesenkarpfen treffen.
Wenn man den See auf dem hier beschriebenen Weg erreicht, wird das Werfen mit der Schnur ein bisschen schwer, weil der nötige Platz dazu fehlt. Am anderen Ufer, neben der Straße, kann man leichter werfen. Ich werde diese Möglichkeit währen der nächsten Angelsaison ausprobieren.
Bachforellen, Äschen und Saiblinge
Die Äschen befinden sich hauptsächlich an der unteren Reviergrenze. Wenn diese keine Lust zum Steigen haben, kann man sie durchaus erfolgreich mit der Nymphe auf Sicht fischen. Wir dürfen nicht vergessen, dass Sillian auf 1100 Höhenmetern liegt und daher ein Äschen-Vorkommen etwas nicht Alltägliches ist.
Die Kleine Drau in Sillian war einst kein Äschengewässer. Der Fischereibewirtschafter, Herr Calovi, hatte aber bemerkt, dass diese Fischart in der Drau aber einige Kilometer unterhalb von Sillian durchaus zu finden war. Deshalb setzte er auch in seinem Revier versuchsweise Äschen ein. Das Experiment gelang und heute kann man auch in der Kleinen Drau in Sillian Äschen fangen.
Die Regenbogenforellen sind natürlich die besten "Kämpfer". Wenn man sie an der Fliege hat, kann es öfter passieren, dass wir ihnen stromab folgen müssen; mit der Hoffnung, dass unser Tippet stark genug sein wird.
Als ich Herrn Calovi das erste Mal getroffen habe, hatte ich gleich den Eindruck mit einem Fischereibewirtschafter zu sprechen, der sein Gewässer wirklich liebt und nach Kompromissen sucht, bei denen weder die Natur, noch das Fischvergnügen zu kurz kommen. Vor einigen Jahren noch, so Herr Calovi, gab es in der Drau zwar größere und zahlreichere Fische, doch die Wasserqualität war eher schlecht. Durch Kanalisierung wurde diese verbessert. Daher hat sich zwar das Nahrungsangebot für die Fische verringert und sie werden nicht mehr so groß, jedoch hat ihr Lebensraum ein Stück an Natürlichkeit zurückgewonnen.
Was die Saiblinge angeht: diese werden überhaupt nicht nachbesetzt. 

Deshalb kann man sicher sein, dass sie 100% natürlich sind.

In der Nähe der Kleinen Drau fließt ein Bächlein, der sogenannte "Gerberbach". Von diesem werden periodisch die großen Bachforellen entnommen und in die Drau "übersiedelt". Obwohl ich selbst in dem Revier nie eine Bachforelle, die größer als 40 Zentimeter war, gefangen habe (im Durchschnitt sind die Bachforellen ca. 30 cm groß), so wurde voriges Jahr in der Nahe der unteren Reviergrenze eine "Siebziger" gefangen.
Strategie und Fliegen
Egal welche Fischstrategie man anwendet, die Devise lautet hier: Erschreckt die Fische nicht! Das ist gar nicht so einfach, denn in Sillian liegt das Ufer etwas oberhalb des Flussbettes. Ich glaube, dass man auf dieser Strecke am besten im Wasser stromauf fischen sollte.

Wenn man nur "trocken" fischen will, so empfehle ich Rutenlänge 7/8 für Schnurklasse 2,3,4.
Für Nymphe und Streamer: Rutenlänge 9 für Schnurklasse 5,6.

Die Zahl und Qualität der Fische ist gut, wenn man das Trocken- und Nymphenfischen (High Sticking fishing mit Gold Bead Nymphen 12-18) beherrscht. Auch Streamer wie einen kleinen schwarzen Wolly Bugger können uns in den tiefsten Pools schöne Fische an die Fliege holen. Im Sommer ist das Fischen mit Terrestrial auch sehr erfolgreich.
Für das Trockenfliegenfischen empfehle ich die klassischen "Schnellwasser"-Muster wie Devaux 699 und Rozal Wulff (obere Reviergrenze) und cdc Fliegen (im mittleren und unteren Revier). Kleine Stonefly (Leuctra Fusca) sind bei den Fischen auch sehr beliebt.
Sonstige Informationen
Beim Fischen im Revier ist Catch&Release vorgeschrieben. Eine Fischerkarte pro Tag kostet 30 Euro. Eine Übernachtungsmöglichkeit finden sie im Haus Calovi-Pichler. Hier kostet Bed&Breakfast 20 Euro pro Person. Die Kontaktadresse lautet: 9920 Sillian, Nr. 201j; Tel.: 04842/6594; Homepage: www.hauspichler.com
Der einfachste Weg zu Haus Calovi-Pichler: Von der italienischen Grenze kommend fährt man bis zum Ortsende Sillian. Links befindet sich dort eine Esso-Tankstelle und rechts gibt es eine kleine Seitenstraße mit einer Hinweistafel "Polizei" und "Gasthof Sprenger". Man biegt in diese Straße ein. Nach der ersten Rechtskurve ist das erste Haus das Haus Calovi-Pichler.
Für das Mittag- und Abendessen empfehle ich die "Kegelstube" in Sillian. Sie liegt gleich neben der Drau; also auch perfekt für eine kleine "Fischerpause".
Die Kleine Drau ist ab dem ersten Mai bis Mitte Oktober befischbar. Zu Saisonbeginn ist das Wasser ziemlich kalt. Am besten man fischt im späten Frühling, Sommer und Herbst. Bei starkem Wind verringern sich die Zahl der Fänge.
Ich empfehle Wathosen, aber ebenfalls mit einfachen Watstiefeln ist das Fischen problemlos möglich.
Zuletzt möchte ich noch kurz auf ein zweites Revier, das nur wenige Kilometer von Sillian entfernt liegt, hinweisen: den Villgratenbach, ein interessantes "Schnellwasser". Die Fischerkarten für dieses Revier erhält man im Hotel "Niederbruggerhof" in Außervillgraten.