Irlands Mittlerer Westen (Teil 1)
Ein Reisebericht von Michael Müller | Fotoindex am Ende des Berichts

Blick vom „Island View House“ auf die Scarriff-Bucht des Lough Derg
Folgt man ab Dublin mit dem Auto der gut ausgebauten Route N 7 in Richtung Limerick nach Südwesten, so gelangt man nach rund 2 Stunden Fahrzeit in die Shannon-Region, zum Lough Derg und schließlich nach Scarriff, schon im County Clare, auf der Westseite dieses riesigen Sees. Hier in dieser tief ländlichen Region leben pro Quadratkilometer durchschnittlich nur 32 Menschen, dafür findet man ungezählt viele Seen und Flüsse, umgeben von herrlicher irischer Natur, in der es mehr verschiedene Grüntöne gibt, als man glauben möchte. Viele der Seen und Flüsse sind sehr vielversprechende Angelgewässer, die – abgesehen von den großen, bekannten Seen - im Grunde nur selten oder so gut wie nie befischt werden. Die meisten dieser Seen haben gute Hecht-Bestände, in einigen kommen Forellen vor und in den Seen-Fluss-Systemen temporär auch Meerforellen und Lachse. Auch andere Arten gibt es hier, Cypriniden, Aale, Barsche etc., aber dafür interessiert sich in Irland kaum jemand. Eigentlich sind dem wahren Iren nur „Fettflossenträger“ wichtig. 
Raus geht es - mit Volldampf auf den Lough Derg - und der Himmel "hängt voller Geigen"...
... und so wird hier gefischt...
Selbstverständlich vor der passenden Kulisse!
Jede der Hauptfischarten hat eigene Saisonzeiten, verteilt übers ganze Jahr, jedoch sind der Mai und der Oktober in unserer Zielregion ganz klare Favoriten. Im Mai ist mit dem Erscheinen der Maifliegen die ganz heiße Zeit am Lough Derg – es ist die einzige Zeit im Jahr an diesem See, in welcher auch die dicksten Forellen des Sees an die Trockenfliege gehen! Und ich rede hier nicht von Kindergarten-Fischen, sondern von kugelrunden, dicken Brown Trouts, die auch schon mal über 10 Kilogramm auf den Gräten haben! Wenn es losgeht, wird die ganze Gegend närrisch auf Forellen und jeder Mann und jedes Boot geht auf den See. Was für Riesen jedes Jahr im Mai gefangen werden, kann man auf Fotos und in ausgestopfter Form in Ferienhäusern, öffentlichen Gebäuden, Museen und vielen Pubs bestaunen. Auch Hechte gehen gut im Mai – und auch hier kommen jedes Jahr wahre Monster zum Vorschein. Aber wie sagt der Ire abwinkend: „Pike is good for tourists...“ - und geht lieber zum Salmoniden-Fischen. Nur einen Monat später, im Juni, sieht die ganze Sache völlig anders aus. Wer in dieser Zeit und den nächsten Monaten auf dem Derg klassisches irisches Fliegenfischen mit drei Nassfliegen am Vorfach betreibt, wird wohl seinen Spaß haben, jedoch kaum Forellen fangen. Denn im Gegensatz zu den nord- und westirischen Seen gibt es im bräunlichen Shannon-Wasser des Lough Derg keine ganzjährige Trocken- und Nassfliegensaison. Hier kommen nun die Troller und die Hecht- und Barschfischer zum Zuge, und natürlich die fliegenfischenden Nymphen- und Streamerfischer.
Dieses "Fischchen" hängt im „Island View House“, wiegt unglaubliche 19,6 irische Pfund und wurde im Mai (2003) gefangen.
Auch dieser phänomenale Hecht hängt im „Island View House“, ich glaube, er war er so um die 1,20 Meter lang....
Am River Scarriff - ist er nicht wunderschön?
Der Sommer bietet Urlaubsfischern in dieser Region aber noch andere Herausforderungen. Da wäre z.B. der River Scarriff, ein wunderschöner, kleiner Fluss mit teefarbenen, klarem Wasser, mit Kies-, Sand- und Felsgrund, überwiegend leicht bewatbar, mit blühenden Pflanzenbänken aus flutendem Hahnenfuß, einem reichen Insektenleben und vor allem – voll mit farbenprächtigen Bachforellen! Und das beste daran ist: hier fischt niemand, denn die meisten Iren gehen nicht zum Forellenfischen an ihre Flüsse, sondern fahren lieber mit dem Boot auf den See. Tatsache! Na gut, einen Haken hat die Sache doch (jeder Irlandkenner wird wissen, was ich meine und schon entsprechend geflucht haben...): an den Fluss ist oft wirklich nicht einfach heranzukommen. Er liegt wie so viele Gewässer umgeben von eingezäunten privatem Weideland, auf dem zu allem Überfluss noch jede Menge Rindviecher grasen. Und die sind nicht immer "zurückhaltend". Aber im Fall unseres Scarriff Rivers gibt es über die Strecke verteilt ein paar Steinbrücken, die einen Zugang ermöglichen. Eines ist glockenklar: das Fliegenfischen in diesem Flüsschen ist eine Augenweide, etwas fürs Gemüt und es ist den Einsatz, auch an abgelegene Stellen zu kommen, auf jeden Fall wert. Natürlich müssen auch hier die größeren Fische vom Könner erarbeitet werden, sonst gibt es nur Babys. Große Forellen springen einem bekanntlich nirgendwo auf der Welt von selbst in den Kescher...
Eine schöne bunte Bachforelle im River Scarriff hat die Fliege genommen...
Oben und unten: Fliegenfischen im River Scarriff

Der River Scarriff durchfließt auf seinem Verlauf einige kleinere Seen – und das ist das nächste Highlight! Hier kann traditionell mit motorisierten, irischen Booten gefischt werden, viel interessanter ist jedoch das „Selbsterschließen“ dieser Gewässer und ihrer schilfigen Buchten mit Hilfe des Bellyboats. Hier auf diesen Gewässern in überschaubar Größe kann jederzeit eine große Forelle zupacken – aber so richtig interessant ist hier die Streamer-Fischerei auf Hecht, vorzugsweise im Herbst (Oktober oder später)! Von Fischen mit 50 cm bis weit über einen Meter Länge ist alles drin! Und so ein Hechtdrill im Bellyboat – das hat was. Näher am Drillgeschehen kann ein Fliegenfischer wohl kaum jemals sein, kein Wunder also, das manche Hechtspezies dieser Art der Fischerei völlig verfallen sind. Sie werden sich jetzt denken: „Wie jetzt, ich soll mein Bellyboat mit in den Billig-Flieger und nach Irland schleppen? 10 Kilo Über- oder Sportgepäck, was das kostet und dann die ganze Buckelei...“ Keine Sorge: Padraig Giblin, die gute Seele vor Ort, hat sich bereits um alles gekümmert. Neben vier nagelneuen Snowbee Bellyboats sind sogar einige komplette und ebenfalls nagelneue #5er und #8er Fliegenausrüstungen vor Ort vorhanden, die von Gästen verwendet werden können.
Einer der kleinen Seen im Scarriff-System. An diesen selten befischten Gewässern riecht es förmlich nach Hecht!
Die Bellys werden aufgetakelt. Zur Sicherheit und als "Schlepper" ist auch immer ein Motorboot mit dabei.
und ab geht das über'n See...
Wir haben die Sachen schon getestet und für gut befunden, immerhin wurden die #5er Ruten ja in Deutschland von Hand erstklassig aufgebaut und der Rest sind ordentliche Snowbee Ruten und Rollen, bestückt mit Cortland Schnüren . Also außer ein paar Fliegen, Vorfächern, Kleinkram und persönlichen Watsachen muss im Grunde nix nach Irland eingeflogen werden. Wenn dennoch mal etwas fehlt, kein Problem: eine kleine Tankstelle in Scarriff beinhaltet auch einen recht gut sortierten Angelshop, auch mit Maifliegen und Hecht-Streamern.
Neben den genannten Gewässern gibt es noch eine ganze Reihe weiterer Seen im näheren Umkreis, die ausschließlich mit der Fliege befischt werden können, die meisten haben Hecht- und Forellen-Bestände, einer jedoch auch als besondere Spezialität große Regenbogenforellen!

Und so sieht das aus, wenn beim Bellyboat-Fischen die Post abgeht :




Erst einmal auf dem See, stören einen die Rindviecher am Ufer nur noch herzlich wenig ;-)
Es wird Abend über dem See...
... und das Barbecue ist fertig!
Padraig Gilblin heißt der sympathische Mann vor Ort, sozusagen die Schlüsselfigur, die alles möglich macht. Sein oberstes Ziel ist es, fliegenfischende Urlaubsgäste und deren Familien in diese von hoher Arbeitslosigkeit geplagte aber kulturell und fischereilich hoch attraktive Region zu bringen. Und dafür legt er sich derart engagiert ins Zeug, das es fast unglaublich erscheint. Wir konnten uns von einigen seiner in der Entstehung befindlichen angeltouristischen Projekte überzeugen und jetzt, wo ich diese Zeilen niederschreibe, denke ich immer noch verblüfft darüber nach, was dieser Mann an Großprojekten möglich macht, welche natürlich zudem auch eine ganze Reihe von lokalen Arbeitsplätzen schaffen. Da entstand und entsteht derzeit ein großer Angelpark am Ufer des Lough Derg, mit einem riesigen Bootshaus, mit einer Unmenge an Motorbooten, einem riesigen runden Versammlungshaus, einem Cafe aus einem ausrangierten, verglasten Flussschiff, einem neu angelegen, kleinen See, an dem die Kinder angeln können, mehreren künstlichen Wasserfällen und stählernen Brücken und und und... Etwas abseits wurde eine Insel im See gepachtet, auf welcher ein weiteres Versammlungshaus entsteht, sowie ein Grillplatz, mit Guiness-Zapfanlage, mit piekfeinen betonierten und gepflasterten Wegen und natürlich mit einem Toilettenhäuschen mit fließend Wasser, damit sich auch die Damen wohlfühlen. Der Gast ist König, wie oben schon erwähnt, sind Angelgerät und Bellyboats inklusive und vor Ort, zudem wird auf Wunsch mittels Anhänger ein Motorboot zu jedem der
angebotenen Seen gefahren, mehrere speziell geschulte Guides stehen zur Verfügung, ein Barbecue-Abend direkt am Seeufer wird angeboten und vieles mehr.
Oben rechts: die geschützte Bootsanlegestelle am Angelpark Lough Derg | Oben: das kleine Insel-Paradies soll Ende 2011 fertig sein!
Das "kleine" Versammlungshaus am Angelpark... naja, so 60 Leute werden wohl reinpassen...
Überall finden sich liebevoll angelegte Sitz- und Grill-Ecken...
... und dieses ausrangierte "Schiffchen" soll einmal ein Cafe werden!
Allein die beiden zur Verfügung stehenden  Urlaubs-Unterkünfte, ein geräumiges Farmhaus für sechs Personen und ein Haus am See, das „Island View Hause“ für bis zu acht Personen sind ein Traum – hier ist jede erdenkliche Ausstattung drin und dazu jede Menge liebevoller bis kunstvoller Ausstattungsdetails! Während sich Padraig Giblin neben seinem Fulltimejob bei Sportworld Netting Limited vorwiegend um die Angelgäste und natürlich seine zahlreichen Großprojekte für die Region kümmert, erledigt sein Bruder Eamonn selbiges für die Jagdgäste – auch ein sehr interessanter Aspekt!
 
 

Kleiner Imbiss gefällig? =>

Unten: „Island View Hause“: eine "Pracht-Bude" !!!

Weiter unten: technisch auf dem modernsten Stand und als krasser Gegensatz dazu rustikal möbliert!



Auch in Irland ist mal Weihnachten... | Unser Lieblings-Pub zum Frühstücken
Was wäre eine Irlandreise ohne einen Besuch im Pub! Wir begannen jeden Tag im Pub – mit einem „Full Irisch Breakfast“ (wofür das „Full“ steht, werden Sie als alter Irlandkenner ja wissen... ;-) – und wir beendeten auch jeden Tag in einem solchen Etablissement. Wobei das ja meistens schon am nächsten Tag war... 
Durch Zufall gelangten wir auch in den „Peppers“, einen der angesagtesten Live-Musik-Pubs der Gegend, der u.a. seit 26 Jahren jeden Sommer ein großes Irish Folk Festival veranstaltet. Und wie es der Zufall so wollte, spielten zwei Tage später Kate Percey und Andrew McNamara, zusammen mit einer japanischen Gast-Geigerin – absolut hervorragender Stoff und in Irland angesagte Künstler. Natürlich haben wir sofort einen Tisch reserviert und haben, sozusagen als Ausklang und Höhepunkt dieser Irlandreise, ein Livemusik-Erlebnis-Abend der Extraklasse genossen.

Rechts: ein Irish Breakfast (aber ohne "Full")

Der Hammer: der Pub-Besitzer Gary persönlich, ein Mann im besten Alter, der bei uns zu Hause vielleicht als „der nette ältere Herr aus der Kleingartenanlage von nebenan“ durchgehen würde, betreibt einen “Shuttle-Service“, holte uns am Abend die schlappen 20 Kilometer ab, fuhr uns zum Pub (und brachte uns nach Mitternacht auch wieder heim...). 
Dann ein proppevoller kleiner Pub, mittendrin die Musiker „zum Anfassen“, lecker Essen, lecker Trinken, super Stimmung, super Musik, und gestandene harte irische Jagd- und Angelguides, denen beim Erklingen ihrer heimatlichen Weisen die Tränen in den Augen standen... und dann der Zeitpunkt, an dem die Lokals selbst zum Mikro griffen .. als das ist Irland, wie man es ursprünglicher und näher kaum erleben kann – I love it!

Genug geschwärmt! Im nächsten Teil unserer dreiteiligen Westirland-Reportage lesen Sie von hoffentlich gewaltigen Fang- Abenteuern, welche Olli & Friends im Oktober bei der Hechtfischerei mit dem Bellyboat erleben werden...

Noch einige Fotos zum Abschluss gefällig?

mach mal Pause...
Seerosen satt...
"Big Daddy" und "Pike Muppet" waren natürlich auch mit an Bord...
... und rot-weiße Bunnys (die irgendwie am besten gingen)
kurioser Fang: dieser Streamer lief wohl definitiv zu tief
große Sedge
Diese Schmuckstücke stehen den Gästen zur Verfügung!
Und nun noch drei "Gute Nacht-Bilder".   Machts gut!



Leser-Service und Links:
- Weitere detaillierte Informationen, Bilder, Links und Buchung: www.fliegenfischen-irland.de
- Flüge ab Deutschland, z.B. mit Air Lingus nach Dublin, dort den Mietwagen z.B. von Hertz übernehmen. 
- Kostenplanung: Flug hin/zurück je nach Buchungstermin um 190 € (inkl. 1 Gepäckstück, 1 Handgepäckstück und Sitzplatzreservierung), Mietwagen um 50 €/Tag je nach Klasse, Unterkunft- und Fischereipaket für eine Woche: zwischen 300 € und 800 € - je nach gewünschten Haus und Leistungen. Nebenkosten: Verpflegung, Sprit.

Links:
- Irland Touristinfo: www.tourismireland.de
- Regionen: www.irelandwest.ie | www.shannonregiontourism.ie
- General-Infos zum Co.Clare: http://de.wikipedia.org/wiki/County_Clare
- Central Fisheries Board (Obere Irische Fischereibehörde): http://www.cfb.ie/angeln-in-irland/
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Ein Bericht von Michael Müller für www.fliegenfischer-forum.de - Juli 2011. 
Fotos ©: Michael Müller: 1-10, 12, 14-16, 21, 22, 24-30, 35-43 / Olli: 11, 13, 17-20, 23, 32-34 / Volker Engelmann: 31, 44
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