Stille Tage, silbernes Glück
Ein Beitrag von Bernd Taller
Nichts liebe ich mehr als Stille. Sie tut so unendlich gut und ist doch so selten. Aber einmal im Jahr - da bekomme ich eine Überdosis davon. Da fülle ich meine Vorratskammern auf. Ein halbes Jahr dauert die Vorfreude, ein halbes Jahr währt die Erinnerung und schon ist wieder ein Jahr vergangen. Es zieht mich an den nordwestlichen Rand Europas, auf eine kleine, immergrüne Insel. Als Gott die Zeit schuf, war er ein wenig schusselig und verschüttete- schwuppdiwupp bekam Irland viel davon ab. Stellen wir fest: In Irland erwarten mich Zeit und Stille, dazu noch Lachse, dieses silberne Geschenk der Meere. Seit Urzeiten ziehen sie die Flüsse hoch um dort für Nachwuchs zu sorgen. In den vergangenen Jahren ist ihre Zahl so angestiegen dass der Mann mit der Fliegenrute gerne einen Silbernen entnehmen darf. Sofern er einen fängt. Und das ist eine Kunst, bitte glauben Sie mir. Ich weiß wovon ich rede, ich habe schließlich zehn Jahre lang keinen gefangen. Das war eine Schule der Demut oder anders gesagt - es war die Hölle. Jedes Mal voller Hoffnung, am Ende voller Trauer, Frust und Selbstzweifel. Aber vergessen wir das. Seit 1999 habe ich diese Anglerhölle nicht mehr erlebt und das soll so bleiben. Wollen Sie mein Rezept kennen lernen? Wie ich von der Hölle in den Himmel gewechselt bin?
Zum erfolgreichen Lachsfischen trägt bei, wenn man sich rundherum wohl fühlt. Da wären wir wieder bei dem Punkt Stille. Die finde ich einem der Great Houses. Ehemalige Herrensitze, Residenzen englischer Statthalter oder wohlhabender Familien. Inmitten eines Parks gelegen, meist mit Blick aufs Wasser. Wenn man das Eingangstor passiert, spürt man überdeutlich, wie man sich in die Vergangenheit versetzt fühlt. In eine Epoche, in der man als Adliger jagte oder fischte, Gäste empfing und fein dinierte. Genauso fühle ich mich im Newport und Enniscoe House oder der Delphi Lodge. Ich wechsle meine Persönlichkeit, lasse Sorgen und Nöte hinter mir und tauche ein in diese Welt voller Harmonie, Genuss und Freude. Jeder Psychologe hätte seine helle Freude an mir. Aber darauf verzichte ich und investiere lieber in diese Tage, in diesen Häusern, auf dieser Insel.
Die Eigentümer sind markante Persönlichkeiten voller Geist und Charme. Kieran Thompson hat Jahrzehnte sehr erfolgreich als Erdölingenieur im Nahen Osten gewirkt, bevor er sich 1985 mit dem Kauf von Newport House einen Lebenstraum erfüllte. Dieses 200-jährige Anwesen war ursprünglich in Händen des O`Donelclans, heute besitzt es weltweit einen legendären Ruf unter Fliegenfischern. Daneben die Malerin Susan Kellet, deren Enniscoe House seit 1660 in Familienbesitz steht. Umgeben von immensem Parkland und einem historischen Garten. Das herrliche Bücherzimmer lässt Regenstunden unendlich leicht vergessen. Und Peter Mantle, der mit seiner 1830 erbauten Delphi Lodge, dem ehemaligen Jagdhaus des Marquis von Sligo, ein faszinierendes Anwesen in einmalig schöner Umgebung besitzt.
Rundherum nur Seen und die immergrünen Hügel Connemaras. Wem hier nicht das Herz überläuft, der hat wohl keines mehr...

Und so sieht der perfekte Lachsfischertag aus: Früh aufstehen, um den mit der Nachtflut herein gezogenen Fischen zu begegnen. An der Rezeption wartet ein Lunchpaket mit allerlei Köstlichkeiten - Tomatensuppe in der Thermoskanne, beste Sandwiches und feinster Kuchen, zum Trinken Tee, Wasser und ein Fläschchen Bier. 

Im Weidenkorb sind natürlich edle Gläser, Porzellanteller und Silberbesteck. Mit solch einer kulinarischen Grundlage lässt es sich hart fischen - inklusive Nickerchen unter einer alten Eiche. 

Nach der Rückkehr lange und heiß baden und sich fürs Dinner zurecht machen. Während des Abends dreht sich alles um das Thema Lachs, immer gut wenn man da nicht ohne Fang dasteht.

Irlands Küche

Die Küche auf den britischen Inseln steht in einem, sagen wir zweifelhaften Ruf. Da macht Irland keine Ausnahme. Aber das behaupten nur diejenigen, die nie vor Ort waren. In Wahrheit bekommt man selbst an unscheinbaren Orten köstlichen Räucherlachs serviert. Und das ist kein Zuchtlachs, bitte glauben Sie mir. Illegal mit der Angel oder dem Netz erbeutet - das besitzt eine lange Tradition.

Und was in den Great Houses serviert wird, braucht keinen Vergleich mit der internationalen Küche zu scheuen. Vertrauen Sie mir auch in diesem Punkt, ich diniere gelegentlich bei meinem Angelkameraden und Sternekoch Vincent Klink. Auch der Weinkenner lächelt entspannt beim Blick auf die Karte.
 

Irland- stille Stunden, silbernes Glück und noch so vieles mehr.....


Hinweis der Redaktion: Für Irland-Interessenten vermitteln wir gerne den Kontakt zum Autor.

Ein Beitrag von Bernd Taller für www.fliegenfischer-forum.de - Dezember 2010
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