Am Förchensee in Oberbayern | Ein Bericht von Michael Müller
Ruhig liegt das Boot auf dem spiegelglatten See. Leise rieselt "flüssiger Sonnenschein" vom Himmel. Trotz des hier bestimmt 4 bis 5 Meter tiefen Wassers kann ich auf dem Grund jeden Krümel und jede Pflanze sehen - so klar ist das eiskalte Quellwasser.
Ich bemühe mich, so wenig Wellen und Geräusche wie möglich zu fabrizieren. Die Rechnung geht auf - sie kommen: revierende Saiblinge kreuzen im See und durchbrechen beim Einsammeln der kleinen Eintagsfliegen immer wieder mit Maul, Rücken- oder Schwanzflosse die Wasseroberfläche. Herrlich! Es ist ein ordentlicher Schlupf im Gange.
Ich werfe meine kleine 16er Entenbürzel-Dun einem stattlichen Fisch in etwa 8 Meter Entfernung 50 cm vor die Nase. Der Fisch erschrickt und quittiert meinen plumpen Versuch mit einer sofortigen Flucht.
Der nächste Saibling ist schnell gefunden. Diesmal landet meine Fliege etwa 1,50 Meter vor ihm in seiner Schwimmrichtung. 

Er kommt näher - die Spannung steigt... der Fisch schlürft eine echte Dun kurz vor meiner Fliege ein, schwimmt nun unter meiner durch, ignoriert sie einfach und nimmt ein kleines Stückchen weiter wieder eine echte Dun von der Oberfläche! 
Ja Hund und S... die sind aber clever.

Na wartet: Euch werd ich's zeigen! Schnell ist ein neuer Zielfisch in etwa 10 Meter Entfernung ausgemacht und angeworfen. 
Als der Fisch näher kommt, verleihe ich meiner Fliege durch ganz zartes Heranzupfen etwas Leben. Und siehe da: der Saibling pflückt sie ganz unvoreingenommen von der Oberfläche. 
So geht das also...
Wer kennt das nicht: Monatelang freut man sich auf einen Fishing-Trip... und dann kommt erstens alles anders und zweitens als man denkt ...

Nach fast zwei Jahren selbstauferlegter Pause sollte es Ende September 2004 wieder nach Oberbayern an die Traun gehen, um sich im schnapsklaren Wasser zur Abwechslung wieder mal mit richtig dicken Forellen „anzulegen“ und am Abend im Freundeskreis die gemütliche Stammtischatmosphäre voll auszukosten. 

Aber bereits die gut 500 Kilometer weite Anreise geriet zur wahren Regenschlacht und später, beim ersten Blick von der Brücke in den Fluss war klar, dass es für diese drei Tage nichts werden wird mit den dicken Traun–Forellen! Der Fluss war mal wieder schön hoch und braun, zu allem Übel regnete es kräftig weiter. 

Am nächsten Morgen: Situation unverändert. Nun war guter Rat teuer: eine nicht eingetrübte Ausweichmöglichkeit musste her.

In ähnlichen Situationen hatten wir schon desöfteren den Taubensee bei Ruhpolding und den Zwingsee bei Inzell befischt. 

Beide Gewässer boten eine ganz ordentliche Abwechslung für ein, zwei Tage "Ausweichfischen". 

Der Taubensee liegt ganz klar idyllischer, der Zwingsee hat jedoch den vielfältigeren Fischbestand.

Dank eines Artikels aus der FliFi-Presse hatte ich nun seit nicht allzu langer Zeit Kenntnis eines dritten „Ausweichgewässer“ in dieser Region: dem Förchensee, zwischen Ruhpolding und Reit im Winkel gelegen.
Um es gleich vorweg zu nehmen: dieser See rettete uns den Aufenthalt mit einer kurzweiligen Fliegenfischerei. Zudem ist es schon eine Schande, diese wunderbar klare Perle überhaupt mit dem Begriff „Ausweichgewässer“ zu betiteln - also Asche auf mein Haupt.
Zum Gewässer: Der Förchensee ist der Quellsee der Weißen Traun. Er ist einige Hundert Meter lang und schätzungsweise bis 4 oder 5 Meter tief. 
Das eiskalte Wasser besitzt eine unglaubliche Klarheit und schimmert zwischen verschiedenen grünlichen Tönen bis zu einem tiefen Türkis. Trotzdem friert der See auch im Winter nie zu.
An seinem unteren Ende wird der See durch ein kleines Kraftwerk und alte Bauten aus der Holzflößerzeit gebändigt, anschließend beginnt der Bachlauf der Weißen Traun. 
Im See kann man große Strecken vom Ufer aus befischen, im hinteren Teil vorsichtig waten oder besser das zur Verfügung stehende Ruderboot benutzen. 
Durch das klare Wasser ist es kein Problem, die zahlreich vorhandenen Fische auszumachen. 70 % des Fischbestandes sind prächtig gefärbte Saiblinge, welche im See ideale Bedingen vorfinden. Die restlichen 30 % teilen sich Bach- und Regenbogenforellen sowie einige Seeforellen. Die Forellen kommen mitunter in sehr respektablen Größen vor.
Bei der Klarheit des Wassers und der guten Sicht hinein wie auch hinaus wittern die Fische „den Braten“ natürlich sofort und drehen oft noch kurz vor der Fliege ab. Wir hatten das Glück, trotz nasskalter Witterung am Nachmittag einen recht starken Eintagsfliegen- schlupf erleben zu dürfen: der ganze See war auf einmal voller Ringe und überall schwammen steigende Fische umher. Während und besonders nach dem Schlupf konnten wir zahlreiche Saiblinge und Forellen überlisten.
Für mich als „Saiblingsliebhaber“ ist klar, das ich noch mal wiederkommen muss. 
Die Region ist übrigens auch für die nichtfischende Familie sehr interessant: Urlaubsorte wie Ruhpolding und Reit im Winkel sprechen für sich, Österreich (z.B. Salzburg) ist nur einen Katzensprung entfernt. Die Bergwelt ist nah für Ausflüge und Wanderungen (z.B. Rauschenbergbahn..). Es gibt zahlreiche Museen, einen Märchenpark, ein Wellenbad, das Biathloncenter und und und...
(Update 2012): Noch einige Worte zur Unterkunft und Fischerei: Die Saison geht von Ende April bis Oktober. Gefischt wird ohne Widerhaken und Catch & Release. Durch Kauf eines "Fisch-Markers" darf auch 1 Fisch entnommen werden. Aktuelle Tageskartenpreise: 30 € / 35 € (mit / ohne Bellyboot Erlaubnis). Kartenausgabe / Reservierung jetzt nicht mehr im Seehaus, sondern ausschließlich über: www.rudiheger.eu.
Es bietet sich an, am Morgen und Abend jeweils ein paar Stunden fischen zu gehen und den restlichen Tag der Familie widmen.
Es besteht auch die Möglichkeit, direkt am See zu logieren, die Übernachtungspreise sind "freundlich". Hier finden Sie diesbezüglich weitere Informationen: www.seehaus-ruhpolding.de und www.appartements-am-foerchensee.de
Weitere Unterkünfte in Ruhpolding auf: www.ruhpolding.de
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Ein Beitrag von Michael Müller für www.fliegenfischer-forum.de - September 2004 | Fotos (C): 1-6, 8-10, 12: Michael Müller | 7 und 11: Jens Golm | 13: Seehaus | Das unerlaubte Kopieren und Verbreiten von Text- und Bildmaterial aus diesem Beitrag ist verboten.
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