Frage an die Experten:
Was passiert genau im Körper der anadromen Wanderfische (Fische, die zwischen Süß-u. Salzwasser wechseln wie Meerforelle und Lachs), wenn sie die "Welten" wechseln? Süß- und Salzwasser müssen doch total unterschiedliche Medien sein, muß hier nicht die Osmose im Fischleib komplett umgekehrt werden? Herrscht nicht im Süßwasser ein osmotischer Ünter- und im Salzwasser ein Überdruck im Fischleib? Welche Stoffwechseländerungen ergeben sich durch den Wechsel?
Und wie lange braucht ein Fisch, um diese Veränderungen zu realisieren? Reicht ein Durchschwimmen des Brackwassers dazu aus, stellt sich der Körper vor Eintritt in das andere Medium um, oder "gewöhnt" sich der Fisch durch erst kurze, dann längere Besuche im anderen Medium daran?
Fragen über Fragen. Wo kann man etwas darüber nachlesen?
Vielen Dank vorab für die Beantwortung.
Gruß Harald
PS: Sollte das Thema zu speziell und nicht von allgemeinem Interesse sein, Antworten bitte per PN
Anadrome Wanderfische
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- Harald aus LEV
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Hallo Harald,
ich denke das ist nicht zu speziell. Schließlich gibt es ja eine ganze Reihe von Fischarten, die solche Wechsel durchführen. Manche seltener (anadrome und katadrome Arten) und andere öfter (z.B. Arten im Mündungsbereich von Flüssen).
Das Standardlehrbuch bei uns ist der Bone & Marshall (Biologie der Fische, Gustav Fischer Verlag). Im Kapitel Osmoregulation und Ionenbalance sind die Prinzipien gut erklärt.
Da ich jetzt nicht den ganzen Text hier abtippen möchte, nur eine Kurzfassung:
Im Süßwasser müssen die Knochenfische gegen das Konzentrationsgefälle unter Energieverbrauch Ionen zurückhalten und aktiv über die Kiemen aufnehmen. Deshalb schwellen alle Tierkörper im Wasser nach dem Tod auf (Konzentrationsausgleich! Im Meer ist es genau umgekehrt, dort müssen die Fische Wasser "trinken" und dieses ebenfalls unter Energieverbrauch "rückgewinnen". Hauptaustauschorte sind Schlund, Darm, Kiemen und Niere. Süßwasserfische geben also verdünnten Harn ab, Meeresfische konzentrierten.
Während Arten wie die Flunder sich schrittweise an veränderte Konzentrationen anpassen können, ist das bei typischen Wanderfischarten meist mit hormonellen Veränderungen verbunden. So wird der Gelbaal zum Blankaal und die jungen Lachs- und Meerforellenparrs werden im Frühjahr zu Smolts. Tatsächlich ist ein krasser Übergang von Süß- zu Meerwasser - wie zum Beispiel an der niederländischen Küste - mit Stress verbunden. Inwieweit dadurch Mortalität verursacht wird weiss ich nicht, aber reine Süßwasserfische sterben dort wohl in größerer Zahl. Diese Info habe ich allerdings aus Moyle und Cech (Fishes. An introduction to Ichthyology).
Für noch mehr Info PN
Beste Grüße
Robert
ich denke das ist nicht zu speziell. Schließlich gibt es ja eine ganze Reihe von Fischarten, die solche Wechsel durchführen. Manche seltener (anadrome und katadrome Arten) und andere öfter (z.B. Arten im Mündungsbereich von Flüssen).
Das Standardlehrbuch bei uns ist der Bone & Marshall (Biologie der Fische, Gustav Fischer Verlag). Im Kapitel Osmoregulation und Ionenbalance sind die Prinzipien gut erklärt.
Da ich jetzt nicht den ganzen Text hier abtippen möchte, nur eine Kurzfassung:
Im Süßwasser müssen die Knochenfische gegen das Konzentrationsgefälle unter Energieverbrauch Ionen zurückhalten und aktiv über die Kiemen aufnehmen. Deshalb schwellen alle Tierkörper im Wasser nach dem Tod auf (Konzentrationsausgleich! Im Meer ist es genau umgekehrt, dort müssen die Fische Wasser "trinken" und dieses ebenfalls unter Energieverbrauch "rückgewinnen". Hauptaustauschorte sind Schlund, Darm, Kiemen und Niere. Süßwasserfische geben also verdünnten Harn ab, Meeresfische konzentrierten.
Während Arten wie die Flunder sich schrittweise an veränderte Konzentrationen anpassen können, ist das bei typischen Wanderfischarten meist mit hormonellen Veränderungen verbunden. So wird der Gelbaal zum Blankaal und die jungen Lachs- und Meerforellenparrs werden im Frühjahr zu Smolts. Tatsächlich ist ein krasser Übergang von Süß- zu Meerwasser - wie zum Beispiel an der niederländischen Küste - mit Stress verbunden. Inwieweit dadurch Mortalität verursacht wird weiss ich nicht, aber reine Süßwasserfische sterben dort wohl in größerer Zahl. Diese Info habe ich allerdings aus Moyle und Cech (Fishes. An introduction to Ichthyology).
Für noch mehr Info PN
Beste Grüße
Robert
- Wolfgang Hinderjock
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Soweit ich weiß hängt das bei Salmoniden mit dem Harnstoffwechsel zusammen, sie gleichen den osmotischen Druck durch eine Erhöhung des Harnstoffspiegels aus, wenn der Salzgehalt des Wasser zunimmt, das geschieht zusätzlich zur üblichen Ausscheidung über Kiemen(Natriumclorid) und Urin(Magnesiumsalze).
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Hallo Robert,
Die Mündungsgebiete in den Niederlanden zählen da noch zu den moderateren „Gewöhnungsräumen“, denn die Smolts können sich im Brackwasser nach ihrem Gusto langsam umstellen. Schwer haben’s dagegen die Vettern in Norwegen, deren Smolts zum Teil in Gewässern absteigen müssen, in denen sie aufgrund des Gefälles fast total passiv verfrachtet werden. Da gibt es Flüsse, die sich quasi mit einem Katarakt ins Meer ergießen und damit die Umgewöhnungszeit für die smolts gegen Null treiben.
Es gibt Untersuchungen aus Norwegen, dass das Überleben dieser kritischen Phase stark vom Timing der Abwanderung bestimmt wird. Ungünstige Temperatur und Abflussverhältnisse können zu hohen Verlusten in dieser ohnehin für Lachse empfindlichsten Lebensphase führen. Am leichtesten tun sich Wildfische aus dem Fluss, die seit Jahrhunderten nichts anderes kennen. Ihre Abwanderung setzt zeitlich so ein, dass prozentual ein hoher Anteil von Abwanderern an der Flussmündung günstige klimatische Verhältnisse vorfindet. Man glaubt, dass der Abwanderungszeitpunkt zur gemeinsamen „Erbmasse“ einer Lachsflußpopulation gehört. Übrigens ein Argument dafür, Lachsbesatz nicht aus Stämmen zu holen, deren Lebensumfeld sich geografisch-klimatisch und von der Gewässerstruktur (Flusslänge, Gefälle etc.) vom Besatzgewässer eklatant unterscheidet. Es verwundert somit nicht, das Lachsbesatz aus Island in den Biskaya-Zuflüssen nicht sonderlich erfolgreich war.
Peter
Die Mündungsgebiete in den Niederlanden zählen da noch zu den moderateren „Gewöhnungsräumen“, denn die Smolts können sich im Brackwasser nach ihrem Gusto langsam umstellen. Schwer haben’s dagegen die Vettern in Norwegen, deren Smolts zum Teil in Gewässern absteigen müssen, in denen sie aufgrund des Gefälles fast total passiv verfrachtet werden. Da gibt es Flüsse, die sich quasi mit einem Katarakt ins Meer ergießen und damit die Umgewöhnungszeit für die smolts gegen Null treiben.
Es gibt Untersuchungen aus Norwegen, dass das Überleben dieser kritischen Phase stark vom Timing der Abwanderung bestimmt wird. Ungünstige Temperatur und Abflussverhältnisse können zu hohen Verlusten in dieser ohnehin für Lachse empfindlichsten Lebensphase führen. Am leichtesten tun sich Wildfische aus dem Fluss, die seit Jahrhunderten nichts anderes kennen. Ihre Abwanderung setzt zeitlich so ein, dass prozentual ein hoher Anteil von Abwanderern an der Flussmündung günstige klimatische Verhältnisse vorfindet. Man glaubt, dass der Abwanderungszeitpunkt zur gemeinsamen „Erbmasse“ einer Lachsflußpopulation gehört. Übrigens ein Argument dafür, Lachsbesatz nicht aus Stämmen zu holen, deren Lebensumfeld sich geografisch-klimatisch und von der Gewässerstruktur (Flusslänge, Gefälle etc.) vom Besatzgewässer eklatant unterscheidet. Es verwundert somit nicht, das Lachsbesatz aus Island in den Biskaya-Zuflüssen nicht sonderlich erfolgreich war.
Peter