Florida - Ostküste | Teil 2 | Backing satt...
Ein Reisebericht und Fotos von Eric Arbogast

-"Nächstes mal müsst Ihr im Mai oder Juni kommen" meinte Scott "dann sind die Albies hier! Immer wieder verlieren meine Angler dann Schnüre oder knacken Ruten und manchmal fahren wir sogar bis zu dreimal zurück zum Inlet, um neue Köderfische zu fangen. Wenn die False Albacore da sind, sind meine Nächte sehr kurz, denn ich stehe dann früh auf, um die ganzen Fliegen zu binden, die meine Kunden dann brauchen werden, wenn du mich fragst, es sind tausende Fliegen, die ich jedes Jahr binde… Wann kann ich mit euch rechnen???"

Mit dieser Frage im Kopf flogen wir wieder nach Hause. Die Antwort war uns an sich klar, an so einem tollen Ort möchte man am liebsten bleiben, aber so einfach ist das ja leider nicht! Umsonst sind die Reisen bestimmt nicht und das Geld will ja auch erst verdient werden. Glücklicherweise hatten wir aber schon relativ früh uns nach günstigen Angeboten für Flüge und einer Bleibe umgesehen und die aufmerksame Dame in unserem Reisebüro hatte dann folgerichtig ein Superangebot vorliegen.

Ein neues Hotel bot sehr günstige Pauschalaufenthalte an, zudem in einem uns bekannten Vorort von Fort Lauderdale, der Reisepreis mit Flug war sogar recht günstig, weil knapp außerhalb der Spring-Break Saison, für die Fort Lauderdale so berühmt-berüchtigt ist. Mit Spring-Break sind die Semesterferien im Frühling in den USA gemeint, die viele Studenten zum Partymachen nach Florida locken. Das muss man auch einmal gesehen haben, forget Ballermann!!!

Mittlerweile hatten wir uns auch wieder bei Scott Hamilton eingebucht, aber nur für einen Tag, da wir aufgrund der Pfingstferien nur eine Woche in Florida bleiben konnten und unsere Ferienplanung wenig Spielraum bot. Außerdem wollte ich unbedingt einmal das Nachtfischen unter den Brücken von Miami erleben...! Zudem waren da ja noch die Sommerferien im August, die wir dieses Jahr ebenfalls in Florida verbringen wollten...

Eine einzige Tagesausfahrt mit Captain Scott war wirklich etwas knapp bemessen, dafür waren aber zu dem Zeitpunkt die False Albacore (lat. Euthynnus Aletteratus) in Scharen anwesend und das Wetter absolut perfekt! Meine Frau Muriel und unser Sohn Tom sollten das Angelteam vervollständigen. Wie immer waren wir um 8 Uhr morgens an der Anlegestelle und warteten verheißungsvoll auf Scott, der wie immer schon relativ früh nach  „Chum Bait“-Futterfischen, Ausschau hielt. Meistens ist sein Köderfischtank randvoll mit quicklebendigen Köderfischen gefüllt, heute aber sollten wir aber noch anderthalb Stunden nach Fischchen suchen, bevor er es auf die Mini-Thune versuchen wollte.

Der obligate Stop in der allseits bekannten Sailfish Marina auf Singer Island (www.sailfishmarina.com) erlaubte einen kurzen Bummel im angrenzenden Shop und die Mitnahme vom sehr leckeren Take-out-Frühstück an der Bar, mittlerweile schon ein richtiges Ritual. Zudem schwimmen in der Marina teilweise richtige Monster Jack-Crevalle zwischen den Millionärs-Yachten, auf die aber nicht gefischt werden darf. Wie Brückenforellen stürzen sie sich auf alles Essbare, was man in ihnen vorwarf. Dieses spektakuläre Schauspiel gehört mittlerweile zum Stop in der Marina einfach dazu. Nach unserem kalorienreichen Frühstück (was teilweise im Magen der Marina-Jacks landete), wagten wir die Passage durch den Ein- und Ausfahrtskanal, der sich an dem Tag von seiner besten Seite zeigte, absolut ruhig passierten wir die Stelle, wo im vorigen Jahr eine riesige Brandungswelle den angrenzenden Sandstrand auffraß...
Kaum waren wir im offenen Meer, schob Scott den Gashebel auf „wide open“ und wir schossen davon. 
Captain Hamilton kennt die Gewässer vor Palm Beach und Jupiter wie seine Westentasche, benutzt aber als Hilfsmittel immer sein Echolot und Fischfinder, sowie seine geschulten Augen, die einfach alles sehen, was sich über und auf dem Meer befindet. Zudem waren die Bonito-Schwärme jetzt so dick, dass auch ein Laie schnell Fisch gefunden hätte. False Albacore werden oft auch Bonitos genannt, sind aber im Gegensatz zum Atlantischen Bonito (lat. Sarda Sarda) eine andere Fischart. An einer fischträchtigen Stelle angekommen, ließ Scott eine Kette von pinkfarbenen Boone-Birds, sehr bewährte Oberflächenköder, ins Wasser, um die Thune an die Oberfläche zu locken. Kaum waren die Birds 40 Meter im Fahrtwasser des Katamarans, spritzte es auch schon an der Oberfläche und die Albacore jagten dem Köder nach. 
-„Wirf deine Fliege so weit es geht vor die Birds und strippe die Schnur so schnell du kannst“ schrie Scott „los jetzt“ Die transparente Intermediate-Schnur schoss durch die Ringe der 12er Rute und die pink-weiße Eatme-Fliege klatschte weit hinter dem Boot ins Wasser. Ganze drei Strips waren nötig, um das Interesse dieser pfeilschnellen Thune zu erwecken und die Fliege wie von einem Hammerschlag gestoppt wurde. Dieser Fisch brauchte einen Moment, um sich zu fassen und sich einen Fluchtweg auszusuchen, dann aber ging die Post ab und die Schnur, gefolgt vom Backing raste durch die Rutenringe. Schnell justierte ich noch einmal die Bremse und ließ den Fisch schnur abziehen. Kein Bonefish hat mir jemals in so kurzer Zeit so viel Backing genommen. Meine Rolle, ein deutsches Qualitätsfabrikat, arbeitete tadellos, aber der Fisch flüchtete unbeirrt weiter. 150 Meter waren jetzt schon in Richtung Afrika unterwegs, ohne dass ich etwas tun konnte. Dann auf einmal sang die Rolle ein ruhigeres Lied und der Fisch schien zu stoppen.
-„Los jetzt, fang an, die Schnur einzuholen, damit du den Kontakt nicht verlierst!“ mahnte Scott und meine Linke fing an zu kurbeln. Nachdem ich etwa 50 Meter von meinem Backing wieder auf der Rolle hatte, schien wieder Leben im Fisch zu sein, denn er ging wieder ab, wie von der Biene gestochen. Auch diesmal bekam ich den Fisch wieder unter Kontrolle und abermals wagte er eine Flucht, diesmal aber viel ruhiger und mit konstanter Geschwindigkeit, unaufhaltsam.
-„ Willkommen im Haifütterer-Club“ grinste Scott „ heute werden wir uns nicht langweilen“ meinte er. Ein Bullenhai hatte sich meinen False Albacore geklaut und zog unaufhörlich mit ihm davon. Mir blieb nichts anders übrig, als die Rute zu senken und das Vorfach abzureißen, gegen einen 200-Kilo-Gegner ohne Stahlvorfach hatte ich ohnehin keine Chance!!!
Bittere Lektion!
-„Komm“ sagte Scott “schau mal auf den Fischfinder, da unten ist so richtig ´was los. Ersetz´ dein Vorfach und lass uns weiter Fischen“!
Mittlerweile hatte er den Motor gestartet und seine hakenlosen Schleppköder wieder ausgebracht und schon waren auch wieder die Thune am jagen. 
Beim nächsten Wurf saß der Haken auch wieder und diesmal gelang es mir, den Fisch an den Haien vorbei ans Boot zu drillen, ein schöner Fisch von etwa 10 bis 12 Pfund, der mir aber ein gutes Stück kleiner und leichter zu kontrollieren war als mein Hai-Snack. 
Wir waren an einem Unterwasser-Riff angekommen, wo das Echolot große Schatten warf, ein sicheres Zeichen für zahlreiche Fische und ihre bezahnten Häscher. Schon flog die Klappe vom Köderfischtank auf und Scott entließ ein paar Anchovis in eine ungewisse Freiheit.
-„Wartet, bis ein Bonito sich einen Fisch schnappt, bevor ihr werft“ mahnte Scott, „lasst uns nicht die Fische vergrämen“.
Dann poppte es schon an der Oberfläche und dunkle Blitze schnappten sich die armen Anchovis. Schnell waren unsere Eatme-Fliegen im Wasser und genauso schnell hingen auch die ersten beiden Fische.
So ging es Schlag auf Schlag, ein richtiges Fang-Fest. Kaum Wind und nur leichter Wellengang erleichterten die Fischerei, ein richtiger Genuss.
Tom versuchte sich mit der leichten, fünfteiligen Spinnrute, die wir immer dabei haben und ließ sein Gummi-Minnow in die Tiefe. 
-„Damit wird er wohl kaum einen Fisch landen können“ spottete Scott, doch Tom konnte seinen Thun geschickt ans Boot pumpen, wo Scott ihn landete und für ein Foto bereithielt. 
-„10 Pfund Tragkraft-“ lachte ich „und ein talentierter Angler, da wird das doch wohl kein Problem sein“.
Muriel ließ es sich auch nicht nehmen, ihre Fische zu fangen, nur war sie anfangs von der Kraft der Bonitos überwältigt.
-„Haben die einen Dampf“ pustete sie, aber sie behielt die Oberhand und landete einen schönen Fisch, den sie stolz für ein Foto vor die Kamera hielt.

Die Strömung ließ uns immer wieder abtreiben, so dass Scott den Motor starten musste, um uns wieder in Position zu bringen. Es wurde kein langweiliger Morgen und wir hatten unseren Spaß. Riesenfische fingen wir zwar nicht, aber sämtliche False Albacore waren über 10 Pfund und ehrlich gesagt, wir konnten uns nicht beklagen.

Ich überließ Muriel die 12er Rute und fischte mit einer 9er Rute weiter, die ich auf Herz und Nieren testen sollte, mit dem Fazit, dass sie sich hervorragend eignete und zusammen mit der neuen Rolle sehr gute Arbeit leistete.
Leider wurden durch unsere Aktivität auch zusehends mehr Haie wach, die sich regelmäßig unsere Fische schnappten. Immer wieder mussten wir viele Meter loses Backing samt Fliegenschnur einkurbeln, weil wir die Haie mit unserer Beute füttern „mussten“! 
Während unserer Lunch-Pause wollte Scott ein wenig mit den Haien spielen und sie mittels eines kleinen, vorher gefangenen Thuns ans Boot locken, damit wir Fotos machen konnten. Einer seiner Spielgesellen folgte dem Köderfisch bis ans Boot und biss in seiner Gier in den Glasfiberrumpf der „Time to Fly“!!
Während unserer Mittagspause waren wir ordentlich vom Riff abgetrieben und es fanden sich keine Bonito-Schulen mehr auf dem Schirm des Fischfinders. Nach dem geschäftigen Treiben an diesem Morgen wollten wir dann eventuell noch andere Fischarten fangen, als False Albacore. Weil es jetzt Hochsaison für Dolphinfish war, wollte Scott sich nun unbedingt auf die Suche nach den Goldmakrelen machen und suchte sich etwas „Flotsam“- irgendwelche treibenden Teile wie Holzbalken, alte Türen oder Sargassogras, unter denen sich immer irgendwelche Fische sammeln, seien es kleine „Köderfische“ oder größere, für uns Angler interessantere Spezies. 

Die Suche dauerte auch nicht sehr lange und wir „überfuhren“ eine Schule Cobias, die bei den Anglern zwar nicht als immens intelligent gelten, aber teilweise zu Riesenfischen abwachsen. Wenigstens einer der Fische in der Schule war riesig, sicher über 40 Pfund, und keineswegs vom Boot vergrämt. Schnell stürzten wir uns auf unsere Fliegenruten in den am Bimini-Dach angebrachten Kunststoffröhren und strippten die Schnüre von den Rollen, bereit zum Wurf... Scott entließ ein paar Anchovis aus dem Fischtank in die „Freiheit“ um die Aufmerksamkeit der Cobias zu erlangen, die Grossfisch-Schule aber verschwand im Handumdrehen. Leider kein Interesse...!

Vorn am Bug aber tauchte ein Paar Dolphinfische auf, ein größeres Männchen, gefolgt von einem kleineren Weibchen, die man an ihrer Kopfform unterscheiden kann. Was wir dann erlebten, können wir beide nicht vergessen: Scott, der Angelprofi, der sonst immer so cool ist wie nur ein Superguide es sein kann, der bei sämtlichen kapitalen Fischen jeder Couleur immer die Nerven behält, beim Landen nie Fehler macht, wurde auf einmal ganz „verrückt“:
„Pass auf! Dophins!! Mann, ein richtig Großer dabei, siehst du? Vergeig´ den Wurf nicht, pass auf die Schnur auf, stripp sie ins Boot, sauber und sanft ablegen! Nein, verdammt, Mistwurf! Noch einmal, schnell!“
Wir erkannten unseren Scott nicht wieder und dennoch: hatte er uns gewarnt, Goldmakrelen seien seine Lieblingsfische und so weiter...

Er sprach aufgeregt und war absolut gebannt. Mein Wurf kam gut und ... leider stürzte sich nur der kleinere der beiden Fische auf die Fliege.
„Dammit!!“ schrie Scott! Er war mit jeder Faser seines Herzens dabei und wollte absolut, dass ich den größeren Fisch fing. Unglaublich, wie er sich in seinen Kunden mit in die Situation versetzen konnte!
Ich wollte den kleineren Fisch schnell drillen, um eventuell noch die Chance zu haben, den Kapitalen zu haken (Dolphinfische schwimmen oft mit gehakten Fischen umher), aber mir passierte ein kleiner Fehler und ich riss den Fisch ab!!
Druckreif ist das, was Scott danach von sich gab, wirklich nicht, und ich erspare dem Leser seine Worte. Nach anfänglichem Unverständnis musste ich aber laut auflachen, als das soeben Gesehene und Gehörte mir noch einmal im Kopf vorgespielt wurde, denn witzig war es allemal. 
„Mann, bei dir muss es aber die große Liebe sein mit den Dolphins“ sagte ich “du bist ja vorhin total durchgeknallt!“ Da lachte auch Scott und meinte, dass ich ja im Prinzip auch nicht viel rationeller reagiere, wenn ich große Jack Crevalle sehe. Da musste ich ihm doch Recht geben!!
„So ist das eben“ meinte er und entschuldigte sich für seinen Gefühlsausbruch, lachte laut auf und haute mir auf die Schulter “...geht der doch einfach so einen Mini-Dolphin abreißen...!“
Der Mann ist ein Profi, der eben alles etwas besser kann, und von seinem Angler-Kunden-Freund eben manchmal Perfektion verlangt, besonders bei seinen goldgelben Lieblingen. Er hatte den absoluten Willen, dass ich zu dem Zeitpunkt diesen tollen Dolphinfisch haken und landen sollte und ich hatte es vergeigt...! Zugegeben, ich hätte den kapitalen Fisch auch lieber gefangen...

An dem Tag war dann auch die Luft raus, wir entscheiden uns für eine schnelle Heimfahrt nach so vielen Fischen, (ungewollten) Fischfütterungen und an sich doch tollen Emotionen...!
„Sehen wir uns im Sommer?“ fragte uns Scott, nachdem wir, total verschwitzt und durstig, unsere Sachen wieder im heißen Auto verstaut hatten.
„Bestimmt“ meinte ich, Flug und Hotel sind schon gebucht und bezahlt!!!

... to be continued...

Info zu Scott Hamilton und Flyfishingextremes gibt es unter www.flyfishingextremes.com


Material:
Ruten: 8er bis 12er Qualitäts-Ruten, 9er und 10er Standard.
Schnüre: Transparent-Intermediate-Schnüre.
Rollen: Qualitätsrollen mit guter Bremse und viel, viel Backing, mindestens 300 Meter.
Fliegen: „Eatme“-Fliege in diversen Variationen und Farben gebunden – bestimmt einer der allerbesten und solidesten Fischimitationen, die es gibt. Andere Fliegenmuster fangen aber auch ihren Fisch
Weitere Infos unter: . Wir freuen uns über jede Anfrage!

Ein Bericht von Eric Arbogast für www.fliegenfischer-forum.de
Das unerlaubte Kopieren und Verbreiten von Text- und Bildmaterial aus diesem Bericht ist verboten.

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