Fliegenfischen an Floridas Ostküste | Teil 1
Ein Reisebericht und Fotos von Eric Arbogast

Seit geraumer Zeit führen uns unsere Urlaubsreisen nach Florida, genauer gesagt nach Fort Lauderdale, nördlich von Miami, wo uns ein Zwischenstop auf einer Bahamas-Reise (ja richtig, hier gibt es Bonefish!) zu einem Aufenthalt in ein hübsches Hotel „gezwungen“ hat.
Die Zeit in der Stadt wurde so eingeplant, dass wir uns für unser Abenteuer auf den Bahamas mit den notwendigen Lebensmitteln ausrüsten konnten, die erfahrungsgemäß nicht immer und überall auf den Out-Islands zu finden sind. 

Nun ist die Stadt Fort Lauderdale (mit Vororten) aber so angenehm, dass meine Frau und auch ich selber uns ganz einfach in die Gegend verliebt haben, und seitdem immer wieder (nur noch!) unsere Urlaube dort verbringen, wenn die Zeit und das Budget es erlauben. 

Bekannt ist, dass ganz Süd-Florida ein Paradies für Angler jeder Art ist, und deshalb eine oder mehrere Angel-Ausfahrten zu unserem Urlaubsplan dazu gehören. 
Vorneweg gesagt: billig sind die Guides in Florida nie, aber in den allermeisten Fällen sind die Jungs ihr Geld wert, sie arbeiten hart (oft schon Stunden, bevor die Angler an Bord kommen; abends wollen die Boote und die Ausrüstung dann auch noch gereinigt werden!) aber die allerwenigsten werden von ihrer Arbeit wirklich reich, die meisten können allenfalls davon leben. 
Da unsere erste Reise nach Fort Lauderdale an sich ja unsere Hochzeitsreise war, hatte sich die Preis-Leistungsfrage auch sehr schnell gelöst…!

Ich hatte eigentlich noch nie nördlich von Miami gefischt daher war eine Suche im Internet angesagt. Kurzum: in und um Fort Lauderdale gibt es ein paar Guides (Fliegenfischen und Light Tackle), doch diese fischen eher selten in Fort Lauderdale mit ihren Kunden fischen.

Nördlich von Lauderdale aber, im Raum Palm Beach bis hoch nach Jupiter und Stuart sah es aber viel, viel besser aus!!! Beim eifrigen googeln fiel immer wieder der Name Scott Hamilton, was sich im Nachhinein als richtiger Glückstreffer entpuppte. Ein kurzer Anruf – ja, Scott hatte wenigstens einen Tag während unseres Aufenthaltes im September frei, teilte uns aber als echter Profi mit, dass das Wetter während der Hurricane-Season (Juni bis November) uns kurzfristig einen Strich durch die Rechnung machen könnte, was aber an sich nur eine realistisch Einschätzung der Lage war. Wir buchten also diesen Tag und hofften auf gutes Wetter!
Die Reise stand an, wir fuhren zu Scott und fingen an dem besagten Tag neun verschiedene Fischarten! Leider waren die „Stars“ nicht zugegen. Mit Stars bezeichnen wir jene Fischarten, die den Grossteil von Scotts Kunden immer wieder zu ihm zurückkommen lassen: grosse False Albacore (lat: Euthynnus aletteratus), die (fälschlicherweise) auch Bonitos genannt werden, Mini-Thune also, grosse Jack Crevalle (Pferdemakrelen, lat: Caranx hippos) , Dolphins (Goldmakrelen, lat: Coryphaena hippurus), Tarpon, Spinner Sharks (Haie) und grosse Snooks,...

Kleinere False Albacore, Jack Crevalle, und Dolphinfische hatten wir während unserer Ausfahrt gefangen, teilweise auch viele davon aber leider keine richtig grossen Exemplare, ausser einen wirklich schönen, ja, fast sogar kapitalen Ladyfish, der sehr ladylike von meiner Lady gelandet wurde. 
Scott, dessen Devise „Flyfishingextremes“ heisst, war ein wenig enttäuscht, dass wir unsere „Stars“ an dem Tag nicht gefunden hatten, aber meiner Frau, die am Anfang eher zurückhaltend gegenüber eines Angelausflugs per Boot war, gefiel der Trip so gut, so dass wir beschlossen:
a) wieder nach Fort Lauderdale zurückzukehren (so schnell wie nur möglich) und 
b) uns schnell wieder bei Scott einzubuchen, und zwar zur guten Saison, im April-Mai-Juni, wenn viele der Stars anwesend sind! 

Die Osterferien im Jahr darauf boten sich hierzu an, einen zweiwöchigen Urlaub mit der Familie zu buchen, allerdings aber mit Fliegenfischen im Hinterkopf. An 4 Tagen wollten wir mit Scott auf seiner „Time to Fly“ fischen, teils mit den Kindern, teils auch alleine. 
Den Kindern gefielen die Angelausflüge, mit schönen Fängen an Spanish Mackerel und kleineren King Mackerel sowie Bluefischen, doch an sich wollten wir ja unsere „Stars“ sehen. 

Tom mit Spanish Mackerel Kelly mit Bluefish 
Am letzten Morgen am Dock klang Scott, der an sich ein sehr gelassener, netter und zuvorkommender Mensch ist, aber eher forsch: -“ Los Jungs, kommt schnell ins Boot, Leinen los und go“. Eine Schule grosser Jack Crevalle hatte er im Jupiter Inlet jagen gesehen, jene Pferdemakrelen, über die die Angler früher die Nase rümpften, deren Weg wir aber unbedingt kreuzen wollten: von allen Salzwasserfischen sind sämtliche Jack-Arten meine Lieblingsfische. Gehakte Jacks kämpfen mit einer unglaublichen Ausdauer und Kraft, sind relativ leicht zum Anbiss zu bewegen und kommen oft sehr zahlreich vor, ein perfekter Fisch für den Angler also, besonders für den Fliegenfischer. 

Die besagte Schule konnten wir dann an dem Morgen aber nicht mehr finden, aber im Meer, ein paar Meilen nördlich der Stadt Jupiter und fast in Strandnähe in etwa 20 Meter tiefem Wasser, wurden wir dann belohnt: drei, vier grosse Schulen (mit jeweils hunderten Fischen) von Stachelmakrelen mit einem Durchschnittsgewicht von zirka 20 Pfund.
„This is heaven, Eric“- „nimm deine 12er Rute und mach dich bereit“, sagte Scott. Die Guides gehen die Sache sehr vorsichtig, sogar diskret an, um die Schulen nicht zu vergrämen: vom treibendem Boot „teasen“ sie die Fische mittels eines grossen hakenlosen Schwimmpoppers zum Boot oder sie benutzen lebende Köderfische –„chumming“, welche sie in die Nähe der Jacks werfen. Vorneweg gesagt: Scott ist ein Meister in beiden Disziplinen!

In unserem Fall gab Scott den lebenden Köderfischen den Vorzug und warf ein paar davon vor die Räuber: die Oberfläche geriet in Bewegung und die Jacks jagten den Köderfischen nach (ich liebe es!!)

„Cast now“ befahl Scott! Kaum war die Fliege im Wasser und mit ein paar schnellen Strips animiert, schlug die Betonwand zu und die Schnur spannte  sich. Ein schneller Anschlag und dann musste ich nur noch die lose Fliegenschnur im Boot Auge behalten, bis sie restlos durch die Ringe durch war und die Rolle zu singen anfing. Immer wieder unfassbar, welche Kraft die Biester haben!
„Soo, jetzt bist du erst einmal für ein Weilchen beschäftigt, Freundchen“ flüsterte mir Scott ins Ohr und klopfte mir auf die Schulter. „Der ist für letzten September im Palm Beach Inlet, für den Kracher, der deine Anfängerfliege damals verschmäht hat“! Ja, im September hatten wir en paar Jacks im Inlet jagen gesehen, von denen zwei, drei recht groß waren, sicher über 40 Pfund. 

„Wie gross ist dieser Fisch?“ frage ich Scott doch er schüttelt nur den Kopf – „Wirst du schon sehen, mach mal!!“ und lachte laut auf, wie nur er lachen kann, wenn er und seine Kunden zufrieden sind! Mittlerweile half er Claude, meinem Partner im Boot zu einer krummen Rute...was um Nu gelang!
Nach etwa 20 Minuten Tauziehen mit solide eingestellter Bremse, kurzen Pumpbewegungen und etwa drei Bootsumrundungen zeigte der Fisch Farbe und war nach kurzem Kreisen schnell im Boot.

„Klasse Fisch, 20 Pfund, bestimmt der Kleinste in dieser Schule“ meinte Scott neckisch, und war auch schon wieder am „chummen“, während Claude seinen „Bootstanz“ mit Tanzpartner Jack vollführte!

Jaaaaa!
Mein nächster Fisch war dann etwas größer, gefolgt von einem 30-Pfünder, welcher allerdings an meiner 10er Rute zerrte...deren Qualitäten ich unbedingt testen wollte.
30 lbs … Toll!!  Igh khn nx sgn…!
-„A wise man uses a 12-weight on those fish“ meinte er. Grund genug, nicht auf den Guide zu hören, denn man darf sich ja noch amüsieren dürfen, schließlich hat man ja gutes Geld dafür bezahlt!! 
Die Rute hat den Drill dann auch ohne Schaden überstanden, ich kann aber nicht behaupten, den Fisch irgendwie forciert zu haben. Mit Scotts Ruten hätte ich bestimmt auch heftiger gepumpt, Vollkasko eben!!
Mit Brille, ohne Blinzeln ... Ohne Brille, mit Blinzeln,  dann lieber doch mit Brille !!! 
„Bulletproof fish“ nennt Scott die Jacks, wenn er sie zurücksetzt und sie einfach so wieder wegschwimmen! 
Claude´s erster Jack Jawohl, gut getanzt, Claude!
„Kann ich es auch einmal mit deiner 14er Rute versuchen?“ fragte ich dann Scott “ich möchte nur sehen, wie schnell ich damit deine Jacks drillen kann!“
-„Na klar, es ist eigentlich meine Hairute, die ich immer an Bord habe, weil man ja nie wissen kann, wer hier mitspielen möchte“ bemerkte er.

Hairute bedeutet für Captain Hamilton: eine kurze, steife Rute mit riesiger Rolle, voll mit 50-Pfund-Backing und einer alten, schwimmenden 13er Schnur, die ein kurzes Vorfach samt Klavierdraht-Stahlvorfach und XXL-Rehhaar-Haipopper, ein paar Meter aufs Wasser bringen soll. 
Na gut, Haivorfach ausklinken, Overkill-Jack-Vorfach einschlaufen (50 Pfund Tragkraft, aber auch nur weil sich ein Stück davon aufgerollt in meiner Hemdtasche befand und ich zum Vorfachbasteln keine Lust hatte), eine 6/0er Riesenfliege anschlaufen und es konnte losgehen. 

Diesmal versuchte es Scott mit seinem knallgelben hakenlosen Teaser-Popper, die Jacks bis in die Nähe des Bootes zu bringen, was auch ohne Probleme gelang. Wild stürzte sich eine Bande hungriger Gesellen (ICH LIEBE ES!!!!) auf den Köder, schnappte danach um ihn dann wieder zu verfehlen, bis von Scott der Befehl zum Wurf kam...

Schlecht warf sich die etwas zu leichte Schnur, aber nur, bis die Keule ganz raus war, dann kurz schiessen und Fliege eintauchen lassen bis die beissgeilen Jacks die Fliege sehen konnten und dann extrem schnell einstrippen...

Eine kurze Jagd (sagte ich es schon dass ICH ES LIEBE!!) und Bäng!! Got him!!

In Windeseile war die Schnur raus und die Rolle sang ihr Lied. Eigentlich wollte ich mit der Wahnsinnsrute einen Riesendruck ausüben, um den Fisch in kürzester Zeit im Boot zu haben, aber er hatte etwas anderes im Sinn. Immer wieder zog er die gesamte Fliegenschnur von der doch heftig zugedrehten Rolle, meine Rechnung ging also nicht auf.
„Riesenfisch“ glaubte ich, doch Scott hatte nur ein neckisches Lachen übrig.
-„Nein, eher das Gegenteil“ sagte er. 

Oben: Willst du Foto??
Links: Shark Tackle ?

Er sollte Recht behalten! Nach etwa 30 Minuten war der Fisch im Boot, und es war der „Kleinste“ den wir den ganzen Morgen zu sehen bekommen hatten. 
„Je härter du dran ziehst, desto härter ziehen sie zurück, das müsstest du doch jetzt mittlereile wissen“ grinste er schelmisch. 
Charakterköpfe?? 
Ja, deshalb mag ich diese Fische ja auch so sehr, es sind richtige Charakterköpfe mit „Attitude“, wie es die Amerikaner zu sagen pflegen.
Nach etwa 10 bis 12 Bissen wurden die Fische zusehends schwieriger zu fangen bis wir dann entschieden, genug belohnt worden zu sein, und um unser Glück auf Dolphinfisch zu versuchen, der Tag war ja noch lang. Ein toller Morgen, 8 Jacks wurden gelandet, Gesamtgewicht etwa 200 Pfund!! An sich ist die Zahl nicht so wichtig, doch trotzdem toll auf Papier!! 
Viel größere Fische waren in den Schulen dabei, bestimmt hatten wir auch welche gehakt, aber der 40-Pfünder blieb uns doch versagt. Zudem schienen die anderen Fische in den Schulen immer wieder unseren gehakten Fische zu lösen, wenn sie in unseren Schüre schwammen. Bei einem Wurf hatte ich 3 Fische auf der Fliege, jeweils mit Flucht,  wobei nur der letztere gelandet wurde.
Mjamm! Nix Forellensee!!! 
 … auch bei Regen…!  …  und wieder geblinzelt!!! 
Der Nachmittag war aber dann weniger produktiv, wir fanden keine Dolphins mehr, nur noch die allgegenwärtigen Blue- und Rainbow Runner. Aber eigentlich waren wir sehr zufrieden, da wir unsere Fische ja gefangen hatten und auch schöne Bilder machen konnten.

„Nächstes mal müsst Ihr im Mai oder Juni kommen“ meinte Scott“ dann sind die Albies hier! Immer wieder verlieren meine Angler dann Schnüre oder knacken Ruten und manchmal fahren wir sogar bis zu drei Mal zurück zum Inlet, um neue Köderfische zu fangen. Wenn die False Albacore da sind, sind meine Nächte sehr kurz, denn ich stehe früh auf, um die ganzen Fliegen zu binden, die meine Kunden dann brauchen werden. Wenn du mich fragst, es sind tausende Fliegen, die ich jedes Jahr binde… Wann kann ich mit euch rechnen???“

To be continued…!!

< = unser Boot, die “Time To Fly”

Die Ausfahrten finden meistens entweder von Riviera Beach nördlich von Palm Beach oder aber von der Stadt Jupiter aus statt, je nachdem was Scott mit seinen Anglern vorhat. Er kennt die Gegend in- und auswendig und findet immer Fische, sogar wenn es die klimatischen Bedingungen nicht zulassen, um an die fischträchtigen Stellen im Meer zu fahren, was durchaus vorkommen kann, wenn es sehr windig ist. Lake Worth, der „Binnensee“ im Intracoastal Waterway (ICW), verfügt über genug Möglichkeiten, die Fliegen schwimmen zu lassen, sogar Bonefische kann man hier fangen.

Material:
- Ruten: 8er bis 14er Qualitäts-Ruten, wobei sehr günstige sowie preislich teurere Ruten zum Einsatz gekommen sind; über einen Rutenbruch mussten wir uns bisher nicht beklagen. Ruten der Klassen 10 bis 12 sind aber bei durchschnittlichen Fischen Standard. Für die grossen Spinner-Sharks bevorzugt Scott aber die besagte 14er-Rute.
- Schnüre: Die passenden Schwimm- und Transparent-Intermediate-Schnüre.
- Rollen: Qualitätsrollen mit guter Bremse und viel, viel Backing, mindestens 300 Meter.
Fliegen: Sämtliche gängige Bluewater-Fliegen, mit nicht zuviel Glitzermaterial, auf Qualitätshaken gebunden. Vorzugsweise Epoxy-Köpfe und –Augen. Von Scott Hamilton stammt die „Eat me“-Fliege in diversen Variationen und Farben gebunden – bestimmt eine der allerbesten und solidesten Fischimitationen, die es gibt. 
Es ist selbstverständlich, dass Scott immer sein Gerät dabei hat und seine Kunden dieses dann nach Belieben benutzen dürfen.
Info zu Scott Hamilton und Flyfishingextremes gibt es unter www.flyfishingextremes.com
Weitere Infos unter:. Wir freuen uns über jede Anfrage!

Ein Bericht von Eric Arbogast für www.fliegenfischer-forum.de
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