Fliegenbinden Grundlagen - Die neue Serie!
Teil (1): Bindewerkzeuge und Basis-Materialien
Ein Gemeinschaftsprojekt von Matthias Lünzmann & Michael Müller

Vorwort: Das Fliegenbinden ist ebenso wie das Fliegenfischen selbst kein "Zauberwerk", sondern mit etwas Fingerspitzengefühl und unter Beachtung der grundlegenden Regeln relativ rasch erlernbar. Auch hier geht das sicher am schnellsten unter fachkundiger Anleitung eines erfahrenen Kollegen, sowie durch die Lektüre einschlägiger Bindeliteratur oder durch das Absolvieren eines Fliegenbindekurses. 
Mit unserer neuen Beitragsserie "Fliegenbinden Grundlagen" möchten wir allen Interessierten einen kompletten und hoffentlich hilfreichen Einsteigerkurs bieten, in strukturiert durch die Materie führenden Beitragsfolgen. Wir beginnen mit wichtigen Bindewerkzeugen und Basismaterialien, über natürliche und synthetische Bindematerialien und Hilfsmittel bis hin zu grundlegenden Bindeschritten und Verarbeitungstechniken anhand gängiger Fliegenmuster. In diesem Sinne: Bleiben Sie neugierig!
Im ersten Teil von "Fliegenbinden Grundlagen" möchten wir Ihnen die wichtigsten Bindewerkzeuge und Basismaterialien vorstellen und deren Anwendung nahebringen. In den nächsten Folgen unserer Beitragsreihe gehen wir anhand dem Binden von Fliegenmustern noch konkret auf die Handhabung und Funktion der einzelnen Werkzeuge und den Einsatz der Materialien sowie deren Dosierung ein.
Der Bindestock
Sicher binden manche Experten ihre Fliegen immer noch "aus der Hand" - und die Resultate sehen bemerkenswert gut aus. Wir "Normalsterblichen" benötigen als Grundlage zum Fliegenbinden jedoch einen Fliegenbindestock! Wie so oft in unserer Passion gibt es auch bei den Bindestöcken eine riesige Preisspanne. Die Angebote reichen von Einsteigermodellen Made in China ab etwa 25 Euro bis hin zu absoluten Edel- Stöcken aus angesehenen Handwerksbetrieben, mit umfangreichen Zubehörpaketen und Preisen von mehr als 1000 Euro! Für "mal Probieren" und Gelegenheitsbinder reicht ein günstiges Modell sicher für den Anfang aus, fortgeschrittene Fliegenbinder mit
Experimentierfreude und einem hohen Fliegenumsatz greifen zu einem höherwertigen Qualitäts-Bindestock. Hier entscheidet der persönliche Geschmack und die Art der gebundenen Fliegen, welches Modell man wählt. Grundsätzlich gibt es zwei verschiedenen Arbeitsweisen zum Hakeneinspannen, die in den Modellen der verschiedenen Hersteller unterschiedlich technisch umgesetzt werden. Bei der geläufigsten Technik wird fein regulierbarer Druck durch zwei Spannbacken aufgebaut, welche dann den Hakenschenkel sicher festhalten. In der anderen, neueren Variante befinden sich am Kopf des Bindestockes keine Spannbacken mehr, sondern eine kleine Öse, in welche der Haken eingeführt wird und die durch ein Feingewinde zugezogen / verkleinert wird, bis der Haken straff sitzt. Beide Varianten habe ihre Vor- und Nachteile und dementsprechend ihre Befürworter und Gegner. Auf den Fotos unten sehen Sie beide Varianten. Moderne Fliegenbindestöcke kommen mit einer schweren Bodenplatte (mit Kratzschutz unten) für einen sicheren Stand beim Binden auf jeder Unterlage und / oder mit einer Tischschraubklemme. Die Hauptachse sollte Höhenverstellbar und die Arbeitsebene möglichst wagerecht sein, um die arbeitsvereinfachende Rotationsfunktion des Stockes nutzen zu können. Nützliches Zubehör beim Bindestock sind u.a. eine Materialfeder, ein Bindegalgen, eine Kurbel für die Rotation, ein Abfallkörbchen und eine spezielle Bindelampe.
Bindestock mit Spannbacken
Bindestock mit Spann-Öse
Bindeschere(n): Eine ganz wichtige Sache! Mindestens eine scharfe, spitze Schere sollte am Arbeitsplatz liegen. Spezialisten verwenden für verschiedene Arbeitsgänge unterschiedliche Scheren, aber auch Rasierklingen und Skalpelle...
Weitere nützliche Werkzeuge: (v. l. n. r.): Knotenbindehilfe (wird zum Niederdrücken widerspenstiger Hechelkränze verwendet, um Platz zum Anfertigen des Kopfknotens zu haben), Klettband (zum Ausbürsten von gedubbten Körpern und Schwingen), Hechelklemme (Windehilfe zum Hecheleinbinden), Kopfknotenbinder (Werkzeug für den obligatorischen Abschluss-Kopfknoten), Pinzette (braucht man immer mal...), Dubbingnadel (zum Ausfasern von Dubbing-Körpern und zum Freistechen lackierter Haken-Ösen...), Einfädler (Einfädelhilfe z.B. für den Bobbin (siehe weiter unten)), Kombiwerkzeug (Dubbing-Nadel & Bürste). Unten: Haaraufstoßer (wird verwendet, um Tierhaarspitzen vor dem Einbinden auf eine Ebene zu bringen)
Bobbin (Bindefadenhalter)
Er ist neben dem Bindestock das wichtigste Grundwerkzeug beim Fliegenbinden. In diesen werden die Spulen mit Bindegarnen, Floss und Drähten etc. eingelegt. Es gibt einfache Modelle ohne Einlage, solche mit keramischer Einlage in der Garnführung und auch welche mit vollkeramischer Garnführung. Die mittlere Variante hat sich in der Praxis besonders gut bewährt und besitzt gegenüber vollkeramischen Modellen das bessere Preis- Leistungsverhältnis. Immerhin hat fast jeder Fliegenbinder irgendwann einmal zehn oder mehr Stück davon am Arbeitsplatz herumliegen...

Dubbing-Twister (links): er wird benötigt, um Dubbing- bzw. andere Materialstränge zu verdrallen, bevor sie in die Fliege eingebunden werden. Auch hier gibt es sehr verschiedene Modelle.

Dubbingwachs (rechts): Die meisten Bindegarne kommen heutzutage vorgewachst. Wenn nicht oder nicht ausreichend "klebrig" genug, verwendet man Dubbingwachs zum Wachsen des Bindefadens, bevor dieser im Anschluss daran mit Dubbingmaterial belegt und z.B. mit dem Dubbing-Twister zu einem Strang versponnen wird.

Oben: Bindegarn gibt es in den verschiedensten Farben, gewachst und ungewachst und in verschiedenen Garnstärken zwischen 1/0 und 17/0, wobei der Garn umso dünner ist, je größer die Zahl vor dem Schrägstrich ist. Bindegarne bestehen aus vielen Einzelfäden, welche versponnen wurden. Manche Garne bleiben beim Einbinden in Form, andere fächern sich breit und flach auf. Die Wahl der Bindegarnstärke und -Art trifft der Fliegenbinder anhand des zu bindenden Musters, bzw. welche Materialen eingebunden werden sollen und welche Größe die Fliege hat.
Drähte & Tinsel. Drähte - hier meist Blei-, Kupfer-, versilberte- oder vergoldete 
Drähte - in verschiedenen Stärken finden a) Verwendung als Beschwerung und b) für die Rippung von Fliegenkörpern. Für die effektive Beschwerung von Fliegen werden auch diverse Kopfperlen, Coneheads u.a. eingesetzt - hierzu kommen wir aber in späteren Beiträgen dieser Serie. Tinsel sind flach oder rund bzw. oval ummantelte Garne, meist eingesetzt als Gold- oder Silbertinsel, welche zur effektvollen Rippung von Fliegenkörpern eingesetzt werden oder im Speziellen für den Aufbau von Körper-Partien.
verschiedene Tinsel
Bindelacke und diverse Klebstoffe, mit und ohne UV-Reaktion
Heutzutage nicht mehr wegzudenken sind neben den obligatorischen Bindelacken auf Nitro-, Acryl- oder Kunstharzbasis diverse synthetische Lacke und Kleber. Werden erstere seit jeher verwendet, um Bindeschritte und Kopfknoten zu sichern und (auch farbig) zu lackieren, eröffnen die modernen Kleber, Lacke & Harze in verschiedenen Konsistenzen darüber hinaus das Herstellen von plastischen Fliegenbereichen (meistens Köpfen) mit und ohne Bemischung zusätzlicher (Effekt-) Materialien. Ob die neueren, mit UV-Licht schnell aushärtenden Mittel oder klassische Mehrkomponenten- Kleber verwendet werden, richtet sich nach der Art der Fliegen und natürlich nach der persönliches Vorliebe des Fliegenbinders. Beide Varianten haben ihre Verfechter...
Was braucht der angehende Fliegenbinder noch für den Start? Klar: Fliegenhaken! Wahrscheinlich hat der Markt derzeit mehrere Hundert verschiedenster Hakentypen für Fliegen zu bieten. Für den Anfang kommen wir aber mit nur wenigen Typen und Größen sehr gut aus. Für Trockenfliegen ist es ein dünndrahtiger Haken mit mittellangem Schenkel, für Nymphen tut es ein ähnlicher Haken, nur mit höherer Drahtstärke. Fischt man mit Flohkrebsen, Köcherfliegen oder Maifliegen in unterschiedlichen Stadien, kommen speziell geformte Haken zum Einsatz. Und für die Streamerfischerei werden Haken mit höherer Drahtstärke und längerem Schenkel verwendet. Fliegenhaken bestehen aus gutem rostfreiem Flach- und Rundstahl, sie dürfen leicht federn, sollten aber weder zu weich, noch zu hart sein und dazu natürlich superscharf! An Oberflächen werden sie meist brüniert oder vernickelt (Black Nickel oder Silber) angeboten. Ob man Haken mit geradem oder nach vorne angewinkeltem Öhr verwendet, entscheidet man anhand des zu bindenden Fliegenmusters. Wichtig: Den Widerhaken, wenn vorhanden, drückt man am besten vor dem Binden an, spätestens jedoch bevor man die Fliege das erste Mal fischt. Oder man kauft gleich widerhakenlose Fliegenhaken und bindet auf diese, das ist sicher die beste Lösung!
Nymphenhaken (brüniert)
Trockenfliegenhaken (Black Nickel) - widerhakenlos
Caddis- und Shrimp-Haken (brüniert)
Streamerhaken (brüniert)
So, lieber angehender Fliegenbinder: das war's für den ersten Teil unserer Reihe und wir hoffen, dass einige hilfreiche Anregungen dabei waren!
Im nächsten Teil gehen wir weiter ins Detail und beschäftigen uns mit verschiedenen natürlichen und künstlichen Materialien zum Fliegenbinden, also Federn, Bälge, Haare, Felle, Dubbings, Flash, Kopfperlen und weiteren...
In diesem Sinne: Bleiben Sie neugierig!
 
Nachtrag: Wohin eigentlich mit den Abfällen am Bindetisch? Manche Binder nutzen ein spezielles Netz (welches z.B. zusammen mit verschiedenen Bindestöcken geliefert wird). Aber auch eine kleine Dose wie hier zu sehen, reicht völlig aus. Und ob man die Reste später z.B. in einer Spezial-Dubbing-Mischung aufbereiten und weiter verwenden möchte (was manche Fliegenbinder tatsächlich tun...), oder einfach entsorgt, steht jedem Binder frei...
Einen letzten Tipp haben wir noch: Werfen Sie Ihre frisch gebundenen und kopflackierten Fliegen nicht einfach auf 'nen Haufen oder gleich in die Fliegendose, sondern hängen Sie sie schön luftig zum Trocknen auf, z.B. an solch einer kleinen Stange...

Link-Tipps zum Thema
- Teil 2 unserer Serie "Fliegenbinden Grundlagen" (Natürliche & künstliche Bindematerialien)
- Teil 3 unserer Serie "Fliegenbinden Grundlagen" (Grundlegende Bindeschritte und Verarbeitungstechniken anhand gängiger Fliegenmuster: (1) Trockenfliegen)
- zahlreiche Fliegenbindeanleitungen findest du u.a. hier: Die Fliegenbinden-Special-Seite
- unzählige aktuelle Fliegenbindethemen werden hier diskutiert: zum Board: Fliegenbinden & Insektenkunde



Ein Bericht von Matthias Lünzmann und Michael Müller für www.fliegenfischer-forum.de - © Dezember 2013. Alle Fotos und Texte ©: Michael Müller. Das unerlaubte Kopieren und Verbreiten von Text- und Bildmaterial aus diesem Beitrag ist verboten.
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