Über die Gewässer- und Fischerproblematik
Ein Beitrag und Fotos von Karl Reisenbichler

In Europa und vor allem in Österreich sind wir mit herrlichen Flüssen und Landschaften gesegnet. Was auf den ersten Blick idyllisch und intakt aussieht, stellt sich bei genauerem Hinsehen oft als bereits problematisch heraus. In den vergangenen Jahrzehnten wurde sehr viel Unsinn mit Natur und Flüssen angestellt.
Durch Begradigungen und Verbauungen wurde die Strömung drastisch erhöht und dadurch der Lebensraum nicht nur für die Fische, sondern auch für die notwendigen und wichtigen Kleinlebewesen verändert, gestört und teils gar vernichtet. So wurde es beispielsweise der wichtigen Köcherfliege durch das gesteigerte Geschiebe immer schwerer gemacht, sich in ihrem ursprünglichen Lebensraum zu behaupten. Dass das Abnehmen auch nur einer Gattung von Kleinlebewesen einen deutlichen Einfluss auf die Fische hat, braucht man nicht eigens zu erwähnen.
Gottseidank findet inzwischen wieder ein Umdenken statt, und Flussräume werden rückgebaut und renaturiert. Ob das nun zum Schutz gegen Hochwasser oder im Sinne der Fischpopulation passiert, braucht uns nicht zu interessieren. Hauptsache, es passiert.
Am Rückgang und Verschwinden vieler Tiere sind natürlich nicht nur die baulichen Maßnahmen schuld. Als früher noch sämtliche Abwässer von Hotels, Fleischereien und privaten Haushalten in die Gewässer eingeleitet wurden, war das eine fast reine biologische Belastung, mit der die Gewässer und ihre Bewohner noch gut leben konnten. Mit dem Aufkommen der modernen Haushaltsgeräte wandelte sich die biologische Belastung durch die Einleitung der Abwässer sehr rasch in eine chemische Belastung. Um die Gewässer am Leben zu erhalten war der Bau von Kläranlagen zwingend notwendig.
Der an sich gute Effekt dieser Anlagen hat sich aber gerade für die Fische und Kleinlebewesen als teilweise fatal erwiesen. Denn unsere Flüsse sind heute so sauber, dass sie zu wenig Nahrungsgrundlage bieten.
Ich beispielsweise bin neben der Traun aufgewachsen und lebe heute noch dort. In dieser Zeit habe ich viele Veränderungen dieses berühmten Flusses miterlebt. Sehr gut kann ich mich noch erinnern, als in den 60er-Jahren gefährliche Abwässer in die Traun gelangten. Auf der ganzen Strecke von Bad Ischl bis Ebensee war die Oberfläche weiß von unzähligen Fischen, die verzweifelt nach Sauerstoff rangen. Darunter sah man auch Exemplare bis zu 23 Kilogramm. 
Ein trauriger Anlass, der zeigte, wie hoch der Bestand in der Traun zur damaligen Zeit war. Von solchen Riesenexemplaren und einem solch dichten und unterschiedlichen Bestand kann man heute nur mehr träumen. Die Zeiten der großen Äschenpopulation sind lange vorbei, die Traun ist, wie so viele andere Flüsse, in ihrer Vielfalt stark eingeschränkt worden.
Der ohnehin unter Druck stehende Bestand kommt noch mehr in Bedrängnis durch das Überhandnehmen des Kormorans. War dieser Vogel einst bei uns auf der Durchreise und durchaus gern gesehener Gast, ist er heute eingebürgert und dezimiert durch seine Überzahl an vielen Orten den Fischbestand auf drastische Weise. Vor allem die Äsche ist ein fast hilfloses Opfer, durch ihren stark eingeschränkten Blickwinkel. Jedes Lebewesen hat seine Daseinsbe- rechtigung, und diese will ich dem Kormoran auch gar nicht absprechen.
Es sollten nur Wege gefunden werden, die beiden Tierarten gerecht werden und ein vernünftiges Aufkommen ermöglichen.
Soweit zu den äußeren Umständen, die bisher wenig Grund zur Freude boten, aber in den letzten Jahren doch wieder eine eher positive Tendenz zeigen.
Weniger positive Tendenzen sieht man leider bei den Fliegenfischern selbst. Immer mehr scheint das Wesentliche in den Hintergrund gedrängt zu werden und der puren Trophäenfischerei Platz zu machen. Auch in Gesprächen hört man immer wieder nur von großen Exemplaren, ganze Gewässer werden danach beurteilt, ob sich wirklich große Fische darin befinden und zu überlisten sind. So ist heute bereits ein großer Teil der Fliegenfischer weniger mit der Trockenfliege als mit schwerem Gerät wie Goldkopf, Streamer und leider auch mit Jigs unterwegs. Sogar mit Blei beschwerte Nymphen bekommt man zu sehen.
Dass die Bewirtschafter aus ökonomischen Gründen daher schon fast gezwungen sind, hauptsächlich große Fische zu besetzen und die Pflege der Brut zu vernachlässigen, darf nicht wundern.

Entsprechend langweilig und homogen bezüglich Fischbestand präsentiert sich heute so manches Gewässer. 

Mit Naturnähe und ökologisch verträglicher Fischerei hat das meines Erachtens nur mehr wenig zu tun. So rücken auch die Fliegenfischer in die Nähe jener „Rucksackfischer“, mit denen sie doch so ungern verglichen werden.

Ebenso oft kann man beobachten, dass bereits der erste gefangene Fisch abgeschlagen wird und im Rucksack verschwindet. Völlig unverständlich, wenn noch ein ganzer Fischtag bevorsteht und der getötete Fisch am Abend wahrscheinlich ohnehin bereits verdorben ist. Aber die Angst leer auszugehen und damit zu wenig für das investierte Geld geboten zu bekommen, treibt so manchen wahrscheinlich zu dieser völlig unsinnigen Vorgangsweise. Unsinnig alleine schon deshalb, weil der durchschnittliche Preis einer Tageskarte sowieso mit keinem noch so großen Fisch hereingebracht werden kann. Da kommt ein Einkauf in einem Supermarkt doch wesentlich billiger. Und wie überall bestimmen leider gerade die schwarzen Schafe, selbst wenn sie deutlich in der Minderheit sind, das Bild im Allgemeinen.
So manche scheinen vergessen zu haben, worum es bei der Fliegenfischerei eigentlich geht. Es soll doch nicht darum gehen, wer den größten Fisch gefangen hat und wo die dicksten Brocken zu finden sind. So verkommt Fliegenfischen zur puren Angeberei und Prahlerei. Die Gier nach Trophäen bereitet Stress und von Erholung ist nicht viel zu bemerken. Dabei sollte doch gerade ein Tag am Wasser mit der Fliegenrute die reinste Erholung und ein Naturerlebnis sein. So wie es doch unwesentlich ist, ob der gefangene Fisch klein oder groß ist. Mit der entsprechenden Ausrüstung ist das Fangerlebnis ohnehin unabhängig von der Fischgröße. Gerade die Fischerei mit feinem Gerät bietet ein unglaublich intensives Erlebnis, das auch einen ansonsten wenig beachteten Fisch, der zwar vergleichsweise klein, dafür
jedoch schön und natürlich ausgewachsen ist, zu einem wahren Ereignis macht. Meines Erachtens bietet nur das Trockenfischen auf Sicht das ursprüngliche und unverfälschte Erlebnis. Es wird Zeit sich wieder mehr darauf zu besinnen und dem wahren Kern des Fliegenfischens wieder den Platz einzuräumen, der ihm zusteht.

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