Gemeinsame Erklärung der Thüringer Verbände der Angel-und Berufsfischerei

Betrifft die beabsichtigte Aufnahme von Fischarten, speziell Bachforelle, Meerforelle und Quappe, in den Anhang IV a der FFH-Richtlinie

06. November 2000

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit Bestürzung haben wir kürzlich von der beabsichtigten Aufnahme o.g. Fischarten in den Anhang IV a der FFH-Richtlinie Kenntnis erhalten.

Dieser Vorschlag weist nach unserer übereinstimmenden Auffassung in die falsche Richtung, ja er steht einer weiteren Stabilisierung der Bestände dieser Fischarten diametral entgegen.

Er widerspricht auch den Zielstellungen der meisten deutschen Fischereigesetze, so auch dem Thüringer Fischereigesetz, in dem es in § 2 Abs. 2 heißt:

"Ziel der Hege ist der Aufbau und die Erhaltung eines der Größe und Art des Gewässers entsprechenden heimischen artenreichen und ausgeglichenen Fischbestandes. Sie sichert den Schutz der Fischbestände vor Krankheiten und sonstigen Beeinträchtigungen, sowohl der Fische selbst wie auch ihrer Lebensräume."

Begründung:

Ursachen für den Rückgang dieser Arten in Deutschland und speziell in Thüringen waren und sind nicht eine fischereiliche Übernutzung dieser Fischarten, sondern es sind nachteilige Eingriffe des Menschen in der Vergangenheit aber auch in der Gegenwart in die Lebensräume dieser Fischarten.

Bereits in den vergangenen Jahrzehnten ist es den Angel- und Berufsfischern in Thüringen gelungen, vor allem die autochthone Thüringer Bachforelle durch immense Anstrengungen auf dem Gebiet der künstlichen Vermehrung und Aufzucht in den damals wenigen noch für diese Fischart geeigneten Gewässern vor dem Aussterben zu bewahren.

Neben einem extremen Grad der Verbauung unserer Gewässer hat vor allem die schlechte Wasserqualität in den Jahren vor 1990 zur Auslöschung zahlreicher Fischarten, so auch Quappe und Meerforelle in Thüringen beigetragen.

Mittlerweile bietet die enorm verbesserte Wasserqualität in der Mehrzahl der Thüringer Gewässer wieder ausreichende Voraussetzungen zur Wiederansiedlung verschollener Fischarten. Geblieben ist jedoch die hohe Zahl von Querbauwerken, welche den Fischen nach wie vor das Erreichen ihrer natürlichen Laichbiotope unmöglich machen.

Bereits zerfallene Wehre werden durch die einseitige staatliche Förderung der Wasserkraftnutzung wieder rekonstruiert ohne dabei jedoch durch ausreichende Restwasserauflagen und Auflagen zum Bau geeigneter Fischwanderhilfen die Belange der aquatischen Fauna auch nur annähernd zu berücksichtigen.

Die Wiederinbetriebnahme von mehr als 100 Thüringer Kleinwasserkraftwerken in den letzten 9 Jahren hat somit überwiegend zu einer Verschärfung der nachteiligen Situation für bedrohte Süßwasserfischarten beigetragen.

Verweisen möchten wir in diesem Zusammenhang zusätzlich auf die nachhaltig nachteiligen Auswirkungen einer seit mehreren Jahren stetig steigenden Zahl von Kormoranen in Thüringen. Die mittlerweile für Thüringen völlig unangemessene Population von überwinternden Kormoranen kann inzwischen als zweiter Hauptfaktor für eine ernsthafte Bedrohung zahlreicher Fischarten, u.a. von Bachforelle und Äsche gewertet werden.

Dieser Situation geschuldet, werden die Thüringer Angler und Berufsfischer gegenwärtig und für einen heute noch nicht abzusehenden Zeitraum weiterhin mit Bestandsstützungen um den Erhalt und den Wiederaufbau der Bestände dieser Fischarten ringen.

Die Aufnahme dieser Fischarten in den Anhang IV a würde künftig die bis heute mit Erfolg durchgeführte fischereiliche Hege, wie z.B. den Fang von Laichfischen, die Gewinnung von Laichmaterial und die Aufzucht von Jungfischen in Frage stellen und auch alle sonstigen bestandsfördernden Maßnahmen sowie die auf dieser Basis mögliche Nutzung dieser Fischarten unmöglich machen und deswegen gravierende negative Auswirkungen nach sich ziehen.

Wir vertreten daher die Auffassung, daß die Umsetzung des Vorschlages zur Aufnahme weiterer Fischarten in den Anhang IV a aus sachbezogenen Gründen der Gewässerpflege, der fischereilichen Hege und der Nutzung von Fischereirechten nicht sinnvoll ist und unterbleiben sollte. Gleichzeitig verweisen wir darauf, daß sich für den Schutz und die Erhaltung der jetzt und künftig wieder in unseren Thüringer Gewässern lebenden Fischarten die Fischereigesetzgebung und der tätige Artenschutz der Angel- und Berufsfischerei als sehr geeignetes und ausreichendes Instrument erwiesen hat.

Andererseits fordern wir eine wesentlich restriktivere Handhabung der behördlichen Genehmigungspraxis im Sinne des Erhalts und der Verbesserung der Gewässerökologie bei allen wasserbaulichen Vorhaben insbesondere Neu- und Wiederinbetriebnahme von Kleinwasserkraftanlagen.

Ebenso fordern wir Sie auf, durch geeignete Maßnahmen und eine Wiederaufnahme von Verhandlungen auf EU- Ebene Voraussetzungen für ein wirksames, europaweites Kormoranmanagement zu schaffen und damit im Rahmen Ihrer Möglichkeiten zu einem aktiven Fischartenschutz beizutragen.

Das uns nunmehr zugängliche Material erachten wir als realitätsfern und als einen weiteren Versuch, der Deutschen Fischerei Sachkompetenz und Verantwortung für den Artenschutz abzusprechen. Es negiert mit Ignoranz die bisherigen Leistungen der Deutschen Angler und Berufsfischer, was sich auch an einer fehlenden rechtzeitigen Einbeziehung der Verbände in die Diskussion zu dieser Thematik zeigt.

Wir fordern daher abschließend, eine Aufnahme der eingangs genannten Fischarten in den Anhang IV der FFH- Richtlinie zu verhindern.

Mit freundlichen Grüßen
 
 
 
 

Thüringer Fischereiverband e.V. Angelfischereiverband Osthüringen e.V.
 
 

Uwe Posselt Hans-Erhard Schiller

Präsident Präsident
 
 

Verband der Fischweid und zum Schutz Verband für Angeln und Naturschutz

der Gewässer und der Natur e.V. Thüringen e.V.
 
 

Dr. Diethelm Gabler Bernd Schumann

Präsident Präsident