Ein perfekter Fliegenfischertag am Wasser...
Ein Beitrag von eggsuckingleech

So war es heute geschehen:

Ich dachte mir: "Geh' doch einfach an die Dhünn zum Fliegenfischen. Die Sonne scheint, der Himmel ist gnädig und die Arbeit ist... Naja reden wir nicht drüber...". 
Gesagt getan, so habe ich ab Mittag frei gemacht, treu nach meinem Motto: "Ich kann, weil ich will, was ich muss. Und was ich muss, dass bestimme immer noch ich!"
Zufällig hatte ich die neue Gespließte von Thomas Köhler dabei. Es soll eine #4 sein. Ich glaube aber eher, es ist eine #3er. Die goldene Hardy Rolle montiert, das Irland Cappy aufgesetzt und mit leichter Tasche und Tweed Jacke in Watstiefeln losmarschiert...

Erst mal über eine Wiese, die von der Sonne schon ganz aufgewärmt war. Ich sah das Wasser näher kommen, es glitzerte durch die mit zartem Grün bestückten Äste der Bäume. Natürlich zwitscherten die Vögel rund um mich herum. Ich glaube sie begrüßten mich, freudig und aufgeregt zugleich. "Komisch" dachte ich, "warum haben die Vögel wohl die gleiche Stimmung wie ich? Ach egal! Welche Fliege wird wohl die Richtige sein? Kein Stieg zu sehen. Sie werden wohl tiefer stehen. Na dann probiere ich mal meine "Neue". Die, welche ich extra für Slowenien gebunden habe. Natürlich die Toppfliege - für Slowenien. Aber was in der Soca geht, dass muss doch auch in der Dhünn funktionieren."
Ich gehe mit kleinen und langsamen Schritten am Ufer entlang. Beobachte dabei genau das Treiben im Wasser und sehe...........nichts! Doch plötzlich huscht ein Schatten stromauf. Nur ein kleiner Fisch. Aber ein Fisch. Ich verfolge ihn und ...husch, wieder ein Schatten der stromauf verschwindet. War wohl der gleiche. Aber immerhin: Aktivität im Wasser. Nach längerer Zeit der Abstinenz freut einen alles, was echt ist. Selbst wenn ein kleines Blatt vom Baum langsam ins Wasser schwebt. Im ersten Moment denkt man an eine kleine Köcherfliege, hofft auf einen Schlupf. Was hatte die Bewegung im Wasser zu bedeuten? War sie ein Zeichen? Ein Zeichen welches es zu deuten galt? Der Schatten im Wasser führte mich zu einer kleinen Rausche, die sich nahe einem Baum in einem ca. 1,5 Meter breiten und zwei Meter langen Gumpen verlief.
Ich betrachtete die Stelle von oben. Tief hängende Bäume waren im Weg. Auch war die Stelle fürs Anfischen nicht optimal. Der Wasserdruck musste die Fliege unweigerlich unnatürlich driften lassen.
Da ich es auf Äschen abgesehen hatte, musste alles stimmen. Also in einem Bogen um den Gumpen herum und von unten betrachten. 
Hier sah es schon besser aus. Ich konnte den Auslauf des Gumpen gut erkennen. Der Boden des Flusses stieg hier allmählich wieder an. In der tieferen Stelle waren kleine Hölzer vom letzten Hochwasser - gefährliche Aussichten für meine neue Toppfliege. Rechts der Baum, dessen Wurzeln wogen sich im Wasser. Und leider auch über die von mir als notwendig identifizierte Drift. Ach egal, probieren geht über studieren. 
Etwas Leine von der Rolle geholt, machte ich einen ersten Rollwurf in das Ende der Rausche. Ich brauche wohl nicht zu erwähnen, das es sich um eine sehr schwierig zu befischende Stelle handelt und der Wurf nahezu perfekt war! ;-) Die erste Drift brachte keinen Erfolg. Ich dachte mir, es ist wohl besser, die Fliege gleich am Anfang des Gumpens weiter rechts anzubieten, da hier das Wasser schon langsamer und auch tiefer schien. Ein zweiter Rollwurf landete ca. einen Zentimeter neben einem Ast, der im Wasser wohl die Hoffnung hegte, erneut Wurzeln schlagen zu können. Vielleicht wollte er auch als Weihnachtsbaum Karriere machen, denn er lag so, das im Laufe einer Saison genug Lametta an ihm hängen bleiben würde...
Doch die Drift war optimal. Die Nymphe hat Zeit, abzusinken und konnte dann langsam mit der Strömung flussabwärts über den Grund holpern. Genauso, wie es wohl auch die natürlichen Vorbilder machen. Über den Grund hoppeln, als wäre nichts geschehen. Und vor allem, als wäre keine Fliegenschnur an ihnen dran...
Was würde Ulli jetzt sagen? ...... Und Ruuuuummmpsss!!! Hatte ich einen sehr zaghaften und dann enorm starken Biss am Ende meines Vorfachs bemerkt. Wie immer ging mein Puls von gemütlich am Fluss entlang spazieren auf Jagdinstinkt, Spannung und Konzentration über.
Die #3er Rute bog sich fast bis zum Handteil durch. Zuerst war die Bremse noch etwas zu locker eingestellt. Dann passte es. Die Rute leistete ganze Arbeit (Kompliment an den Erbauer!). Nach den Fluchtbewegungen konnte es nur eine Äsche sein. Und tatsächlich: Ich sah nach einiger Zeit zum ersten mal den schlanken Körper und die wunderschöne Fahne im glitzernden Wasser. Mir wurde sofort klar: Das ist wahrlich keine Kleine!
Trotz der Anspannung gelang es mir, den Augenblick zu genießen. Ich spürte die von der Sonne erwärmte Luft in meinen Lungen, das Plätschern und Rauschen des Wassers begleitete mich wie klassische Musik in einem warmen Traum. Die Äsche wurde sanft in das seichte Uferwasser gelenkt. Erst jetzt konnte ich ihre Größe richtig sehen. Sie war wunderschön. Schlank und vielfarbig im Schuppenkleid. Als ich sie aus dem Wasser nahm um den Haken zu entfernen, roch ich sofort den für diese Königin des Flusses so typischen Duft nach Thymian. Noch eine Stunde später rochen meine Hände nach ihr... Doch am Schönsten war ihre majestätische Fahne. Ich nahm mir Zeit sie zu betrachten, denn mir wurde ein weiteres Geschenk gemacht: 
Nachdem ich sie ins Wasser zurückgesetzt hatte, blieb sie noch für zwei, drei Minuten nur einen halben Meter von mir im knöcheltiefen Wasser stehen. Ganz ruhig bewegte ich mich nicht und traute mich kaum zu atmen. Ich wollte diesen seltenen Augenblick nicht zu früh zerstören. 
Ihre Fahne war fast so lang wie eine Hand und halb so breit. Die Spitzen waren orange und mit kleinen Punkten gesprenkelt. Dann ging die Farbe in Rot, violett und anschließend ins Grau-Grün über. Sie stellte sie auf und ich konnte sie im Wasser "wehen" sehen.
Und glaubt mir Jungs: Es war eine Fahne, die in diesem Moment für mich und alle Fliegenfischer der Welt wehte. Sie wehte für unsere Freiheit und für unsere Liebe zum Wasser. Sie wehte für Freundschaft und Stärke, die wir aus der Natur ziehen. Deshalb hat dieser Fisch meinen Respekt verdient, denn all das ist der Wert des Fliegenfischens!
Euer Olli.

*Anmerkung der Redaktion:
Für diesen Beitrag wurden Bilder von verschiedenen Angeltagen verwendet.
 


Ein Beitrag von eggsuckingleech für www.fliegenfischer-forum.de - April 2011
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