Berlin: Mit der Sinkschnur auf Winter-Friedfische
Ein Beitrag und Fotos von Niko Bünte
Winterzeit ist Bindezeit. Ich konnte mich noch nie wirklich damit anfreunden. Für mich ist, solange noch nicht alle Gewässer zu sind, Saison. Leider, oder auch zum Glück, gibt es an meinen Hausgewässern in der Stadt Berlin ein viermonatiges Kunstköderverbot. Zwischen dem 1.1. und 1.5. jeden Jahres haben Hecht und Zander Schonzeit, sodass jegliches Angeln mit der sogenannten Raubfischangel verboten ist.
Glücklicherweise zählt die Fliegenrute, an der ja im engeren Sinne ebenfalls künstliche Köder gefischt werden, ab der Verwendung von Hakengröße acht und kleiner als Friedfischangel... Da man mit einem Streamer der Hakengröße acht gezielt auf Barsche fischen kann, jedoch jeder Fischereiaufseher die Definition einer Raubfischangel anders auslegt und ich Konflikten aus dem Weg zu gehen pflege, musste ich mich nach anderen Möglichkeiten umsehen, um meinem Hobby das ganze Jahr frönen zu können.

Auf Winterrotaugen in Berlin...

Die Berliner Gewässer Dahme, Spree, Havelseen etc. weisen einen hervorragenden Weißfischbestand auf, der von mir im Sommer, wenn die Rapfen (räuberischer Friedfisch), Hechte, Barsche und Zander aktiv sind, wenig bis gar nicht gewürdigt wird. Zur Winterzeit, in denen die
oben genannte Schonzeit das Fischen auf die begehrten Fischarten stark einschränkt, kommt mir dieser Friedfischbestand allerdings sehr gelegen. Die Frage war nur: wie bekomme ich meine Fliege in die Tiefe von 3 Meter und mehr, wo sich bei Lufttemperaturen um 0°C die Fische aufhalten. Schwer bebleite Nymphen erwiesen sich nicht nur als unheimliche Spaßbremsen beim eleganten Wurf, sondern entwickelten sich zu gefährlichen Geschossen.

Winter-Brasse im Drill

Gefährlich für meine Mitmenschen, meine Rute und mich, jedoch harmlos für die Friedfische, auf die ich es abgesehen hatte. Die erforderliche Tiefe wurde viel zu langsam erreicht und eine effektive Bisserkennung war durch den großen Schnurbogen nicht möglich. Eine neue Technik musste her. Aber welche?! Die Fakten waren klar: Viele Friedfische in Grundnähe, Wassertiefe 3 Meter, wenig bis keine Strömung, leicht angetrübtes Wasser.
Die Lösung: Sinkschnur, kleine auffällige schwimmende Nymphen. Zuhause am Bindetisch entstand eine 18er „Goldkopf“ Red Tag Nymphe, jedoch kam anstelle eines Goldkopfes ein wenig gelbes Foam in einer Damenstrumpfhose zum Einsatz. Diese Bindetechnik war mir von der Bindeweise eines Foam-Emergers bekannt und erwies sich als goldrichtig. Das Resultat war eine Fliege, die einer Goldkopf Red Tag stark ähnelte, jedoch gute Schwimmeigenschaften aufwies. Zurück am Wasser wurde die Fliege an ein 50cm langes 16er Vorfach gebunden und nach einem 50cm langem 25er Zwischenstück in die Spitze der Sinkschnur eingeschlauft. Damit die Fliege auch sicher kurz über dem Grund fischte, wurde ein kleines Bleischrot 30cm vor die Nymphe geklemmt. Nun konnte es losgehen und die Bedingungen waren gut. Es hatte zwar die letzten beiden Tage für Berliner Verhältnisse viel geschneit, jedoch hielten sich die Temperaturen konstant bei -1°C.
Nach einigen Leerwürfen platzierte ich die Nymphe in die Nähe einer Spundwand, an der ich Rotaugen und Brassen vermutete. Ich ließ die Schnur 15 Sekunden sinken und holte die Fliege ganz langsam ein, gab ihr allerdings immer wieder Zeit, ein wenig empor zu steigen. Nach drei kontaktlosen Würfen ging ich ein Stück weiter zu einer Brücke. Dort nahm meine Fliege den Weg via Rollwurf direkt zwischen die Brückenpfeiler. Nachdem die Sinkschnur den Grund erreicht hatte, hauchte ich der Nymphe Leben ein und spürte sofort einen leichten Widerstand, der sich als handlanges Winterrotauge entpuppte. Die Freude war trotz des kleinen Fisches groß und sofort wurde die Nymphe wieder an Ort und Stelle platziert.
Es folgten noch weitere Rotaugen bis 27cm und die Freude über den Erfolg der neuen Technik, sowie die Vorfreude auf panierte Winterrotaugen ließen mich die letzten fischlosen, vergangenen Wochen vergessen. Zum Schluss gesellte sich ein Brassen von 45cm, der an der leichten Rute einen respektablen Fight ablieferte, zu den anderen Fischen und machte aus dem 45-minütigen Wintertrip ein rundes, kurzweiliges Erlebnis!
 

Panierte Rotaugen und Zwiebeln mit Pellkartoffeln und Salat. Lecker!



© Ein Beitrag und Fotos von Niko Bünte für www.fliegenfischer-forum.de - Dezember 2013.
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