Fischen in den Bergen Argentiniens
Teil 1: Rund um Bariloche + Teil 2: Rund um San Junin de los Andes
Ein Reisebericht von Björn Schneider
Im März 2010 habe ich wohl die Reise meines Lebens angetreten: Einmal herum! Ein langer Zwischenstop war im April in den Bergen Argentiniens, und das nicht ohne Grund...
Als Basis für verschiedene Angeltrips habe ich San Carlos de Bariloche (Bariloche) angesteuert. Mit dem Bus ging es von Buenos Aires in, wenn ich mich recht erinnere, 21 Stunden in Richtung Westen. Vielleicht nicht die schnellste Art zu reisen, dafür wohl eine der günstigsten. Kurz bevor man Bariloche am Ufer des Lago Nahuel Huapi erreicht, fährt der Bus eine Weile durch das weitläufige Tal des Rio Limay. Dieser entwässert den See und hat eine (geschätzte) Breite von 50 bis 100 Meter, führt sehr klares, türkis schimmerndes Wasser und hält sowohl Regenbogen- als auch Bachforellen bis zu acht (!) Kilogramm. 
In Bariloche gibt es Hostals und andere Übernachtungsmöglichkeiten zur Genüge. Als das geklärt war und ich ein Zimmer in einem von einer Familie geführten Hostal etwas außerhalb des Zentrums bezogen hatte, ging ich zur Touristeninformation und wurde weitergeschickt zum Büro der Nationalparkverwaltung, wo man die Angellizenz für die Region Patagonia bekommt. Diese ist für Ausländer deutlich teurer als für Einheimische und kostet für die Saison 350 Argentinische Pesos (entspricht ca. 70€). Laut Gesetz darf man damit alle Gewässer befischen, je nach Regularien bzgl. Zeiten und Angelgerät (für Fliegenfischer wie üblich kein Problem), auch ist es erlaubt, sich entlang der Flüsse zu bewegen (innerhalb der Hochwassermarke). Das Problem, das sich leider z.T. ergibt, ist dass, das man nicht jedermanns Grund betreten darf. Oft sieht man kilometerlange Zäune, mit denen das Land entlang der Flüsse eingezäunt ist, mit Schildern „Betreten verboten“ versehen. Es gibt wohl für alle Flüsse (zumindest alle, die ich gesehen habe) Zugangspunkte, an denen man ans Wasser kommt. Um dann aber dort zu fischen, wo nicht jedermann seine Köder badet, muss man z.T. weite Strecken zurücklegen. Da das wilde Campen an den Flüssen auch nicht mehr erlaubt ist und dies anscheinend auch kontrolliert wird, kommt man um viel Lauferei nicht herum. Dem Ganzen kann man natürlich entgehen, indem man sich auf den Haciendas einmietet und deren Guideservice in Anspruch nimmt. Dann zahlt man zwar viel Geld, hat aber auch lange Gewässerabschnitte wohl mehr oder weniger für sich allein. Guiding gibt es natürlich auch in anderer Form: Mit Booten den Rio Limay runter treiben oder mit dem Pickup an die kleineren Flüsse fahren. Hier lässt sich ein starker amerikanischer Einfluss wohl nicht verleugnen, da geguidete Touren in der Regel in US Dollar angeboten werden. Ein üblicher Preis für einen Tag auf dem Limay z.B. beläuft sich auf 280 USD/Boot und Guide.
Da ich mit kleinem Budget auf Reise war, konnte ich mir geguidete Touren leider nicht erlauben. In der Regel bin ich mit Zelt und Rucksack in Bussen unterwegs gewesen, womit mein Radius eingeschränkt war. 
Eine bekannte Stelle, um auf laichende Forellen, die aus dem Lago Nahuel Huapi kommen, zu fischen, ist der erste Pool des Rio Limay (siehe Foto rechts). Der Straße Nr.40 nach Norden entlang des Sees folgend, erreicht man den Auslauf nach ca. 15 Kilometern. In dem ersten Stück des Flusses gilt „fly only“. Da die Strömung selbst bei niedrigem Wasserstand stark ist, sind Sinkschnüre angebracht. Ans Ende der Leine kommt ans kurze Vorfach ein Streamer, eher beschwert als unbeschwert. Zur Übersicht und Fliegenwahl hier ein Link zu einem Video: http://www.patagoniaflies.com/
video-rio-limay-fall-run-brown-trout
Das Werfen ist nicht durch allzuviel Buschwerk erschwert, allerdings durch den ständigen Wind, der vom See her weht. Ich selbst habe mit einer 8er Einhandrute gefischt, was ganz gut funktioniert. Allerdings habe ich auch einige Leute mit Zweihandruten gesehen. Leider habe ich an zwei Tagen, in denen ich den Pool mehrfach beidseitig durchgefischt habe, keinen Biss gehabt, deshalb hier auch keine Bilder von großen Forellen. 
Der Rio Limay ist zum Glück über lange Strecken zugänglich und der Zugang nicht durch Zäune versperrt: So gibt es zum Beispiel das sogenannte „Amphitheater“, wo sich der Fluss in fünf Arme aufteilt, unweit von Bariloche. Ich habe dort einen halben Tag gefischt und habe niemanden gesehen außer Forellen, und die in z.T. guten Größen. Beim Waten sollte man Vorsicht walten lassen, da der Untergrund z.T. ziemlich rutschig ist und die Strömung stärker als sie auf den ersten Blick aussieht. Dem Flussverlauf folgend, gibt es noch einige Stellen, die vielversprechend aussehen. Ca. 40 Kilometer von Bariloche entfernt ist eine mehrere Kilometer lange „fly only“ Strecke. Am unteren Ende der Strecke gibt es zwei Campingplätze (in Vill Llanquin bei der orangen Fußgängerbrücke), die direkt am Fluss liegen.
Das"Amphitheater"...
Ich selbst habe auf jenem gezeltet, der weiter oberhalb liegt, deshalb habe ich keine Informationen über den unteren Platz. Auf dem Platz, wo ich war, gibt es keine Hütten zu mieten. Es sieht allerdings sehr ordentlich aus und die Leute, die ihn bewirtschaften, sind sehr nett. Auch kann man sich dort bekochen lassen, wenn man will.
Befischt habe ich zuerst die linke Seite von ca. 2 Kilometer oberhalb des Campingplatzes und zwar mit 8er Rute, Sinkschnur und Streamer, was gar kein Resultat brachte. Außerdem gestaltet sich das Waten relativ schwierig, da die Strömung fast während des gesamten Verlaufs ziemlich stark ist. Später habe ich die andere Seite befischt, die zwar z.T. dicht mit Büschen bewachsen ist, dafür aber sinnvoller zu befischen. An den Außenseiten der Flussbiegungen ist das Ufer z.T. stark ausgespült und steil. Im klaren Wasser kann man die Forellen manchmal am Grund sehen. Leider sind sie nicht immer leicht zu befischen, da Bäume im Wasser das Werfen oft unmöglich machen, manchmal aber eben doch.... Da die Streamer keinen Erfolg brachten, habe ich mich auf die 5er Rute und stark beschwerte Nymphen verlegt. Ich habe stromabwärts gehend / watend gefischt, habe aber stromaufwärts geworfen, um der Fliege so viel Zeit wie möglich zu geben, abzusinken. Und dann war es endlich soweit: Der ersehnte Ruck in der Rute! Verursacht von einer ansehnlichen und schön gezeichneten Bachforelle.
Beim Ausnehmen zeigte sich, dass sich die Forellen hier wohl gerne von Krebsen ernähren, ca. 4 cm lang und dunkeloliv. Ein Indikator für die Wasserqualität?
Bei einem letzten Ausflug an den Rio Limay habe ich mit der beschriebenen Methode noch eine Regnbogenforelle gefangen, ca. 35 cm lang. Diese wollte ich mitnehmen und hatte sie, da ich noch weiterfischen wollte, unter Steinen am Ufer versteckt. Als ich später zurückkam, um sie zu holen, hatte sich jemand eingefunden, der ebenfalls gerne Fisch haben wollte: Ein Nerz! Als ich näherkam, flüchtete er ohne Beute. Als ich allerdings die Steine beiseite gelegt hatte, zeigte sich, dass er wohl schon einmal da gewesen war! :°)

Rio Pichileufu

Mein letzter und vielleicht auch interessantester Angeltrip von Bariloche aus führte mich an den Rio Pichileufu. Dieser fliesst in einem ebenfalls weitläufigen Tal ca. 30 Kilometer östlich von Bariloche in einer wilden, steppenartigen Landschaft nach Norden. Der Fluss ist mit durchschnittlich 10 Metern Breite meist flach, hat allerdings schöne Rieselstrecken und einige tiefe Pools. Im klaren Wasser sind oft Forellen auszumachen.
Mit dem Bus ging es eine knappe Stunde durch die Berge und die trockene Landschaft, bis wir schließlich in das Tal des Pichileufu kamen, wo ich an der Brücke über den Fluss ausstieg. Einen kurzen Marsch später fand ich eine Stelle zum Bleiben. Zwar ist das Zelten hier nicht erlaubt, aber hier draussen scheint das niemanden zu interessieren.

Um es kurz zu machen: Es war einer der schönsten bzw. imposantesten Plätze, an denen ich jemals gezeltet habe! 
Der nächtliche Sternenhimmel war fantastisch; ich habe noch nie so viele Sterne am Firmament gesehen wie hier! Die Nächte waren mit einigen Minusgraden sehr kalt, die Tage mit Temperaturen um 25°C wunderbar warm. Die Ruhe wurde nur gestört von einigen Kühen und Pferden, die dort streunend grasten, außerdem von hamstergroßen Nagetieren, die lustige Rufe ausstießen plus einer Schar Wildgänse, die sich an den Abenden einfanden.
Die Fischerei war, vielleicht auf Grund des niedrigen Wasserstandes im Herbst, nicht ganz einfach. Zwar stiegen Abends reichlich Forellen, leider entsprach aber die Größe dieser eher nicht dem, was man sich allgemein so erträumt am anderen Ende der Schnur.
Definitiv sind aber große Fische im Fluss: Bach- und Regenbogenforellen. Alle Versuche mit allen möglichen Nymphen (zu allen Tageszeiten) blieben wenig beachtet. Mit kleinen Trockenfliegen in der Art einer hellen Märzbraunen konnte man Abends aber Fische begeistern. Auch sagte mir jemand, nachdem ich zurück war, das Käferimitationen mit Gummibeinen gut funktionieren würden (genau die, die ich nie probiert hatte...). 

Trotzdem bin ich froh, den Ausflug an den Pichileufu gemacht zu haben: Die Ruhe und Abgeschiedenheit und die schroffe, aber schöne Natur waren es wert!

Das Tal des Pichileufu

Teil 2: Rund um San Junin de los Andes

Eine ca. 3 stündige Busfahrt nördlich von Bariloche liegt San Junin de los Andes.
In Sichtweite erhebt sich der Vulkan Lanin mit 3747m deutlich über die ihn umgebenden Bergen und ist eine der Hauptattraktionen dieser Region. Eine andere Attraktion sind die zahlreichen Angelgewässer, die von San Junin zu erreichen sind.
Der Ort selber liegt am Rio Chimehuin, der mit einer Breite von ca. 20- 50 Metern den größten Fluss in der Region darstellt und wie alle anderen Flüsse sehr klares Wasser führt. Der Chimehuin entspringt, so wie der Limay auch, einem See. In diesem Fall dem Lago Huechulafquen, der ca. 40 km nordwestlich von San Junin liegt. Auch hier gibt es den berühmten ersten Pool (La Boca in Spanisch), in dem sich die großen Forellen aus dem See zum Laichen versammeln. Deshalb ist auch hier im Besonderen der Herbst interessant. 

Die obere Hälfte von "La Boca"

Der Pool darf nur mit einer extra Lizenz, die zusätzlich zur Saisonlizenz zu besorgen ist, beangelt werden (10 Pesos/ Tag). Auch hier gilt „Fly only“. Am Pool ist eine Parkrangerstation, die tagsüber immer besetzt ist, so dass man sicher sein kann, dass hier die Regeln eingehalten werden. Das Fischen ist auch nur von einer Seite erlaubt, sodass die Fische keinem riesen Befischungsdruck ausgesetzt sind. 
Das übliche Gerät ist eine #7/8er Rute mit Sinkschnur und einem Streamer am kurzen Vorfach (ca. 1 Meter). Zur Wahl der Fliege habe ich entgegengesetzte Meinungen gehört: Einige Leute sprachen von Wooly Buggern, die anderen (und das waren mehr) sagten, man solle auf keinen Fall Wooly Bugger nehmen! :o)  Die zweite Gruppe sagte, man solle eher lange, schlank gebundene Streamer nehmen, vornehmlich in gelb! Diese imitierten die Futterfische aus dem Lago Huechulafquen.
In den zweieinhalb Tagen, die ich dort gefischt habe, waren ca. 20 verschiedene Fischer am Wasser. Gefangen worden sind in dieser Zeit nur zwei Bachforellen, von denen ich auch nur eine gesehen habe. Von diesen zweieinhalb Tagen waren allerdings auch zwei fast völlig windstill, es war sehr warm und die Fische eben passiv. Es war auch noch nicht die Hauptzeit, sondern erst der Anfang der Laichzüge, trotzdem waren große Fische im Pool (s. Bilder).

Forelle aus "La Boca". Leider in argentinischen Händen und nicht in deutschen... :°)

Weitere Gewässer und Fazit:

Wer hier fischt und ein Auto zur Verfügung hat (was ich nicht hatte), der sollte noch am See entlang (in den Nationalpark) weiterfahren - bis zum Lago Paimun. Zwei Argentinier, die ich traf, sagten, dass die Fischerei vom Boot oder Float- Ring aus gut wäre, wo der Lago Paimun in den Lago Huechulafquen übergeht. Außerdem ist mir mehrfach der Rio Paimun empfohlen worden! Der hochgelobteste Fluss in dieser Region ist wohl der Rio Malleo, den man ca. 30 Kilometer nördlich von San Junin auf der Straße Nr. 23 überquert. Leider bin ich nicht mehr dazu gekommen, ihn zu befischen, da der Zugang z.T. versperrt ist. Dennoch ist es natürlich möglich, ihn zu beangeln, dann aber besser zu erreichen mit dem Auto.
Gutes habe ich auch noch gehört über den Rio Alumine, den man, wenn man der Straße Nr. 23 weiter in Richtung Norden folgt, nach (geschätzten) 50-60 Kilometern erreicht.
Nachdem, was mir ein Schweizer Fliegenfischer erzählte, den ich in San Junin traf, ist hier nicht viel los und man ist somit ziemlich allein für sich und die Fischerei auch gut! Es gibt also eine ganze Reihe Gewässer, die noch auszuprobieren wären! Und auch, wenn manche Leute dort versuchen, nichtzahlenden Gästen das Leben schwer zu machen, gibt es viele herrliche Gewässerabschnitte, die man mit ein bisschen Aufwand (und evtl. einem Auto) befischen kann. Und die Landschaft ist allemal ein Highlight. Außerdem waren die Argentinier, die ich getroffen habe, alle hilfsbereit und sehr freundlich! Allerdings auf Spanisch.
Im Anschluss noch einige Foto-Impressionen....

Sunrise Huechulafquen mit Lanin |  Weiter oben: Sunset over Huechulafquen

Rauhreif am Zelt

Lanin detail

La Boca trucha

Casting flyfisherman

Fishing rod

La Boca Morgennebel

El Tronador

Rio Limay - dramatisches Licht

Trucha Marron grande



Ein Beitrag von Björn Schneider für www.fliegenfischer-forum.de - November 2010
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